Über die „Partyfrage“ habe ich schon öfters gesprochen und geschrieben.
Strafverteidigern, die es nicht vermeiden konnten, daß ihr Beruf bekannt geworden ist, wird sie nach den ersten zwei Glas Prosecco (oder Pils) so oder so ähnlich immer wieder gestellt:
Wie kannst Du so einen bloß verteidigen? Kannst Du das eigentlich mit Deinem Gewissen vereinbaren?
Ein Artikel des Spiegel vom 11.07.2018 zitiert die Antworten dreier Verteidiger, die in den letzten Jahren immer wieder im Focus der Öffentlichkeit standen:
Wer an ausführlicheren Anworten und an den Hintergründen der Arbeit der drei Verteidiger in dem NSU-Verfahren interessiert ist, dem seien anderhalb Stunden Fernsehgucken empfohlen: Die am 11.07.2018 in der ARD ausgestrahlte Dokumentation von Eva Müller.
Heer, Stahl, Sturm. Wer Nazis verteidigt.
Zu finden in der Mediathek.
Eine sehr gelungene Reportage über drei erstklassige Verteidiger.
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Bild: © Anna Zerenyi / pixelio.de
Wogegen der vierte, Grasel, absolut inkompetent wirkt. Zu frisch im Beruf, keine Erfahrung, hat sich wohl total übernommen. Darum auch diese peinliche Einlassung Zschäpes, in der sie sich selbst entlarvt. Genau das wollten die drei vermeiden.
Matthias Grasel nimmt niemand mehr ernst, der ist als Verteidiger verbrannt. Heer, Stahl & Sturm, die sich ihre Namen nicht aussuchen konnten und keine Anwälte der rechten Szene sind, haben hingegen ihre Seriösität, Professionalität und Kompetenz bewiesen.
Gelungene Reportage: ja
Erstklassige Verteidiger (?): naja..
Wohl eher recht selbstverliebt und erstaunlich PR-geil.
Aber Dank dessen war eine wirklich ungewöhnlich gute TV-reportage über diese 3 Pflicht-Verteidiger von B.Z. möglich mit recht persönlichen Einblicken über die 3, aber auch über den Beruf von Verteidigern allgemein.
Unbedingt sehenswert !! (Aber wahrscheinlich nur bis 7 Tage nach Ausstrahlung in der ARD- Mediathek verfügbar
Ich habe die heute Morgen angeschaut – ist wirklich gelungen und gibt gute Einblicke.
Manchmal verraten Gesichtszüge dabei mehr als die Worte.
Und ja (auch wenn ich befangen bin, weil ich mit einem der Wolfgangs im Semester war): nach meiner Einschätzung [ich mache aber bis auf IT-rechtliche Zuarbeit für Strafverteidiger kein Strafrecht] haben sie in einer extrem schwierigen Position mindestens äußerst solide Arbeit geleistet.
Grasel ist nach seiner Performance in diesem Prozess sicherlich, mehr oder weniger, verbrannt. Aber er mag sich vielleicht noch mit einem „Am Ende entscheidet halt der Mandant“ herausreden koennen, kombiniert mit „war halt noch jung und unerfahren, jetzt kann er’s“ und „sein Mentor hat ihn halt schlecht beraten“.
Womit wir bei dem nicht nur verbrannten, sondern total verkohlten Hermann Borchert waeren. Der hat sich mMn in der Tat nicht nur durch (fachliche) Inkompetenz ausgezeichnet, sondern auch noch durch unprofessionelles / unserioeses Auftreten (ab und zu mal in die Verhandlung schauen, aber dann meinen alles zu wissen). Keine Ahnung, wer als Angeklagter zu dem noch frewiwillig gehen moechte.
Ich fand die Dokumentation auch sehr interessant und habe mich bei bestimmten Aussagen gefragt, ob so etwas nicht gegen die anwaltliche Schweigepflicht verstößt, wenn dazu nicht das Einverständnis der Mandantin vorliegt. Einerseits waren sich die Anwälte dieser Problematik bewusst und haben problematische Frage dazu meist gekonnt umschifft, aber manchmal ist es ihnen auch nicht gelungen. Zum Beispiel: Stahl wurde gefragt: Was glauben Sie, warum hat sich Beate Zschäpe keine Szene-Anwälte gesucht?“ Stahl: „Ja tatsächlich, würde ich sagen: weil sie nicht dumm ist.“ (am Anfang ca. bei 4 min)
Meiner Meinung nach fällt die Beantwortung der Frage unter die anwaltliche Schweigepflicht und hätte deshalb zu unterbleiben. Und falls diese „Offenherzigkeit“ doch zulässig sein sollte, würde ich als Mandat von einem Anwalt erwarten, dass er seine Eindrücke über meine intellektuellen oder charakterlichen Eigenschaften für sich behält, insbesondere wenn die Verteidigungsstrategie aus Schweigen bestehen soll.
Danke für den Hinweis, Herr Hoenig!
Eine tolle Reportage. Ich finde es beeindruckend, wie die 3 Verteidiger das Verfahren bis zum Ende „aufrecht“ durchgezogen haben. Loyal bis zum Schluss – Chapeau!
Was mir vorher nie bewusst war ist die Tatsache, wie das Gericht Altverteidiger und Angeklagte „auseinanderdividiert“ hat – das sieht nach ganz ganz schlechtem Stil aus. Den 3en ist bei 60:12 auch wirklich die Fassungslosigkeit anzumerken.
@Kaduk, 1. Der Prozess ist – bis auf die Revision zum BGH – abgeschlossen. Es wird also keiner Begutachtung der „intellektuellen oder charakterlichen Eigenschaften“ vorgegriffen o.Ä. 2. Fraglich ist doch schon, ob hier „unbefugt“ gehandelt wurde, wenn Frau Zschäpe mit den Gesprächen Ihrer Anwälte mit den Reportern grds. einverstanden war (was der Fall gewesen sein muss). 3. Ferner ist fraglich, um welches „fremdes Geheimnis“ es sich bei der Aussage, die Mandantin sei „nicht dumm“ handeln sollte. Es ist eine Meinungsäußerung, ein Werturteil, ein positives zumal, das für sich genommen m.M.n. keinerlei Aussage über Schuldfähigkeit, Vorsatz, Glaubwürdigkeit etc. zuließe, selbst wenn der Prozess noch nicht abgeschlossen wäre (s.1.).
Hallo!
Könnte mir bitte jemand sagen, wie Zschäpe zu ihren Verteidigern gekommen ist?
In der Doku heißt es relativ am Anfang „Zufall“. Mir kam mal zu Ohren, dass sie das Telefonbuch nach besonders deutschen Namen durchgegangen sein könnte.
Wie ist es wirklich?
Ist es gewollt, dass der ‚geschrieben‘ Link auf den selben Artikel verweist?
Vielen Dank für diesen Tipp. Als Student bekomme ich angesichts von Artikeln, Dokumentationen und Berichten über so bedeutende Strafverteidigung immer beinahe ein schlechtes Gewissen, dass ich mich dafür nicht erwärmen kann.
Ich bin verwundert über die Spezialisten, die hier per Ferndiagnose über eine TV-Reportage sich zuzutrauen zu urteilen, welcher Verteidiger“Kompetent“ und welcher „Inkompetent“ ist, wer beruflich „verbrannt“ und wer „PR-Geil“ ist.
Alle drei Anwälte haben meinen Respekt. Sie haben ein Mandat angenommen, das Herr Hoenig abgelehnt hätte, zu Konditionen, die ruinös waren. Dass eine Anwältin alleine wegen dem Mandat aus ihrer Sozietät geflogen ist, empfinde ich als einfach nur traurig. Eine Zschäpe muss genauso verteidigt werden können wie ein „Osama Bin Laden“ Top-Terrorist und Massenmörder- Leibwächter.
[…] Neue Antworten auf die Party-Frage, oder: Muss am Ende der BGH entscheiden? – Anwälte kündigen Revision an, oder: […]
Wirklich gelungene Reportage.
Generell finde ich die Verteidiger auch engagiert und die Strategie des Schweigens wäre wohl auch die erfolgreichere gewesen (retrospektiv betrachtet).
Was mir schon etwas sauer aufgestoßen ist, ist die Tatsache dass über die klägliche Vergütung hergezogen wird.
Zum einen muss man das als Investition für die Zukunft anesehen. Der Bekanntheitsgrad der Anwälte und somit der „Makrtwert“ von deren Leistungen dürfte nicht unbeachtlich von dem Prozess profitiert haben.
Zum anderen finde ich es schon recht zynisch sich im „Vier Jahreszeiten einzuquarieren“ und dann vor der Kamera fast zu flennen, nach dem Motto „Ich hätte nicht gedacht, dass der Rechtsstaat soetwas zulassen würde“. Bevor jetzt alle meinen, dass sei jetzt Neid. Mir ist es egal, wo Anwälte übernachten (!) Aber es kann und darf nicht sein, dass man sich für ca. 500€ die Nacht einquartiert und sich dann darüber aufregt, Schulden aufnehmen zu müssen.
Es muss ja nicht gleich das A&O Hostel an der Hackerbrücke sein. Aber es geht auch deutlich (!) günstiger bei ähnlichem Komfort (einfach mal die Bewertungen und Preise bei Vergleichsportalen anschauen).
Aber sonst würde ich im Falle einer Anklage durchaus einen der drei als engagierten Verteidiger haben wollen.
@Kaduk:
Die Aussage „Weil sie nicht dumm ist“ als möglichen Verstoß gegen die Schweigepflicht zu klassifizieren, ist aber schon sehr fernliegend. Die umgekehrte Aussage, sie sei dumm, wäre sicherlich ein Problem, aber wohl weniger im Hinblick auf die Verschwiegenheit oder Schuldunfähigkeit.
Es dürfte eher dahin zu verstehen sein, dass es eher zuträglich ist, „neutrale“ Anwälte zu nehmen, wenn man glaubwürdig eine Abkehr oder Distanzierung von dieser Gesinnung darstellen will. Dass Frau Zschäpes Verhalten später im Verlauf des Verfahrens offensichtlich nicht nur auf die Öffentlichkeit, sondern auch die Verteidiger „irrsinnig“ gewirkt hat und der spätere Wunsch nach den „Rechten“ diesem Eindruck widerspricht, ist ein anderes Thema.
Geht es nur mir so, dass man Bauchschmerzen beim Titel bekommt? Und ich will jetzt nicht auf die Semantik, hinaus, ob Zschäpe formal „Nazi“ sein kann, weil sie im dritten Reich noch gar nicht geboren war…
„Wer Nazis verteidigt“. Der ist was? Der tut was? Wie kann der nur?
Die Hauptgeklagte war bereits vor Jahren
in der BILD zum „Satan“ mutiert. Quote…
Die beiden Toten sollen geplant haben, 10000
Leute zu killen… uebermenschliche Schlaechterbestien. ..
jede Art der Verteidigung wird vor diesem background zum Himmelfahrtskommando… oder?