Rabatte und Bonussysteme beim Strafverteidiger

Apotheker und Strafverteidiger haben zwei Gemeinsamkeiten:

  1. Sie leben vom Elend ihrer Kunden bzw. Mandanten: Je schlechter es denen geht, desto höher fallen die Umsätze aus.
  2. Sie dürfen keine Rabatte auf die Rechnungsbeträge geben.

Nun fand ich in einer Strafsache, in der es um Abrechnungsbetrug ging, diese Marketing-Idee eines Apothekers:

Jetzt überlege ich, ob auch unsere Kanzlei so ein Treue-Bonus-System einführen soll. Für jede Strafverteidigung erhält der Mandant 10 Punkte, für ein Verfahren vor dem Landgericht 20 Punkte und für eine Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer 30 Punkte, bei 100 Punkten gibt es dann einen Direktflug in ein Land ohne Auslieferungsabkommen und einen Satz hochwertiger Feilen schon bei 50 Punkten …

Ich frage mal bei der Rechtsanwaltskammer an, was die von der Idee halten.

Dieser Beitrag wurde unter In eigener Sache, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht.

9 Antworten auf Rabatte und Bonussysteme beim Strafverteidiger

  1. 1
    Robert says:

    … oder Rabatt beim Strafmaß. Nach der dritten Verurteilung 30% auf alles – außer Tiernahr.. ähh Mord!

    Beste Grüße
    Robert

  2. 2
    Steffen says:

    Nun, diese Art des Treuebonus ist weder sonderlich kreativ oder gar neu und nur diese aus dem Kontext gerissene Gutschrift kennend, wohl noch nicht mal ansatzweise illegal. Die Kreativität der Apotheken mit Treuetalern, -punkten, -einhörnern oder wasweissich für ihre Kunden steht der der Namensfindung von Friseurläden kaum nach. Handelt es sich doch dabei um Rabatt auf sogenannte over-the-counter (OTC – die Suchmaschine des geringsten Misstrauens spuckt gute Erklärungen dazu aus), aka freiverkäufliche, Dinge. Das können natürlich auch Arzneimittel, z.B. Schmerzmittel oder Nasentropfen etc. sein. In deren Preisgestaltung ist so ein Apotheker dann doch recht frei.

  3. 3
    Non Nomen says:

    Das können natürlich auch Arzneimittel, z.B. Schmerzmittel oder Nasentropfen etc. sein. In deren Preisgestaltung ist so ein Apotheker dann doch recht frei.Dem kann ich nur zuzustimmen. Darum ist manche Apotheke tatsächlich etwas günstiger als die lobgepriesenen „Nahrungsergänzumgsmittel“ecken der Supermärkte. Letztlich will auch Beratung entlohnt werden. Die gibts nicht im Supermarkt.
    Btw: Werden wir hier vom Ausgang des Apothekerverfahrens erfahren?

  4. 4
    Kai says:

    Ich bekomme in meiner Apotheke regelmäßig Rabatt.
    Für jede bezahlten 15 EUR (auch bei verschreibungspflichtigen Medikamenten) eine Rabattmarke im Wert von 50 Cent.
    Diese kann ich entweder in der Apotheke für freiverkäufliche Produkte ausgeben oder bei anderen Gewerbetreibenden hier im Ort, die sich an diesem System der Rabattmarken beteiligen.

    Meinen letzten Frisörbesuch habe ich so z.b. komplett mit Rabattmarken bezahlt, die ich aus der Apotheke (für verschreibungspfichtige Arzneimittel) erhalten habe.

  5. 5
    busy says:

    Was soll ich mit 2 Direktflügen und einem Eimer voll Feilen. Ich frage mal meinen Arzt ob der auch so etwas anbietet. Z.B. für 4xGrippe bekomme ich eine Darmspiegelung gratis.

  6. 6
    Flo says:

    Ich würde aber die Punkte erst nach Ende des Verfahrens und Bezahlung der eigenen Schlussrechnung gutschreiben.
    Dürfte sich nicht gutmachen als Anwalt dem Angeklagten den Fluchtflug zu bezahlen und von irgendwas muss der ja auch bezahlt werden. ;)

  7. 7
  8. 8
    Apoboy says:

    Als Apotheker: Seit etwa 15 Jahren wurde die Preisbindung für verschreibungsfreie Medikamente aufgehoben. Grob dürfen wir seitdem Preise und Boni ansetzen, wie wir das für richtig halten. Im verschreibungsfreien Bereich sind bei vielen Kollegen die Preise in den Keller gegangen (die günstigen OTC-Preise sind unrentabel und dienen nur noch dazu, Rezepte anzulocken); in gewissen Lagen (Flughäfen oder Kurorten) sind sie allerdings in die Höhe geschnellt (am Flughafen Tegel hatte ich selbst vor ein paar Jahren 9 Euro für ein Nasenspray gezahlt).

    Im Moment ist unser Gesundheitsminister am Überlegen, auch die Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel freizugeben; das entscheidet sich in etwa 2-6 Wochen. Das hätte dann zur Folge, dass ein Versicherter mit einer Versicherungsleistung noch Geld verdienen kann und einen Gewinn daraus zieht, wenn ihm der Arzt möglichst viel Medikamente verschreibt.

    Umgekehrt hätte es aber auch zur Folge: Im Moment ist die Grippeimpfung kaum noch lieferbar – sie kostet gegenwärtig 23 Euro. Wenn die Preise bei Rx frei sind, setze ich für die paar Impfungen, die ich noch habe, 200 Euro an. Die Grippeimpfung gibt es dann nur noch für den, der bereit ist, den Preis zu zahlen. Und ich bin auch gespannt, was eine Mutter im Notdienst bereit ist, für das Antibiotikum ihres kranken Kinds zu zahlen.

    Bei uns ist die freie Preisgestaltung Realität. Ich bin der Ansicht, dass die Preisbindung bei Ärzten, Anwälten und den anderen freien Berufen auch bald fallen wird. Ich meine das durchaus ernst.

    • Auch Rechtsanwälte können mit ihren Mandanten die Vergütung in sehr weiten Grenzen frei gestalten bzw. vereinbaren. Die Verteidigung in einer Strafsache unterliegt grundsätzlich keinen „Preisbindungen“. crh
  9. 9

    > Ich frage mal bei der Rechtsanwaltskammer an,
    > was die von der Idee halten

    Lieber Carsten,
    das ist eine gute Idee! Bitte unbedingt nachfragen. Ich freue mich schon richtig auf die Beratungen und die Auskunft dazu ?

    Meine berufsrechtliche Kurzsubsumtion:
    Ein, immer noch nur unter Einschränkungen (für einen jeweiligen „Einzelfall“ und bei „wirtschafticher Bedrängnis“ des Mandanten zulässiges, Erfolgshonorar gem. § 4 a RVG i.V.m. § 49 II S. 1 BRAO, wäre das m. E. jedenfalls nicht.
    Die Bonuspunkte willst Du für den/die erteilten Auftrag/Aufträge gutschreiben, ganz unabhängig vom jeweilige Ausgang der Sache. Gut so.
    Aber:
    > … gibt es dann einen Direktflug in ein Land ohne
    > Auslieferungsabkommen und einen Satz
    > hochwertiger Feilen …
    scheint mir doch bedenklich. Könnte das nicht „Strafvereitelung“ oder etwas ähnliches aus dem Fundus des StGB sein?

    Unter Datenschutzgesichtspunkten wäre außerdem zu beachten, dass ihr euer gem. DSGVO zu führendes Verfahrensverzeichnis und die Datenschutzerklärung entsprechend ergänzen müsstet:
    wenn für etwaige künftige Bonuszahlungen im Voraus die Bankdaten des Mandanten gespeichert werden, dürften die später auch nur zu diesem Zweck verwendet werden. Wenn das nicht bezahlte Verteidigerhonorar ggf. mit Hilfe der Bank (als Drittschldner) später auf das Kanzeikoto tranferiert werden soll, muss das m. E. als weiterer „Zweck“ der Datenspeicherung mit in die Datenschutzerklärung des Verteidigers. Schon erledigt?

    „Hochwertige Feilen“: die würde ich nur von „Pferd“ oder „Hase“ beschaffen. Man will sich mit seinen Werbegeschenken ja nicht blamieren. Stell Dir das Gerede in der Knastkantine vor, wenn deine Feilen nichts taugen. ?