Bis zum bitteren Ende

Ein bayerisches Gericht hatte den Mandanten zu einer nicht mehr bewährungsfähigen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Rechtskraft des Urteils ist es ihm gelungen, von Bayern in eine Berliner Justizvollzugsanstalt verlegt zu werden.

Ihm war wichtig, möglichst nah bei seiner Familie untergebracht zu werden.

Und noch wichtiger: Es geht das Gerücht, daß es hier in Berlin verhältnismäßig häufig zur Reststrafenaussetzung zur Bewährung und vorzeitiger Entlassung kommt, wenn der Verurteilte zwei Drittel seiner Strafe verbüßt hat (§ 57 Abs. 1 Ziff. 1 StGB). Die Bayern sollen insoweit etwas hartleibiger sein, sagt man (es sei denn, man verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Würsten, dann bekommt man die Halbstrafe nach § 57 Abs. 2 StGB.).

Der Mandant hat dann seine Verteidigung in der Strafvollsteckung selbst in die Hand genommen und den sogenannten Zwei-Drittel-Antrag gestellt. Das Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer, die darüber zu befinden hat, nahm seinen Lauf. Wenig später schon hat er einen Termin zur Anhörung erhalten. In der Ladung teilt das Gericht mit:

Das sieht nicht nach einem Spaziergang aus. Ich habe ihm geraten, sich an eine Kollegin zu wenden, die sich mit Strafvollstreckungsrecht auskennt und im schlimmen Fall auch ein Vollzugs-Coaching anbietet. Vielleicht finden die beiden dann gemeinsam einen Weg, die Vollstreckung bis zum bitteren Ende zu verhindern.

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Bild: © S. Hofschlaeger / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Knast, Mandanten veröffentlicht.

9 Antworten auf Bis zum bitteren Ende

  1. 1
    Anonym says:

    Kleiner Hinweis: Die erste Version des Scan-JPGs (wie ihn mein RSS-Reader geliefert hat), ist nach wie vor abrufbar – vielleicht mögen Sie ihn ja vom Server löschen…

    • Danke. Alles erledigt. Nur: Das Internet vergißt nichts. :-( crh
  2. 2
    chlorophyllosoph says:

    Ich finde es nicht gut, wenn Straftäter vorzeitig entlassen werden. Wurst-Uli muss eine große Ausnahme gewesen sein – wegen seiner Verdienste um den großen FC Bayern München.

  3. 3
    Matrin says:

    Welchen Vorteil hätte der Mandant wenn er den Antrag zurück nimmt? So wie ich das verstehe würde er dann in jedem Fall die volle Strafe absitzen.

    • Wenn so ein Antrag vom Gericht abgelehnt wird, kann er erst nach 3 Monaten wieder neu gestellt werden. Im Fall einer Rücknahme soll das angeblich Einsichtigkeit zeigen und damit die Chancen bei einer erneute Antragstellung erhöhen. Sagt einer, dessen Kenntnisse vom Vollstreckungsrecht nur sehr rudimentär sind. crh
  4. 4
    HugoHabicht says:

    Bei „Wurst-Uli“ muß man allerdings selbst als Bayernhaßer konzidieren, dass „Wurst-Uli“ alle Kriterien, die üblicherweise bei solchen Strafaussetzungen in Betracht kommen geradezu vorbildlich erfüllt:
    * Schaden zu 100% wieder gut gemacht – check
    * Nicht vorbestraft – check
    * soziale Einbindung – check
    * Beruf in Aussicht – check
    * Wiederholungsgefahr sehr gering – check

    Die Masse der Knackis hat halt nunmal eine deutlich schlechtere Sozialprognose und keine Chance, Schäden zu 100% wieder gut zu machen (inkl. Nachzahlungen hier wohl eher 150%).

    • * 2/3 der Strafvollstreckungskammer sind Bayernfans/-mitglieder – check crh
  5. 5
    HugoHabicht says:

    @CRH
    Dass 2/3 der Kammer Rote sind, wäre in München selbst eher unwahrscheinlich. Münchens große Liebe ist ein anderer Club.

    Ändert aber so oder so nix daran, dass die Entscheidung vertretbar ist.

  6. 6
    @HugoHabicht says:

    Rein nach Gesetzeslage mag das angehen. Allerdings gelten im bayrischen Strafvollzug eigene Gesetze, wie Herr Hoenig auch ausführt. In Bayern ist die Halbstrafe faktisch abgeschafft. Von daher bleibt ein Geschmäckle. Glaube nicht, dass ein Nichtprominenter solch eine Vorzugsbehandlung erfahren hätte wie Wurst-Uli.

  7. 7
    Ronny says:

    Wenn es mit der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung nichts wird, könnte er ja eine Karriere als Knast-Youtuber planen:

    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2018/08/knast-youtuber-jva-tegel-wieder-da.html

    Gäbe es für die Justiz eine rechtliche Grundlage, die AdSense-Werbeeinnahmen zu beschlagnahmen?

  8. 8
    Kaiserwetter says:

    Hervorragend!

    Eine verhängte Strafe mal wirklich absitzen, so lob ich mir das. Die zahlreichen Geschädigten werden sich sicher auch darüber freuen,

    …mutmaße ich mal salopp ;-)

    Grüße

  9. 9
    Michael Krause says:

    Vollzugscoaching??? Wat es alles gibt.