Das Verfahren trägt ein Aktenzeichen aus dem 2011. Spätestens seit September 2012 wird die Sache von der Staatsanwältin M. bearbeitet. Sie schusterte auch die Anklage zusammen, nachdem sie sich nicht an die Absprachen mit der Verteidigung gehalten hat. Trotz nach Ansicht der Verteidiger grober Mängel wird die Anklage vom Januar 2016 zugelassen.
Nach vier Hauptverhandlungsterminen im April/Mai 2017 mit einer zweistelligen Anzahl von Zeugen und ordnerweise Urkunden mußte die Hauptverhandlung ausgesetzt werden, weil die 2. Richterin in den Mutterschutz ging.
Nun wird der zweite Durchgang geplant. Auf Band VI der Hauptakte (es gibt noch ein paar Kisten mit Beiakten, die vom LKA und der Staatsanwaltschaft angelegt wurden) findet sich nun dieser fröhliche Vermerk der Staatsanwältin, die diese Sache seit Blatt 1 Band I bearbeitet hat:
Bei den Wirtschaftsabteilungen der Staatsanwaltschaft arbeiten ausschließlich hochqualifizierte Spitzenjuristen und Leuchttürme der Jurisprudenz. Grundsätzlich jedenfalls. Es soll Ausnahmen geben. Wird gemunkelt.
Die einzig richtige Reaktion kam dann von der Staatsanwältin, der die Hochleistungsjuristin das Verfahren vor die Füße kippen wollte:
Sachen gibt’s, die glaubt man nicht, wenn man sie nicht selbst miterlebt hat.
Vielleicht gab es 2011 noch keine eigene Abt. für Pflegebetrug in Berlin? Ändert ja auch nicht fürs Strafverfahren…
Ich bräuchte hier bitte Untertitel.
Was allein für das Entziffern solcher handschriftlichen Notizen an Zeithonoraren generiert wird…
Der Letzte Satz ist mir immer noch nicht klar:
„Eine __________ je Bearbeiter[?], ist nicht sachdienlich[?]“`
Bin ich der einzige, der die Handschrift nicht lesen kann?
Wer schreibt heutzutage überhaupt noch mit der Hand?
Dabei tut man sich doch weh!
Erstaunlich vor allem auch, dass Sie das überhaupt zu lesen bekommen. Gibt’s in Berlin keine Handakten?
Bis auf den letzten Satz habe ich nichts von den handschriftlichen Notizen verstanden. Bitte um Erläuterung, wo der Skandal liegt. Danke.
Transskript für die, die mit der Handschrift oder den justizintern gebräuchlichen Kürzeln Probleme haben:
„Verfügung: Urschriftlich mit Akte und Handakte über Herrn Abteilungsleiter der Abteilung 281 der Frau Dezernentin unter Ablehnung der Übernahme zurückgesandt. Das Verfahren ist abgeschlossen. Eine hiesige Bearbeitung ist nicht sachdienlich.“
(Mit dem abgeschlossenen Verfahren ist das Ermittlungsverfahren gemeint, welches durch die Anklageerhebung abgeschlossen wurde, das Gerichtsverfahren läuft natürlich noch).
Übersetzung in ungeschönten Klartext: Du hast schon die ganzen Ermittlungen verbockt und die Anklage zusammengeschustert, jetzt musst du dich auch mit dem Gericht und dem Verteidiger rumschlagen, wenn der halbgare Kram dir vor Gericht um die Ohren geschlagen wird. Rückleitung über den Abteilungsleiter, damit dieser von dem unsinnigen Versuch der Drückebergerei Kenntnis nimmt.
Die „Übersetzung“ ist wohl etwas verwirrend. Das Ermittlungsverfahren wird per Verfügung abgeschlossen, dann folgt die Anklageschrift ans Gericht oder die Einstellung. Warum man nach Übergang ins gerichtliche Verfahren hier einen anderen staatsanwaltlichen Bearbeiter „betrauen“ soll, dürfte schon etwas mehr Begründung der abgegebenden Staatsanwältin bedürfen, denn der Sachverhalt wurde dem Gericht vorgetragen. Nachträgliche Ermittlungen macht in der Regel das Gericht, Nachtragsanklagen sind auch sehr selten. Sitzungsvertretungen muss auch nicht zwingend der Anklageschreiberling machen und für die Einhaltung des Verfahrens und der Verfolgung der rechtsstaatlichen Interessen kann das praktisch jeder Staatsanwalt im Sitzungstermin machen. Warum sollte die Akte abgegeben werden?
Andererseits muss man natürlich auch darauf hinweisen, dass die StA eine Behörde ist mit vielen Haupt-Abt. mit Sonderzuständigkeiten. Das Anfragen für die Übernahme gehört da schlicht aus der Weisungslage dazu (Dienstweg!). Vielleicht hätte die bearbeitende Staatsanwältin auch nur einfach einen Vermerk machen können, dass wohl fehlende (interne) Zuständigkeit vorliegt, aber Abgabe inzwischen nicht sachdienlich sei. Hätte der Akte vermutlich einen Monat Reise in Moabit erspart ;)
Dank an RA Ulrich für Übersetzung und Erklärung.
@ egal: Sie haben da die überschaubaren kleinen Fälle am Amtsgericht im Kopf, von denen mehrere an einem Tag verhandelt werden. Dort ist in der Tat der Sachbearbeiter oft nicht der Sitzungsvertreter. Bei komplexen Großverfahren wird in der Regel schon darauf geachtet, dass der Sachbearbeiter möglichst auch die Sitzungsvertretung macht. Und wenn er es nicht macht, dann muss er die Ergebnisse mit dem Sitzungsvertreter durchgehen und ggf. über das Einlegen und Begründen von Rechtsbehelfen entscheiden. Nachermittlungen durch die StA während des laufenden Gerichtsverfahrens sind in der Tat die Ausnahme, kommen aber auch durchaus vor (wenn, dann oft auf Anordnung des Gerichts).
glaube die dame ist nebenberuflich auch noch arzt
Danke, Herr RA Ullrich.
Viel schwieriger fand ich ja die Handschrift der Ausgangsstaatsanwältin zu lesen. Soweit komm ich („?“ bedeutet: Kann ich nicht sicher entziffern):
„1.) Vermerk: Die Zuständigkeit der Abt. 243 wurdebisher übersehen. [Tatvorwurf Bt. (?) „Betrug durch Pflegedienst“.
2.) U mA u. HA
über Herrn AL 281
über Herrn AL 243
Herrn, Frau [? völlig unleserlich] 243 Js, übersandt zur Übernehme in dortige Zuständigkeit.
(Betrug durch Pflegedienst)“
Kann den Rest irgendwer lesen?
281 JS … / 11 82
1. Vermerk: Die Zuständigkeit der Abt. 243 wurde bisher übersehen.
[rot/braun:] Tatvorwurf ist „Betrug durch Pflegedienste“
2. Urschriftlich mit Akten und Handakten [???]
über Herrn AL 281 [den Leiter der Abteilung 281] [es folgen in roter/brauner Schrift ein Handzeichen und die Tagangabe 21.8., vermutlich als Sichtvermerk des Abteilungsleiters der 281]
über Herrn AL 243
Herrn, Frau Dezernent(in) für 243 JS übersandt zur Übernahme in dortiger Zuständigkeit (Betrug durch Pflegedienst)
17. Aug. 2017 … Staatsanwältin
Also, diese Kritzeleien zeigen uns die Effizienz unserer Justiz. Deutlich. Sehr deutlich.