Zeuge einer Unfallflucht vom Gartenfest

Sonne satt, Sonntagnachmittag und blühende Gärten in den offenen Höfen von Rixdorf. Es gab Erstaunliches zu entdecken. Hinter grobschlächtigen, verwitterten Scheunentoren versteckten sich stylisch eingerichtete, großzügige Wohnungen und viel buntes Kraut.

Entsprechend groß war der Andrang an Besuchern und eng der begrenzt vorhandene Parkraum. Ein SUV mit zwei Kindersitzen auf der Rückbank hatte Mühe, aus dem Gewusel herauszukommen. Irgendwie schien der Car-Sharing-Mini bei dem Ausparkmanöver zu stören. Es kam zum unfreundlichen Kontakt zwischen dem Zweieinhalbtonner und dem Kleinwagen, der sich ob des nachhaltigen Eindrucks nahe der C-Säule heftig schüttelte.

Die SUV-Pilotin ließ lässig die Seitenscheibe herab, schaute kurz in Richtung des Ergebnisses ihrer Fahrversuche und schaffte es dann, ohne erneut irgendwo anzudozzeln, das böhmische Dorf zu verlassen.

Soweit, so gut. Aber jetzt stellt sich die Frage, was der Zeuge dieser Straftat – Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB – zu tun hat.

Was empfiehlt der erfahrene Blogleser dem Gartenfestbesucher?


     

 

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Ich gebe zu bedenken, daß es mit der Anzeige bei der Polizei nicht getan sein könnte. Wenn sich die verratene ermittelte SUV-Fahrerin auf die Hinterbeine stellt, wird es ziemlich sicher zu (mindestens) einer Gerichtsverhandlung kommen, zu der der Zeuge (mindestens) eine unhöflich formulierte Einladung erhalten wird. Nachdem er bereits im Ermittlungsverfahren keinen Kaffee auf der Polizeidienststelle angeboten bekommen hat.

Noch ein Hilfsgedanke:
Wie wäre zu entscheiden, wenn es kein Car-Sharing-Fahrzeug, sondern ein liebevoll gepflegter historischer Zweisitzer gewesen wäre? Oder die umgekehrte Konstellation: Der Öko-Fuzzi mit dem To-Go-Smart gegen die im Halteverbot parkende Mercedes-Benz GL-Klasse?

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Bild: © M. Großmann / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Neukölln, Verkehrs-Strafrecht, Zeugen veröffentlicht.

25 Antworten auf Zeuge einer Unfallflucht vom Gartenfest

  1. 1
    Johannes says:

    Ist doch völlig egal, was für ein Auto gedozzt hat und welches Auto gedozzt wurde.

    Werde ich Zeuge einer Straftat wird, hat mMn die Pflicht, moralisch wie gesetzlich, alles in seiner Macht stehende zu tun, bei der Aufklärung zu helfen.

    Auch wenn das bedeutet, dass man sich einen „schönen“ Nachmittag und späteren Vor- oder Nachmittag mit den Herren in Blau/Grün und Schwarz machen muss.

  2. 2
    LR says:

    Da es keine Rechrspflicht zum Handeln gibt, kann es nur auf moralische Erwägungen ankommen. Und da spielt schon hinein, ob bloß das Großkapital marginal geschädigt ist, oder ob es sich um die Verletzung von Rechten Privater handelt oder gar von Kulturgütern historischen Werts ;-)

  3. 3
    Thorsten says:

    Irgendeine Omma oder ein Oppa in der Nachbarschaft sieht es immer, zückt das Handy und holt die Uniformierten. In Hessen muss er meistens nicht aufs Revier. Er wird vor Ort vernommen und bekommt danach noch einen Zeugenfragebogen.

  4. 4
    Zypri says:

    Wer Fahrerflucht begeht ist immer ein Arschloch. Also anzeigen. Moralisch gibt‘s da für mich nichts zu überlegen.

  5. 5
    Pfanni says:

    Da fehlt eine 3. Option: Photos machen, in Ruhe Kuchen essen und später Anzeige erstatten / Zeugenaussage machen.

  6. 6
    Zielfahnder Krawuttke says:

    Anzeigen, weil § 258 StGB durch Unterlassen bei Garantenpflicht zwar (-), aber der Rechtsanwalt = Organ der Rechtspflege –> nur ein unwesentliches Minus zur Garantenpflicht. Auf die Moralfrage kommt es mE gar nicht an.

  7. 7
    Phil says:

    Ich würde es wie #5 halten. Nur zusätzlich schnell ein Gedächtnisprotokoll mit allen von mir erkannten Details insbesondere auch zur Fahrerin ins Handy aufschreiben/diktieren.

    Gerade auch wenn das Ding „nur“ ein Car-Sharing Modell war. Irgendwer hat dann nämlich den Trouble, das mit dem Unternehmen klären zu müssen.

  8. 8
    Andreas says:

    Anektdote: Anruf bei der Polizeit, das angenehme Verbringen der Zeit dann mit Termin im Präsidium.

  9. 9
    Johannes B. says:

    Unabhängig von der Konstellation halte ich eine Information an die Polizei für angebracht – ich finde, nach einem Unfall abzuhauen einfach das Letzte. Alle sind versichert, man ist nur zu bequem und scheuen die Konsequenzen, weil es scheinbar leicht geht.
    Wenn man mein Auto beschädigt , würde ich mir auch wünschen, wenn jemand mithilft, dass mein Schaden vom Verursacher reguliert wird.

    Als Nichtjurist: ist es denn zwingend erforderlich, dassTermine auf einer Wache zu folgen bzw warum soll das nicht auch schriftlich gehen? Liegt das denn nur im Ermessen der Polizei oder kann man da auch freundlich auf Alternativen hinweisen?

  10. 10
    Matthiasausk says:

    Kurze Mitteilung an den in diesem Fall wohl klar erkennbaren Eigentümer, daß man was gesehen hat, was dem Eigentümer helfen könnte.

  11. 11
    Bernd says:

    Es fehlt der Punkt die Carsharing-Firma anzurufen, das Kennzeichen, sowie weitere Eckdaten zu hinterlassen und seinen Kuchen weiter zu essen.

  12. 12
    asca says:

    Noch ein Hilfsgedanke:
    Wie wäre zu entscheiden, wenn es kein Car-Sharing-Fahrzeug und auch kein liebevoll gepflegter historischer Zweisitzer, sondern eine grün-weiße Kanzlei-Wanne gewesen wäre? ;-)

    Ich wähle auch meist Option 3:
    Erstmal für sich selbst notieren (könnte man später ja ggf. noch selbst gebrauchen) und dann Anzeige halt online, per eMail, …
    Option 2 sowieso nicht, weil ich keine Kirschen mag.

    Aber die Frage ist ja, was der Zeuge zu tun hat. Und da lese ich § 142 StGB, dass dieser genauso auch für Zeugen gilt. Solange der Kuchen ja noch in der Nähe gegessen wird, passt es ja eigentlich auch noch und Option 3 ist ja nach § 142 Abs. 3 Satz 1 StGB explizit erlaubt.
    Gibt hier ja nun wirklich kein Grund, wieso man umgehend seine Daten geben muss, denn aufgeklärt werden kann es ja genausogut auch, wenn man’s später macht.

  13. 13
    frranz says:

    was LR says, am 1. Juni 2018 um 06:46 Uhr ist für mich Gesetz:
    „Da es keine Rechrspflicht zum Handeln gibt, kann es nur auf moralische Erwägungen ankommen. Und da spielt schon hinein, ob bloß das Großkapital marginal geschädigt ist, oder ob es sich um die Verletzung von Rechten Privater handelt oder gar von Kulturgütern historischen Werts ;-)“
    oder: Das Kantsche Imperativ regelt solche Angelegenheiten ganz klar. Die konkrete Umsetzung darf unterschiedlich ausfallen, as LR says…

  14. 14
    Andreas says:

    @ asca (12): Wo genau in § 142 StGB lesen Sie, dass dieser für Zeugen gilt? Oder unterstellen Sie, dass der Zeuge die arme Frau Rambazamba in ihrem Stadtpanzer so lange böse angeschaut hat, bis diese gar nicht mehr anders konnte?

    Für mich wird das (ohne jegliche Rechtspflicht) eine Nachricht an den Geschädigten. Sonntag arbeitet dort sowieso niemand, also kann ich in Ruhe meinen Kuchen futtern.

    Dann hoffe ich, dass die das mit dem Unfallverursacher ohne Polizei geregelt bekommen. Schlägt das fehl, hoffe ich, dass Polizei und später vielleicht auch Justiz mit ihrem wichtigsten Beweismittel pfleglich umgehen. Das soll nämlich allen Unkenrufen zum Trotz gelegentlich doch noch vorkommen …

  15. 15
    Airfix says:

    Da spielen auch persönliche Befindlichkeiten eine Rolle. Dicker SUV, Fahrerin, nicht mal aussteigen und Nummer hinterlassen. Es ist diese „Na und?“ Haltung. Ergo: Notizen machen und die Car sharing bude anrufen.

  16. 16
    Stefan says:

    Angesichts 700 km entfernung zum eigenen Wohnort und des entsprechenden Aufwandes im Fall der Fälle würde ich mich mich für denStreusel-Kirschkuchen entscheiden.
    Hatte einstmals das zweifelhafte Vergnügen den Zeugen geben zu müssen und bin auf meinen Kosten in Zeit Geld und Nerven im Wesentlichen sitzengeblieben.

  17. 17
    Christopher says:

    Vor ein paar Jahren hat ein älterer Herr nicht, ganz nüchtern, meinen Roller am Straßenrand angefahren und zerstört. Dann hätte er wohl ab. Ich wurde darüber von der Polizei informiert, die den Kerl Dank eines Zeugen kurz darauf fand und mitnahm. Schaden war so um die 1200€ was für mich damals ein Vermögen war.

  18. 18
    DonJon says:

    Ganz ehrlich: Bei anderen kleineren Delikten ohne Schaden für Dritte – Streuselkuchen.

    Ein Anderer fährt bei rot rüber und dabei wird keiner verletzt? Kurz privat meckern, sich besser als der Andere fühlen und dann – egal…

    Aber:

    Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – und dann noch so offensichtlich vorsätzlich (völlig egal, was für ein Auto der Täter fährt) – ist m.E mit eine der miesesten Sachen, die man machen kann.

    Ich meine – mal abgesehen von der Höherstufung (oh Gott was für ein Schaden…) und dem Zeitaufwand und möglichem unsachlichen hysterischem Gekeife des Geschädigten – was verliert man denn, wenn man dableibt? Für den wesentlichen Schaden ist doch die Haftpflicht zuständig.

    Und im Gegenzug: Ohne bekannten Gegner und Kasko sieht man als Geschädigter u.U. ganz schön alt aus.

    Also hier für mich ganz eindeutig: Aufschreiben, melden, notfalls Zeuge sein (was du nicht willst, dass man dir tu‘ usw.)

    Und am Rande: Dass – zivilrechtlich – tatsächlich eine Vernehmung als Zeuge erfolgt, hab ich in Verfahren zwischen Geschädigtem und Haftpflicht/Fahrer noch nie erlebt. Soweit die außergerichtlichen Angaben des Zeugen nachvollziehbar sind (oder ein unfallanalytisches Gutachten dessen Angaben bestätigt), zahlt die Haftpflicht (dem Grunde nach) und nimmt dann den Verantwortlichen (bei Car-Sharing unproblematisch festzustellen) in Regress (noch ein Grund, nicht einfach so wegzufahren…).

    Gut, das ist die zivilrechtliche Seite…

    Und die gibts bei unerlaubtem Entfernen halt nicht ohne die strafrechtliche Seite – in den „sauren Apfel“ würde ich dann als Zeuge eben beißen, wenn’s nicht anders geht.

  19. 19
    mog0 says:

    >>>zahlt die Haftpflicht (dem Grunde nach) und nimmt dann den Verantwortlichen (bei Car-Sharing unproblematisch festzustellen) in Regress <<<

    Das Carsharing-Auto war aber das angebollerte.

  20. 20
    WPR_bei_WBS says:

    Ich antworte auf dieses Dilemma ganz einfach mit dem Kantschen Imperativ.

    Oder wir mein Großvater sagen würde: „Was Du nicht willst das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu.“
    (Und eine Anmerkung meinerseits: Etwas zu unterlassen kann man auch als „tun“ in diesem Zusammenhang sehen.)

  21. 21
    Oberlehrer says:

    Dass es nach wie vor Asoziale gibt, ist ja völlig klar. Aber scheinbar gleich so viele, das erstaunt doch wieder.

  22. 22
    Pit says:

    Lange her, eine junge Frau rangiert mit ihrem 5er BMW derart heftig, dass sie das getroffene, hinter ihr stehende Fahrzeug um gute zwei Meter versetzt. Schaden an beiden Fahrzeugen erheblich.

    Ich schaue sie an, sehe wie sie aus dem Fenster nach hinten schaut, sich alles schön schaut. Bin inzwischen an ihrem Seitenfenster angekommen, wollte irgendwas sagen wie: Naja, rufen wir halt die Polizei. Sehe, wie sie in der Gangschaltung „D“ auswählt, sag noch zu ihr: Würd ich ja lassen. Sie schaut mich an: Fick Dich doch. Fährt los.

    Polizei geholt – nicht nur die Unfallflucht angezeigt, sondern auch die Beleidigung. Erst Ladung zur Polizei, mit Lichtbildvorlage. Die war aber so hübsch und ich hab ihr so tief in die Augen geschaut, dass ich keinen Zweifel hatte.

    Halbes Jahr später die Ladung ins schöne AG Tiergarten. Plötzlich war sie so kleinlaut. Brachte ihr nichts, sie war fortan einige Zeit Fußgängerin und teuer wurde es obendrein.

    Ganz klar: Wer einem anderen ins Auto fährt, das bemerkt und trotzdem abhaut, obwohl das in der Regel ein kurzes, schmerzloses Ding mit dem Versicherer wird, hat verdient, angezeigt zu werden und einige Zeit Fußgänger zu sein. Unabhängig welche Fahrzeuge beteiligt sind. Da ist mir die Zeit als Zeuge, für die ich schließlich entschädigt werde und die mir so letztlich der Verurteilte zahlen darf, reichlich egal. Die investiere ich gerne.

  23. 23
    RAUllrich says:

    Grundsätzlich würde ich in so einem Fall Anzeige erstatten oder zumindest dem Fahrer des geschädigten Autos – falls der denn demnächst zurückkommt – sagen, was ich gesehen habe und mich als Zeuge zur Verfügung stellen. Es ist zwar potentiell mit Unannehmlichkeiten verbunden, aber wenn mir jemand so einen Schaden verursacht hätte, wäre ich auch dankbar, wenn mir jemand hilft, den Schädiger zu erwischen.

    Eine Rechtspflicht besteht allerdings in der Tat nicht, die allgemeine Pflicht zur Zeugenaussage beinhaltet nicht die Pflicht, sich ungefragt als Zeuge zu melden. Auch Unfallbeteiligter im Sinne des § 142 StGB ist ein bloßer Zuschauer nicht, unfallbeteiligt sind nur die Personen, deren Verhalten den Umständen nach für den Unfall mitursächlich gewesen sein kann.

  24. 24
    tapirat says:

    Hm. Gleich mal Popcorn für den Fall bereitstellen, dass der hiesigen öffentlichkeitswirksamen Schilderung eine Ladung als Zeuge folgt.

    Unstrittig besteht keine Melde- und Anzeigepflicht, allerdings wäre ich seinerzeit froh gewesen, hätte mir ein Zeuge die Selbstbeteiligung erspart.

    Wird die Wanne eigentlich stets in der Nähe guter Bäcker abgestellt?

  25. 25
    Südlurker says:

    Pragmatische Lösung: Zettel und Stift nehmen, Nummer des Chelsea Tractors[1] draufschreiben, an den Scheibenwischer klemmen, Kuchen weiter essen.
    Dann können sich der Geschädigte und die Rennleitung damit herumschlagen. Der Beweis, wer Unfallgegner war, sollte über die Lackspuren mit überschaubarem Aufwand zu führen sein.

    [1] https://www.macmillandictionary.com/buzzword/entries/chelsea-tractor.html