Spezialrechtsschutz empfehlenswert

742584_web_R_by_Andreas Hermsdorf_pixelio.deDer Aufwand für eine effektive Verteidigung in erwachsenen Steuer- und Wirtschaftsstrafsachen ist in aller Regel gewaltig.

Die gesetzlich vorgesehenen Vergütungen für die Arbeit des Verteidigers hingegen unterschreiten nicht selten den gesetzlich vorgesehenen Mindestlohn. Deswegen einigen sich Anwalt und Mandant regelmäßig über die Höhe des Honorars im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung. In unserer Kanzlei vereinbaren wir meistens ein Zeithonorar.

Was passsiert nun,
wenn der Verteidiger erfolgreich ist und das Verfahren vor Erhebung der Anklage eingestellt wird? Richtig: Der Mandant bleibt zu 100 % auf seinen Kosten sitzen.

Also
sollte der Verteidiger besser versuchen, den Staatsanwalt zur Anklageerhebung zu motivieren, um sich dann beim Gericht den Freispruch zu abzuholen? Denn wenn der Angeklagte freigesprochen wird, lautet der zweite Satz des Urteils:

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Hört sich gut an?
Dann verkennen Sie den Begriff der „Notwendigkeit“ der Auslagen. Das ist aus Sicht der Landeskasse nur die gesetzlich vorgesehene Vergütung, für die eine solche Verteidigung nicht leistbar ist(s.o.). Also: Auch beim Freispruch trägt der Mandant den überwiegenden Teil seiner Kosten selbst.

Deswegen
raten Strafverteidiger ihren Mandanten mit den weißen Kragen zum Abschluß einer Spezial-Rechtsschutzversicherung. Darüber schreiben Stefan Glock und Johan van der Veer in der LTO Legal tribune Online vom 27.12.2015. Bitte mal alle lesen!

__
Bild: © Andreas Hermsdorf / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Kosten, Mandanten, Steuerstrafrecht, Strafverteidiger, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht.

7 Antworten auf Spezialrechtsschutz empfehlenswert

  1. 1
    Spandauer says:

    Unter dem Artikel der LTO findet sich auch ein guter Kommentar von PuCa (02.01.2017 19:11).
    Auch sehr lesenswert.

  2. 2
    RA Gohlke HB says:

    Guten Morgen, Danke für die Auswertung+Hinweise
    Gutes gelingen im Neuen Jahr.
    Hanseatische Anwalts-Praxis Bremen

  3. 3

    Lieber Carsten,

    hast Du oder haben die Autoren im Artikel Erfahrungswerte, welche Stundenhonorare (Höhe) von diesen Versicherungen akzeptiert werden?

    Und der Hinweis im Artikel zur „gefahrgeneigten Arbeit“ passt so richtig nicht für das, worum es eigentlich geht: vorsätzlich begangene Straftaten!

    Feines Neues Jahr

    • An unseren Stundensätzen und Aufwandsabrechnungen gab es bisher keine Kritik.
       
      Vorsatz ist nicht versicherbar. Aber die Kosten für Verteidigung gegen den Vorwurf einer Vorsatzstraftat (zB. § 263 StGB) werden idR. übernommen – mit einem Rückforderungsvorbehalt für den Fall einer rechtskräftigen Verurteilung. Darüber, wie ernsthaft diese Rückforderungen durchgesetzt werden, habe ich keine Erkenntnisse. crh
  4. 4
    K75 S says:

    „Auch beim Freispruch trägt der Mandant auf dem überwiegenden Teil seiner Kosten selbst.“
    [/Deutschlehrerinnenmodus]

    • Danke, Frollein! crh
  5. 5
    Waschi says:

    Aus Strafverfolgersicht wird es u.U. interessant sein zu erfahren, wann und zu welchen Konditionen jemand eine solche Versicherung abgeschlossen hat (vor allem, wenn sich erkennen lässt, dass der Versicherungsnehmer Wert darauf gelegt hat, dass bestimmte Sachverhalte vom Versicherungsschutz umfasst werden). Sollte man in der Zukunft bei der Nachbereitung von Durchsuchungen vermehrt darauf achten.

    • Unter anderem aus diesen Gründen sollten Mandant und Verteidiger stets Stillschweigen über die Finanzierung der Verteidigung bewahren. Ratsam ist in diesem Zusammenhang, trotz Vergütungseinbarung z.B. die Bestellung zum Pflichtverteidiger zu beantragen. crh
  6. 6
    WPR_bei_WBS says:

    @ crh (Antwort an Waschi):

    Das bringt aber nichts, wenn die Ermittlungsbehörden (so wie ich Waschi verstanden habe) bei der Auswertung der Durchsuchung einen genaueren Blick in gefundene Versicherungsunterlagen und Korrespondenz mit der Versicherung werfen.

  7. 7
    lawblogleser says:

    Ich bin etwas verwirrt. 2015 hieß es im Lawblog, dass bei Einstellungen wegen Geringfügigkeit im Normalfall auch die notwendigen Auslagen erstattet werden müssen.

    https://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/04/13/wer-traegt-die-kosten/

    Wie verträgt sich das denn mit dem Artikel hier?