Immer wieder gern greift der Zivilrechtler, wenn er nicht mehr weiter weiß, zur Strafrechtskeule.
Der Mandant des Zivilisten fühlt sich von dem Gegner ungerecht behandelt, steht aber vor dem Problem, sich gegen diese Behandlung – jedenfalls nach seinen eigenen Vorstellungen – nicht effektiv genug zur Wehr setzen zu können.
Dann holt der vermeintliche Zivilrechtsspezialist einen Karren aus der anwaltlichen Scheune und versucht, einen Staatsanwalt zum Ziehen desselben zu veranlassen.
Daß sowas grundsätzlich …
- keine gute Idee
- in der Regel nicht von Erfolg gekrönt
… ist, zeigt sich dann im Laufe, spätestens am Ende der (beiden) Verfahren.
Was der 3. Zivilrechtssenat des Bundesgerichtshofs von solchen Ansinnen hält, kann der Zivilrechtsberater in dem Beschluß vom 24.11.2016 (III ZR 209/15) – veröffentlicht beim Kollegen Detlef Buhoff – nachlesen:
Dabei ist […] zu berücksichtigen, dass das Strafverfahren nicht der Durchsetzung zivilrechtlicher Forderungen dient […] und durch die Möglichkeit eines dinglichen Arrestes zugunsten des Verletzten diesem nicht eigene Arbeit und Mühen abgenommen werden sollen.
In dem Beschluß ging es um eine Amtshaftungsklage. Der Zivilrechtler hat den Strafverfolgungsbehörden eine Pflichtverletzung vorgeworfen, da sie …
… in einem Strafverfahren nach der Verhaftung des Beschuldigten zunächst von Maßnahmen der Rückgewinnungshilfe nach §§ 111b ff StPO abgesehen hat. Darin hatte der Kläger – ein Geschädigter – eine Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG gesehen.
Mit dieser Klage provozierte der Kläger die Feststellung, daß er es versäumt habe, selbst (rechtzeitig) zur Anspruchssicherung aktiv geworden zu sein, und das, obwohl er anwaltlich vertreten war. Übersetzt heißt das: Statt von der Staatsanwaltschaft zu fordern, ihm die gebratenen Tauben frei Maul Haus zu liefern, hätte er – der Rechtsanwalt – einfach mal die Mittel nutzen sollen, die ihm als Zivilrechtler zur Verfügung standen. Hat er aber nicht, deswegen kann er jetzt auch nicht meckern.
Die quinta essentia muß also lauten:
Wer sich geschädigt fühlt, muß sich um den Schadensersatz selbst bemühen. Die Staatsanwaltschaft ist eine Strafverfolgungsbehörde und grundsätzlich kein Schadensregulierungshelfer. Die seltene Ausnahme liegt in der Rückgewinnungshilfe nach §§ 111b ff StPO, die im Einzelfall, wenn der Karren richtig im Dreck sitzt, mal hilfreich sein kann.
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Dank an RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D. für seinen Blogbeitrag zu dieser Entscheidung.
Bild: © Simmen / pixelio.de
Mich würde mal interessieren, wie es in einem der vielen Fälle aussieht, in dem eine Seite auf untaugliche Weise gemahnt oder gekündigt hat (zB per Email) und die andere Seite dies „nicht erhalten“ haben will. Passiert im Zivilrecht ja oft.
Wenn dann eine Strafanzeige wegen Prozessbetrugs folgt, wird der StA einstellen oder Hausdurchsuchung beantragen?
Aber bitte jetzt kein Gejammer über einen Versuch, kostenlose Beratung zu erhalten. Es geht mir nicht um einen konkreten Fall. Die Situation hatte ich einfach schon oft (ohne Strafanzeige zu stellen) und mich gefragt, wie das wohl ausgehen würde…
Hallo Fry,
vielleicht statt dessen einen Tip? Sorgen Sie dafür, dass Sie den Zugang Ihrer Schreiben/Erklärungen beweisen können. In Betracht kommen verschiedene Wege: Einschrieben, Boten, Fotodokumentationen des Einwerfens der Schreiben u.a.m.
Viel Erfolg!
@Fry
wenn Sie den Beweis im Zivilverfahren nicht erbringen können wird das im Strafverfahren erst recht nicht gelingen. Das wird ohne Federlesen eingestellt.
@Miraculix
Das ist nicht richtig. Im Zivilverfahren hat man nicht fie Möglichkeit, einen PC zu beschlagnahmen, um zu schauen, ob da eine bestimmte Mail nicht doch eingegangen ist. Im Strafprozeß gibt es diese Möglichkeit (und andere mehr). Da besteht ein ganz erheblicher Unterschied.
Erfahrungsgemäß machen die Staatsanwaltschaften davon aber nur in größeren Fällen Gebrauch.
War ein mal als Zeuge geladen worden in einer Koerperverletzungssache wo ich der Geschaedigte war.
Habe vor Gericht klargestellt das ich nicht an Entschaedigung interessiert bin, nicht ein Mal an Aufwandsentschaedigung fuer die Zeit die ich beim Gericht verbrachte, da ich einfach nur noch weg wollte.
Damit alles dann fuer 2 1/2 Jahre auf Bewaehrung ausgesetzt wird, wurde als Teil des Urteils der Beschuldigte angewiesen mir ca 900 Euro zu ueberweisen.
Denke mal der Anwalt als Zeugenbeistand hatte seine Hand da im Spiel, wobei ich den erst zu einem folgendem Termin organisierte.
@War ein mal ein Zeuge:
Ich dachte bisher immer, dass Bewährung nur bis 2 Jahre geht?
@HugoHabicht: Und selbst in diesen „großen“ Fälle ist das (Also Hausdurchsuchung und Beschlagnahme des PCs) oft ein nicht verhältnismäßiger Grundrechtseingriff und wird zurecht (auch hier) kritisiert.
@CRH: Im Blogtext müsste es „DasS sowas grundsätzlich…“ heißen. Sorry fürs grammargenazie, ist mir nur ins Auge gesprungen ;)
Diese Logik verstehe einer: „Die Staatsanwaltschaft ist eine Strafverfolgungsbehörde und grundsätzlich kein Schadensregulierungshelfer. Die seltene Ausnahme liegt in der Rückgewinnungshilfe nach §§ 111b ff StPO“. Aber um genau die geht es hier doch!
@ crh und S2B2
Es wird weder mit „ß“ noch mit doppel s geschrieben. Sondern in diesem Falle mit einem schlichten einfachen „s“.
Was die inhaltliche Sache anbetrifft: crh hat wohl noch nie etwas davon gehört, dass Geschädigte in einem Strafverfahren (gegen den Schädiger) durchaus (finanziellen!) Schadenersatz verlangen können. Nebenkläger, Adhäsionsverfahren/Klage – schon mal was davon gehört – RA Hoenig?!
Sollte Ihnen doch eigentlich als FA für Strafrecht bekannt sein..
Und die Richter des BGH haben hier wohl vor allem die Beamten der Sta schützen wollen hinsichtlich der Amtshaftungsklage – das Krähenprinzip trifft wohl leider manchmal auch auf (manche) Richter des BGH zu.
„Quintessenz“ kommt zwar etymologisch von „quinta essentia“. „Quinta essentia“ bedeutet aber nicht „Quintessenz“.