Urheberrecht und schäbige Rechtsanwälte

Nun hat es mich auch einmal erwischt. Ich soll eine Urheberrechtsverletzung begangen haben, behauptet …

Also irgend ein namenloser Insasse der KSP Kanzlei Dr. Seegers Dr. Frankenheim Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Hamburg, der die Eier nicht hat, seinen Namen unter seine Textbausteine zu schreiben.

Einer davon ist mangels Schöpfungshöhe auch ohne weiteres zitierfähig:

Gegenstand unserer Beauftragung ist die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches, der unserer Mandantschaft aufgrund einer Urheberrechtsverletzung zusteht. Sie verwenden auf Ihrer Website kanzlei-hoenig.de unter der weiter unten aufgeführten URL ein Lichtbild, an dem unsere Mandantschaft das ausschließliche Nutzungsrecht i. S. d. Urheberrechtsgesetzes hat. Eine Zustimmung zur Nutzung hat Ihnen unsere Mandantschaft nicht erteilt.

Diesen für Zivilisten typische Sprachgebrauch würde niemand vermissen, wenn es ihn nicht gäbe.

Es ist nicht diese Rechnung, die mich ärgert, oder die mich in den Ruin treiben könnte.

Dafür gibt es Portokassen. Es ist die dahinter stehende Dreistigkeit, mit der manche Elemente dieser Gesellschaft den Ruf der Anwaltschaft abschießen.

Es mag sein, dass ich ein Bild zur Schmückung eines Blogbeitrags genutzt habe, für das ein Wer-auch-immer die Rechte hat. Wenn es denn so ist, und ich die Urheberrechte eines lebendigen Fotografen aus Fleisch und Blut verletzt haben sollte, bedauere ich das. Hier sollen die Rechte bei einem leblosen Gebilde in Form einer juristischen Person liegen.

Doch nun mal Butter bei die Fische. Es geht um einen Bildausschnitt, der das Backpatch einer rot-weißen Motorrad-Fahrgemeinschaft wiedergibt. So ähnlich (oder ziemlich genau) wie diese hier, die die Google Bildersuche auswirft. Die gibt es mit und ohne „Rechte“, die von mir genutzte Version soll angeblich geschützt sein.

Das von mir genutzte Bild hatte eine Größe von width=“250″ height=“163″, also die übliche Briefmarke, die man in meinen Blogbeiträgen gewöhnlich oben links findet.

Noch eine weitere Kostprobe der aus dem Lego-System entwichenen lauwarmen Luft, mit der die bedauernswerte Auftraggeberin ihren schwerwiegenden Schaden geltend zu machen versucht? Bitte sehr:

Für die unberechtigte Nutzung schulden Sie unserer Mandantschaft Schadensersatz. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 97 Abs. 2 UrhG. Auf Basis einer Lizenzanalogie kann dasjenige verlangt werden, was zwischen Ihnen und unserer Mandantschaft bei Kenntnis aller Umstände für eine rechtmäßige Nutzung als Lizenzgebühr vereinbart worden wäre.

Welcher mit einem Klammerbeutel gepuderte Blogger würde 190 Euro für ein solches Bildchen „vereinbaren“? Das glauben die Hamburger Urheberrechtler sicherlich selbst nicht.

Die mir zur Last gelegte Tat ist zumindest nicht mehr strafbar. Sie ist verjährt, denn die Veröffentlichung erfolgte im Januar 2013, also vor gut sechs Jahren. Diese antiken Blogbeiträge liest kein Mensch mehr. Nur noch irgendwelche Maschinen, die sich durch sogenannte Dokumentationskosten amortisieren.

Man könnte also über meine potentielle Rechtsverletzung schlicht hinweg sehen. Oder statt gewaltige Textbausteine, die verdammt nah dran sind am Berufsrechtsverstoß und an einer Erpressung, zu verschicken, eine kleine kollegiale Bitte an mich, den Verwender, richten, das Bild wieder aus dem Netz zu nehmen.

Nun gut; ich habe 25 Euro für eine vermeintlich rechtswidrige Nutzung überwiesen, und zwar – so habe ich es bei den Zivilisten abgeschrieben – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.

Jetzt warte ich ab, was passiert. Wer hier öfter mitliest, wird wissen, was passieren wird, wenn das passieren sollte, was der Feigling angedroht hat. Stoff für weitere unterhaltsame Blogbeiträge mit dem Blick über den strafrechtlichen Tellerrand hinaus ist immer gern willkommen.

Ich bin mir sicher, dass ein Strafverteidiger sich einem Kollegen gegenüber nicht in so einer schäbigen Weise geriert. Das scheint eine Eigenart dieser Urheberechtsfabriken zu sein.

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19 Antworten auf Urheberrecht und schäbige Rechtsanwälte

  1. 1
  2. 2
    Aggiepack says:

    Der geschätzte Kollege Kompa befasst sich ja ganz gerne – und wohl auch ziemlich erfolgreich – mit solchen Lumpen

  3. 3
    Swizzly says:

    Keine Unterlassungserklärung?

  4. 4
    Robin Wiemert says:

    Strafrechtlich ist das noch nicht verjährt. Die Verjährung setzt – im Strafrecht – erst mit der Beendigung der Tat. Bei der unbefugten öffentlichen Zugänglichmachen beginnt die Verjährungsfrist erst dann, wenn das Werk nicht mehr zugänglich gemacht wird. (Erbs/Kohlhaas/Kaiser, 222. EL Dezember 2018, UrhG § 106 Rn. 58). Vielrechtlicht verjährt hingegen die Zugänglichmachung für jeden Tag einzeln (BGH GRUR 2015, 780).

  5. 5
    Andreas says:

    Erstklassige Möglichkeit, GfK (gewaltfreie Kommunikation) zu praktizieren. Sich klar machen, dass der oder die Gegenüber angesichts ihrer augenscheinlich zum Ausdruck kommenden Bedürfnisse vor allem eines verdient: Mitleid ;-)

  6. 6
    Klaus says:

    Na, da sind Sie Schlingel wohl in guter schlechter Gesellschaft.

    Ich frage mich, warum beim Ablichten dieses Rückenetiketts nicht einmal eine Fotografen-Gefahrenzulage anfiel. Das ist für so eine Hochrisikotätigkeit alles verdächtig billich.

  7. 7
    R24 says:

    Und warum sollte das Verhalten von Strafrechtlern untereinander anders sein? Sind auch nur Anwälte :-)

  8. 8
    Das Ich says:

    Also so ganz verstehe ich ihre Aufregung nicht sie haben nun mal ein Bild benutzt woran sie nicht die Urheberrechte haben. Für Fotografen ist das echt die Seuche und man kann sich auch wirklich ganz schlecht dagegen wehren dass irgendjemand fremdes deine Bilder benutzt. auf die Größe des Bildes kommt das eigentlich gar nicht so an. Was ich dreist finde sind natürlich die dokumentationskosten, was soll das sein? Und zinsen? Ab wann sollen die denn zu laufen beginnen?lol*

  9. 9
    Patenter_Anwalt says:

    Das eigentlich problematische sind die Streitwerte und die Schadensersatz Forderungen. Tatsächlich würde keiner 190 Tacken für so ein Bild verlangen können. Die Gerichte winken das aber teilweise durch :-(
    In anderen Rechtsgebieten träumt man von solchen Schadensersatzberechnungen. Im Patentrecht beispielsweise bekommt man so viel „wie vernünftige Parteien als Lizenzsatz vereinbart hätten“ und keinen Cent mehr…

  10. 10
    Vitzliputzli says:

    Wer harmlose kleine Mailspammer auf Unterlassung verklagt, ist vielleicht auch nicht der Richtige, sich über „schäbige“ Anwaltskollegen zu beklagen, die im Urheberrecht Vergleichbares machen.

  11. 11
    hmm says:

    Inhaltliche Frage:

    Von was berechnen sich da fast 50€ Zinsen? Rückwirkend auf den Tag des Blogpostings in dem das Bild vorkommt oder wie?

  12. 12
    alter Jakob says:

    @Vitzliputzli: Grundsätzlich würde ich ja mitgehen. Der Unterschied ist halt, dass der Mailspammer nicht einfach „Danke für den Hinweis, kommt nicht wieder vor“ gesagt, sondern weiter rumgenörgelt hat. Und das nach dem kostenfreien (!) Hinweis, dass die Spammerei unterbleiben soll.

    Hier ist der Hinweis schon kostenpflichtig und Herr Hoenig hat offenbar zumindest einen von ihm als angemessen betrachteten Lizenzbetrag gezahlt.

    Klingt für mich nach Äpfeln und Birnen…

  13. 13
    Wahrer Jakob says:

    Wow, freiwillige Zahlung von einem Zwölftel der Forderungssumme, „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ und unter gleichzeitigem Ausstoßen von Verwünschungen gegen den anwaltlichen Vertreter des Rechteinhabers. Ist das wirklich der übliche anwaltliche Rat der Zivilrechtler in der Kanzlei Hoenig für den Fall, dass man wegen eines im Internet begangenen Urheberrechtsverstoßes in Anspruch genommen wird?

  14. 14
    Klaus says:

    Ich hole dann mal Chips und Bier.
    Vielleicht geht das hier lustig weiter.
    In der RA Micro Geschichte passiert ja nix.

  15. 15
    Nazzzgul says:

    @13: Zum einen bin ich mir nicht sicher ob es in der Kanzlei überhaupt Zivilrechtler gibt, zum andern hat er nirgends gesagt das er (oder sonstwer) dieses Vorgehen empfehlen würde.
    Ich würde vermuten er macht es so weil er zuversichtlich ist das er es sich leisten kann wenns schief geht (und das Risiko ganz gut abschätzen kann, Zeit und Lust hat sich damit rumzuärgern und im Zweifelsfall ein paar schöne Blogbeiträge bei rumkommen.

    Für Leute für die das nicht zutrifft, zB. Mangels blog, wäre ein anderes Vorgehen evtl. sinnvoller.

  16. 16
    busy says:

    Wenn die Urheber das immer so nötig haben, spende ich gerne 10 Euro für diese erfolg- bzw. mittellosen Furzklemmer. Für mich gibt es einen klaren Unterscheid zwischen vornehmlich gewerblicher und nicht gewerblicher Urheberrechts. Bei gewerblicher Verletzung habe ich vollstes Verständnis für Abmahnungen usw.. Alles andere hat mittlerweile krankhaft assoziale Formen angenommen. Beipiel: Darf ich ein Selfie vor einem Denkmal machen und auf meinem Profil zeigen ?
    Wie oder was wären wir, wenn es keine Menschen gäbe, die ihr Wissen und ihre Arbeit der Allgemeinheit zur Verfügung stellen/gestellt hätten, ohne dabei den Profit im Focus zu haben ?

  17. 17
    busy says:

    Interessant was KSP noch so macht.
    Paypal hat soeben einen Kunden verloren.

  18. 18
    Der wahre T1000 says:

    Ist doch schoen, wenn es mal den gleichen Berufsstand trifft.

    Mal ehrlich: welchem Urheber schadet es, wenn ein winziges und altes Foto auf einer Seite ist, die jahrelang offensichtlich keine grosse Aufmerksamkeit bekam? Es brauchte einen Suchbot, um den vermeintlichen „Schaden“ zu entdecken.

    Und genau so laeuft das mehr oder weniger millionenfach. Es geht im Regelfall nur um die Anwaltsgebuehren oder willkuerlich konstruierten Schadenersatz, was dann unter der Hand geteilt wird. Was die Anwaelte aber nie zugeben wuerden. Stattdessen geben sie ihren Mandanten „Beratervertraege“ oder lassen das sonst irgendwie verdeckt laufen.

    Auch Anwaelte sind manchmal Kriminelle. Nur schnappt man sie seltener, weil die kriminelle Energie hoeher ist.

  19. 19
    HS says:

    @Der wahre T1000:
    „Auch Anwaelte sind manchmal Kriminelle. Nur schnappt man sie seltener, weil die kriminelle Energie hoeher ist.“

    Jemand, der sich mit einer speziellen Materie besonders gut auskennt, braucht WENIGER kriminelle Energie, um in dem Feld kriminell zu sein, als jemand, der sich damit nicht auskennt.