Chaostage bei der Staatsanwaltschaft Berlin

Von dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren erfuhr der Mandant auf Umwegen. Das war im Januar 2016. Ich habe den Standard-Textbaustein nach Moabit geschickt und um Akteneinsicht gebeten.

Parallel habe ich versucht, telefonisch den zuständigen Dezernenten zu ermitteln, um mit ihm die Details des weiteren Verfahrens zu erörten (§ 160b StPO).

Die Geschäftsstelle teilte mit, Frau Staatsanwältin H. sei diejenige, welche. Aber nur vorübergehend, sagte sie mir. Nach ihr würde Herr Staatsanwalt Dr. W. den Fall weiterbearbeiten. Dr. W. war aber auch nur eine Durchgangsinstanz. Schließlich bekam Frau Staatsanwältin W. die Akte auf den Tisch.

Sukzessive teilte mir der Mandant mit, daß die gegen die Mitbeschuldigten geführten Verfahren eingestellt worden seien. Ich habe ein wenig argumentiert, dann kam im August 2018 die Mitteilung der Staatsanwältin W., sie habe das Verfahren nach § 170 II StPO eingestellt.

Diese Mitteilung löst hier den TBS „88RiStBV“ aus:

ich nehme Bezug auf die Einstellungsnachricht vom 10. Auguste 2018 und beantrage unter Hinweis auf Ziffer 88 RiStBV, der Verteidigung ausführlich und im gebotenen Umfange die Gründe der Einstellung mitzuteilen.

Dieser Bitte kam Frau W. auch recht flott nach. Und sie teilte mir mit:

Um nun die Beschwerde-„Instanz“ bei der Arbeit unterstützen zu können und sie mit (weiterem) Insiderwissen zu füttern, habe ich um die Übersendung der Beschwerdeschrift gebeten. Einmal, zweimal, dreimal, viermal. Ohne eine Regung zu erzielen bei dieser Dame vom Amt für Strafverfolgung.

Nun ist mir mal wieder der Kragen geplatzt. Ein Vierteljahr lang sitzt mein Mandante auf heißen Kohlen, weil er zum einen nicht weiß, was aus der Beschwerde geworden ist. Und zum anderen verfaulen hier die Beweismittel, die er gern den Ermittlern zur Verfügung gestellt hätte.

Entgegen landläufiger Ansicht sind Dienstaufsichtsbeschwerden *nicht* fruchtlos. Es kommt stets auf den Einzelfall an. Und vielleicht auch auf die Formulierung. Hier ist das Holzhämmerchen, mit dem ich bei den Früchtchen in der Teppichabteilung der Staatsanwaltschaft angeklopft habe:

Nun warten wir gespannt darauf, ob es wenigstens dem LOStA gelingt, wieder Schwung die Bude zu bringen, damit meinem Mandanten zurück in die ihm zustehende Subjektstellung geholfen wird.

Den bisher beteiligten Staatsanwälten, insbesonderen der gruppenleitenden Staatsanwältin scheint es am alimentierten Heck vorbei zu gehen, wie sich ein unschuldiger und zur Unrecht beschuldigter Grundrechtsträger fühlt, wenn er in kafkaesker Weise von der Staatsgewalt mißhandelt wird.

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Bild: © Dietmar Grummt / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

3 Antworten auf Chaostage bei der Staatsanwaltschaft Berlin

  1. 1
    Summ says:

    Es kann doch sein, dass die Staatsanwaltschaft der Beschwerde nicht stattgeben will , also bei der verfahrenseinstellung bleiben will,,dann würde die Sache (Beschwerde) ja jetzt bei der Generalstaatsanwaltschaft zur Prüfung liegen.. Falls es so etwas in Berlin gibt.
    Aber gar keine Reaktion seitens dercSta an Sie ist natürlich nicht grad so nett.

  2. 2
    Michael Seifert says:

    @Summ

    Das ist aber nicht unbedingt eine Seltenheit. Hier in Nds ist auch nichts sonderlich neues, auf Schreiben erstmal einfach gar nicht zu reagieren!

  3. 3
    Der wahre T1000 says:

    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Steuerstrafstellen aus Akten Seiten entfernen, bevor sie diese einem Anwalt uebersenden. Kurz: die Schreiben, aus denen sich der Denunziant ergibt, werden geheim gehalten.

    Ich weiss nicht, wie es im Strafrecht ist, aber vielleicht soll da nur ein „Zeuge“ geschuetzt werden?