Ein schönes Beispiel dafür, wie es um die Berliner Strafjustiz bestellt ist, landete gestern in unserem Briefpost-Eingang:
Kurz zum bisherigen Verfahrensgang:
- Vorfallszeit: 2004
- Anklage: 2010
- Eröffung vor dem Amtsgericht: 03/2011
- Beginn der Verhandlung: 05/2011
- Hauptverhandlungstermine: 9
- Urteil mit mäßig hoher Geldstrafe: 12/2012
Gegen das Urteil hat die Verteidigung Berufung eingelegt. Die ersten Versuche, eine Hauptverhandlung vor der Berufungskammer durchzuführen, fanden im Mai 2015 statt. Das Gericht hat zu 6 Terminen ab Mitte Dezember 2015 geladen.
Diese Termine wurden „aus dienstlichen Gründen“ Anfang Dezember 2015 aufgehoben:
Um Verständnis für diese aus Gründen der Prozessleitung notwendig gewordene Maßnahme wird gebeten.
Im April 2017 haben Verteidigung und Gericht 6 neue Termine ab Januar 2018 vereinbart, zu der wieder alle Beteiligte und 8 Zeugen geladen wurden. Im Oktober 2017 teilte das Gericht mit, es seien weitere 13 Zeugen zu den Terminen im Januar geladen worden.
Die Aufhebung dieser Termine erfolgte Mitte Januar 2018.
Im März 2018 kam die Ladung zu 3 Terminen im Dezember 2018. Vor ein paar Tagen trudelte die Abladung ein, die die oben abgebildete Belletristik enthielt.
Angeklagt sind Anfängerfehler, die ein seinerzeit junger, heute etablierter Rechtsanwalt aus Gutgläubigkeit gemacht hat. Passiert ist am Ende nichts, ein Schaden ist durch das Verhalten des Kollegen nicht entstanden. Andere damals an den Vorfällen Beteiligte haben ihre teils langjährigen Freiheitsstrafen abgesessen.
Die Staatsanwaltschaft stellte sich stets den wiederholten Vorschlägen (auch) des Gerichts entgegen, das Verfahren gegen Auflagenzahlung einzustellen.
Die (aktuell) Vorsitzende der Berufungskammer tut mir Leid. Ich werde mal recherchieren, wann mit ihrer Pensionierung gerechnet werden kann.
Wegen rechtsstaatswidriger Verzögerung dürfte ein Teil einer möglichen Strafe ohnehin hinfällig sein.
Leider business as usual an deutschen Gerichten (im Norden mehr, in Bayern weniger)
1. Gedanke: Wahnsinn, dass so was nach 14 Jahren immer noch verfolgt wird.
2. Gedanke: Deshalb ist die Justiz so überlastet?
3. Gedanke: Da will wohl eine Krähe unbedingt der anderen Krähe (Jurist) ein Auge aushacken.
1. es muß „überlassenen Terminkalender“ heißen.
2. Wenn seitens des Gerichts schon eine 153a-Einstellung im Raum steht, dürfte ein Endurteil nach so langer Zeit für den Mandanten nur positiv sein
3. Ich frage mich, an was sich Zeugen nach 15 Jahren noch erinnern…
Der Angeklagte wird zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt. Diese sind jedoch aufgrund der Privatinsolvenz nicht mehr einforderbar, da die Anwälte über diesen Zeitraum Kosten in Höhe von 100 000 Euro eingefordert haben. Gibt’s eigentlich sowas wie ein abo ?
Zudem befindet sich der Betroffene vermutlich in geschlossener psychatrischer Behandlung wegen Dauerfolter. Da wäre 1 Jahr Verwahrung vermutlich angenehmer, denn man weiß dann wenigstens wann der Spuk ein Ende hat.
Laienfrage: geht das wegen überlanger Verfahrensdauer nicht sowieso in die Hose?
> 1. es muß „überlassenen Terminkalender“ heißen.
Yeah! So dermaßen schlimm es um die Berliner Strafjustiz bestellt!1!!