Ich erinnere mich an einen TV-Auftritt von Johann Schwenn, Strafverteidiger aus Hamburg. Seinerzeit ging es um die Verteidigung von Jörg Kachelmann. Schwenn wurde – wenn man den Gerüchten glauben mag – von der „Die Zeit“ protegiert; er löste Rechtsanwalt Reinhard Birkenstock während laufender Hauptverhandlung ab, der Kachelmann bereits im Ermittlungs- und Haftverfahren verteidigt hatte.
In diesem Fernsehgespräch beurteilte Schwenn die Verteidigerleistung von Reinhard Birkenstock (ungefähr) mit den Worten:
Es war nicht alles falsch, was Birkenstock gemacht hat.
Ich empfand ein solches öffentliches Statement von jemanden, der während eines laufenden Verfahrens einen Kollegen aus dem Mandat gedrängt abgelöst hat, für völlig unangemessen, für hochgradig unkollegial. Um es mit den Worten meiner Mutter auszudrücken: Sowas macht man nicht!
Ich erinnere mich heute an diesen Auftritt von Schwenn, als ich in der LTO vom Streit um die Wedel-Recherche las.
In diesem Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg geht es um die Erstattung von Anwaltskosten, die mittelbar dadurch entstanden sein sollen, dass sich drei Rechtsanwälte über eine Frage der Verjährung einer Sexualstraftat getäuscht haben sollen. Unter anderem der zweifellos rennomierte Strafverteidiger Johann Schwenn muss wohl irgendwas übersehen haben.
Pia Lorenz und Dr. Markus Sehl schreiben in der lto über den Anwaltsfehler:
Diese Frage der Verjährung wurde tatsächlich geprüft und von allen Beteiligten falsch eingeschätzt. Sowohl der Medienrechtler Schertz als auch Zeit-Anwalt Joerg Nabert sowie der vom Verlag Zeit extra für die heikle Verdachtsberichterstattung hinzugezogene Strafrechtler Johann Schwenn kamen zu dem Ergebnis, dass es keine Strafverfolgung gegen Dieter Wedel mehr geben werde, weil die in Betracht kommenden Straftaten verjährt seien.
Da hat er wohl daneben gelegen als Verteidiger für heikle Angelegenheiten.
Jedenfalls war die Auskunft falsch. Die behauptete Tat … wäre erst 2019 verjährt. Das beruht auf einer Gesetzesänderung von 2015 (§§ 78, 78b StGB), die man gewiss nicht übersehen durfte, wenn man als Rechtsanwalt mit dieser Frage befasst war.
schrieb Thomas Fischer über die mangelhafte Subsumtion durch den Strafrechtler.
Es sind aber nicht nur folgenreiche Fehler, die der Herr Kollege Schwenn macht. Er ist tatsächlich ein anerkannt hervorragender Verteidiger.
Aber manchmal auch ein frecher Flegel, wie meine Mutter ihn beschreiben würde.
__
Image by Mylene2401 from Pixabay
Zur Thematik der ZEIT-Rechtsberatungsleistungen im Zusammenhang mit dem Wedel-Bericht hat auch Herr Fischer auf meedia geschrieben
https://meedia.de/2018/12/27/preisgekroente-frauenfreunde-thomas-fischers-rueckschau-auf-ein-medienjahr-der-skandale-von-wedel-bis-relotius/
Ahh… habe einen Beitrag glaube ich bei Übermedien gelesen, da fehlen aber die Namen der Anwälte. Aber als es um einen „renomierten Medienanwalt“ (oder so) ging dachte ich sofort „Schertz“.