In der vergangenen Woche ging die folgende Anfrage über ein Portal, auf dem „potentielle“ Mandanten Fragen an den Pool registrierter Rechtsanwälte stellen können. Die Anwälte erhalten Gelegenheit, eine „kostenlose telefonische Ersteinschätzung“ zu liefern.
Da reden sich Strafverteidiger den Mund fusselig, um die „potentiellen Mandanten“ über ihre Rechte zu informieren, und dann kommen immer noch solche Fragen.
Was empfiehlt die versammelte Blogleserschaft diesem armen Wicht?
Keinen Stinkefinger mehr zu zeigen?
Im Ernst: die Geste mag es gegeben haben oder nicht. Aber ob dann auch der Fahrer sauber identifiziert werden kann? Ich wuerde erstmal raten zu schweigen. Dann wird die Sache vermutlich eingestellt. Noch besser waere es einen Anwalt einzuschalten. Aber in dieser Sache waere das vermutlich teurer als die potentielle Strafe.
Rechtsanwalt einschalten, Tatvorwurf bestreiten, aber grundsätzlich Bereitschaft für Erledigung signalisieren. §153a StPO anbieten und 500€ an die Kinderkrebahilfe bezahlen. Keine Vorstrafe, keine Feststellung zur Schuld und sogar noch etwas gutes getan. Keine Pointe!
Ich sach ma: Sach nix!
SCHWEIGEN! Fraglich ist, ob der Fahrer, der die Geste gemacht haben soll, überhaupt ausreichend erkannt und beschrieben wurde. Und ob es neben dem angeblich Geschädigten weitere Zeugen gibt. Daher: Erst einmal Akteneinsicht nehmen. Geht zwar auch ohne Verteidiger, sollte aber besser über einen solchen erfolgen.
Keine Angaben machen und abwarten, da es vermutlich auf eine Privatklage hinausläuft und erst dann einen Anwalt einschalten.
Was an gestikulären Beleidigungen überhaupt so schlimm ist um öffentliche Gelder dafür auszugeben verstehe ich sowiso nicht. Es besteht doch tatsächlich nur rein privates Interesse an so einer Anzeige.
Mein Bußgeldkatalog würde hierfür eine Großpackung Baldrian und eine Yoga-CD für jede der beiden Parteien vorsehen und eventuell ein Bußeld für die Anzeigeerstatterin wegen Verschwendung öffentlicher Gelder und Arbeitskraft.
Schweigend dieses Youtubevideo schauen:
Ich würde Ihm raten auf jeden Fall zu Antworten und anzugeben er wäre der fragliche Fahrer. Und natürlich dass mit jedem anderen Finger, nur nicht dem Mittelfinger gewinkt wurde. Wirklich nicht der Mittelfinger! Das glaubt Ihm jeder!!1!
Glasklare Angelegenheit…
Normalerweise wäre mein Standardrat: Schweigen, Rechtsanwalt einschalten, diesen erstmal Akteneinsicht nehmen lassen.
In einem solchen Fall allerdings abweichend hiervon: Schweigen, erstmal kein Geld für einen Anwalt verschwenden, auf den (bei unvorbestraftem Beschuldigten) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Einstellungsbescheid mangels öffentlichen Interesses mit Verweisung auf den Privatklageweg warten. Zum Anwalt gehen erst dann, wenn wirklich ein Strafbefehl, eine Anklage oder eine Privatklage zugestellt wird.
@RA Ullrich (8):
Wäre mir zu heikel. Ich habe das Gefühl, dass eine StA schneller einen Strafbefehl beantragt, wenn kein Verteidiger drin ist, während sie eher zum § 153a StPO greift, wenn ein Verteidiger eingeschaltet wurde.
Oder sie schlägt in den milderen oder mehr streitigen Fällen eher einen § 153a StPO vor, als den § 153 Abs. 1 bzw. § 170 Abs. 2 StPO anzuwenden.
Kurzum: die StA weiß, dass es mit Verteidiger schwieriger wird und deswegen wäre es auch für diesen Herren keine „Verschwendung von Geld“, wenn er sich frühzeitig einen Stv sucht.