Es ist aber auch manchmal ein Kreuz mit dem Gedächtnis. Nicht nur die Insassen von Seniorenwohnheimen sind manchmal vergeßlich, sondern auch Richterinnen.
Allerdings müssen hochbetagte Rollatorenpiloten keine Urteile mehr schreiben; insofern ist es nicht so schlimm mit dem nachlassenden Erinnerungsvermögen.
Kritisch wird es jedoch, wenn von der mentalen Speicherkapazität einer Richterin das Wohl und Wehe eines ihr anvertrauten Angeklagten abhängt.
Es war ja auch nicht viel, was sie vergessen hatte. Da kann man ja mal nachfragen, ob sich nicht jemand anderes an das fehlende Wort erinnert. Und wer eignet sich da am besten für eine solche Nachfrage? Richtig: Die Staatsanwältin wird es richten:
Das war die Richterin, die mich dafür gerüffelt hat, daß ich den Angeklagten (den ich seit mehreren Jahrzehnten kannte) und die Zeugin (die einige Zeit für mich gearbeitet hatte) nicht Siezen wollte. Dies scheint bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben.
Für die Staatsanwältin hat diese Charakterisierung ausgereicht. Und selbstverständlich erinnerte sie sich, daß die Zeugin *nicht* dazu beigetragen hat, die Anklagevorwürfe zu entkräften.
Es ist doch schön, wenn man sich gut versteht, nicht wahr? Und sich gegenseitig bei der Schaffung der Verurteilungsvoraussetzungen unterstützt …
Dusselig ist es allerdings, wenn man dann vergißt, diese informelle Verurteilungsvoraussetzungsbeschaffung wieder aus der Akte zu nehmen. Kann man ja schonmal vergessen sowas …
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Überschrift nach einem Zitat von Rainer Kohlmayer (*1940), Professor für Interkulturelle Germanistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Witzig, ich hatte ohne Kenntnis des Sachverhalts spontan gedacht eine nicht erfolgte Geldübergabe sei positiv.
Also Freispruch oder Sprungrevision?
Mit der Schrift hätte sie auch Ärztin werden können. Ich jedenfalls konnte den Text erst lückenfrei entziffern, nachdem ich den Text von crh gelesen hatte und dadurch den Kontext verstand.
Hätte die Ri diese Information überhaupt aus der Akte entnehmen dürfen? Ich dachte, das was einmal in der Akte drin ist bleibt auch drin, alles andere wäre ggf sogar strafbar.
Ich frage mich auch, warum die Ri mit ihrer „befreundeten“ StÄ per Zettel kommuniziert. Haben die kein Telefon für solche Rückfragen? Oder wie oft passiert so eine „Schaffung der Verurteilungsvorraussetzungen“ (nette Formulierung), bei denen dem Verteidiger kein solches Schriftstück in die Hand fällt..?
Berlin.
Auch im offenbar nciht telefonversorgten Berlin könnte man per nichtaktenrelevantem Zettel einen Termin in der Kantine beim Mitagessen ausmachen und das in aller Ruhe besprechen.
Jedenfalls immer ungeschickt, Spuren zu hinterlassen. .
Und da wären wir bei dem, was ich seit jeher als großes Problem sehe: Dass beim Landgericht in Strafsachen grundsätzlich kein Wortprotokoll geführt wird…
Wenn die Aussage aber so relevant ist, wie die Vorsitzende hier offenbar meint, stellt sich mir schon die Frage, weshalb dann nicht gem. § 273 Abs. 3 StPO von Amts wegen verfahren wurde bzw. weshalb der Verteidiger nicht den dort vorgesehenen Antrag gestellt hat.
Immerhin scheint die Beantwortung der Frage, ob nun eine Geldübergabe stattgefunden hat oder nicht, ja doch relativ entscheidungserheblich zu sein.
@Pit
Scheint ja nicht auf einen genauen Wortlaut o. Ä. kompliziertes anzukommen, sondern eher ein schlichtes „Ja / Nein“ . Die Frage für mich eher: Wenn die Richterin bei solch offenbar wichtigen wie zugleich simplen Zeugenaussagen die Kernaussage vergisst, was hat sie wohl bei den komplizierten Dingen vergessen?
Einem Antrag auf wörtliche Protokollierung ist nur stattzugeben, wenn es auf den genauen Wortlaut der Aussage ankommt, nicht bloß auf den sinngemäßen Inhalt. Wird von den meisten Gerichten sehr zurückhaltend gehandhabt, ist gerade keine Grundlage dafür, beim Landgericht das Inhaltsprotokoll durch die Hintertür durchzusetzen. Allerdings macht sich ein sorgfältiger Richter selbst Notizen.
Eine dritte Person außerhalb einer Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung zu fragen, was eine Zeugin in der Verhandlung gesagt hat, ist natürlich unzulässig und wenn es auch noch dokumentiert ist eine Steilvorlage für die Inbegriffsrüge in der Revision (Richter schöpft sein Wissen für die Urteilsfindung nicht aus der Hauptverhandlung selbst).
„Herzliche Grüße und einen tollen Start in das Jahr 2013“
Man könnte unterstellen, das der Drops hier schon gelutscht ist.
Wobei … wenn man sich den vorherigen Blogbeitrag durchliest scheint der Fall ja noch vergleichsweise aktuell zu sein.
Müsste doch eigentlich „Sprungrevision“ bedeuten, oder?
Schließlich hatte in diesem Fall nicht die Angeklagte das letzte Wort, sondern die Staatsanwältin.
@K75 S
> Man könnte unterstellen, das der Drops hier schon gelutscht ist.
Man könnte unterstellen, dass genau deshalb auch jetzt darüber (erst) ein Blogeintrag erschienen ist.
Ein Gerichtsverfahren ist ja kein Fussballspiel, bei dem man die „sportliche Natur“ dadurch erhalten muss, dass nicht zu viel Präzision reinkommt.
Der einzige Grund gegen Audioaufzeichnungen und Wortprotokolle kann ja nur sein, die Arbeit der Richter der Kontrolle ein Stück weit zu entziehen.
Nur am Rande: schülerhaftes Schriftbild, schülerhafte Ausdrucksweise und mädchenfreundschaftsartige Anrede würde man eher von einem Kuchenrezeptaustausch junger Damen nach einem Kaffeekränzchen erwarten. Der Mangel an professioneller Distanz von Richterin und Staatsanwältin machen Angst. Ist das ein Gericht oder ein Kaspertheater?