Monatsarchive: Januar 2018

Mandanten und die Rechtsschutzversicherung

Die Mandantin hatte uns mit ihrer Verteidigung in einer Bußgeldsache beauftragt. Keine große Sache, aber immerhin drohte ein Eintrag ins Fahrerlaubnisregister.

Eigentlich nicht wirtschaftlich
sind solche Mandate sind für einen Betroffenen. Wenn allerdings ein Rechtsschutzversicherer die Verteidigervergütung und die Gerichtskosten (teilweise inkl. vierstelliger Sachverständigenhonore) übernimmt, kann – und sollte – man sich gegen einen Bußgeldbescheid verteidigen. Eine Rechtsschutzversicherung für Verkehrsteilnehmer ist also eine sehr sinnvolle Sache, denn irgendwann erwischt es jeden einmal. Und die Erfolgschancen einer Verteidigung sind nicht schlecht.

Grundsätzlich gern
übernehmen wir dann auch die Regulierung des Rechtsschutz-Versicherungsfalls. Also wir besorgen die Zusage des Versicherers, daß er die Kosten übernimmt. Wir rechnen dann unsere Vergütung mit ihm ab und leiten Kostenrechnungen der Justizkasse an den Versicherer weiter, damit von dort aus die Überweisung erfolgt. Der Mandant bzw. der Versicherungsnehmer hat also nichts mit dem Versicherer zu schaffen. Diese Arbeit nehmen wir ihm ab, und zwar, ohne ihm dafür etwas zu berechnen. Das machen die meisten Rechtsanwälte auch so.

Ärgerlich
ist es aber dann, wenn wir auf die Deckungsanfrage eine solche Rückmeldung des Versicherers bekommen:

Was sollen wir von so einer Mandantin halten,
die uns die Daten eines Versicherungsvertrages mitteilt, der seit 8 Jahren nicht mehr besteht? Solchen Leuten empfehle ich noch nicht einmal unseren kostenlosen Selbstverteidigungskurs. Denen schicken wir eine Rechnung über die (erfolglose) Regulierungshilfe im Rechtsschutzversicherungsfall, aus erzieherischen Gründen.

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Silke und die Zensur

Meine Güte, was hat mich Silke ausgeschimpft, wenn ich mal den einen oder anderen Blödsinn von ihr gelöscht an anderer Stelle (z.B. gesammelt und kommentiert) in einem Sonntagsblogbeitrag veröffentlich hatte. Und jetzt kommt sie auf diese Tour:

Silke hatte eine Frage zu John Wayne. Die konnte ich ihr nicht beantworten. Deswegen habe ich die Frage vergangenen Sonntag an die Crowd weitergeleitet. Das Schwarmwissen hat dann differenzierte Ergebnissen geliefert.

Augenscheinlich ist Silke aber nur schwer zufrieden zu stellen. Jedenfalls mokiert sie sich über eine dieser werthaltigen Antworten auf ihre Frage. Am vergangenen Mittwoch trudelte hier eine eMail von ihr ein.

Im html-formatierten Fließtext fordert sie mich „hiermit“ auf, einen Kommentar zu zensieren (sic!). Also zu löschen. Den hier:

Weil – meint sie samuraischwertscharf analysierend – dieser Kommentar beleidigend und menschenverachtend sei. Und nicht nur das, sondern darüberhinaus auch vörsätzlich beleidigend und menschenverachtend. Der Kommentar verletze sie in meiner Ehre.

Hui, starkes Stück!

Zuverlässig wie immer geht Silke auch davon aus, daß so ein Blogger wie ich nur über eingeschränkte Kenntnisse der Rechtslage verfügen kann. Deswegen folgt – na was? Richtig: – ihre Rechtsbelehrung:

Gemäß den gesetzlichen Vorschriten sind Sie als Webseiten-Betreiber dazu verpflichtet offensichtlich rechtswidrige Inhalte, insbesondere beleidigende Inhalte von Ihrer Internetseite zu löschen, spätestens jedenfalls nach Kenntnis bzw. ausdrücklicher Aufforderung zur Löschung.

Hmm. Das ist jetzt aber ganz schön schwierig. Auf der einen Seite gibt es ja diese viel zitierte Meinungsfreiheit. Andererseits haben wir da dieses Blogwerkdurchsetzungsgesetz. Habe ich was vergessen? Ach ja, die Zensurvorschriften, ich weiß grad nicht, wo die nun schon wieder geregelt sind. Und dann war da noch diese Silkesehrverletzungsverbotsverordnung. Ist aber auch verwirrend …

Aber Silke kennt sich aus und schreibt jetzt den ultimativen Satz:

Daher also fordere ich Sie zur unverzüglichen (!) Löschung dieses Kommentares auf.

Damit das Ganze auch ein richtiges Gewicht bekommt, unterschreibt sie die eMail mit vollem Rubrum:

Und jetzt??

Was macht man mit dieser Persönlichkeitsanalyse?


     

 

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Gern nehme ich weitere Vorschläge in den Kommentaren entgegen.
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Bild „John-Wayne-Double vor der Wanne„: © Mike Wolff (TSp), 2006

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… as times goes by

Es war ziemlich mühsam, im April 2017 die Termine für die Berufungshauptverhandlung zu finden. Mit Hängen und Würgen haben die Vorsitzende Richterin und ich es geschafft. Die Ladung für die insgesamt 6 Termine ist hier am 26.04.2017 eingegangen:

Zur Diskussion vor der kleinen Strafkammer stand eine Entscheidung des Amtsgericht aus dem Jahr 2012, die mein Mandant nicht akzeptieren wollte. Zu Recht, wie ich meine.

Im Oktober hat uns die Vorsitzende die Ladungsliste übersandt:

Man beachte den kleinen gelben Fleck auf der Benachrichtigung – das ist das Jahr, in dem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren aufgenommen hat; Tatzeit nach Anklageschrift ist das Jahr 2003.

Damals haben ein paar GmbH Schiffbruch erlitten, es soll u.a. einiges an Bargeld von der einen in die andere Tasche geflossen sein. Dann gab es noch ein paar Quittungen, die … sagen wir mal … recht kreativ gestaltet waren.

Die Staatsanwaltschaft meint nun, das sei alles irgendwie nicht in Ordnung gewesen. Was genau, konnte man weder im Ermittlungsverfahren, noch in der Verhandlung vor der Strafrichterin so richtig klären. Und weil die Staatsanwaltschaft partout nicht locker lassen wollte, muß nun in der Berufungsinstanz ein neuer Anlauf genommen werden. Man hat ja sonst nichts zu tun.

Wir haben nun die Termine. Endlich. Wir haben die Zeugenliste. Glücklicherweise. Alles komplett. Es hätte also richtig gut werden können … mit der Befragung der Zeugen, was sie denn an einem lauen Abend im Sommer 2003 alles erlebt haben.

Am vergangenen Montag rief eine Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der Strafkammer in unserer Kanzlei an. Die Termine seien aufgehoben worden. Alle sechs. Die Vorsitzende sei krank. Wir brauchen nicht zu erscheinen. Neue Termine von Amts wegen … wenn die Richterin wieder gesund ist. Und wieder freie Termine gefunden werden können.

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Zu früh gefreut

Wenn ein Urteil oder ein Strafbefehl rechtskräftig ist, kann das Strafgericht die Akte schließen und an die Staatsanwaltschaft zur Vollstreckung ab- bzw. zurückgeben. Das freut den Richter und den Amtmann. Diese Freude drückt sich aus in dem so genannten Rechtskraftvermerk (RKV). Dann kann man auf der Geschäftsstelle des Gericht auch mal sehr flott sein. Wie hier:

Hier hatte sich aber jemand zu früh gefreut und den Einspruch gegen den Strafbefehl schlicht übersehen.

Vielleicht hat das Schreiben des Angeklagten auch auf irgendeiner Fenstbank vor sich hingestaubt. Hier jedenfalls führt die Entdeckung der Einspruchsschrift zur Korrektur. Keine Rechtskraft, keine Abgabe an die Staatsanwaltschaft, sondern die Vorbereitung des Hauptverhandlungstermins. So’n Pech aber auch. Und jetzt meldet sich auch noch ein Verteidiger …

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Frech: 50 Prozent Kapitalerstragssteuer

Da habe ich versucht, mir im Jahr 2017 eine solide Altersversorgung anzusparen. Und was macht das Finanzamt? Vereinnahmt die Kapitalerstragssteuer und reduziert die mühsam auf meinem Postsparbuch erwirtschafteten Zinsen auf die Hälfte.

In prangere das an! So geht man nicht mit der Leistungselite unserer Wirtschaft um.

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Die Notebookbestellung des Richters

Wenn im Amtsgericht Tiergarten ein Richter eine computergestützte Beweisaufnahme organisieren will, bedarf das der Vorbereitung.

Deswegen erläßt der Richter zunächst den Eröffnungsbeschluß, mit dem die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Dann gibt er – mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung – eine nicht zu übersehende Anweisung an die Geschäftsstelle:

Das hat problemlos funktioniert. Die zuverlässige Mitarbeiterin führt die Anweisung aus:

Dieser Bestellschein wurde ausgedruckt und per Aktentransportwagen ein paar Tage später über die Flure zu den Nerds der Gerichts-IT verfrachtet.

Zum Termin schleppte ein Wachtmeister das gerichtseigene, einige Kilo schwere Notebook in den Gerichtssaal. Daß die HighTechnik dann doch nicht genutzt wurd, weil der Richter sich lieber auf die Zeugenaussagen der Polizeibeamten verließ, ist eine andere Geschichte, die auch schnell erzählt ist.

Nachdem ich den Auftrag für die Verteidigung in der Berufungsinstanz bekommen habe und das Video anschauen konnte, kann ich sagen:

Es wäre besser gewesen, wenn der kurz vor der Pensionierung stehende Richter sich die Mühe gemacht und die Videoaufzeichnung auf dem Laptop angesehen hätte. Dann wäre ihm aufgefallen, daß das, was ihm die drei Zeugen erzählt haben, mit dem Filmchen nicht in Einklang zu bringen ist.

Ein Schlag mit der Faust ins Gesicht stellt dann als Wegziehen einer Pudelmütze dar. Der Mützenträger wurde auch nicht auf den Boden niedergeschlagen, sondern er blieb sitzen, wenn auch ohne Mütze. Und die Polizeizeugen, die morgens um 5 Uhr auf dem Weg zu Dienstantritt waren, sind klassische „Knallzeugen“: Erst als die Auseinandersetzung lautstark begonnen hatte, wurden sie auf die beiden Streithähne aufmerksam und drehten sich zu ihnen um. Was sie dann alles gesehen haben wollen, scheint eher aus den Träumen zu stammen, aus denen sie kurze Zeit vorher erwacht sein müssen.

Merke: Der gute Wille, IT-Technik in der Justiz einzusetzen, reicht nicht aus für eine solide Beweisführung.

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Silke hat eine Frage

Der heutige Sonntags-Beitrag mag unserem Blog-Maskottchen Silke helfen. Sie sucht den Popstar:

Wer ist denn eigentlich dieses drittklassige John-Wayne-Double vor dieser stark verschmutzten OldtimerKarre auf dem Foto ?
Sind Sie das etwa, Herr HoeniG ?! na, da muessen Sie aber noch ein bisschen üben. Und außerdem, da fehlen noch die Reitstiefel und der Revorlvergurt um den (Bier)-Bauch. Aber – da fällt mir ein – Sie stehen ja eher aufs Samurai-Schwert als Waffe der Wahl….
Also dann eben Revorlvergurt ohne Revolver, aber mit eingehängtem Samurai-Schwert.
Und natürlich noch ein schweissueberstroemtes Pferd, staubbedeckt vom scharfen Ritt durch die Berliner Prärie.
Also, schön üben, dann klappts vielleicht mit einem Auftritt im nächsten Western. Oder vielleicht wenigstens mit einer Komparsenrolle bei „Soko Wismar*

Hilfreiche Hinweise gern in die Kommentare.

Update und Anregung:
Bitte Popkorn und Bier in ausreichender Menge vorhalten!

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Bild: © Mike Wolff (TSp), 2006

, 35 Kommentare

Immer im Dienst

Die Ermittlungsbehörden sind rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche im Dienst. Sogar sonntags bieten sie Beschuldigten die Gelegenheit, sich zu verteidigen:

Aber auch Verteidiger sind 24/7 erreichbar. Und wenn man sie fragt, raten sie dann dazu, solche Gelegenheiten nicht wahrzunehmen. Aber nicht, weil Sonntag ein schlechter Tag für eine Verteidigung wäre. Das bekommt man locker in den Griff.

Sondern weil es eine eisenharte Regel gibt:

Erst die Akteneinsicht und dann die Stellungnahme zum Tatvorwurf.
Niemals andersrum!

Nur wenn ein Beschuldigter ganz konkret weiß, was ihm vorgeworfen wird und welche Beweismittel der Ermittlungsbehörde vorliegen, ist eine effektive Verteidigung möglich. Alles andere wäre ein Blindflug ins Ungewisse.

Hier hat die Beschuldigte es goldrichtig gemacht. Sie ist mit der Vorladung zu einem Verteidiger gegangen. Der hat sich bei der Polizei für sie gemeldet, den Anhörungstermin abgesagt und die Akteneinsicht beantragt. Der Sonntagsarbeiter bei der Polizei wird die Akte dann an die Staatsanwaltschaft abgeben und von dort bekommt der Verteidiger irgendwann die Ermittlungsakte. Die können sich die beiden dann entspannt anschauen und darüber nachdenken, ob, wann und wie man sich zu dem Tatvorwurf einläßt. Auch beim Strafverteidigen gilt:

In der Ruhe liegt die Kraft.

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Nicht gut gelaufen – für den Verteidiger

Die Berliner Zeitung berichtete heute über einen kleinen Prozeß vor dem AG Tiergarten. Die Angeklagte hat sich über ihren Verteidiger zur Anklage eingelassen und die ihr zur Last gelegten Vorwürfe als „in tatsächlicher Hinsicht“ zutreffend bezeichnet. Also ein so genanntes Geständnis durch Verteidiger-Erklärung.

Angesichts der Tatvorwürfe (vorsätzliche Körperverletzung, Beleidigung und sexueller Übergriff) erscheint mir – allerdings ohne Kenntnis weiterer Details – das Ergebnis als durchaus akzeptabel: 90 Tagessätze Geldstrafe.

Nach der Urteilsverkündung, Rechtsmittelverzicht(!) und Schluß der Verhandlung gibt die Angeklagte auf dem Gerichtsflur lautstark eine Erklärung ab. Nämlich daß sie …

… auf Anraten ihres Anwalts einfach Dinge zugegeben habe, die sie nicht getan habe.

Ich bin mir sehr sicher, daß das nicht mit dem Verteidiger abgesprochen war. Und der wird nicht amüsiert sein über das Verhalten seiner (ehemaligen?) Mandantin.

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Noch einmal: Der Irrsinn mit den Aktenkopien

Wenn ein Rechtsanwalt seinem Mandanten zum Pflichtverteidiger bestellt wird, muß die Justizkasse dem Verteidiger die gesetzlichen Gebühren und Auslagen erstatten.

Relativ problemlos ist die Abrechnung der Gebühren. Da gibt es knackige Regeln und feste Beträge im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Anders sieht es aus mit den Auslagen, hochproblematisch ist die Abrechnung der Kopien. Das sieht man dem Gesetz von außen nicht an.

Ziffer 7000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) des RVG
… regelt die

Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten […] für Kopien und Ausdrucke […] aus Behörden- und Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war.

Für die ersten 50 abzurechnenden Seiten gibt es für jede kopierte Seite 0,50 €, für jede weitere dann 0,15 €.

Alles klar soweit?
Dann schauen wir uns mal die – Berliner – Praxis an.

Wir haben Akteneinsicht beantragt und das Gericht überläßt uns … sagen wir mal … die 6 Bände der Gerichtsakte. Wir scannen sie ein und geben die Papierakten wieder zurück. Das sind 1.500 Blatt, nach Nr. 7000 VV RVG. Macht: 50 x 0,50 € plus 1.450 x 0,15 € = 242,50 €.

Erstattungsanspruch?
Was erstattet die Berliner Justizkasse? Nichts! Null. Keinen Cent. Und das seit 2015.

Und warum?
Das erklärt uns der Rechtspfleger einer Berliner Strafkammer:

Insoweit wird unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Kammergerichts vom 28.08.2015 zu – 1 Ws 51/15 – zunächst um Angabe gebeten, ob die geltend gemachten Seiten ausschließlich als Fotokopie in Papierform und nicht zusätzlich zu einem ( von Ihnen selbst/Ihrer Kanzlei, einem beauftragten Dienstleistungsunternehmen, z.B. Copycenter, oder von anderer Seite, z. B. Gericht, Staatsanwaltschaft, Mitverteidiger zur Verfügung gestellten) elektronisch / digital erstellten Dokument des Akteninhalts erstellt wurden.

Sofern die Kopien nicht zusätzlich zu einem elektronisch / digital erstellten Dokument des Akteninhalts erstellt wurden, wird gebeten, dies durch eine entsprechende anwaltliche Versicherung glaubhaft zu machen.

Soweit Kopien / Ausdrucke zusätzlich zu einem elektronisch / digital erstellten Dokument des Akteninhalts erstellt wurden, wird gebeten, deren Erforderlichkeit näher darzulegen bzw. zu begründen.

Ferner werden Sie um Einreichung des von Ihnen gefertigten Fotokopiensatzes zur Glaubhaftmachung gebeten. Erst dann kann eine Notwendigkeit und Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Beträge von hieraus geprüft werden.

Es wird darauf hingewiesen, dass einen Einreichung per Fax nicht einen Nachweis in körperlicher Form darstellt. Kopierauslagen nach Nr. 7000 VV RVG n. F. – anders als nach Nr. 7000 VV RVG a. F. – fallen nur dann an, wenn tatsächlich auch Kopien in körperlicher Form erstellt wurden. Um dem gerecht zu werden, kann daher grundsätzlich nicht auf die Vorlage der Kopien als Anspruchsnachweis verzichtet werden.

Die Darlegungs- und Beibringungspflicht liegt insoweit bei Ihnen, vgl. Kammergericht, Beschluss vom 5.10.16 -1 Ws 42/16 und 29.3.2017 – 1 Ws 15/17.

Ferner wird darauf hingewiesen, dass Kosten, die Ihnen im Rahmen der Durchsetzung des eigenen Pflichtverteidigervergütungsanspruchs entstehen ( z.B. für Einreichung/ Übermittlung/Übersendung bzw. Abholung der Kopien) als allgemeine Geschäftsunkosten nicht zu erstatten sind.

Dieser epische Vortrag ist das Resultat vielfältiger Auseinandersetzungen zwischen den Berliner Verteidigern und der Justiz.

Das bedeutet:
Wir kopieren die Akten, weil wir ohne Aktenkopien die Mandanten nicht verteidigen können. Der Aufwand, den wir mit der Erstellung der Kopien haben, wird nicht vergütet. Weil wir die Kopien in digitalisierter Form herstellen.

Übrigens:
Sobald die Akten einmal digitalisiert wurden, ist es de facto vorbei mit dem Erstattungsanspruch. Der naheliegende Gedanke, einscannen und dann ausdrucken, wird von der Argumentation der Richter am Kammergericht ins Nirwana umgeleitet.

Keine Alternative
Und wenn man sich jetzt einmal die Arbeitsweise eines Kopierers anschaut – was die Berliner Richter sehr intensiv gemacht haben – weiß man, daß auch der umgekehrte Weg – erstmal ausdrucken und dann (heimlich) einscannen – auch nicht geht. Denn jeder handelsübliche Kopierer scannt erst einmal das Original ein, bevor er an die Druckereinheit weiterleitet. Aus die Maus mit 7000 VV RVG.

Spitzeldienste
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzten, wurden den Jusitzbediensteten aufgegeben, darauf zu achten, welche Verteidiger mit digitalen Aktenkopien arbeiten und welche die Aktenkopien mit der Sackkarre in den Gerichtssaal schleppen.

Auswege?
Legale Möglichkeiten (also außerhalb des § 263 III StGB), den Aufwand erstattet zu bekommen, sehe ich nicht. Vorschläge anyone?

Hinweis:
Ich hatte zu diesem Thema bereits 2015 einen Blogbeitrag geschrieben, der weitere Links zu den Hintergründen enthält.

Update:
Den vollständigen Verfahrensgang zu der Entscheidung des Kammergericht 1 Ws 64/15 habe ich hier als PDF (13 MB) hinterlegt.

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Bild: © Frank Offermann / pixelio.de

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