Die Staatsanwaltschaft Berlin führt gegen meine Mandantin ein Ermittlungsverfahren. Der (Anfangs-)Verdacht steht auf einer hauchdünnen und tönernen Denunziation.
Darum geht’s:
Nach der obligatorischen Akteneinsicht bekam ich Post von der Staatsanwältin; sie hatte es eilig und setzte eine knappe Frist zur Stellungnahme:
Eine „Entscheidung nach Aktenlage“ ist in den überwiegenden Fällen die illustre Umschreibung der Drohung „…werde ich ansonsten Anklage erheben!„. Genau das wollte die Mandatin aber vermeiden – aus naheliegenden Gründen. Zumal an der Sache schon nach Aktenlage nicht viel dran war und die Vorwürfe recht einfach zu widerlegen waren.
Das war nicht nur meine Ansicht und die meiner Mandantin, sondern auch die der Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft (aus Gründen hier noch einmal so benannt). Deswegen lautete die recht übersichtliche Verteidigungsschrift am Ende:
Das war im Juni 2018. Seitdem passierte das, was immer passiert, wenn es die Staatsanwaltschaft nicht eilig hat, da sie sich lieber um Schwarzfahrer und Cannabiskonsumenten kümmert, statt Verfahren einzustellen, weil sich der vermeintliche Tatverdacht in Luft aufgelöst hat: Nämlich nichts!
Ich habe dann sukzessive eskalierend an die Bearbeitung bzw. Erledigung erinnert und die Entscheidung „nach – durch die Verteidigung aktualisierter – Aktenlage“ angemahnt.
Jetzt – knapp vor Erhebung der Dienstaufsichtsbeschwerde – hat sich endlich ein freundlicher (mich gut kennender) Staatsanwalt meiner Mandantin erbarmt. Naja, wenigstens so halbwegs. Er meldete sich in unserer Kanzlei und diktierte meiner Assistentin in die Telefonsnotiz:
Das ist die Berliner Staatsanwaltschaft, wie man sie kennt. Da fällt eine(!) Dezernentin aus und schon liegt der ganze Laden brach.
Ich wünsche der erkrankten Staatsanwältin gute Besserung, damit sie auch künftig wieder ihre volle Kraft für die Verfolgung der Kiffer im Görlitzer Park einsetzen kann.
Meine Mandantin erträgt die mit diesem armseligen Trauerspiel einhergehende Ungewissheit dann noch ein Weilchen …
Da wird doch § 199 GVG auf dem Silbertablett geliefert, wenn bei absehbar längerer Krankheit von der Behördenleitung keine ordnungsgemäße Vertretung bestellt wird.
So leider auch bei der Staatsanwaltschaft Hamburg bzw. bei deren Hilfsbeamten. Fällt ein Ermittler aus, zack, bleiben seine Sachen einfach liegen. Die StA störts nicht, weil man da selbst vor lauter Akten den Kalender nicht mehr sieht. Trotzdem hat man aber noch Zeit, den größten Unsinn anzuklagen und immer ins Rechtsmittel zu gehen.
Aber wenn die Mandantin doch unschuldig ist, wird die objektivste Behörde der Welt auch zu keinem anderen Ergebnis kommen. Bis dahin: Verzögerungsrüge, siehe @Zielfahnder Krawuttke #1.
@Mirko Laudon: Was wollen Sie damit sagen? Dass die SA wegen Arbeitsuebrlastung besser kapitulieren soll und daher Rechtsmittel voellig ueberfluessig sind?
[…] Entscheidung nach Aktenlage am St.Nimmerleinstag, […]