Drei Angeklagte, sieben Verteidiger und neun Hauptverhandlungstage. Dann wurde das Verfahren ausgesetzt. Bei dem „Hauptangeklagten“ konnte (plötzlich) nicht mehr festgestellt werden, ob er verhandlungsfähig ist oder nicht.
Zwei Gutachterinnen hatten in einer ad-hoc-Untersuchung reklamiert, man brauche mehr Zeit und auch den Einsatz von medizinischem Gerät, um sagen zu können: Der Mann ist fit fürs Gericht. Oder, frei nach BAP: „Dä Typ ess fäädisch, nä, dä Typ, Dä krisste wirklich ni‘ mieh hin!“
Sie erhielten einen konkreten Begutachtungsauftrag, der auf ihren Vorschlägen beruhte, was und wie man alles untersuchen sollte.
Das war im Juni. Jetzt haben wir Oktober. Dazwischen liegen knapp drei Monate. Mitte September bereits war das Gutachten geschrieben. Und jetzt wurde das Ergebnis des Gutachtens mitgeteilt:
Aufgrund der genannten Möglichkeiten, die eventuelle Simulation, Aggravation bei bestehender psychischer Erkrankung oder tatsächlich eine körperliche Erkrankung, die psychische Symptome hervorruft, kann keine Aussage zur Verhandlungsfähigkeit getroffen werden.
Zwei Fachärztinnen, die eine für Psychiatrie und Psychotherapie, die andere für Neurologie, beide beschäftigt im öffentlichen Dienst, ist es in dem knappen Vierteljahr nicht gelungen,
- mit dem Arzt, der den Angeklagten bereits vorher schonmal untersucht hat, mehr als nur einmal kurz zu telefonieren,
- medizinisches Gerät (MRT und was-weiß-ich-noch) für die Diagnose oder den Ausschluß einer organischen Erkrankung einzusetzen,
- eine mehr als nur 70-minütige Exploration und eine psychopathologische Untersuchung durchzuführen,
Dem Gericht ist es nicht gelungen, nach Erhalt des Gutachtens vor 4 Wochen schlicht mal bei den Ärtzinnen nachzufragen, warum sie sich nicht intensiver darum bemüht haben, die Fragen der Strafkammer inhaltlich substantiiert zu beantworten.
Die Staatsanwaltschaft hatte erst einmal stumpf beantragt, den Mann nach § 81 StPO in ein psychiatrisches Krankenhaus einzuweisen, um ihn dort stationär untersuchen zu lassen. Obowhl die fehlende Feststellung allein auf das Unvermögen oder Unwillen der Ärztinnen zurückzuführen ist und der Angeklagte sich ausgesprochen kooperativ verhalten hat.
Wenigstens hat das Gericht diesem Antrag (erst einmal) nicht stattgegeben. Sondern nur das Verfahren gegen den Angeklagten abgetrennt und ausgesetzt.
Gegen die anderen Angeklagten wird weiter verhandelt. Und wenn dann irgendwann einmal in ferner Zukunft ein Gutachter die Verhandlungsfähigkeit feststellen sollte, dann startet das gleiche Verfahren mit den selben knapp 40 Gigabyte an digitalisierten Akten ein weiteres Mal.
Aber die Wirtschaftsstrafkammern der Landgerichte haben ja sonst nichts zu tun …
Zur musikalischen Untermalung der Überschrift verweise ich auf einen gesungenen Vortrag von Marlene D. aus Schöneberg.
„Wann wird man je versteh’n, wann wird man jeeee versteh’n!“
Neulich bei der letzten Tour von Hannes Wader gewesen. Und die endet, Achtung Spoiler, genau mit jenem Lied das alle mitsingen sollten. War auch das erste Lied das ich mit ihm in Verbindung brachte. Und jetzt taucht es hier auf…
Warum nur fällt mir da ganz spontan Gert Postel ein?