Monatsarchive: Juni 2018

Wieder unterm Engel

Nach drei Wochen vor dem Hermannplatz wurde der Kanzlei-Wanne langweilig. Anders als von der Berliner Polizei versprochen, konnte sie so gut wie keinen einzigen Verstoß gegen das BtMG feststellen.

Am Sonntagmorgen hat sie sich auf den Weg Richtung Westen gemacht. Ziel war Charlottenburg, dann ist sie aber auf dem Stellplatz hängen geblieben, der ihr aus den vergangenen Jahren noch in guter Erinnerung geblieben ist.

Die Goldelse blickt nun in den nächsten Tagen wohlwollend vor der Siegessäule auf unser Maskottchen runter … der Große Stern soll ja angeblich keiner dieser gefährlichen Orte sein – wenn man den einen oder anderen Paparazzo mal außen vor läßt.

1 Kommentar

Droht Campino die Untersuchungshaft?

Herr Campino klettert zusammen mit mindestens zwei Damen in ein öffentliches Schwimmbad; genauer: In das Georg-Arnhold-Bad. In Dresden. Und zwar außerhalb der Freibadöffnungszeiten! Also nicht wirklich öffentlich.

Das geht gar nicht, ist deswegen verboten und kann – wenn auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen – bestraft werden.

Dazu hilft ein Blick ins beliebte Strafgesetzbuch. § 123 StGB regelt den sogenannten Schwimmbadfriedensbruch:

Wer in das Freibad eines anderen widerrechtlich eindringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Man könnte aber auch an § 265a StGB denken:

Wer den Zutritt zu einem Schwimmbad in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Beides – also der Schwimmbadfriedensbruch und das Erschleichen des Zutritts zum Schwimmbecken – sind Antragsdelikte, werden also erst einmal nur dann verfolgt, wenn der Bademeister einen entsprechenden Strafantrag stellt.

Medienberichten zufolge soll der sächsische (Law and Order – Sie wissen schon.) Bademeister genau einen solchen Antrag gestellt haben.

Ob das am Ende zu der Verhängung einer Freiheitsstrafe führen würde, hängt u.a. entscheidend von dem Vorstrafregister des Musikanten ab. Darüber liegen mir keine zitierfähigen Gerüchte vor.

Aaaaaber, und jetzt komme ich auf die Frage in der Überschrift zu sprechen:

Der Mitteldeutsche Rundfunk (also der Funk zwischen Ostpreußen und dem Saarland – oder andersherum: Zwischen Maas und Memel) und andere Medien zitieren aus einem Brief des Schlagersängers an den Bademeister:

Uns ist bei dem nächtlichen Ausflug aufgefallen, dass z.B. die Startblöcke leichte Verschleißerscheinungen hatten und so wollen wir gerne mit einer kleinen Spende von 5.000.-€ mögliche Erneuerungsmaßnahmen an dieser und anderer Stelle unterstützen. Gerne würden wir damit auch die noch ausstehenden Eintrittsgelder von unseren Begleiterinnen und Begleitern in dieser Nacht begleichen.

Die 5.000-Euro-Spende soll also den zeugenden Geschädigten dazu veranlassen, sein Strafverfolgungsinteresse zu relativieren und den Strafantrag zurück zu nehmen.

Aus Sicht eines Strafjuristen ist das eine relativ gefährliche Kiste. Denn schauen Sie bitte mal in den § 112 StPO hinein, der die Gründe für die Anordnung einer Untersuchungshaft regelt:

Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
[…]
3. das Verhalten von Campino den dringenden Verdacht begründet, er werde
[…]
b) auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige, insbesondere aber auf Bademeister, in unlauterer Weise einwirken
[…]
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

Ok, ich kenne ein paar Ermittlungsrichter, die vor nichts zurückschrecken (und auch ein paar, die gern ihren Namen mal in der Zeitung lesen möchten). Aber der nächtliche Schwimmbadbesuch und die höflich formulierte Bitte um Vergebung, verbunden mit dem Angebot eines Quasi-Täter-Opfer-Ausgleichs zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens und der Startblöcke, wird wohl eher nicht zur Einlieferung in die JVA Dresden führen (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 2 StPO).

Aber Vorsicht:
Die Kontaktaufnahme eines Beschuldigten mit dem Geschädigten während des laufenden Ermittlungsverfahrens ist jedoch grundsätzlich eine pikante Angelegenheit, die man – wegen des oben zitierten § 112 StPO – nur mit äußerster Vorsicht angehen sollte. Wenn ich jetzt empfehle, diesen Weg nur mithilfe eines Strafverteidigers zu gehen, wird man mir sicher vorwerfen, ich würde hier den Campinobadetag zur Eigenwerbung nutzen; deswegen lasse ich es.

Aber sage mir hinterher keiner, ich hätte nicht davor gewarnt, Zeugen zu bestechen.

__
Bild: Von Matthias Muehlbradt from Berlin, Germany – Campino, CC BY 2.0, Link

21 Kommentare

Juristische Argumentationstechnik

Es geht um den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Die Verteidigung hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt und reklamiert einen Meßfehler.

Das gefällt der Richterin an einem kleinen, feinen Amtsgericht im Lande Brandenburg nicht.

Sie teilt informell mit:

Das Gericht beabsichtigt daher nicht, zu Werten eines Fahrzeughecks, dessen Front bereits gemessen werden darf und nicht schneller sein kann, als das Heck, welches noch 5 m aus dem 50m-Raum hinausragt, ein Gutachten einzuholen.

Der Richterin ist zuzugestehen, daß sie zumindest die Grundlagen der Fahrphysik verstanden hat. Aufbaukurse für Fortgeschrittene dann in der Beweisaufnahme der Hauptverhandlung.

__
Bild: © Aleix Llovet Vidal – Own work, CC BY-SA 3.0 / via wikimedia

4 Kommentare

Alles richtig gemacht?

Schwarzfahren ist ein Massendelikt, das regelmäßig im ÖPNV, also im Nahverkehr begangen wird. Das Entdeckungsrisiko ist hinnehmbar. Anders sieht es aus im Fernverkehr. Auf der Langstrecke ist es schon schwieriger, den Kontrolleuren aus dem Weg zu gehen. Aber versuchen kann man es ja mal – vor allem dann, wenn der Zug voll besetzt ist mit Menschen, die bunte Trikots oder Schals tragen und gute Laune haben.

In diesem Fall hat es jedoch nicht funktioniert. Die Bundespolizei faßt den Sachverhalt in allerbestem Behördendeutsch zusammen:

Die Sache hat sich dann in den üblichen Bahnen weiterentwickelt. Nach meinem Akteneinsichtsgesuch, das ich mit meiner Verteidigungsanzeige an die Bundespolizei geschickt hatte, war das Ermittlungsverfahren bei der Polizei bereits beendet. Die Akte wurde dann an die zuständige Staatsanwaltschaft auf den Weg gebracht und zwar mit diesem Laufzettel:

Und weil die Ermittler in Moabit in diesem Fall schon ahnten, was kommen wird, und – ausnahmsweise – mal was Besseres zu tun hatten, erging (im Subtext erkennbar entnervt) auf Blatt 12 der Akte folgende Verfügung:

Vom Ende her gedacht hat der Bahnfahrer also alles richtig gemacht. Ok, es hätte auch ein wenig schief gehen können, wenn den Beamten der § 111 OWiG eingefallen wäre.

Erwähnenswert ist, daß der Schwarzfahrer sogar im besoffenen Kopf noch genau wußte, daß man gegenüber Polizeibeamten stets höflich, aber ansonsten SEHR zurückhaltend (was die Preisgabe von Informationen angeht) auftreten sollte. Das und der Gang zum Strafverteidiger waren zumindest mitursächlich dafür, einer Bestrafung nach § 265a StGB noch einmal entgehen zu können. Das Verfahren wurde sanktionslos nach § 153 StPO eingestellt.

, 24 Kommentare

Zeuge einer Unfallflucht vom Gartenfest

Sonne satt, Sonntagnachmittag und blühende Gärten in den offenen Höfen von Rixdorf. Es gab Erstaunliches zu entdecken. Hinter grobschlächtigen, verwitterten Scheunentoren versteckten sich stylisch eingerichtete, großzügige Wohnungen und viel buntes Kraut.

Entsprechend groß war der Andrang an Besuchern und eng der begrenzt vorhandene Parkraum. Ein SUV mit zwei Kindersitzen auf der Rückbank hatte Mühe, aus dem Gewusel herauszukommen. Irgendwie schien der Car-Sharing-Mini bei dem Ausparkmanöver zu stören. Es kam zum unfreundlichen Kontakt zwischen dem Zweieinhalbtonner und dem Kleinwagen, der sich ob des nachhaltigen Eindrucks nahe der C-Säule heftig schüttelte.

Die SUV-Pilotin ließ lässig die Seitenscheibe herab, schaute kurz in Richtung des Ergebnisses ihrer Fahrversuche und schaffte es dann, ohne erneut irgendwo anzudozzeln, das böhmische Dorf zu verlassen.

Soweit, so gut. Aber jetzt stellt sich die Frage, was der Zeuge dieser Straftat – Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB – zu tun hat.

Was empfiehlt der erfahrene Blogleser dem Gartenfestbesucher?


     

 

Ergebnis anschauen

Wird geladen ... Wird geladen ...

 
Ich gebe zu bedenken, daß es mit der Anzeige bei der Polizei nicht getan sein könnte. Wenn sich die verratene ermittelte SUV-Fahrerin auf die Hinterbeine stellt, wird es ziemlich sicher zu (mindestens) einer Gerichtsverhandlung kommen, zu der der Zeuge (mindestens) eine unhöflich formulierte Einladung erhalten wird. Nachdem er bereits im Ermittlungsverfahren keinen Kaffee auf der Polizeidienststelle angeboten bekommen hat.

Noch ein Hilfsgedanke:
Wie wäre zu entscheiden, wenn es kein Car-Sharing-Fahrzeug, sondern ein liebevoll gepflegter historischer Zweisitzer gewesen wäre? Oder die umgekehrte Konstellation: Der Öko-Fuzzi mit dem To-Go-Smart gegen die im Halteverbot parkende Mercedes-Benz GL-Klasse?

__
Bild: © M. Großmann / pixelio.de

25 Kommentare