Strafverteidiger wissen, dass die Beschwerde gegen einen Haftbefehl ein riskantes Unterfangen ist. Deswegen gehe auch ich mit diesem Instument sehr vorsichtig um. Aber manchmal geht es nicht anders.
Das Amtsgericht hatte dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben und den Haftbefehl erlassen. Das Standard-Rechtsmittel der Verteidigung ist zunächst der Antrag auf mündliche Haftprüfung. Hier hat der Beschuldigte die Gelegenheit, (nach erfolgter Akteneinsicht) sich zu dem Tatvorwurf und den Haftgründen zu positionieren. Dieser Haftprüfungstermin – der sich in diesem Fall über zwei Tage erstreckte und dann auch noch mit einem Ablehnungsgesuch garniert wurde – war nicht erfolgeich.
Der Mandant blieb in Haft und ich hatte einen dicken Hals (wie man unschwer an diesem gebloggten Brief an die Richterin erkennen konnte). Das war’s dann aber auch mit den Niederlagen in diesem Verfahren.
Bereits mit meinen Verwünschungen in Richtung der Richterin hatte ich großen Erfolg, über den dann auch die BILD berichtete.
Den durch das unredliche Verhalten dieser Frau Richterin gespeiste Zorn hatte ich dann – nach intensiver Abwägung der Risiken – in eine Haftbeschwerde gegossen, in der ich zuletzt auch noch die entscheidenden Worte zur Frage des Haftgrundes mitgeliefert hatte:
Und wer die Arbeit von Strafverteidigern kennt, wird anhand der Zahl auf der letzten Seite der Beschwerdeschrift erkennen, was in mir abgegangen sein musste: 40 Seiten schreibt ein Strafverteidiger nur dann, wenn der Kittel brennt.
Es hat sich gelohnt, das Landgericht hat den Haftbefehl mit der Beschwerdeentscheidung antragsgemäß aufgehoben. Und dieses 2009er Verfahren wurde vor ein paar Tagen nun endgültig eingestellt. Gut Ding braucht manchmal ein Weilchen …
Warum nun ist die Haftbeschwerde „gefährlich“ für den Mandanten? Wenn sie schief geht, hat eine Strafkammer bereits im Ermittlungsverfahren die Sach- und Rechtslage quasi für alle Zeiten zulasten des Mandanten festgenagelt. Da kommt man nur sehr schwer wieder von weg. Hier hat es sich gelohnt: No Risk, No Haftentlassung.
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Bild: © Peter Hebgen / pixelio.de
Ich hoffe, dass ein Zeithonorar vereinbart war und der kriminelle Abo-Abzocker wenigstens auf dem Verteidigerhonorar als Strafe sitzen blieb?!
Wieviel schneller als 10 Jahre wäre es denn gegangen, wenn der Mandant nicht aus dem Knast entlassen worden wäre?
Entscheidende Norm ist der § 121 Abs. 1 StPO, den Sie auch im Hinterkopf behalten sollten, wenn Sie wieder einmal in der BILD dummes Zeug über die Entlassung eines Beschuldigten aus der U-Haft lesen müssen, weil die Berliner Justiz nicht auf die Reihe bekommen hat, die ihr obliegenden Aufgaben in angemessener Zeit zu erledigen. crh