Ein Kollege, ein erfahrener Strafverteiger, berichtete über einen prickelnden Anruf des Staatsanwalts.
Die Ermittlungsbehörden hatten bei dem Mandanten allerlei elektronisches Gerät beschlagnahmt und ausgewertet. Der Inhalt eines Smartphones des Mandanten war besonders spannend. Die Ermittler hatten mehrere Mitschnitte von Gesprächen, die der Verteidiger mit dem Mandanten geführt hat, auf dem Handy gefunden. Von diesen Aufzeichnungen hatte der Kollege keine Kenntnis.
Tja, als Strafverteidiger muß man damit rechnen. Mit Lauschangriffen durch den eigenen Mandanten statt durch die Ermittler.
Dazu die folgenden Fragen in den Raum gestellt:
- Sollte man als Verteidiger Vorsorge treffen? Und wenn ja: Wie?
- Und – das ist die entscheidende Frage – in wessen Interesse?
Danke an den Kollegen für seinen hilfreichen Bericht.
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Bild: © I. Rasche / pixelio.de
Meine Mutter hat früher alle Telefonate automatisch mit dem Smartphone aufgenommen… so richtige Vorkehrungen dagegen treffen ist sicher schwierig. Ein Merkblatt, das auf die eventuelle Strafbarkeit hinweist bei Mandatsübernahme kommt auch komisch…
Vielleicht ganz pragmatisch: Einfach den Mandanten möglichst früh eindringlich über eben diese Problematik aufklären: Dass er im eigenen Interesse das Aufzeichnen von Gesprächen mit dem Verteidiger tunlichst unterlassen sollte, damit diese nicht den Ermittlungsbehörden in die Hände fallen.
Im Interesse des Verteidigers ist es, nicht Opfer einer Straftat zu werden. Außerdem möchte man vielleicht nicht, dass einem der Unsinn, den man so erzählt (natürlich rein hypothetischer Unsinn, den crh niemals von sich geben würde), später einmal vorgehalten wird. Gerichtliche Verwertbarkeit ist ja nicht alles im Leben …
Im Interesse des Mandanten ist es, sich nicht noch tiefer in die Sch…. zu reiten, z.B. indem man der Polizei vertrauliche Informationen zugänglich macht oder weitere Straftaten begeht.
Grundsätzlich also eine angenehme Situation: gleiche Interessen, kein Konflikt. Soll man den Mandanten also darauf hinweisen? Ich glaube nicht. Weisen Sie auch darauf hin, dass Ihre Kostennoten nicht mit Falschgeld bezahlt werden dürfen? Dass der Richter nicht verprügelt und der Staatsanwältin nicht die Reifen zerstochen werden dürfen? Was würde eine solche Ansage zu Beginn mit dem Vertrauensverhältnis machen, insbesondere falls man wirklich einen „unbescholtenen Bürger“ vor sich hat?
Am Ende ist es doch ganz einfach: Der Mandant hat aus purem Eigennutz etwas getan, was moralisch fragwürdig und verboten ist. Womöglich hat er durch die Informationen, die die Polizei auf diesem Weg erhalten hat, erfolgreiche Ermittlungen und eine spätere Verurteilung überhaupt erst ermöglicht. (Ödipus, anyone?) Schadenfreude verbietet sich schon aus professionellen Gründen, selbst Schuld ist er trotzdem.
Wenn ich der Meinung bin, dass bei einem Mandanten aufgrund der Art des Tatvorwurfs und des Stands der Ermittlungen möglicherweise noch Hausdurchsuchungen und/oder Abhörmaßnahmen anstehen könnten, weise ich ihn darauf hin. Auf die Idee, einen Mandanten vorsorglich darauf hinzuweisen, dass er Telefonat mit mir nicht unerlaubterweise aufzeichnen soll, bin ich allerdings auch noch nicht gekommen.
Ich denke auch, dass ein Hinweis an zukünftige Mandanten die sinnvollste „Lösung“ ist, vielleicht sogar direkt mit der Erinnerung sich mal mit der Verschlüsselung der mobilen und stationären Kommunikationgeräte auseinander zu setzen.
Technisch kann man das nicht verhindern.
1.) Vorsorge ist zu treffen, indem man mit dem Mandanten einfach nicht telefoniert, sondern im Büro spricht. Natürlich kann er auch dort das Gespräch heimlich aufzeichnen. Und einem Mandanten plausibel zu machen, das Handy an der Garderobe in der Jacke zu lassen oder es am Empfang bei der ReFa abzugeben, wird kaum gehen.
2.) Zum Schutze beider. Wie freundig Staatsanwälte etwas in Aussagen hineininterpretieren, was so nie gedacht und gemeint war, wissen wir ALLE. Und ratzfatz hat man erst einmal – ungeachtet der Frage der Verwertbarkeit solcher Aufnahmen – ein Ermittlungsverfahren am Hals, muss das Mandat niederlegen und hat unnötigen Ärger wie unnötige Kosten (eigener Verteidiger). Braucht doch kein Mensch!
[…] Der abgehörte Strafverteidiger, […]
Da man nie weiss wer zuhört und das Abhörverbot de facto wohl auf ein Auswertungsverbot hinausläuft (ich habe in einer BTM – Akte mal ein abgehörtes Telefonat zwischen mir und meiner Mandantin gefunden, wo aber im Textfeld lediglich stand „Frau S. telefoniert mit ihrem Anwalt“), bin ich zu der Überzeugung gekommen, sensibele Dinge generell nicht am Telefon zu besprechen.