Strafrechtsrelevantes Anwalts-Inkasso

Das massenhafte Beitreiben von Forderungen stellt auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten eine gefahrgeneigte Anwaltstätigkeit dar.

Der 4. Senat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 14.03.2019 (4 StR 426/18) ausgeführt, dass die bei reiner Inkassotätigkeit rechtsgrundlos geltend gemachten Rechtsanwaltskosten einen Betrugsschaden darstellen können.

Wenn zusammen mit der Mahnung gleich auch noch die 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses des RVG geltend gemacht wird (wie es weit verbreiteter Usus ist), darf diesem anwaltlichen Mahnschreiben auch die schlüssige Erklärung entnommen werden, der Rechtsanwalt ist nicht allein mit der schlichten Mahnung beauftragt worden, sondern hat auch den Auftrag einer weiter gehenden rechtlichen Prüfung oder Beratung erhalten.

Fehlt es allerdings genau an diesem zweiten Auftrag, ist die Geschäftsgebühr nach Auffassung des BGH nicht entstanden. Macht der Inkasso-Anwalt sie gleichwohl geltend, liege eine Täuschungshandlung vor, die über einen Irrtum zum Schaden führt.

Vor dem Hintergrund, dass Masseninkasso regelmäßig eine dauerhafte Erwerbsquelle darstellt, sind auch die Voraussetzungen für den gewerbsmäßigen Betrug (§ 263 Abs. 3 StGB) gegeben. Und wenn man dann noch durch die Brille des Steuerrechtlers schaut, erblickt man schnell das Ende der freiberuflichen Tätigkeit und den Beginn des gewerbesteuerpflichtigen Kaufmannsladens mit der Soll-Versteuerung der Umsätze. Und dann wird es ernst.

Mal eben ein paar Mahnungen raushauen, um sich damit quasi automatisch das Konto zu füllen, kann durchaus zu heftigen Konsequenzen führen, wenn man nicht aufpasst.

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8 Antworten auf Strafrechtsrelevantes Anwalts-Inkasso

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    Bernd says:

    Gerechtigkeit.

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    blu*b says:

    1. Frage in die Runde:

    Rechtfertigt es einen Anfangsverdacht, wenn ein Rechtsanwalt massenhaft („einfache“) Forderungsschreiben versendet und die 1,3fache Geschäftsgebühr erhebt?

    Ansonsten wünsche ich viel Kreativität beim Einleiten der Ermittlungen.

    2. Frag in die Runde: wie kommt man nochmal zum Vorsatz, wenn nicht einmal die Richter am Landgericht den Witz an der Geschichte erkannt haben? Ist mir schon wieder entfallen.

    Aus einer Bilanz:

    „Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017

    Mit Beschluss des Landgerichts Frankenthal vom November 2017 wurde gegenüber der XXX GmbH das in 2011 gepfändete Bankguthaben in Höhe von € 775.225,50 freigegeben.

    Gegenüber der XXX GmbH wurde das in 2011 gepfändete Bankguthaben von € 628.986,95 ebenfalls freigegeben. Die XXX GmbH wurde zum 01.01.2015 auf die XXX GmbH verschmolzen.

    Die für die Insanspruchnahme gebildeten Rückstellungen über € 768.000,– bei der XXX GmbH und € 622.751,– bei der früheren XXX GmbH (Insgesamt € 1.390.751,–) wurden aufgelöst. Diese Gewinne sind eigentlich dem Jahre 2011, in dem die Rückstellungen gebildet wurden, zuzuordnen.

    Mit Beschluss vom 7. Dezember 2017 erfolgte eine Vorabausschüttung i.H.v. € 916.000,–, die am 13.Dezember 2017 an die Gesellschafter, nach Abzug der Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag, ausgezahlt wurde.“

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    Lemmy says:

    Nice.
    Hätten sich die Kolleginnen und Kollegen mal kompetent beraten lassen.

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    Tim says:

    Richtig so. Für erste Schreiben einfacher Art gibt es zu Recht eine 0,5 Gebühr (wenn ich noch richtig informiert bin). Die sollte bei solch einer Tätigkeit mehr als angemessen sein.

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    meine5cent says:

    @Tim:
    Ob es die Gebühr für ein einfaches Schreiben gibt oder die 1,3 hängt nicht von der Tätigkeit, sondern vom Auftrag ab, siehe den Wortlaut der Nr. 2301 VV RVG. D.h. wenn der RA mit der außergerichtlichen und ggf. gerichtlichen Beitreibung beauftragt ist, hat er die Forderung zu prüfen und bekommt die Geschäftsgebühr auch schon dann, wenn er nur ein einfaches Mahnschreiben an den Schuldner schickt.

  7. 7

    Bevor hier mal wieder die Gerechtigkeit nur deswegen gefeiert wird, weil sich die zitierte Einzelfall(!)-Entscheidung gegen einen Rechtsanwalt richtet, sollte berücksichten, dass es nicht der Anwalt ist, der den Anlass für das Mahnschreiben gesetzt hat.

    Es gibt ganz probates Mittel, um anwaltliche Mahnungen schlicht kostenlos zu vermeiden: Man bezahlt seine Rechnungen vollständig und entlohnt die Leistung, die man erhalten hat, mit seiner Gegenleistung, und zwar pünktlich.

    Wenn man allerdings darauf aus ist, eine Leistung in Anspruch zu nehmen, ohne dafür zu zahlen, dann sollte man sich möglichst nicht beschweren, wenn sich der Schuldner gegen diese Art der Abzocke durch säumige Zahler zu wehren weiß.

    Im Übrigen: Diese Entscheidung des BGH ist nicht unumstritten; den Sachverhalt beurteilen andere anders. Aber das ist jetzt ein anderes (straf- und vermögensrechtliches) Thema …

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    Der wahre T1000 says:

    Viel schlimmer sind die doch die Abmahn-Abzocker. Also jene Rechtsanwaelte, die ihr Einkommen (und das der Mandaten) dadurch bestreiten, dass sie Winzigkeiten abmahnen und dafuer die Gebuehren einstreichen. Am besten noch mit Vertragsstrafe fuer ebensolche Winzigkeiten hinterher.

    Asoziales Abzockerpack! Eine Eiterbeule unter den Rechtsanwaelten. Da geht es nicht um „Recht“, sondern nur ums abgreifen von Geld. Widerlich.

    Und die treten rudelweise auf. Ein Schande fuer Deutschland und seine Anwaelte.