Schnarchnasen bei der Fluglinie

Beim Studium einer Ermittlungsakte bin ich auf die Hintergründe für den kläglichen Untergang einer bekannten Fluglinie gestoßen.

Im Jahr 2012 – also zu einer Zeit, in der die Passagiere beim Verlassen des Fliegers für ihr Durchhaltevermögen an Bord mit einem Schokoladenherz belohnt wurden – konnte man im Internet Luftbeförderungsansprüche von der Fluggesellschaft erwerben, also Flugtickets kaufen.

Zum Beispiel am 26.03.2012 von München nach Arabien und zurück, für 4 Personen, zum Preis von rund 15.000 Euro.

Zur Bezahlung konnte man der Gesellschaft eine Lastschriftermächtigung erteilen, mit der der Flugpreis vom Konto des Bestellers abgebucht werden sollte.

Am 27.03.2012 übermittelte die Fluggesellschaft die Lastschrift an die Bank ihres Kunden.

Bereits am 02.04.2012 stornierte der Kunde den Flug. Vereinbarungsgemäß erstattete die Fluggesellschaft ihrem Kunden den Flugpreis und überwies ihm den Betrag in Höhe von 15.000 Euro, und zwar am 04.04.2012.

Da es sich bei dem Konto, für das der Kunde die Lastschrift erteilt hatte, um ein Sparkonto handelte, konnte die Abbuchung nicht erfolgen. Die Lastschrift ging am 30.03.2012 zurück.

Wenn man sich die Geschichte anschaut, könnte man denken, das kann mal passieren. Einmal und aber nicht noch einmal.

Anders bei dieser Fluggesellschaft: Hier hat das insgesamt 15 Mal geklappt, weitere 3 Mal knapp nicht mehr. Dabei sind runde 160.000 Euro über die Theke am Ticketschalter gegangen.

Und wie ist die Sache aufgeflogen? Durch einen aufgeweckten Mitarbeiter der Fluglinie?

Nein. Sondern durch eine Geldwäscheverdachtsanzeige der Bank, auf der die Gutschriften eingingen. Der Kunde hatte die Beträge unmittelbar nach deren Eingang auf dem Konto wieder abgehoben. Das ist verdächtig.

Hätte die Bank das nicht mitgeteilt, hätte es sicher noch eine ganze Weile gedauert, bis irgendwelche Schnachnasen bei der Fluglinie aufgewacht wären. Und das, obwohl bei der Buchung jeweils dasselbe Konto, dieselbe Rufnummer und dieselbe eMail-Adresse angegeben wurde.

Verstehen kann man das nicht.

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Bild: © Arkadius Neumann / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht.

14 Antworten auf Schnarchnasen bei der Fluglinie

  1. 1
    Barney says:

    Wo lag also der Fehler?

    Die Rückbuchung des Geldes an den Kunden ging nach dessen Stornierung schnell, die Kenntnisnahme über die nicht eingelöste Lastschrift dauerte zu lange oder wurde nicht mit der Lastschriftrückgabe verknüpft.

    Interessante Konstellation.

    • Vorsicht! Der Trick funktioniert heute nicht mehr. ;-) crh
  2. 2
    Matthiasausk says:

    interessantes Detail für ein Insolvenzverfahren?

    • Nope. Aber die Schnarcherei muß bei der Festlegung des Strafmaßes für den Kunden berücksichtigt werden. crh
  3. 3
    Kai says:

    Wäre ich Anwalt, würde ich ja mal dreist fragen, wo denn die „Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen“ ist.

    • Die Frage ist nicht dreist, sondern nicht ganz unberechtigt, wenn man die Kenntnis der Tatbestandsvoraussetzungen verlangt. Ich würde sie umformulieren wollen: Wer (oder was) ist denn hier getäuscht worden? Dort liegt der Hund begraben. crh
  4. 4
    Lab says:

    Vorspiegelung falscher Tatsachen: von der angegebenen Kontonummer kannst du dir, liebe Fluggesellschaft, die 15.000 Euro abbuchen.

    Unterdrückung wahrer Tatsachen: Liebe Fluggesellschaft, man kann gar kein Geld abbuchen, da es sich um ein Sparkonto handelt.

  5. 5
    RA Ullrich says:

    @ Lab: Richtig. Das setzt allerdings voraus, dass der Kunde schon bei Buchung des Fluges wusste, dass das mit dem Sparkonto so nicht funktionieren wird (und dass der Fluggesellschaft bei so etwas überhaupt erstmal Geld gutgeschrieben wird und nicht sofort die Meldung kommt, dass ein Lastschrifteinzug nicht möglich ist) und er von vorneherein vorhatte, den Flug zu stornieren um die Rückzahlung doppelt zu kassieren. Das dürfte kein Problem sein bei jemand, der die Masche mehrfach durchzieht. Bei einer ersten einzelnen Tat hingegen könnte es schwierig werden. Vielleicht wollte der Kunde ja ursprünglich tatsächlich nach Arabien fliegen, war geschäftlich so unerfahren, dass er nicht wusste, das Lastschrift vom Sparkonto nicht funktioniert (oder hat die Nummern seines Girokontos und seines Sparkontos verwechselt), hat dann ganz normal storniert weil er sich das mit dem Flug aus irgendwelchen Gründen anders überlegt hat und sich dann lediglich im Nachhinein über den unerwarteten Geldsegen gefreut. Dann gibt es nämlich in der Tat keine Täuschung, der Betrag ist rechtmäßig auf seinem Konto verbucht (unbeschadet des Rückzahlungsanspruchs der Fluggesellschaft) und er täuscht niemanden, wenn er jetzt das Konto abräumt und das Geld schnell verprasst.

  6. 6
    hugo says:

    absolut legendäres symbolfoto zum beitrag

  7. 7
    Andreas says:

    @1 Barney: Nein, das sehe ich nicht als den Fehler.

    Wenn ich eine Lastschrift am 27.03.2012 einreiche (anders als im Beitrag behauptet natürlich bei meiner eigenen Bank, nicht der des Kunden), ist die Rücklastschrift am 30.03.2012 nicht wirklich ungewöhnlich. Dass die Bearbeitung erst am nächsten Bankarbeitstag erfolgt (der 30.03.2012 war ein Freitag), finde ich auch ziemlich normal. Womöglich hat die Bank des Kunden die Rücklastschrift auch am 30.03.2012 veranlasst, sie wurde bei der Bank der Fluglinie aber erst am 02.04.2012 gebucht.

    Nun hat sich bei der Stornierung die Rücklastschrift mit der Auskehrung des Guthabens, von dem die Fluglinie ausgehen durfte, überschnitten, zumindest im internen Zahlungslauf. Bis hierhin ist es eigentlich nur guter Service, den Kunden nicht unnötig auf sein Geld warten zu lassen. Die Mehrzahl der Kunden sind schließlich keine Kriminellen.

    Die Fehler beginnen danach. Wie schafft man es, einen Kunden in Kenntnis von Name (auch der Familienmitglieder), Telefonnummer, E-Mail und Bankverbindung bei einer erneuten Buchung nicht wiederzuerkennen? Noch dazu wenn man seine Kundschaft derartig werblich „ausschlachtet“, wie es die Fluglinie getan hat.

  8. 8
    WPR_bei_WBS says:

    Da weiss ich auch nicht, ob man lachen oder weinen soll. Gut, dass mit den gleichen Daten das Spiel mehr als einmal durchgezogen werden konnte, ist zum (aus)lachen.

    Dass aber das eigentlich lobesnwerte Verhalten, das Geld sofort zurueck zu ueberweisen (und nicht mit zum Eingang aus der Lastschrift zu warten) ausgenutzt wird ist eher zum weinen. Im Ergebnis wird das vermutlich (allgemein, dieser Fluggesellschaft kanns ja jetzt egal sein) die Moeglichkeiten von Zahlung per Lastschrift erheblich einschraenken.

    Vielleicht gibts Banking-Experten hier: Wie sehen denn die Kosten aus, wenn ich als einziehendes Unternehmen den Einzug aktiv storniere? Fallen da die gleichen Bearbeitungsgebuehren an wie wenn der (angebliche) Schuldner bei seiner Bank die Ruecklastschrift einreicht?

  9. 9
    Börni says:

    @ Andreas

    Sie wollen also nur eine zusätzliche Prüfung installieren, die prüft, ob ein Kunde mehr als einmal Geld überwiesen bekommen hat, dass er vorher nicht an die Airline gezahlt hat. Versteh ich Sie da richtig? Weil vorher wurden ja laut ihrer Aussage keine Fehler gemacht

  10. 10
    Andreas says:

    @9 Börni

    Nein, da verstehen Sie mich nicht richtig.

    Der hauptsächliche und erste Fehler liegt darin, dass die AB es nicht geschafft hat, die weiteren Flugbuchungen dem selben Debitorenkonto zuzuordnen, über das auch die erste Buchung abgelaufen ist. Dieses Konto war nämlich durch den ersten Flug mit 15.000 im Soll und selbst wenn der erste Vorgang (vorübergehend) niemandem aufgefallen wäre, hätte es beim zweiten Versuch nach dem Storno dort kein Haben gegeben, das man hätte ausgleichen können.

    Auch weitere Ansätze, diese Masche automatisiert zu stoppen (und das ist das Ziel, wenn sie keinen Tante-Emma-Laden führen), sind schwierig, falls Sie den Kunden nicht wiedererkennen.

    Ich sehe keine Möglichkeit, diese Art des Betrugs von Anfang an zu unterbinden. Im Jahr 2012 betrug die Frist für die Lastschriftrückgabe zwischen Banken noch 6 Wochen (heute wären es in diesem Fall nur noch zwei Geschäftstage), aber der Kunde könnte der Lastschrift ja auch einfach so widersprechen. Wenn er das TIming so hinbekommt, dass es sich mit der Erstattung überschneidet, entsteht der Effekt, der hier ausgenutzt wurde.

    Falls Sie Ideen haben, wie der Betrug bereits zum Zeitpunkt der Erstattung zu verhindern gewesen wäre: Ich lerne gerne dazu.

  11. 11
    Berlin Fan says:

    Betrug ist Niemals gut. Allerdings trifft es hier einmal die richtigen. AB & Hunold Co. haben so viele Menschen betrogen und keinen Menschen interessiert es.
    Leider sind wie immer nur die Mittarbeiter die Dummen …

  12. 12
    Roadrunner says:

    @WPR_bei_WBS

    Das ist so eigentlich nicht vorgesehen, man könnte allenfalls die Lastschrift gar nicht erst beim Aquirerer einreichen, dann entstehen natürlich überhaupt keine Kosten (abgesehen vom internen Verwaltungsaufwand). Im Nachgang sollte die Airline natürlich das Ticket stornieren, dann dürfte sich der Schaden in sehr überschaubaren Grenzen halten.

    Das ist allerdings genau das Problem des SEPA-ELV: es gibt einfach keine brauchbare Absicherung gegen missbräuchliche Verwendung von Lastschriften. Zwar existiert eine Datenbank (nennt sich Kuno), die nicht vertrauenswürdige IBANs abgleicht, diese Datenbank ist aber in erster Linie eine Sperrdatenbank und wird nur sehr zögerlich aktualisiert, das kann Wochen dauern bis man dort landet, außerdem funktioniert das ohnehin nur national.

    Deshalb sind gerade die Einzelhändler dazu übergegangen die Lastschriftbedingungen so zu formulieren, dass geplatzte Lastschriften gleich mal ordentliche Gebühren abwerfen, 2x 30-40€ und ggf. zzgl. Inkassogebühren sind da nicht ungewöhnlich. Entsprechend sind gerade bei kleineren Beträgen geplatzte Lastschriften ein willkommener Zusatzverdienst für viele Händler.

    Anders würde es auch gar keinen Sinn machen in der heutigen Zeit dieses völlig antiquierte, sperrige und nicht-garantierte Zahlungsmittel überhaupt noch anzubieten, im Fernabsatz schon zehn mal nicht.

  13. 13
    HugoHabicht says:

    Eine Runde Victim Blaming im Unternehmensbereich, warum auch nicht.

    Um prüfen zu können, wie dumm die Fluglinie wirklich war, müsste man sich mit solchen Fragen, wie „Datenschutz“ beschäftigen. Den gab es auch vor Einführung der DSGVO schon und Großunternehmen mit betrieblichem Datenschutzbeauftragen, haben sich gelegentlich sogar daran gehalten. Die Einrichtung von „schwarzen Listen“ u.ä, ist unter diesen Bedingungen oftmals nicht trivial.

  14. 14
    Antagonist says:

    Es gibt schon nen Unterschied ob man jemanden auf eine schwarze Liste setzt, oder feststellt dass das Kundenkonto im Minus ist wie von Andreas vorgeschlagen.