Null Toleranz für Verwaltung und Urlaub

Wer wissen will, warum kleinere Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Berlin so elend lang dauern, kann sich anhand von Aktenvermerken, wie zB. der eines renitenten Richters, informieren:

Ich fasse das mal zusammen:

  • Es gibt ein erhöhtes Fallaufkommen im Bereich der Betäubungsmitteldelikte beim Amtsgericht. Wer meint, das hänge mit der Null-Toleranz-Strategie und den ständigen sinnlosen Kontrollen in der Hasenheide und im Görlitzer Park zusammen, denkt in die richtige Richtung.
  • Die Justizverwaltung schließt eine Spezialabteilung für genau diese „Null-Toleranz´-Delikte“. Die Akten der strafverfolgten Kiffer verstauben vier Monate lang auf einer unterbesetzten Geschäftsstelle.
  • Parallel dazu wird den Richtern irgendwelcher Verwaltungskrempel übergeholfen, damit sie sich auch ja nicht um ihren eigentlichen Job kümmern können.
  • Und jetzt macht der letzte engagierte und aufmüpfige Richter auch noch Urlaub.

Es bleibt (für den Fortgang der Verfahren, nicht für den Richter) zu hoffen, daß die Wiedervorlage („Wv“) nicht die Dauer seines Urlaubs wiedergibt.

Wer in so einem Laden arbeiten will, muß nicht nur über ein gutes Examen verfügen, sondern – viel wichtiger – über ein extrem dickes Fell. Überlegt Euch das gut, lieber Nachwuchs.

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Justiz, Richter veröffentlicht.

3 Antworten auf Null Toleranz für Verwaltung und Urlaub

  1. 1
    Caron says:

    Wie erzeugen denn sinnlose Kontrollen Arbeit für Richter? Und was schlägt der Autor als Alternative vor, um in der Stadt mit der höchsten Anzahl Straftaten pro Kopf mal Richtung Münchener Verhältnisse zu kommen?

  2. 2
    Der wahre T1000 says:

    Die Verfolgung von Kiffern ist, solange Alkohol erlaubt ist, völlig sinnfrei.

    Während Alkohol jedes Jahr eine 5-stellige Anzahl von Toten produziert, sind weit und breit keine toten Cannabiskonsumenten zu sehen. Allenfalls den gelegentlichen Lungenkrebs durch den mitgerauchten Tabak könnte man erwähnen.

    Eine große Anzahl von Straftaten wird unter dem Einfluss von Alkohol begangen, besonders ausgeprägt solche mit Gewalt. Derartiges ist mir von Kiffern nicht bekannt. Wäre das ein Problem, dann hätte man sicher schon davon gehört. Aus eigener (Jugend-)Erfahrung weiß ich, dass Kiffen nicht unbedingt aggressiv macht oder zu strafbaren Aktivitäten motiviert, eher im Gegenteil.

    Warum nur wird die harmlosere Droge verboten und die Schlimmere selbst Jugendlichen zugänglich gemacht?

    M.E. sollten die Richter solche Fälle einfach massenweise vom Tisch bügeln, indem Minimalstrafen – z.B. ein kleiner Geldbetrag für Suchthilfe – auferlegt werden. Wissen das die Strafverteidiger, dann kann man sich auch allzu große Verteidigungsbemühungen sparen und die Verfahrensdauer abkürzen. Wer erwischt wurde, bekommt eh Stress mit den Fahrerlaubnisbehörden (was ich auch nicht richtig finde).

  3. 3
    Airfix says:

    2001 hat Portugal Drogen entkriminalisiert.
    (Nicht legalisiert!)
    Quelle siehe unten.
    Wäre doch schön, wenn sich Deutschland ein Beispiel an 16 Jahren geglückter Drogenpolitik nehmen könnte.
    Hoffen kann man ja :-)

    Quelle:
    https://www.zamnesia.com/de/blog-entkriminalisierung-portugal-14-jahre-spater-n631