Freiwillige ED-Behandlung?

Der Umgang der Ermittlungsbehörde mit der Verteidigung ist nicht immer optimal.

Hier aber einmal ein Beispiel dafür, wie es in der Praxis eigentlich immer aussehen sollte.

Dem Mandanten wird vorgeworfen, versucht zu haben, einen seiner Geschäftspartner davon zu überzeugen, etwas zu unterlassen. Bei der Überzeugungsbildung soll er sich eigentlich sozialadäquat verhalten haben; schließlich haben sich da nicht zwei Waldorf-Schüler unterhalten, sondern kräftige Männer in einem handfesten Gewerbe.

Für szentypische Umgangsformen sind aber unsere Strafgesetze nicht gemacht.

Nun hat die Ermittlungsbehörde die Aufgabe, diese Interaktion näher zu beleuchten. Dazu schickt sie dem und direkt an den Mandanten zwei Vorladungen: Einmal möchte sie ihn nach § 81b 2. Alternative StPO (also vorbeugend) erkennungsdienstlich behandeln.

Das bedeutet: Photo und Fingerabdrücke des Mandanten sollen in den Tiefen der Polizeicomputer gespeichert werden.

Und weil der Erkennungsdiensthabende und der Mandant dann schon mal so lauschig beieinander sind, soll der vermeintliche Delinquent auch noch der Entnahme von Körperzellen (Speichel- oder Blutprobe) zur Durchführung einer molekulargenelischen Untersuchung zustimmen, also eine Körperflüssigkeit abgeben. Und zwar freiwillig, so die Hinweise in der Vorladung.

Wer weiß, das er solche Daten de facto NIEMALS wieder von den Speichermedien der Ermittler entfernt bekommt, wird sich davor hüten, diese Behandlung über sich ergehen zu lassen, solange er nicht unbedingt muß.

Das ahnt weiß auch der Kriminalbeamte, der meinen Mandanten vorgeladen hat. Damit das auch der Verteidiger weiß und seinen Mandanten entsprechend beraten kann, geht der Ermittler zu seinem Faxgerät und verschickt eine Information:

Nun kann ich den Mandanten daran hindern, blauäugig zum Polizeipräsidenten zu gehen und sich quasi eine Brandmarke in seine Datensätze verpassen zu lassen.

So sieht der faire Umgang einer Ermittlungsbehörde mit der Verteidigung aus. Danke dafür.
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Bild: Deutsche Fotothek, Gemeinfrei, Link

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Polizei, Strafrecht, Strafverteidiger veröffentlicht.

8 Antworten auf Freiwillige ED-Behandlung?

  1. 1
    WPR_bei_WBS says:

    Raten Sie denn nur zur Nichtabgabe der DNA-Probe, oder legen sie auch gleich Rechtsmittel gegen die ED-Anordnung ein?

    • Es handelt sich hier um eine Anordnung/Vorladung der Polizei. Eine richterliche Überprüfung dieser Maßnahme ist aus Verteidigersicht grundsätzlich angebracht. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen der Verteidiger zur Abgabe rät. Es kommt auf den Einzelfall an. crh
  2. 2
    Flo says:

    Ist das überhaupt zulässig direkt den Mandaten zu laden wenn er schon in der Sache einen Anwalt beauftragt hat?

    • Das Verfahren um die ED-Behandlung ist eine neue Sache. Das eine ist die Strafverteidung, das andere ist die Vertretung gegen eine (verwaltungsrechtliche!) Präventivmaßnahme. Deswegen könnte sich der PolBeamte darauf zurückziehen, daß sich für die ED-Behandlung noch kein Rechtsanwalt gemeldet hat. Daß der Beamte mich als Verteidiger zumindest benachrichtigt hat, ist nicht zwingend vorgeschrieben, aber eben fair im Umgang. Auch deswegen mein Lob und Dank an den Ermittler. crh
  3. 3
    Kartoschki says:

    Ach Herr Hoenig,

    ihr Mandant hat doch nichts Böses angestellt, ich bin fest von seiner Unschuld überzeugt. Sie etwa nicht?Entsprechend lassen Sie ihn doch DNS geben. Er hat als Unschuldslamm nichts zu befürchten. Sie wissen doch sicher auch, dass die DNS entlastend beweisend sein kann.

  4. 4
    Johann L says:

    @ Kartoschki
    Hässlich wird es dann, wenn das Lämmlein dereinst zufällig mehr oder weniger kurz vor einer Straftat am Tatort war und eine Zigarettenkippe achtlos wegwarf (dann geschieht es der Umweltsau Recht!!!1!) oder auch nur ein Haar oder ein paar Hautschuppen verlor. Unnötiger Ärger, Aufwand, Sorgen und Kosten (Verteidiger) – denn er wird schnell(er) zum Ermittlungsobjekt oder gar Verdächtigen, sie (er)kennen ihn ja an Hand der am Tatort gefundenen DNA.

  5. 5
    Silke says:

    @ Kartoschki
    schon mal was vom Grundrecht auf „informationelle Selbstbestimmung“ gehört ?! vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als eigenständiges Grundrecht erklärt. Das bedeutet, dass jeder Bürger selbst darüber entscheiden kann, welche (höchst)persönlichen Daten von sich er an andere weitergibt (oder eben nicht). Und eine DNA-Abgabe/ Speichel-o. Blutprobe gehört ja nun zweifelsohne zu den sehr persönlichen und damit geschützten Daten eines Menschen. Und wie RA Hoenig zu Recht meinte: falls die erst mal in irgendeinem Polizei-Computer gespeichert ist, ist die Chance die da wieder (wirklich!) gelöscht zu bekommen, wohl nahezu Null. Aber der Mandant von crh wird ja wohl hofentlich auch von selbst so schlau sein, nicht freiwillig mal eben so seine genetischen Daten dem Staat zu schenken.
    PS: Er kann ja mal fragen, was der Staat dafür zahlen würde…..10.000 Euro pro freiwiligger Speichelprobe sollte solch ein wertvolles Datengut den Staat doch wohl wert sein… :-)

  6. 6
    M.A.S. says:

    Meinen beiden Vorpostern empfehle ich dringend die Einrichtung bzw. Justierung des Ironiedetektors.

  7. 7
    Mirco says:

    @Kartoschki
    Vielleicht hat der Sohn oder Neffe Dreck am Stecken. Vielleicht auch erst in zehn Jahren. Weiß man es? Die Datenbank vergisst es nicht.

  8. 8
    Johann L. says:

    @Mirco, #7
    …das wäre ja mal eine spannende Frage an die (Menschen-)Rechtler: (Wieso) darf man überhaupt seine DNA ohne die Zustimmung der näheren Verwandten abgeben, wenn man ja dadurch die informationelle Selbstbestimmung dieser Verwandten verletzt?