Gründe dafür, dass ich relativ gern (und daher auch recht oft) in Steuerstrafsachen verteidige, liefern mir immer wieder die Finanzbeamten der Straf- und Bußgeldstellen, die mancherort auch unter dem Namen Steuerfahndung geführt werden.
Anders als bei vielen Akten, die von Kriminalbeamten und Staatsanwälten angelegt und bestückt werden, sind die Steuerstrafakten stets sauber und ordentlich aufgebaut. Sie enthalten Übersichten, Inhaltsverzeichnisse und korrekte Gliederungen. Das erleichert das Aktenstudium ungemein.
Als Beispiel für die gute Arbeit mag diese Übersicht dienen, die einem per se schon eher kurzen Schlussbericht einer Steuerfahndungsstelle aus Nordrhein-Westfalen vorangestellt ist:
Auch wenn an der einen oder anderen Stelle erhebliche Kritik an den Inhalten und Ergebnissen angebracht ist: Das, was die Steuerfahnder da zu Papier gebracht haben, ist transparent und nachvollziehbar. Und damit auch besser angreifbar.
Bei aller berufs- und aufgabenbedingten Gegensätzlichkeit der Interessen: Besten Dank für diese Arbeit, liebe Finanzbeamte.
Die Finanzverwaltung dürfte noch einer der wenigen Bereiche des deutschen Rechtsstaates sein, der reibungslos funktioniert. Genau wie Knöllchen verteilen und abkassieren.
Es gibt keine lieben Finanzbeamten.
Das Problem mit dem Finanzamt ist, dass man es kraeftig bescheissen muss, um nicht beschissen zu werden.
Wenn man naemlich eine Pruefung bekommt (mir ueber die Jahre 5x passiert), dann sitzt da jemand und sagt woertlich „ohne mein Mehrergebnis gehe ich nicht“. Oder: „das pruefe ich nicht, das setze ich fest“. Originalzitate!
Also wird an Belegen gemaekelt, Umsatz willkuerlich geschaetzt oder wegen formalen Winzigkeiten irgendwelche Ausgaben nicht anerkannt. Oder das FA hat eine „andere Rechtsauffassung“. Am Ende wird man – selbst wenn man super total korrekt war – ordentlich abgezockt. Einfach weil der Pruefer nicht ohne Geld nach Hause gehen will/kann.
Der Abzocke kann man nur dann (gerecht) entgegenwirken, wenn man selbst kraeftig manipuliert. Dann ist am Ende alles ok. Muss man nach Moeglichkeit halt nur so machen, dass kein Strafverfahren dabei herauskommt.
Und immer absichtlich irgendwas „falsch“ machen, damit der Pruefer es zu seiner Befriedigung finden kann.
Kurz: solange das FA (jedes mal!) unfair spielt, ist es nahezu eine Pflicht vorbeugende Massnahmen zu ergreifen. Nach der ersten Abzocke hatte ich es gelernt. So „erzieht“ man rechtstreue Burger natuerlich ganz prima! :-/
@T1000, in meiner Ausbildungszeit war das „normal“, dass man „Prüferfutter“ einbaute – Eigenbelege, keine Belege, falsche Belege.
Prüferfutter baut man bei Dingen ein die einen Bewertungsspielraum haben – vorzugsweise Rückstellungen. Die Diskussion darüber ist lang
und die Zeit vergeht ….
Man vermeidet aber zuverlässig Straftatbestände!
Ich dachte wer bei Strachrechtsangelegenheiten keinen Fachanwalt für Strafrecht konsultiert ist selbst schuld, steht dies nicht desöfteren hier – zumindest zwischen den Zeilen?
Weswegen also einen Fachanwalt für Strafrecht konsultieren wenn es um Steuerrecht geht? Man geht ja auch nicht mit einem gebrochenen Arm zu einem Urologen…
Ein Strafverteidiger, der in einem solchen Rechtsgebiet unterwegs ist, muss über grundlegende Kenntnisse des jeweiligen Rechtsgebiets verfügen; im Insolvenz- oder Steuerstrafrecht ist es z.B. von Vorteil, wenn der Verteidiger bspw. eine Bilanz lesen kann. Und – gaaaanz wichtig – er muss seine Grenzen kennen: Wenn seine Kompetenz nicht ausreicht, braucht er die Zusammenarbeit mit einem Buchhalter, Steuerberater, Gesellschaftsrechtler …, der ihn bei der Verteidigung unterstützt, damit er nicht selbst orientierungslos herumvagabundiert.
Übertragen heißt das: Der HNO-Arzt überweist den Patienten zum Radiologen, wenn er eine Entzündung der Nasennebenhöhlen feststellen oder ausschließen lassen will. Mit dem CT-Befund des Röntgenarztes geht es dann weiter beim Nasendoktor. crh
@ Hans Dampf
Wer bei Steuerstrafrecht sich alleine auf seinen Strafrechtler oder Steuerrechtler verlässt …. Eine gute Zusammenarbeit sollte es sein, sonst wird das nichts einfache Fälle Mal ausgenommen.
Ach, wenn der Steuerpflichtige irgendeine Angabe bei der Bewirtungsquittung o.Ä. vergessen hat, ist schon kein Vorsatz nachweisbar, so undurchschaubar wie das deutsche Steuerrecht ist. Wahlrechte bei Rückstellungen sind doch ohnehin zulässiger Bewertungsspielraum.