Ich hatte der Staatsanwaltschaft geschrieben, dass wir noch ein wenig Zeit brauchen für die Erstellung einer Verteidigungsschrift. Da auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft in dieser Sache nichts anbrennt, habe ich am 01.06.2019 schlicht einen Textbaustein gefaxt:
… ich beabsichtige, eine Verteidigungsschrift zur Akte zu reichen, und rechne damit, dass ich dazu voraussichtlich noch bis zum Ende des Monats Juni benötigen werde; für die entsprechende stillschweigende Gewährung der Stellungnahmefrist bedanke ich mich vorab.
Am 04.06.2019 schreibt mir der Staatsanwalt einen persönlich unterzeichneten Brief(!), der hier per Sackpost(!!) am 12.06.2019 (!!!) eintrudelt:
Sachma, haben die da nix Besseres zu tun?
Wenn eine *stillschweigende* Fristverlängerung erbeten wird, muss man doch nun wirklich nicht den gesamten Justizapparat in Bewegung setzen und per Briefpost mitteilen, dass dem Wunsch des Verteidgers nichts entgegensteht.
Einfach eine neue Wiedervorlage für den 01.07.2019 setzen und ein Eis essen gehen, wäre sinnvoller gewesen als diese komplett sinnlose Briefpost.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie Rechtsanwalt mit Nachnamen heißen«, sagte der Herr Wachtmeister.
Kann denn mit der stillschweigenden Frist nichts schiefgehen, wenn etwa der zuständige Staatsanwalt wechselt und der/die/das Neue meint, von einer solchen Frist wisse man nichts? Dann wäre es doch eigentlich sehr freundlich, das aktenkundig gemacht zu haben.
Ich würde sofort Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen. So ein ungezogenes Verhalten ist ja unerhört. Wer denkt der Staatsanwalt eigentlich, dass er ist?
@ Christian, # 2:
Der Antrag ist ja in der Akte. Auf ihm wird sich ein entsprechender (interner) Vermerk befinden, zumindest aber eine Wiedervorlage bzw. eine Verfügung zur ohnehin schon lang gesetztes Frist, aus der sich das ergibt. Im Übrigen wird innerhalb eines Monats kaum ein neuer Dezernent kommen, der dann ausgerechnet diese Akte, in der nicht anbrennt, an der in Kürze zu erwartenden Einlassung vorbei fördert.
Man scheut hier wohl weder Zeit, Kosten noch Mühe für ein harmonisches Miteinander. Anscheinend hat der StA das Bitte und Danke noch nicht verlernt, ist doch auch schön :)
Hallo zusammen,
Ich hatte mal einen Chef, der unglaublich gut darin war, zu prokrastrinieren. Er hat sich einfach nur um die Dinge gekümmert, die ihm wichtig waren. Alles andere blieb liegen, bis jemand ihn so drängelte, dass es wichtig wurde. Gut, das ganze war im Öffentlichen Dienst, insofern kann man da ja wenig kaputtmachen, aber es war einfach unglaublich anstrengend. Irgendwann habe ich aber verstanden, dass er nicht Chef war obwohl er diese Eigenart hatte, sondern *weil* er sie hatte: der zugrundeliegende Algorithmus führt nämlich ausnahmlos dazu, dass er immer nur wichtige Entscheidungen getroffen hat: entweder wichtig für ihn, oder wichtig für andere. Mit belanglosem Zeug sind wir ja nicht mehr gekommen, das haben wir an ihm vorbeigeschoben, wann immer es ging.
Wenn man aber immer nur wichtige Entscheidungen trifft, ist man eben wichtig, und wichtige Menschen machen nun mal Karriere.
Ich vermute, crh ist hier an einen besonders wichtigen Staatsanwalt geraten, der diese Wichtigkeit eben auch kommunizieren muss.
Das ist so einer der Momente, in denen ich Strafrechtler nicht um ihren Job beneide.
Schöne Grüße,
Hend
Da ist er nun so nett und bestätigt die Bearbeitung des Anliegens und nun ist’s wieder nicht recht. :-) Ich bestätige auch gerne schriftlich (andere Formen benötigen einen passenden Zeitpunt), einfach nur weil mir das Gegenüber wichtig ist und damit er/sie weiß, dass alles geregelt wurde (nicht weil ich mich für wichtig halte).
Stillschweigen würde da nicht in meine Struktur/Gewohnheiten passen.
Danke für den Blog, ich habe wieder etwas
für meine Fettnäpfchensammlung gesehen.
@Christian und busy: entscheidend ist das wort „stillschweigend“. im anwaltsalltag bei (wie hier) vollkommen konsequenzlosen fristen oft benutzt und es bedeutet dann halt eindeutig „ich brauche keine antwort, außer Sie lehnen das gesuch ab, und dann verstehe ich die welt nicht mehr“.
@crh: Sie haben recht, WhatsApp hätte es auch getan :-)
Nein, natürlich war eine E-Mail auch mein Gedanke. Vieleicht dachte der Staatanwalt: in dubio pro retro?
Es scheinen wohl doch andere Gründe ursächlich.
@hugo: Danke für die Erläuterung, für mich wirkte „stillschweigend“ irgendwie befremdlich.
Liebe Diskutanten,
was zum Henker ist denn Sackpost? Es wird höflich gebeten unter – jedoch nicht ausschließlicher – Berücksichtigung nachstehender Definitionsvarianten diesen Bezeichnung nebst Begriff hinreichend zu erläutern.
Post, die Herrn Hoenig auf den … geht?
Post, nach deren Lektüre Herr Hoenig sich den langen Kreuzberger Nächten mit dem Ziel, gepflegt zu versacken, hingibt?
Eine besondere Form der Übermittlung nicht sonderlich dringender justizieller Mitteilungen, bei der selbige in einem adressatenspezifischen Beutel gesammelt (wobei die Beutel dann im Zuge von Sortierung, Verteilung und Auslieferung in einem größeren Sack versackt werden) um dann in entsackter Verbeutelung beim Adressaten aufzulaufen? Handelt es sich bei den Sackbeutelpostadressaten um Adressaten, die mit denen die Justizbehörden Berlins umfangreiche Korrespondenz zu vielen Einzelverfahren pflegen?
@MA Beschwerdestelle,
ich schätze alles drei! Aber weiterhelfen kann Ihnen nur Herr Hoenig persönlich.
LG
Silke (das Orginal)
Ich vermute, dass der Begriff „Sackpost“ daher rührt, dass die Briefe in Säcken an die entsprechenden Ausgabestellen geliefert werden oder zumindest früher in Säcken transportiert wurden. Also ist Sackpost alles, was per Briefträger ankommt.