Ein wesentlicher Grund dafür, daß ich mich als Strafverteidiger in meinem Job sehr gut aufgehoben fühle, ist der Umgang mit anderen Strafverteidigern. Böse Zungen sprechen davon, Strafverteidiger seien die Schmuddelkinder unter den Rechtsanwälten. Ein solcher Status schweißt aber zusammen.
Anders habe ich das in vielen Fällen meiner dunklen Vergangenheit in den 90er Jahren erlebt, als ich noch öfters mal als Zivilist unterwegs war. Viel zu häufig gehen sich die Kollegen da gegenseitig an die Gurgel. Auf welchem perfidem Niveau sich das abspielt, zeigt dieser Ausschnitt aus dem Protokoll einer Sitzung vor dem Zivilgericht (das ich aus einer Strafakte gefischt habe):
Für einen Strafverteidiger wäre das – jedenfalls grundsätzlich – undenkbar, den Kollegen zum schriftlichen Nachweis seiner Bevollmächtigung aufzufordern – selbst dann nicht, wenn er gegenläufige Interessen vertritt.
Sicher, auch unter den Strafrechtlern gibt es so’ne und solche. Aber die Regel ist das nicht, daß man dem gesprochenen Wort eines Strafverteidigers mißtraut. Schließlich wollen wir uns ja nach Möglichkeit von unseren Mandanten unterscheiden.
hmm, wir hatten letztens eine scheidungssache, wo wir vermuten mussten, dass der gegnerische ehepartner gar nicht selbst geschieden werden wollte, sondern seine kinder wollten das und er selbst war auf dem steilen weg in die dementia. da haben wir auch auf vorlage der original-vollmacht bestanden. ansonsten ersieht man meiner ansicht nach aus dem stil des protokolls, dass sich das erkennende gericht über dieses schwachsinnige geplänkel gerade durch die klein-klein-protokollierung lowkey lustig macht.
Nach meiner Erfahrung ist das auch im Zivilbereich die absolute Ausnahme. Wenn das mal vorkommt, dann eigentlich nur zB bei Familienstreitigkeiten, wenn eine Partei befürchtet, dass hinter der Klage einer alten Mutter oder eines alten Vaters eigentlich jemand aus dem Geschwisterkreis steckt. Aber schwarze Schafe gibt es natürlich immer.
@ RA Hoenig
Da zeigt sich wieder mal, wie wenig Ahnung Sie vom Zivilrecht haben. Schon mal was vom Anwaltszwang am Landgericht (und OLG/ kammergericht) gehört?)
Anscheinend wohl nicht, sonst würden Sie sich wohl kaum so infantil über dieses Verhalten des Zivilrechts-Anwaltes empören. Wenn ein (angeblich) Prozessbevollmächtigter keine Vollmacht auf Verlangen der Gegenseite vorweisen kann, kann dies durchaus dazu führen, dass allein deswegen der Prozess verloren wird. (also derjenige, dessen Anwalt in der Verhandlung keine wirksame Vollmacht vorweisen kann.) Dann braucht der gegnerische, ordentlich mit Vollmacht ausgestattete Anwalt nur noch Antrag auf Versäumnisurteil stellen. Und da ja die andere ProzessPartei dann in der Verhandlung nicht offiziell vertreten ist (wenn der Anwalt keine Vollmacht hat), gibt es durchaus Richter, die dann – im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften – ein Versäumnisurteil gegen die „nicht erschienene/ bzw. nicht anwaltlich vertretene Partei“ erlassen. Also – ein dutchaus vernünftiges Verhalten dieses Zivil-Anwaltes, der hier offenbar sehr engagiert die Sache für seinen Mandanten vertritt.
Vielleicht war auch schlicht das persönliche Erscheinen angeordnet und eine Vollmacht nach § 141 Abs.3 Satz 2 ZPO vorgelegt worden. Ansonsten gilt auch hier: wenn s dem Mandanten nutzen könnte …
Das ist in der Tat die absolute Ausnahme. In normalen Zivilrechtsstreitigkeiten kommt das praktisch nicht vor. Und wenn, dann bestehen entweder tatsächlich spürbare Zweifel an der wirksamen Bevollmächtigung oder die Rüge hat taktische Gründe.
Das kann durchaus taktische Gründe haben, z.B. bei einer Personenmehrheit (z.B. eine WEG) ist die Vollmacht mal schnell unwirksam.
Auch im Eilverfahren kann das ggf. ein Versuch sein, den Antrag / das Rechtsmittel durch Unzulässigkeit zu Fall zu bringen, da der Anwalt, der keine schriftliche Vollmacht dabei hat, nur begrenzte Möglichkeit hat, diese „nachzureichen“.
Abseits dieser prozesstaktischen Mittel mag es in seltenen Ausnahmefällen tatsächlich mal Zweifel an der Bevollmächtigung geben. Ansonsten gibt es halt Kollegen, die meinen, sie hätten auf einer Fortbildung mal aufgeschnappt, dass man sich immer die Originalvollmacht vorlegen lassen soll…
Hab ich auch schon gemacht. Bei einer Inkassobude, die im Vorfeld nie ein original unterschriebenes Schriftstück produziert hat und die Angelegenheit dann an einen Rechtsanwalt abgegeben hat, dessen Gekrakel keinem Namen der Kanzlei entsprach und der auch weder Vollmacht der Inkassobude noch des Telemedienanbieters vorlegen konnte.
Am Ende der Geschichte war der Anwalt nicht bevollmächtigt, wie der vermeindliche Inhaber der Hauptforderung bestätigte
Böse Zungen sprechen davon, Rechtsmediziner seien die Schmuddelkinder unter den Ärzten. Ein solcher Status schweißt aber zusammen.
Ein Gegner meinte einmal, an der (Fort-)Existenz der von mir vertretenen Firma zweifeln zu müssen, so dass ich eine aktuelle Vollmacht vorlegen musste. Exotisch, kann aber vorkommen.
Entscheidende Vorschriften sind hier §§ 88, 89 ZPO.
Und ich hatte mal eine „quasi“ WEG Sache (es ging um Unterlassungsansprüche gegen meine Mandantin, die nicht von der WEG sondern von – auch einzelnen – Eigentümern geltend gemacht werden mussten), in welcher wir positiv wussten, dass der Gegnervertreter nicht von allen WEGlern beauftragt worden sein konnte. Gleichwohl hatte er im Namen aller (anderen) Miteigentümer geklagt. Besonders perfide: Er war selbst ebenfalls Miteigentümer und Kläger. Hintergrund war wohl der Wunsch „gebührenoptimiert“ zu arbeiten.
Das war – bisher – der einzige Fall, in welchem ich auf die Vorlage der Vollmachten bestanden habe.
Da der (angebliche) Gegnervertreter tatsächlich nicht alle Vollmachten vorlegen konnte, sondern wir vielmehr sogar belegen konnten, dass einige der Miteigentümer keinen Auftrag erteilt hatten, war das Ende vom Lied in bezug auf die tatsächlich nciht vertretenen Miteigentümer ein (Teil-)Versäumnisurteil (abweisend) mit Kostentragungslast insoweit für den Gegnervertreter in Person (!) – als vollmachtloser Vertreter.
Man mag von dem Verlangen nach einer Vollmacht halten was man will – die Erhebung einer Klage, ohne dazu beauftragt worden zu sein, halte ich für wesentlich anrüchiger.
Es gibt allerdings nur wenige Konstellationen, in denen das Verlangen nach einer schriftlichen Vollmacht irgendetwas „bringt“. Hier war’s mal anders.
Marco (Kommentar Nr. 5) bringt es auf den Punkt.
Derartiges wird besonders gerne von Global Player Gegnern und Global Player Kanzleien übersehen.
Das ist normales Handwerk.
Im gewerblichen Rechtsschutz tätigen Anwälten wirft man gerne vor, dass sie abmahnen.
Im gewerblichen Rechtsschutz gehört die Abmahnung zum normalen Handwerkszeug, so wie das Skalpell für einen Chirurgen. Dem wirft man ja auch nicht die Verwendung eines Skalpells vor.
Und Du verzichtest ja auch nicht auf eine Besetzungsrüge. ;-)
Vertrauen in die Bevollmächtigung des gegnerischen Kollegen dürfte der Normalfall sein. Dennoch gibt es gelegentlich Kollegen, die für (Dauer-)Mandanten etwas einklagen, wovon die Mandanten gar nichts wissen und dies auch gar nicht wollen. Schon zweimal erlebt (in 20 Jahren).
Bei Zivilisten ist halt der andere Anwalt immer der Gegner. Strafverteidiger haben meist nur einen gemeinsamen Feind.
In 12 Jahren ziviler Anwaltstätigkeit hat einmal ein Gegneranwalt verlangt, dass ich eine Vollmacht vorlege. Hintergrund in dem Fall war es, dass der Gegner hoffte, über die Vollmacht die aktuelle Adresse meines Mandanten heraus zu bekommen, die ihm nicht bekannt war. Ich habe mir also eine Frist setzen lassen, die Vollmacht ohne Adresse mit der Post nachgesendet und gut war.
Vollmachtsrügen vor Gericht sind die ganz, ganz große Ausnahme.
Aber klar ist, dass es im Zivilrecht meistens Anwalt gegen Anwalt geht und ein gemeinsamer Gegner á la Staatsanwaltschaft fehlt.
Es gibt Rechtsanwälte, die im Interesse der Haftpflichtversicherung bestreiten, was zu bestreiten geht. Und das auch dann, wenn die Versicherung gar nicht verklagt wurde, sondern nur Halter und Fahrer.
Da kann man den Anwalt aus München schon mal auffordern, die Vollmacht des Mandanten aus Kerpen (Rhld.) vorzulegen.
Ich will nicht wissen,wie viele Anwälte – von der Versicherung beauftragt – vor Gericht für Mandanten agieren, mit denen sie noch niemals Kontakt hatten.
Obwohl, eigentlich möchte ich es doch wissen :-)
Vor Gericht habe ich das noch nie gehabt … weder selbst gemacht noch von der Gegenseite bekommen. Im außergerichtlichen Vorfeld ist das dagegen in bestimmten Konstellationen schon fast Pflicht … vor allem , wenn es um irgendwelche Massenabmahnungen oder Abofallen geht. Regelmäßig hört man dann nie wieder was davon …
… obwohl das natürlich auch daran liegen könnte, dass da überhaupt ein RA irgendwas schreibt … ;-)
;)
@RA Schepers. Die Prozessführungsbefugnis, die auch das Recht zur Bestellung des Prozessanwalts für den Versicherungsnehmer beinhaltet, ist in sämtlichen Haftpflichtversicherungsbedingungen geregelt. Man müsste daher das Versicherungsverhältnis bestreiten.
@DonJon
Was hat den gegnerischen Anwalt und Kläger davon abgehalten, auf §78 IV ZPO hinzuweisen?
Das ist jetzt aber ein bisschen wie Äpfel und Birnen verteidigen: zwischen verschiedenen Strafverteidigern gibt es in der Regel keine diametrale Interessenkonflikte, und selbst wenn doch, lassen die sich über die Vollmacht nicht klären.
Vielleicht sollten Sie das eher mal damit vergleichen, wie kollegial der Umgang zwischen Verteidigern und Staatsanwälten üblicherweise ist?
@Patrunky
Prozeßführungsbefugnis nach Versicherungsvertrag und Prozeßvollmacht nach ZPO sind zwei unterschiedliche Dinge, vgl. §§ 80 ff ZPO, insbesondere § 89 ZPO.
@ Silke, # 3:
Das sofortige Unterliegen mangels Vollmacht kann eigentlich nicht passieren. Gerade bei einem Rechtsanwalt, bei dem regelmäßig zu vermuten ist, dass er eine schriftliche Vollmacht nachreichen kann und wird, ist ihm hierzu eine Frist zu setzen. Ein Versäumnisurteil kann dann erst nach Fristablauf ergehen. Das könnte allenfalls dann anders zu sehen sein, wenn der Gegner den Mangel der Vollmacht schon schriftsätzlich gerügt hat; dann ist der Anwalt aber auch selbst schuld, ohne Vollmacht zum Termin zu gehen.
@ WPR_bei_WBS, # 18:
Es wird ja kaum seine eigene fehlende Bevollmächtigung gerügt worden sein ;-)
@ BV
Das denke ich ja auch :-), aber DonJons Posting liest sich für mich so, als sei genau das passiert. Daher meine Nachfrage.
Darf ich mit einer Laiendarstellung erheitern: https://www.op-online.de/offenbach/prozess-amtsgericht-offenbach-vorwahl-entpuppt-sich-kostenfalle-4521487.html
Ich hatte das Gericht gebeten zu prüfen, ob der Klägeranwalt ordnungsgemäß bevollmächtigt ist, weil die Klageschrift zahlreiche Rechtschreibfehler enthielt, der Firmenname des Klägers war falsch geschrieben, die Firmierung stimmte nicht, weder Wohnort noch Name des gesetzlichen Vertreters der Unternehmergesellschaft waren angegeben. Weder Bundesnetzagentur noch ich konnten mit der Berliner (Briefkasten-)Firma in Dialog treten, aber ein Arbeitsrechtler aus Köln wurde klägerseitig mandatiert. Dieser nimmt auf einen Mahnbescheid von einem für mich unzuständigen Mahngericht Bezug und ignoriert entgegen § 253 (3) ZPO ein vorangegangenes Schlichtungsverfahren der BNetzA in seiner Klageschrift.
Der schlimme Gesamteindruck nährte Zweifel, das Gericht hat es geprüft, er war ordentlich bevollmächtigt. Ich war übrigens auch in der Berufungsverhandlung nur zweiter Sieger und kann zu dem Geschäftsmodell, sich als kostengünstigster Call-by-Call-Anbieter in diversen Datenbanken zu verewigen, um kurz danach die Preise um 5.000 % zu erhöhen, nur gratulieren.