Das war verdammt eng

Dem Beschuldigten gefiel es wenig bis gar nicht, dass er als Angeklagter zur Hauptverhandlung geladen war. Statt pünktlich und sauber gekleidet beim Gericht zu erscheinen, ging er andere Wege. Die er im Nachhinein bitter bereut hat: Der standardmäßig eingeleiteten Auslandsfahnung folgte relativ flott die Festnahme.

Das Urteil, das zwei Monate nach seiner Auslieferung verkündet wurde, beschreibt, warum sich über seine damalige Entscheidung sehr geärgert hat.

In der Enge von 42 qm mit 9 Personen, die mit großer Sicherheit sich nicht an die üblichen Konventionen gepflegten gesellschaftlichen Zusammenlebens gehalten haben, verbringen zu müssen, ist nicht lustig.

Dass das Gericht die Zeit der Auslieferungshaft sowohl beim Strafmaß als auch bei der Anrechnung dieser Haft auf die Strafe berücksichtigt hat, tröstet den Verurteilten nicht wirklich.

Knapp 7 Monate in serbischer Auslieferungshaft zu sitzen, hätte aber auch nicht sein müssen. Wenn der Mann kompetent beraten worden wäre. Das geht auch schneller, wenn der Verteidiger weiß, an welchen Schrauben er drehen muss. Hier war jemand unterwegs, der „das bisschen Strafrecht“ mal eben nebenher macht. Nun, wenigstens ist noch knapp eine Bewährungsstrafe dabei herumgekommen.

Dieser Beitrag wurde unter Strafverteidiger, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht und mit den Begriffen verschlagwortet.

11 Antworten auf Das war verdammt eng

  1. 1
    Bernd says:

    Wenn er unter Berücksichtigung der Auslieferungshaft nun knapp eine Bewährung bekommen hat, hätte er ohne dem wohl eher eine Strafe von über 2 Jahren bekommen.

    Was war ihm lieber? 7 Monate da oder 2-3 Jahre hier.

    • Schauen Sie mal in § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB. Das Gericht hat in dem Fall, über den ich berichte, eine Anrechnung von 1,5 zu 1 festgesetzt – jeder Monat in serbischer Haft wurde mit anderhalb Monaten auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Allein daraus ist ersichtlich, dass eine deutsche Haft deutlich angenehmer ist. Ich hätte hier mit einer Anrechnung von mind. 2 zu 1 gerechnet.
       
      Um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Mir wären 3 Jahre Knast in Tegel lieber als 1 Jahr Auslieferungshaft in Serbien.
       
      Mir sind Fälle bekannt, da hat selbst das deutsche Gericht, die mit sowas seeeehr sparsam umgehen, 3 zu 1 angerechnet. Bei dem Anhören der Berichte dieser Verurteilten ist mir ernsthaft schwindelig geworden. crh
  2. 2
    WPR_bei_WBS says:

    @Bernd

    Ich bin ziemlich sicher, ein paar Monate mehr hier wären ihm lieber gewesen. Ich bin ja weissgott keiner aus der Fraktion „unsere Gefängnisse sind bessere Jugendherbergen“, aber sie sind dann doch signifikant besser als die beschriebenen in Serbien.

    @ crh / andere
    Ist durch die Anrechnung die geurteilte Strafe niedriger, oder lautet das Urteil „wie normal“, aber ein Teil der Strafe gilt als verbüßt? Und im Falle des letzteren: Hat das dann trotzdem Einfluss auf die Bewährungsgrenze (zwei Jahre), oder nur auf die zwei-drittel Grenze (bzw. in seltenen Fällen die Halbstrafen-Grenze)?

    Eine weitere Frage: Gibt’s eigentlich Länder / Gefängnisse, die einem in DE mit weniger angerechnet werden könnten? Also so nach dem Motto „zwei Monate in Schlaraffia entsprechen einem Monat in DE“.

    Und last but not least: Hat der Mandant hier gegen die Auslieferung gekämpft, oder sind die sieben Monate trotz seiner Zustimmung ins Land gezogen?

  3. 3
    Gesicht says:

    Muss man da dann auch die Seife aufheben?

  4. 4
    WPR_bei_WBS says:

    @Gesicht

    Unmöglich – es gab ja gar keine Seife.

  5. 5
    name says:

    Gibt schon Seife, man muss sie halt vorher kaufen.

    Unter den gegebenen Umständen wäre Schmierseife wahrscheinlich besser.

  6. 6
    WPR_bei_WBS says:

    Unter den gegebenen Umständen wuerde ich wohl verhindern wollen, auch nur irgendwie einen wohlriechenden, gepflegten und gesunden Eindruck zu machen:).

  7. 7
    Der wahre T1000 says:

    Zwei Dinge fallen mir dazu ein.

    1. Selbst schuld. Das haette er sich auch sparen koennen.

    • Es könnte auch daran gelegen haben, dass der Flüchtling von seinem Verteidiger nicht oder falsch beraten wurde. Meine Mandanten hauen nicht ab. crh

    2. Knast in D ist dann wohl eher eine Wohlfuehlanstalt.

    • Das ist das populistische Geschwätz von Leuten, die sich mit dem Strafvollzug nicht auskennen, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema verweigern und die irr(ig)eAnsicht vertreten, ein harter Knast bei Wasser und Brot würde die Gesellschaft besser schützen, den Verurteilten bessern und dem Geschädigten Genugtuung bringen. crh

    Habe ich da was falsch verstanden?

    • Ja, aber richtig! crh
  8. 8
    raddi says:

    @T1000
    Falsche Schlussfolgerung. Richtig wäre: Knäste in D sind keine Folteranstalten. Im übrigen meine ich, Sie haben seeehr komische Vorstellungen über den Begriff „Wohlfühlen“.
    Insofern zu ihrer Frage: Ja!

    raddi

  9. 9
    Der wahre T1000 says:

    Da hat in meinem Kommentar ein Satzteil gefehlt. Es haette heissen sollen:

    „Knast in D ist dann im Vergleich wohl eher eine Wohlfuehlanstalt“.

    Das kommt, wenn man einen Whisky zuviel hatte. Mir ist auch klar, dass kein Knast eine Hoteloase ist. (Ausser vielleicht in Schweden, wo Knastis eine eigene Insel frei bewohnen duerfen.)

  10. 10
    ausbilden says:

    Auch auf dieser frei bewohnbaren Insel hat der Wohlfühlquotient Grenzen: Die Nachbarn kann man sich nicht aussuchen und die ziehen nie weg!

  11. 11
    Wohlfühloase says:

    Für den halben Globus wäre ein Aufenthalt bei freier Verpflegung, Gesundheitsversorgung und einem Dach überm Kopf das Paradies.