Jedem Nazi das Seine

Der NPD-Politiker Marcel Zech fand es gut, sich ein Arschgeweih der besonderen Art auf die Fettpolster seines unteren Rückens tätowieren zu lassen.

Dieses Tattoo mit der Silhouette des KZ Auschwitz samt Spruch „Jedem das Seine“ führte er im November 2015 öffentlich in einem Hallenbad spazieren.

Dafür hat er sich vor dem Amtsgericht Oranienburg eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten gefangen, deren Vollstreckung für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

… habe ich in einem Blogbeitrag zum Verschlechterungsverbot geschrieben.

Das war der Staatsanwaltschaft zu wenig. Deswegen wurde die Zech’sche Volksverhetzung dann noch einmal in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht Neuruppin verhandelt. Mit dem erfreulichen (wie ich finde) Ergebnis: Es gibt nun 8 Monate. Und zwar „pur“, das heißt: Ohne Strafaussetzung zur Bewährung.

Keine Frage: Was so ein echter Kämpfer ist, der läßt nicht locker. Der NPD-Kreistagsabgeordnete Marcel Zech griff das Urteil des Landgerichts mit der Revision an. Doch das Oberlandesgericht Brandenburg, das über dieses Rechtsmittel zu entscheiden hatte, fand: Die Richter am Landgericht Neuruppin haben alles richtig gemacht, als sie den Bilderbuchpolitiker, der den Massenmord der Nazis billigte, in den Knast schickten.

Dem Nazi das Seine.

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Bericht gefunden auf rbb Online / Bericht von Lisa Steger.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches, Strafrecht veröffentlicht.

20 Antworten auf Jedem Nazi das Seine

  1. 1
    HugoHabicht says:

    Abgesehen davon, dass die Verurteilung aus ästhetischen Gründen natürlich jederzeit gerechtfertigt, ja geboten ist, finde ich, dass das Urteil rechtlich auf ziemlich wackeligen Füßen steht. Stichwort: Mehrdeutigkeit von Äußerungen. Eine Verfassungsbeschwerde und/oder eine Anrufung des EGMR scheinen jedenfalls nicht völlig aussichtslos zu sein.

    • Es geht nur hintereinander: Zuerst die VB, dann zum EGMR. Beide Beschwerden haben aber keine aufschiebende Wirkung. Und bis zu einer Entscheidung (bereits über die VB) hat der Verurteilte seine Strafe sicherlich locker abgesessen. #sinnlos #teuer crh
  2. 2
    HugoHabicht says:

    Was mir gerade auffällt: Ob es Zufall ist, dass das Urteil heute veröffentlicht wird?

  3. 3
    Dieter says:

    Mehrdeutigkeit der Aussage? Bei dem Spruch UND der Silhouette des KZ Ausschwitz? Das wage ich mal zu bezweifeln.

  4. 4
    Bernd says:

    Es ist schön, dass solche Typen auch noch die Dreistigkeit besitzen, sich ihre braune Denke auf den Körper tätowieren zu lassen.

    Statt dem eklig fettigen Rücken wäre ich zwar für die Stirn, aber man kann ja nicht alles haben.

  5. 5
    Frank Gladisch says:

    Hallo, Herr Kollege Hoenig,

    es handelt sich bei dem Spruch um den am Eingangstor zum KZ Buchenwald, nicht Auschwitz.

    Schöne Grüße aus Dortmund
    Frank Gladisch

    • Ja, richtig; der Spruch ist Buchenwald. Das Gebäude stellt jedoch die Silhouette des Lagers Auschwitz dar. crh
  6. 6
    Frank Gladisch says:

    Nachtrag:
    Der Nazi hat also vom KZ Auschwitz das Bild vom Turm genommen und vom KZ Buchenwald den Spruch vom Lagertor. Zwar passt das nicht zusammen, am Ende aber ist das Eine wie das Andere unmenschlich und unentschuldbar, egal wie herum man es nimmt.

  7. 7
    Aggiepack says:

    Man könnte auch mal auf den Gedanken kommen, über die Strafbarkeit jenes „Künstlers“ nachzudenken, der dieses krude Werk dem Nachwuchspolitiker ins Fett bzw. unter die Haut gestochen hat. It always takes two to tango.

  8. 8
    Roland B. says:

    Der Künstler mag durchaus im Ausland sitzen, nicht überall ist so etwas strafbar.

    Das Urteil bedeutet im Prinzip ja auch, daß der Mann lebenslanges Verbot für öffentliche Bäder, Saunen & Co. bekommen hat, es sei denn er unternimmt die schmerzhafte und teure Prozedur, die Tätowierung entfernen zu lassen.
    Irgendwie ist das strafverschärfend, auch wenn es wohl keinen Ausweg geben dürfte für das Gericht.
    Eine Anordnung, einen schwarzen Balken darübertätowieren zu lassen, wäre sicher nicht machbar.

  9. 9
    NichtTätowierter says:

    @Roland B. / Kommentar #8 :
    Dauerhaftes Entfernen/Übertätowieren muss nicht sein. Temporäres unsichtbar machen (z.B. Überkleben mittels Pflaster) sollte – soweit technisch machbar – ausreichend sein, um bei entsprechenden Gelegenheiten Konflikte mit dem Gesetz zu vermeiden.

  10. 10
    Waschi says:

    @HugoHabicht:
    Es ist ein beliebtes Missverständnis, dass „in dubio pro reo“ bedeuten soll, das Gericht müsse jede noch so abstruse Ausrede einfach schlucken. Das hat offenbar auch der Verteidiger geglaubt und erklärt, der Spruch beziehe sich irgendwie auf ein anderes Tattoo über Freundschaft.

    Nur: kein halbwegs vernünftiger Mensch bringt diesen Spruch, in Fraktur geschrieben und mit der unverkennbaren Silhouette eines KZs kombiniert, mit etwas anderen in Verbindung als mit der Shoah. Und kein Mensch wiird ernsthaft daran zweifeln, dass ein NPD-Stadtrat das Tattoo genauso meint, wie das Gericht es interpretiert hat.

    Oder kurz gesagt: bei dieser Äußerung gbt’s keine Mehrdeutigkeit. Nur einen rechtsextremen Verteidiger, der sich für besonders clever hielt.

  11. 11
    mööp says:

    #8/#9: die Korrektur des Schandflecks soll schon erfolgt sein, von wegen „tätige Reue“ und so, also doch kein echter Kämpfer:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/landgericht-brandenburg-kz-tattoo-uebertaetowiert-trotzdem-acht-monate-haft/14802488.html

  12. 12
    HugoHabicht says:

    @ Roland B.
    Das ist so, wenn man sich strafbare Motive auf die Haut tätowiert (tätowieren lässt). Dann darf man sich insoweit nicht mehr nackig machen, abdecken reicht aber, denn nur das öffentliche Zeigen ist strafbar.

  13. 13
    HugoHabicht says:

    @Waschi
    es geht nicht um Ausreden, die kann man zu Recht verwerfen. Was der Verteidiger eingewandt hat, ist mir unbekannt, ich habe den Prozeß nicht verfolgt.

    Es geht darum, dass die Aussage interpretationsbedürftig ist. Und dann ist es nicht mehr so einfach.

  14. 14
    Reiner says:

    Ist das Tattoo erst mal da ruft auch schon die JVA! ;)

  15. 15
    BV says:

    @ Roland B., # 8:

    Nicht das Urteil bedeutet diese Einschränkung, sondern die – frei gewählte – Tätowierung. Abgesehen davon ist es dem Träger ja möglich, die Tätowierung zu verdecken, beispielsweise durch Pflaster oder Kleidung.

  16. 16
    Waschi says:

    @HugoHabicht
    Das ist eine ausgesprochen nichtssagende Feststellung. Jede Äußerung ist interpretationsbedürftig, und bei Äußerungsdelikten muss sich das Gericht immer fragen, wie eine Aussage durch den Adressatenkreis verstanden werden konnte und wie der Aussagende sie wohl gemeint haben könnte. Nach allem, was ich darüber in der Presse gelesen habe, haben die Gerichte genau das in insgesamt 3 Instanzen gemacht. Und ehrlich gesagt fällt mir auch bei intensivem Überlegen nicht ein, wie ein offensichtlich rechtsextrem eingestellter Mensch diese Tätowierung wohl anders gemeint haben sollte als „Wer im KZ war, hat das verdient“.

    Übrigens finde ich es ein wenig seltsam, einerseits zu erklären „ich habe den Prozeß nicht verfolgt“, andererseits aber festzustellen, „dass das Urteil rechtlich auf ziemlich wackeligen Füßen steht“. Protipp: Man sich viel fundierter über Gerichtsentscheidungen äußern, wenn man versucht zu verstehen, welchen Fall diese Entscheidungen handeln.

  17. 17
    Sophie M. says:

    Meine Meinung ist so, man darf den Menschen nicht ins Gefängnis bringen, weil er auf seinem Bauch ein Nazi-Logo tätowiert hat. Es ist sein Bauch und wenn er nicht ganz nackig durch die Straßen bummelt, dann ist es seine Sache. Die fangen die Nazis, während die Gewalttäter frei spazieren gehen. Das finde ich einbisschen doof.

  18. 18
    HugoHabicht says:

    Und ehrlich gesagt fällt mir auch bei intensivem Überlegen nicht ein, wie ein offensichtlich rechtsextrem eingestellter Mensch diese Tätowierung wohl anders gemeint haben sollte als „Wer im KZ war, hat das verdient“.

    Da geht es schon los: Die außerhalb der eigentlichen Äußerung stehende Gesinnung des Täters wird zur Interpretation heran gezogen. Das Ergebnis Ihrer Interpretation trägt die Verurteilung wegen Volksverhetzung dann übrigens nicht. Wenn man die Aussage so versteht, wie Sie, kommt Beleidigung (noch lebender KZ-Insassen) bzw. Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Betracht. Das Gericht hat die Aussage wohl anders interpretiert, nämlich dahingehend, dass er sich die Einrichtung von KZ zurück wünscht und die gleichen Gruppen darin inhaftiert bzw. ermordet sehen möchte, wie zu Nazizeiten. Es sind wohl andere – auch rechtsradikal motivierte – Deutungen möglich, die eine Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht tragen.

  19. 19
    BV says:

    @ Sophie M., # 17:

    Man bringt auch niemanden ins Gefängnis, weil er sein Nazi-Logo auf seinen Bauch (hier bei Herrn Zech ist es der Rücken) tätowiert hat. Entscheidend ist das er das Tattoo im Schwimmbad öffentlich zur Schau getragen hat. Wenn man so etwas auf seinen Rück tätowiert, muss man es halt verdeckt halten oder mit den Konsequenzen leben…

  20. 20
    matthiasausk says:

    > Das Urteil bedeutet im Prinzip ja auch, daß der Mann lebenslanges Verbot für öffentliche Bäder, Saunen & Co. bekommen hat,

    da gibts ja noch den klassischen quergestreiften Ganzkörperbadeanzug für die Sommerfrische. Normalerweise in blau und weiß oder rot und weiß. In diesem speziellen Falle aber vielleicht in schwarz, weiß und rot.