Lagerfeuerromantik

Das ganze Verfahren zog sich über viele und lange Jahre hin. Es war aufregend, schwierig und für den Mandanten enorm belastend. Die Staatsanwaltschaft hatte sich mit einer extrem hohen Strafmaßvorstellung festgebissen.

Zeitweise hat der Mandant in Untersuchtungshaft gesessen, der Haftbefehl wurde jedoch aufgrund von der Verteidigung reklamierter Unverhältnismäßigkeit im streitigen Haftbeschwerdeverfahren vom Landgericht wieder aufgehoben. Bis dahin hatte die U-Haft bereits tiefe Spuren hinterlassen.

Am Ende wurde es dann aber doch noch gut:

Das Verfahren wurde nach Anklageerhebung vor der Wirtschaftsstrafkammer, einem intensiven Kampf um’s Recht im Zwischenverfahren bis hin zum BGH und nach erfolgreicher Nichteröffnungsbeschwerde der Staatsanwaltschaft endlich eingestellt, ohne dass die bereits terminierte Hauptverhandlung begonnen hatte.

Den Einstellungsbeschluss habe ich dem Mandanten dann mit einem aufmunternden Begleitschreiben übermittelt:

Damit können Sie dieses Kapitel in Ihrer Vita nun verbindlich abschließen und erst einmal vergessen. Wenn Sie dann mal alt und grau geworden sind (so wie ich), können Sie Ihren Kindern und Enkeln davon am Lagerfeuer erzählen … Bis dahin sollte Sie nicht mehr daran denken.

Es keine Stunde gedauert, bis ich diese Nachricht im Postkasten hatte:

Der Hamburger Kollege Gerhard Strate hat 2004 einmal die Aufgaben eines Strafverteidigers beschrieben:

Vertrauen schenken, wo es jeder verweigert, Mitgefühl entfalten, wo die Gefühle erstorben sind, Zweifel säen, wo sie keiner mehr hat, und Hoffnung pflanzen, wo sie längst verflogen ist.

Soweit die Strafverteidigung aus der Ferne betrachtet. Mein Mandant hat beschrieben, wie es aus der Nähe aussehen sollte.

Ich bedanke mich für diese Rückmeldung, lieber Mandant.

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Image by Natasha G from Pixabay

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Strafverteidiger veröffentlicht.

3 Antworten auf Lagerfeuerromantik

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    Matthias says:

    Sowas rahmt man sich gedanklich ein und hängts an die innere Pinwand und schaut es sich in Gedanken an, wenn mans mal braucht.

    (Manche Leute drucken es in 24pt Fettschrift aus, machen einen güldenen Barockimitatrahmen drum und hängen es deutlich sichtbar im Empfangsbereich aus. Zu denen rechne ich Sie allerdings nicht.)