Rosenkrieg zwischen Görlitz und Weißwasser

Es geht um ein Problemchen innerhalb einer auslaufenden Beziehung. Rosenkrieg wäre so ein Stichwort, das mir dazu einfällt.

Ein Teil der Auseinandersetzung landet auf dem Tisch der Staatsanwaltschaft Görlitz. Die legt eine Akte an, auf deren Deckel steht „Unterschlagung“ und der Name der Mandantin. Rückabwicklung eines angeblichen Darlehens. Alles stark emotional eingefärbt.

Nun beantragt die Staatsanwaltschaft Görlitz den Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses, den das Amtsgericht Görlitz erläßt. Durchsucht wird die Wohnung der Mandatin in Weißwasser, also etwa eine halbe Stunde Autofahrt entfernt.

Die Mandantin erträgt die Durchsuchung mit Fassung, gefunden wurde nichts.

Anfang April beauftragt sie ihren Verteidiger, der sich zunächst bei der Ermittlungsbehörde in Weißwasser meldet und später dann die Akteneinsicht bei der Ermittlungsführerin, also bei der Staatsanwaltschaft Görlitz, beantragt.

Seitdem, also seit April 2017, versucht der Verteidiger, die Akteneinsicht zu bekommen. Nota bene: Das ist keine Wirtschaftsstrafsache im Format „Ackermann und die Deutsche Bank“. Ich erwarte eine filmdünne Akte mit einem flammenden discours incendiaire des künftigen Exgatten.

Was im weitere Verlauf geschah, kann man dieser Übersicht aus unserer eAkte entnehmen:

Auf die letzte Erinnerung an die Akteneinsicht haben wir diese Reaktion aus Görlitz erhalten:

Ich übersetze das mal:
Die Staatsanwaltschaft Görlitz fordert vom Amtsgericht Weißwasser wiederholt die Rücksendung der Ermittlungsakte. Das Amtsgericht reagiert darauf nicht. Jetzt ruft die Staatsanwältin den Verteidiger um Hilfe bei der Durchsetzung der Aktenrückforderung.

Dazu habe ich mir folgendes Schreiben an die Staatsanwaltschaft Görlitz ausgedacht:

Liebe Frau Staatsanwältin,

vielen Dank für Ihren verzweifelten Hilferuf vom 18.01.2018, in dem Sie mich bitten, dem Amtsgericht Weißwasser vor’s Schienbein zu treten, damit man dort in die Puschen kommt. Das kann ich gern machen; böse Zungen sprechen, ich sei für solche katalysatorische Aufgaben genau der Richtige.

Aber mal was anderes: Wenn ich mir den Metatext, also Ihre Botschaft zwischen Ihren Zeilen, etwas genauer anschaue, möchte ich Ihnen anbieten, Sie bei Ihrer Suche nach einem vernünftigen Job zu unterstützen. Sofern Sie also demnächst eine eigene Strafverteidigerkanzlei gründen möchten, melden Sie sich bei mir. Gemeinsam schaffen wir das!

Ach, da fällt mir noch ein: Vor einigen Jahren hatte ich einen Kollegen verteidigt. Ihm wurde eine Urkundenunterdrückung zur Last gelegt. Weil er die ihm überlassene Ermittlungsakte nicht rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft zurückgeschickt hat. … nur so ein Gedanke, ins Unreine gesprochen.

Wenn Sie nun Lust auf einen leckeren Caffè in Kreuzberg haben: Unsere Mandanten sagen, er sei der Beste der Stadt! Sie sind herzlich willkommen.

Ich bin auf die Reaktion gespannt.

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Bild: © Nicolai Steinkamp / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

9 Antworten auf Rosenkrieg zwischen Görlitz und Weißwasser

  1. 1
    Bernd says:

    Für das AG und den dortigen Sachbearbeiter/Rechtspfleger gilt § 274 StGB nicht?

  2. 2
    asca says:

    Ich erkenne irgendwie noch nicht die nötige Absicht des AG den anderen Prozessbeteiligten Schaden zuzufügen, was eine Voraussetzung für § 274 StGB ist.

    Kann mir wer da auf die Sprünge helfen?

    • Das zu erkennen ist auch nicht Ihre Aufgabe, sondern die eines Richters. Und bis der soweit ist, urteilen zu können, ermitteln erstmal Polizeibeamte und (Ober-)Staatsanwälte. crh
  3. 3
    Simon says:

    Mir (als Laie) fällt spontan der § 133 StGB ein …

  4. 4
    egal says:

    >Für das AG und den dortigen Sachbearbeiter/Rechtspfleger gilt § 274 StGB nicht?

    Wüsste nicht was ein Rechtspfleger bisher mit der Sache zu tun haben sollte.

  5. 5
    Bernd says:

    @egal
    Egal, dann halt die Mainzelmännchen, gute Feen und andere Ellenbogenschonerträger im AG.

  6. 6
    riag (kein Jurist) says:

    Das scheinen beste Voraussetzungen zu sein, um frei nach Helmut Kohl die Verjährungsfristen gemütlich auszusitzen. Je nachdem wie gelassen die Mandantin dem Verfahren gegenübersteht.

    Viel spannender als Ihr (ausgedachtes) Schreiben, wäre die Antwort der Staatsanwältin darauf.

  7. 7
    Der wahre T1000 says:

    Ups. Wieder was dazugelernt. Ich bin vermutlich ein fieser Straftäter. Nach §274 Abs.3 StGB, der mir bisher völlig unbekannt war, ist mein Leben ruiniert.

    Mein Nachbar, also der 3km weiter, ein Totalidiot, hat von einem Vermesser einen Pfahl (Alu-Dreikant) an der Ecke/Grenze seines Ackers einrammen lassen.
    Weil ich keine Lust auf ständige Diskussionen wegen Zweigen meines Grenzgestrüpps hatte, was manchmal 20-30 cm auf seinen (etliche Hektar großen) Acker ragt, habe ich das Stöckchen eine Handbreit versetzt. Seitdem ist er zufrieden und ich auch.
    Aber ich habe wohl ein „Merkmal“ „verrückt“ und mein Grundstück vermeintlich um ein paar Quadratmeter zu seinen Lasten größer gemacht.

    Hätte ich die Strafnorm vorher gekannt, wäre mir das nicht passiert. Verdammt aber auch: als Bürger sollte man wirklich alle Gesetze perfekt kennen!

    Und nun? Scheiße! Was tun? Herr Hoenig, werden Sie mich verteidigen, wenn es notwendig ist?

  8. 8
    Silke_ says:

    Tja, das ist eben ein weiter Weg zwischen Weißwasser und Görlitz….. Und die vielen Kohletagebaue da in der Gegend… Da ist kein Durchkommen!
    da muss man schon mal groooosse Umwege fahren. Und deshalb dauert das eben soooo lange mit dem Akten-Transport von WSW nach Görlitz. Da wird ja schließlich alles noch mit dem Trabbi durch die Gegend gefahren. das kann schon mal dauern…..
    immer diese ungeduldigen Wessis…

  9. 9

    Was macht die Klage gegen Herrn Hoenig, Silke?