Alles richtig gemacht?

Schwarzfahren ist ein Massendelikt, das regelmäßig im ÖPNV, also im Nahverkehr begangen wird. Das Entdeckungsrisiko ist hinnehmbar. Anders sieht es aus im Fernverkehr. Auf der Langstrecke ist es schon schwieriger, den Kontrolleuren aus dem Weg zu gehen. Aber versuchen kann man es ja mal – vor allem dann, wenn der Zug voll besetzt ist mit Menschen, die bunte Trikots oder Schals tragen und gute Laune haben.

In diesem Fall hat es jedoch nicht funktioniert. Die Bundespolizei faßt den Sachverhalt in allerbestem Behördendeutsch zusammen:

Die Sache hat sich dann in den üblichen Bahnen weiterentwickelt. Nach meinem Akteneinsichtsgesuch, das ich mit meiner Verteidigungsanzeige an die Bundespolizei geschickt hatte, war das Ermittlungsverfahren bei der Polizei bereits beendet. Die Akte wurde dann an die zuständige Staatsanwaltschaft auf den Weg gebracht und zwar mit diesem Laufzettel:

Und weil die Ermittler in Moabit in diesem Fall schon ahnten, was kommen wird, und – ausnahmsweise – mal was Besseres zu tun hatten, erging (im Subtext erkennbar entnervt) auf Blatt 12 der Akte folgende Verfügung:

Vom Ende her gedacht hat der Bahnfahrer also alles richtig gemacht. Ok, es hätte auch ein wenig schief gehen können, wenn den Beamten der § 111 OWiG eingefallen wäre.

Erwähnenswert ist, daß der Schwarzfahrer sogar im besoffenen Kopf noch genau wußte, daß man gegenüber Polizeibeamten stets höflich, aber ansonsten SEHR zurückhaltend (was die Preisgabe von Informationen angeht) auftreten sollte. Das und der Gang zum Strafverteidiger waren zumindest mitursächlich dafür, einer Bestrafung nach § 265a StGB noch einmal entgehen zu können. Das Verfahren wurde sanktionslos nach § 153 StPO eingestellt.

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Ordnungswidrigkeitenrecht, Strafrecht, Verteidigung veröffentlicht und mit den Begriffen , verschlagwortet.

24 Antworten auf Alles richtig gemacht?

  1. 1
    Zielfahnder Krawuttke says:

    Nicht alles richtig gemacht. Eintrittskarte dürfte durch den Besuch der BPolDir verfallen sein, weil Spiel verpasst.

  2. 2
    luDa says:

    wohl eher 263, 22

  3. 3
    mog0 says:

    Wäre Nachlösen oder erhöhtes Beförderungsentgelt nicht montär günstiger als der Strafverteidiger gewesen?

    • Das Nachlösen und der erhöhte Beförderungsentgelt ist Zivilrecht. Unabhängig davon bleibt es bis dahin – wenn auch die übrigen (insbesondere sujektiven) Voraussetzungen gegeben sind – ein Verhalten, für das Strafjuristen das häßliche Wort „Erschleichen von Leistungen“ erfunden haben.
       
      In der Regel bedeutet das in der Praxis eine Strafanzeige der Beföderungsunternehmen. Und dann beginnt aus Unausweichliche. crh
  4. 4
    Flo says:

    @Zielfahnder Krawuttke #1,
    ausgehend von der Tatzeit würde ich auf die Rückreise nach dem Spiel tippen.

  5. 5
    JanS says:

    Erwischt werden, Personalien abgeben, zuhause überweisen: Aufwand vielleicht ne halbe Stunde.

    Erwischt werden, einen auf „ich kenne meine Rechte machen“, Versuch vereitelt Kontrolliert zu werden, auf die Polizei warten, Versuch vereitelt Kontrolliert zu werden, zur Dienststelle gebracht werden, erneuter Versuch vereitelt, Papierkram, nach Hause kommen, Anwalt beauftragen und hin und her. Aufwand: Mehrere Stunden die sich über Tage hinweg ziehen.

    Also, alles richtig gemacht? Ich denke irgendwie nicht.

  6. 6
    Barney says:

    Da Herr Hoenig wohl auch nicht für Gottes Lohn arbeiten wird, kann sich jeder wirtschaftlich denkende Mensch ausrechnen, was günstiger gekommen wäre.

    Erhöhtes Beförderungsentgelt zahlen vs. Anwaltshonorar.

    • Nein, das ist nicht die Alternative. Das erh. Bef.-Entgelt ist unabhängig davon zu zahlen, ob der Schwarzfahrer *später* noch einen Strafverteidiger beauftragt, ihn im dem nachfolgenden Strafverfahren zu verteidigen.
       
      Die Entscheidung, einen Verteidiger zu beauftragen, hängt davon ab, wie gleichgültig der Kandidat einer (potentiellen) Bestrafung gegenüber steht. crh

    Aber vielleicht gibt es ja in der Kanzlei Flatrates oder Mandant hatte noch einen gut aus der letzten Angelegenheit….

    • In aller Regel geben seriös arbeitende Strafverteidiger keinen Mengenrabatt. crh
  7. 7
    Anwalt says:

    Aus der Sicht des Anwalts sicher alles richtig gemacht. Drei- bis vierstellige Summe für ein Akteneinsichtsgesuch verdient.

  8. 8
    Non Nomen says:

    Vom Ende her gedacht hat der Bahnfahrer also alles richtig gemacht.

    Anfängerglück, Erfahrung, gute Schule oder gar – Jurist?

  9. 9
    M. Beermann says:

    Und die Kosten für Herrn Hoenig, trägt die nicht der Kunde selbst?

    • In dem beschriebenen Fall hat der Fahrgast die Kosten seiner Verteidigung zu tragen. Wenn Sie das Problem der Verteidiger-Kosten einmal vertiefen möchten: Bittesehr – hier die entsprechende Mandanteninformation dazu. crh
  10. 10
    Barney says:

    @ crh Nr. 6

    Wenn der Fahrgast ggü. der Schaffnerin das erhöhte Beförderungsentgelt zahlt („Nachlöse“), kommt keine Bundespolizei und dann gibt es bestimmt auch keine Anzeige.

    • Bitte lesen Sie den Blogbeitrag, bevor Sie kommentieren: Er hat gezahlt und zusätzlich wurde eine Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt. crh

    Und ich bin mir sicher, dass das weniger war als das Honorar für Ihre Arbeit…

    • Da haben Sie Recht. Die Arbeit eines Strafverteidigers kann man nicht für ein erhöhtes Beförderungsentgelt bekommen. Aber wer nicht will, muß ja auch nicht. crh
  11. 11
    Jan says:

    Wo steht nochmal in ihrem Beitrag, dass er gezahlt hat? Helfen Sie mir, ich kanns nicht sehen.

  12. 12
    WPR_bei_WBS says:

    Ich kann da auch nicht lesen, dass er gezahlt hat. Nur, dass die ZuB ihm ein erhöhtes Beförderungsentgeld „ausgestellt“ (lustige Grammatik) hat.

    Wir auch immer, ich wuerde nicht sagen, er hat (aus seiner Sicht) alles richtig gemacht. Ist zwar insoweit gut gegangen – aber bei einem derart nach Uneinsichtigkeit klingenden Verhalten ist die Wahrscheinlichkeit doch hoeher, dass da ein Staatsanwalt mal sagt „bei so einem stelle ich nicht einfach so ein“ . Vom Glück (und nicht durch sein ‚richtigen‘ Verhalten hervorgerufen) der vergessenen OWi mal ganz abgesehen.

  13. 13
    Charlie says:

    „ausgestellt“ … bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie „angefordert“.

    Dazu dann noch den Vermerk: „Bargeld für eine Nachlöse hatte er auch nicht.“

    Warum sollen wir armen Kommentatoren also davon ausgehen, dass er gezahlt hat? ;-)

  14. 14
    Holger says:

    Naja, das „erhöhte Beförderungsentgelt“ ist ja zivilrechtlich, davon abgesehen behalten sich die Verkehrsunternehmen doch immer das Recht vor außerdem noch Strafanzeige zu stellen.

    Und das Strafverfahren hat wiederum nichts mit dem Einzug des „erhöhten Bef.-entgelts.“ zu tun.
    Letzteres treiben die Unternehmen so oder so ein.

    Dass die Bahn und andere meistens(!) keine Anzeige machen liegt doch nur daran, dass die keine Kunden vergraulen wollen und keine zu schlechte PR wünschen.

    Was den Verteidigerjob angeht, so teuer kann es für die Akteneinsicht nicht gewesen sein, aber man hat eben ein Strafverfahren vom Hals, von dem es später vielleicht mal heißt „oh, da steht ja was in der Akte, na ist ja interessant.“ Abgesehen von der möglichen Straße für den nachgewiesenen Betrug.

  15. 15
    dennis says:

    warum wurde der bahnhof w* unkenntlich gemacht

    • Ich gratuliere Ihnen zu der hervorragenden Leistung, den Ortsnamen ermittelt zu haben. Sie sind ein toller Typ. Das haben Sie richtig gut gemacht! crh
  16. 16
    Flamebeard says:

    @dennis (15): Weil er mit der Kürzung auf den Anfangsbuchstaben hinreichend unkenntlich gemacht wurde, um erst durch Recherche eines Interessierten aufgedeckt zu werden.

    So etwas läuft normalerweise unter Datenschutz; Diesbezüglich sind veröffentlichende Parteien dazu verpflichtet, die schützenswerten Interessen von Einzelpersonen wahrzunehmen.

    Wäre die Verkürzung nicht vorgenommen worden, hätte jeder, der sich zur entsprechenden Zeit und am entsprechenden Ort aufgehalten hat, sowie ein Leser des Blogs ist (zugegebenermaßen wohl eine eher geringe Schnittmenge), ohne weiteres schlussfolgern können, was die Person, die da gerade von den Bundespolizisten über den Bahnhof ins Büro gebracht wurde, angestellt haben soll.

  17. 17
    gockel says:

    Das Recht auf informelle Selbstbestimmung wahrzunehmen kann unangenehm werden.

    https://de.indymedia.org/node/21547
    „Auch dieser Mensch hat sich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ermächtigt und die Angabe der Personalien verweigert und wird deshalb von den Repressionsbehörden UP III genannt. UP III wird die Kommunikation mit solidarischen Menschen außerhalb des Knastes massiv erschwert, indem die meisten Briefe abgefangen werden und kaum Besuche ermöglicht werden. Wir sind verdammt wütend!“

  18. 18
    RA Ullrich says:

    Nein, alles richtig gemacht hat er sicher nicht. Die Angabe der Personalien gegenüber der Polizei zu verweigern, wenn man ein Ausweisdokument einstecken hat, ist purer Blödsinn, es zieht nur die Maßnahme in die Länge und bringt einem eventuell noch ein Bußgeld nach § 111 OWi ein – was hier aus purem Glück nicht geschehen ist. Richtig wäre: Sich pflichtgemäß ausweisen und im Übrigen keine Angaben machen.
    Auch das sofortige Investieren in einen Anwalt, so klug das auch im Regelfall ist, war beim Vorwurf einer Schwarzfahrt zumindest bei einem ansonsten nicht vorbestraften Beschuldigten nicht unbedingt optimal, die Einstellung des erstmaligen Verfahrens nach § 153 StPO ist in solchen Fällen nämlich bei den meisten Staatsanwälten fast ein Automatismus, der genau so gut ohne Anwalt funktioniert.

  19. 19
    HugoHabicht says:

    Sinnvoller gewesen wäre es wohl, mit der Schaffnerin zu kooperieren, ohne allerdings Angaben zur Sache zu machen (lediglich: ausweisen + „erhöhtes Beförderungsentgeld“ akzeptieren). Bei Erst“tätern“ kommt es dann meistens gar nicht zur Anzeige, weil der Vorsatz kaum zu beweisen ist. Vergessen oder Verbummeln kann man sein Ticket ja, ohne sich gleich strafbar zu machen.

  20. 20
    whocares says:

    Der Mandant hätte nur dann alles richtig gemacht, wenn er nachgelöst hätte (normalerweise geht das auch mit Karte, wenn die Barschaft nicht reicht). Das ist im Fernverkehr eine reguläre, wenn auch teure, Möglichkeit des Fahrkartenerwerbs, und daher bis zu diesem Moment auch noch nicht strafbar. Erst die Verweigerungshaltung hat die weitere Eskalation losgetreten.

  21. 21
    dennis says:

    nachloesen mit karte geht aber nur mit kreditkarte nicht mit eckarte

  22. 22

    Sehr guten Tag.

    Der Minuskelpräferent Bub dennis [sic] ist investigativ begabt und stellte zutreffende Schlussfolgerungen bezüglich einer Lutherstadt, welche 75 m über Normalhöhennull geographisch angesiedelt ist, her. Hierfür erhielt er umgehend differentiertes Multi-Lob („hervorragende Leistung“, „toller Typ“, „richtig gut gemacht“).

    Eigene Recherchen ließen mich visuell aufhorchen [sic]:
    Die dort zuständigen bezahlten Diener des Staates dieser Niederlassung der bundespolizeilichen Anstalt arbeiten mit modernen Technologien. Sie sind dort offensichtlich in der Lage dienstliche Zeitreisen zu unternehmen. (Jahr 20177, vgl. Sachverhaltsprosa zu Beginn)
    Ist dies eine zukünftige Methode, zur Verhinderung einer möglichen Verjährung bzw. Beschleunigung der Aufarbeitung von Verbrechen wie „Melanin-Tourismus“?
    Welcher Typ Terminator kommt zum Einsatz und warum?
    Sind diese Terminatorinnen und -toren Maschinenbeamte?

    In ca. 18000 Jahren gibt es noch Fußball („der Terminator schoss das Terminator in der terminalen Spielminute“ – ist das nicht genial / ist das nicht wirklich witzig):

    König Fußball ist tot – es lebe der König Fußball!

    Viele Grüße

    ein besorgter Maschinenpädagoge.

  23. 23
    Mirco says:

    Dumm gelaufen. Im Fernverkehr mag es schwieriger zu sein den Kontrolleuren zu entgehen, aber das Risiko sollte geringer sein, wenn man einfach nachlöst und danach der Schaffner zufrieden ist..

  24. 24
    Finanzer says:

    @OscarTheFish(p@k) – großer Dichter (>170 cm): Zwischen Berlin und Hamburg gibt es keine Lutherstadt sondern nur eine mit ähnlichem Namen und auf welche Höhe die liegt entzieht sich meiner Kenntnis