Nein, die spinnen nicht!

Noch einmal ein paar Worte zu der Focus-TOP-Anwalts-Liste. Hier jetzt unter den Stichworten „Schnäppchen- und Konstenlos-Mentalität“

Was ist daran auszusetzen, wenn ein Wirtschaftsunternehmen einen (geschätzt) fünfstelligen Betrag in die Hand nimmt und damit ein Meinungsforschunsinstitut beauftragt, eine Umfrage unter Rechtsanwälten zu machen und deren Ergebnis in eine Tabelle zu schreiben? Was spricht dagegen, für die Veröffentlichung wiederum Geld zu investieren, um ein Sonderheft zu drucken, dafür zu werben und dessen Vertrieb zu organisieren?

Ziel dieser Investitionen ist sicherlich nicht, den befragten und gelisteten Anwälten ein barmherziges Geschenk zu machen. Es geht eben nicht um die Förderung der wirtschaftlichen(!) Interessen von Anwaltskanzleien. Wenn ein Rechtsanwalt auf Almosen angewiesen ist, sollte er sich ans Arbeitsamt wenden oder seinen Laden dicht machen. Der Focus-Verlag ist kein Müttergenesungswerk für notleidende Advokaten.

Focus will – wie jedes andere Unternehmen auch – eine Rendite aus dieser oben beschriebenen Investition erzielen. Dazu verkauft man die Sonderhefte für relatives Kleingeld an das Publikum und viele Seiten für Anwalts-Werbung im Heft zum Gegenwert eines dreijährigen Hartz-IV-Einkommens. Darüberhinaus bietet Focus dann auch noch die (begrenzte) Verwendung des „Siegels“ und der „Urkunde“ an. Für ebenfalls teuer Geld.

Wenn nun die Marketing-Abteilung einer Rechtsanwaltskanzlei die Ansicht vertritt, die Investition in diese Art der Werbung würde sich auszahlen für die Kanzlei (also lukrative Mandate bringen), dann kommt man mit dem Focus-Verlag in Contract. Wenn nicht, dann nicht. So einfach ist das!

Wo ist jetzt das Verwerfliche oder Kritikwürdige an dem Handeln des Focusverlags? Es wird kein gelisteter Anwalt gezwungen, das Angebot des Focus anzunehmen. Statt dessen kann er sogar kostenlos mit der Liste Werbung machen, wenn auch im eingeschränkten Rahmen, so wie ich es hier seit 2013 mache.

Woher kommt diese Anspruchshaltung, die Früchte der Investition eines fremden Unternehmens ernten zu wollen, ohne bereit zu sein, eine adäquate Gegenleistung dafür zu liefern. Für so ein Verhalten kann ein Biologielehrer locker ein paar deutliche Worte aus dem Tier- und Pflanzenreich vorschlagen.

Ich bin dankbar, daß mir der Focus diese – eingeschränkte – Möglichkeit gegeben hat, darauf hinweisen, daß unsere Kanzlei „überzeugt“. Und ich nörgele nicht herum, weil er mir diese Möglichkeit eben nicht uneingeschränkt zur Verfügung stellt. Ich bin kein Schnäppchenjäger und fordere nichts geschenkt. Sondern so, wie ich erwarte, daß meine Leistung entlohnt wird, bin ich bereit, für Leistungen anderer eine Gegenleistung zu bringen.

Und ja:
Mir ist bewußt, daß für den kundigen Insider das Ranking und das Siegel kaum belastbare Hinweise auf die Qualität der Arbeit des Gesiegelten liefern. Aber „kundige Insider“ sind auch nicht die Zielgruppe unseres Kanzleimarketings.

Und nein,
lieber und hoch geschätzter Herr Kollege Burhoff und liebe Kollegen, die Ihr in das gleiche Horn stoßt: Die Focus-Leute spinnen nicht. Die bekommen nämlich nicht – garantiert bis zum Lebensende, und für die Witwe sogar darüber hinaus – monatlich zum Ersten ein alimentierendes Gehalt auf’s Konto. ;-) Gönnen Sie den Kapitalisten ihre Gewinne!
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Dieser Beitrag wurde unter In eigener Sache veröffentlicht.

14 Antworten auf Nein, die spinnen nicht!

  1. 1

    monatlich zum Ersten ein alimentierendes Gehalt auf’s Konto

    Bekomme ich auch nicht………

    • Was haben Sie falsch gemacht? :-) crh
  2. 2
    egal says:

    Warum wird das denn im Sinne einer Bestenliste aufbereitet, wenns nur Werbung ist?

    • Weil es möglich ist? crh
  3. 3
    WPR_bei_WBS says:

    Ihr Frage kann ich gerne beantworten: Es ist daran auszusetzen, dass die journalistischen und die werblichen Inhalte nicht mehr (klar) abgegrenzt sind. Da mögen Sie als Jurist naturgemäß nicht als erstes dran denken, aber auch andere Berufsgruppen wie Journalisten haben gewisse ethische Regeln. Und die werden vom Focus hier über Bord geworfen, weil dieses Tanking so tut als sei es Journalismus – stattdessen aber ein billiges Vehikel ist, um für den Focus Umsatz durch die Anwälte zu generieren.

    Ich versuchs mal in die Anwaltswelt zu übersetzen: Das ist in etwa so (najan vielleicht nicht ganz, aber die Richtung ist die gleiche), als würden Sie Ihrem Mandanten zu einem Geständnis raten, um eher in den Urlaub zu können.

  4. 4
    Ann says:

    @WPR…
    Weit gefehlt, der Leser wird nicht (weder bewusst noch fahrlässig) getäuscht/verraten:
    Das Ranking ist echt, Kollegen empfahlen.

    (Insoweit seriös durchgeführt) ist dieses Ranking ein Empfehlungsmarketing der gehobenen Art: Wenn ich ((wannabe-)Computer-Allrounder) einen Spezialisten suche ist mir die Empfehlung anderer Spezialisten *weit* mehr wert, als die der DAUs.

  5. 5
    Andreas says:

    @WPR: wenn der Focus diese Liste in seinem wöchentlichen Heft unterbrächte UND das ganze als journalistische Arbeit aufmachte, könnte ich Ihrer Kritik zustimmen. So, denke ich, ist allen des Lesens Mächtigen klar, was der Sinn des Sonderheftes ist und es wird wohl auch kein Geheimnis daraus gemacht, wie die Liste zustande kommt.

    Und nebenbei hinkt in meinen Augen Ihr Vergleich schon nicht mehr, der kriecht mangels Beinen :-)

  6. 6
    Maste says:

    Alleine schon der Focus an und für sich ist Grund
    Genug. Beschuldigtenrechte sind dort auch nur rudimentär bekannt und die Berichterstattung ist stets
    sehr tendenziell zu Lasten des Beschuldigten.
    Kommt der von Ihnen gelegentlich (zurecht) kritisierten
    Presse sehr nahe was dort so berichtet wird. Und das soll jetzt auf einmal alles toll sein?? Ich weiß ja nicht….

  7. 7
    Neuschier says:

    Der Einwand von Maste kam mir allerdings auch sofort in den Sinn.

  8. 8
    Christian Franz says:

    Moin!

    Der Focus hat, was die wettbewerbswidrige Vermengung von Werbung angeht, eine lang zurückreichende Historie: zwei Mal sind derartige Stunts vom BGH untersagt worden, die Entscheidungen betrafen Ärzte (BGH, Urt. v. 30.04.1997 – I ZR 196/94 – Die Besten I) und Anwälte (BGH, Urt. v. 30.04. 1997, I ZR 154/95 – Die Besten II).

    Zwischenzeitlich hat sich auch der Juve-Verlag mit dem Vorwurf der Verletzung des presserechtlichen Trennungsgebots auseinandersetzen dürfen und dabei eine Ehrenrunde über’s Verfassungsgericht gedreht – anders als der „Focus“ allerdings erfolgreich (BGH, Urt. 09.02.2006 – I ZR 124/03 – Rechtsanwalts-Ranglisten).

    Insoweit kann man im übertragenenen Sinn und in Bezug auf die obige Diskussion jedenfalls sagen: die sponnen, die vom Focus. Ob sie jetzt noch spinnen, müsste man prüfen – vielleicht findet sich einfach kein Kollege, der dafür bezahlt würde oder Lust darauf hat.

    Aber letzten Endes sollte man die Kirche im Dorf lassen. Anwaltsmarketing ist ein mühsames Geschäft, und wenn sich eine Investition in irgendwelche Siegel-Lizenzen in hoch vierstelliger Höhe für den ein oder anderen Kollegen rechnet, dann soll er doch.

  9. 9
    fritz says:

    „Und ja:
    Mir ist bewußt, daß für den kundigen Insider das Ranking und das Siegel kaum belastbare Hinweise auf die Qualität der Arbeit des Gesiegelten liefern. Aber „kundige Insider“ sind auch nicht die Zielgruppe unseres Kanzleimarketings.“

    Interessante Sicht der Dinge. Sie nutzen also bewusst die Täuschung ahnungsloser potentieller Mandanten für Ihre Zwecke.

  10. 10
    Engywuck says:

    Ich sehe drei Probleme mit dem Vorgehen des Focus:
    – eigentlich sollten die Kosten für die Sonderzeitschrift durch den normalen Verkauf inklusive dort abgedruckter Werbung abgedeckt sein – es soll ja auch eigentlich ein Service am Focus-Leser sein…
    Sogar wenn dem nicht so ist bräuchte der Focus „nur“ ein Dutzend zahlungswilliger Anwälte, um den von Ihnen genannten „fünfstelligen Betrag“ anzudecken
    – es besteht die Möglichkeit, dass Focus zukünftig die zahlungswilligen Anwälte besser bewertet als die Nichtzahler – „Besorgnis der Befangenheit“.
    – der Betrag steht in keinem sinnvollen Verhältnis zum zu erwartenden Mehr an „Kunden“ (oder?), zumal das Siegel ja auch wieder Werbung für Focus macht (und sei es nur durch Verbesserungen im Page Rank durch die Rückverlinkungen).

    Wenn es sich hier um einen mehr oder weniger symbolischen Betrag handeln würde, der Verwaltungs- und Prüfkosten deckt hätte ich nichts dagegen (und viele andere auch nicht – „alles muss kostenlos sein“-Leute gibt’s immer), aber bei einem hohen vierstelligen Betrag klingt das eher nach Abzock-Versuch und „wir lassen die Anwälte die Werbung des Focus bezahlen“.

  11. 11
    Charlie says:

    @Engywuck:

    Wieso „zukünftig … besser bewertet“ ? Wie wir wissen, gibt es bereits in diesem Sonderheft Anzeigen von Kollegen … und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwer Geld für Anzeigenwerbung ausgibt, wenn er nicht in *diesem* Heft in irgendeiner Bestenliste auftaucht.

    Warum auch? Kein Rechtsschutzbedürftiger käme ja auf die Idee, allein wegen einer protzigen Anzeige einen Auftrag an jemanden zu vergeben, den die fachkundige Redaktion nicht für gut genug hält, in die Liste aufgenommen zu werden.

    Das bedeutet aber dann auch, dass bei der Anzeigen-Akquise bereits gezielt die „Listen-Anwälte“ angesprochen werden müssen. Und dann bekommt das Ganze ein „G’schmäckle“ …. wie sehr kann man dann noch darauf vertrauen, dass ein mit einer Anzeige werbender Kollege tatsächlich auch ohne diese Anzeige denselben (oder überhaupt irgendeinen?) Listenplatz gehabt hätte?

  12. 12
    aggiepack says:

    Alles so durch und durch seriös und aussagekräftig wie Wahl des „Lieblingsautos“ durch den ADAC.

    Solange Kriterien herangezogen werden, die hinsichtlich statistisch relevante Gewichtung eher in die Kategorie des groben Unfugs gehören, ist das Ergebnis nicht aussagekräftig.

    Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Anwalt aus der Top-Liste wirklich über dem Durchschnitt liegende gute Arbeit leistet, ist wie im sonstigen Leben auch: fifty : fifty

  13. 13

    […] dann geht es noch einmal um den Focus mit: Nein, die spinnen nicht. Und ich schreibe jetzt nicht: Und sie spinnen doch ? […]

  14. 14
    Daarin says:

    Also ich bin hier erstmal vollkommen auf der Seite von Herrn Hoenig.

    Bisher hat mir noch keiner Hinweise dazu gebracht, woraus sich ergeben könnte, dass die Inseratenabteilung des Focus hier Einfluss auf die Listen genommen hätte. Dass der Focus ein Ziel mit einer Publikation hat dürfte ziemlich jedem Klar sein, und es ist genau genommen immer das Selbe, wie bei jedem Wirtschaftsunternehmen: Geld verdienen. Aber hier wurde anscheinend ja ein Forschungsinstitut damit beauftragt, dass andere Anwälte befragt hat, wenn ich das richtig verstanden habe. Unter diesem Gesichtspunkt bräuchte ich schon Hinweise dass an den Listen gepfuscht wurde.

    Und dann ist es natürlich legitim Geld für etwas zu nehmen das jemand benutzen möchte. Auch was die Höhe der Gebühr angeht muss ich doch sagen, der Anwalt ist weder gezwungen dieses Siegel zu verwenden, noch dazu eine Anzeige zu schalten. Und Herr Hoenig ist schließlich auch dauernd in den Listen ohne das Siegel zu kaufen oder dort Werbung zu schalten (nehme ich mal an).