Zahlreiche Fragen zur verletzten Ehre und die Langeweile

Es gehört zum Geschäft eines jeden Strafverteidigers, sich ab und an solche belletristischen Ergüsse zu Gemüte führen zu müssen:

Ich frage mich, ob das wirklich sein muss.

Warum erstattet ein erwachsener Mensch mit qualifizierter Ausbildung eine Strafanzeige und stellt einen Strafantrag wegen so einer dusseligen Kinderkrippenbemerkung?

Und warum vergeudet die Strafjustiz ihre wertvollen, teuren Ressourcen, um sich nun mit ehrgekränkten Sensibelchen und aufbrausenden Kleingeistern herumzuschlagen?

Können wir uns nicht darauf einigen, diesen § 185 StGB einfach zu streichen und statt dessen wieder das klassische Duell einführen? Sollen sich die beiden Herren doch allein miteinander beschäftigen und nicht die Gesellschaft in ihre Streitigkeiten mit hineinziehen. Mich langweilen solche Strafverfahren immer …

Nebenbei:
Das ist ein Auszug aus einem Strafbefehl, in dem eine Geldstrafe in Höhe von 10 Tagessätzen festgesetzt wurden. Wie kommt man eigentlich auf den äußerst schmalen Gedanken, einen Verteidiger beauftragen zu wollen mit dem Ziel, dass es am Ende „billiger“ wird? Oder hängt die Verwendung einer solch armen Formulierung mit diesem Gedanken irgendwie zusammen?

Und:
Haben die alle nichts Besseres zu tun? ;-)
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Bild (CC0): OpenClipart-Vectors / via Pixabay

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Mandanten, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

30 Antworten auf Zahlreiche Fragen zur verletzten Ehre und die Langeweile

  1. 1
    Flo says:

    Lautete der Auftrag wirklich auf drücken der Tagessätze (Anzahl/ Höhe)? Da dürfte in der Tat der Anwalt teurer sein als die ersparte Summe.
    Was ich ja noch verstehen könnte wenn der komplette Strafbefehl aus der Welt geschafft werden soll. Auch wenn 10 Tagessätze nicht viel sind, auch die können geeignet sein ein Führungszeugnis zu besudeln. Und in manchen Bereichen ist ein sauberes Führungszeugnis ja einiges Wert.

  2. 2
    RA Schepers says:

    „Mir geht es nicht um die 10 Tagessätze, mir geht es um’s Prinzip!“

  3. 3
    Bewährung says:

    Vielleicht ist eine Bewährungsstrafe offen und man fährt sonst ein? Sonst sehe ich auch keine Verhältnismäßigkeit in Beauftragung eines Verteidigers.

  4. 4
    Miraculix says:

    > Warum erstattet ein erwachsener Mensch mit
    > qualifizierter Ausbildung eine Strafanzeige und stellt
    > einen Strafantrag wegen so einer dusseligen
    > Kinderkrippenbemerkung?
    Ein erwachsener Mensch (im Sinne von Reife, nicht Alter) mit einer qualifizierten Ausbildung würde das nicht tun [sic!].

  5. 5
    Bernd says:

    Es liest sich wie eine Fahrkartenkontrolle, die Reaktion darauf wiederum als ob man keine Fahrkarte hat. Der gute Mann beklaut also den Arbeitgeber vom Beleidigten.

    Das wäre doch das Gleiche, wenn ein Mandant den Anwalt in Anspruch nimmt, der für ihn arbeitet, nach der Arbeit zum Mandant geht, klingelt und ihn um seinen Lohn bittet. Der Mandant darauf (unter Zeugen) mit „Wer bist du denn? Du A****loch, du kannst mich mal am A**** lecken“ antwortet und die Tür zuschlägt.

    Nun möchte ich den Anwalt sehen, der seine Zivilklage nicht noch zusätzlich mit einer Anzeige wegen Beleidigung garniert. ;)

    Ok, ok, es hinkt minimal. Auch schon deshalb, weil der RA sich finanziell nicht so weit aus dem Fenster lehnt.

    • Ein Anwalt, der weiter denkt als von der Wand bis zur Tapete, wird den Teufel tun, sich mit so einer Strafanzeige zum Affen zu machen. crh
  6. 6
    Alex says:

    In meinem Beruf muss ich mir solche Beleidigungen nicht anhören.

    Insofern würde ich niemandem, der solchen Beleidigungen ausgesetzt ist, das Recht absprechen, sich dagegen zu wehren.

    • Was halten Sie von einem stabileren Selbstbewusstsein und was denken Sie über das Sprichwort mit dem sich an der Eiche kratzenden Schwein? crh
  7. 7
    WPR_bei_WBS says:

    Kommt auf die Höhe eines Tagessätzen an. Ebenso: Wenn man sich für unschuldig hält / einen Freispruch erwartet, kommt der Anwalt günstiger als die zehn Tagessätze – zahlt denn schließlich die Staatskasse.

    Und auf Seiten der Staatsanwaltschaft: Wenig Aufwand (der Strafbefehl wird ja bis auf das eigentliche Tat-Zitat aus Textbausteine bestehen) auf der Kostenseite, als „Umsatz“ dafür ein weiteres gerichtlich abgeschlossenes Verfahren. Hoert sich nach Gewinn an. Und bei zehn Tagessätzen schätzt man die Wahrscheinlichkeit eines Widerspruchs wohl für gering ein (siehe crh Frage :-)).

  8. 8
    WPR_bei_WBS says:

    @ Alex
    Wo ist der Schaden / die Verletzung / das Problem. Irgendjemand haut ein paar Worte raus, die ihnen wohlmoglich nicht gefallen. So what? Warum so einen aufriss darum machen? Und warum soll sich der Staat um diese Mimimi-Befindlichkeiten kümmern?

  9. 9
    Kaichen says:

    Naja, ich lasse mich auch nicht gerne von irgendwelchen Vollhonks beleidigen.
    Und wenn der dann noch größer und stärker ist, so dass ich nicht sehenden Auges eine klassische Satisfaktion fordern kann ohne noch was aufs Maul zu riskieren, finde ich es schon gut, mich wehren zu können.

    Wenn der Beleidiger kleiner ist, gibts halt Dresche.

    • Treffender kann man den Zweck des § 185 StGB nicht umschreiben. Es ist der Ruf nach dem großen Bruder, der dem anderen eins auf’s Maul hauen soll, weil man selber nicht über die körperlichen Möglichkeiten verfügt.
       
      Das kenne ich aus meine Zeit an der Nordschule in Siegen, kurz nach dem ich eingeschult wurde. (Vorsorglich: Ich habe keinen großen Bruder und war auch nicht auf die Hilfe anderer angewiesen.) crh
  10. 10
    RA Korn says:

    Nein, jedenfalls wir Zwei können und wollen uns nicht auf eine Abschaffung des § 185 StGB einigen.

    Die Frustration über zu geringe Ressourcen in der Justiz ist sicherlich nachvollziehbar. Rechtsfreie Räume schaffen zu wollen, um diese Ressourcen zu schonen, ist meine Meinung nach der völlig falsche Weg. Den Frust dann an den Opfern auszulassen, indem man ihnen vorwirft, die Verbalattacke nicht hinnehmen zu wollen, kann ich dann gar nicht mehr verstehen.

    Ich möchte gerne weiterhin die Möglichkeit haben, auf Beleidigungen mit einer Strafanzeige reagieren zu können. Wenn diese dann zu einem Strafbefehl führt, spricht das aus meiner Erfahrung dafür, dass es sich nicht um den ersten Ausrutscher in einer Stresssituation handelt, sondern man jemanden vor sich hatte, der sich schon öfter sehr wenig um die Rechte Anderer geschert hat.

    Manchmal kann eine frühe Repression auch zur Prävention beitragen. Vielleicht schont man im Endeffekt damit doch noch Ressourcen. Wohl weitestgehend Wunschdenken, aber auch nicht auszuschließen.

    • Guter Gedanke, das mit der Prävention. Man verbietet „$etwas“, und stellt den Verstoß gegen das Verbot unter Strafe. Und schon gibt es das „$etwas“ nicht mehr. Ist doch ganz einfach, warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen.
       
      Aber ernsthaft: Ich will keine rechtfreien Räume schaffen, sondern ich mache mir Gedanken um das Schutzgut des § 185 StGB. Worin besteht der Schaden, wenn ich jemanden mit einem geistlosen Schimpfwort belege? Wir haben das Jahr 2019, nicht mehr das Jahr, in dem die beiden Jungs auf dem Cartoon sich gegenüber standen. Eigentum, körperliche Integrität usw. … all das muß auch mithilfe des Strafrechts geschützt werden. Aber die „Ehre“?
       
      Eine „Ehrverletzung“ hat zwei Geschädigte: An den sie sich richtet, denn dem fehlt das Selbstbewußtsein, den Sprachmüll an sich abprallen zu lassen. Und derjenige, dem es an Sprachbildung (aka: Verstand oder Intelligenz) fehlt. Das ist kein Fall für den Staatsanwalt.
       
      Die Zeichen der Zeit hat man erkannt, als es um den Böhmermann-Erdogan-Streit ging: Die Majestätsbeleidigung hat man – zu Recht – abgeschafft. Gibt es jetzt etwa einen rechtsfreien Raum? Wie reagiert eigentlich Frau Merkel, wenn sich mal wieder irgendwelche Besorgten über sie äußern? Richtig: Sie reagiert angemessen, nämlich: nicht. So ein Verhalten wollte ich mit meinem Blogbeitrag für gut heißen; und nicht die Strafverfolgung.
       
      crh
  11. 11
    Hufflepuff says:

    So wie sie es schreiben, handelt es sich ja um eine Beleidigung infolge einer Kontrolle – ich tippe mal auf eine Fahrkartenkontrolle.

    Die einzige richtige Reaktion wäre ja, auf eine Beleidigung mit dem Wort „Arschloch“ dem Gegenüber die geballte Faust ins Gesicht zu schlagen. Da dies allerdings in zivilisierten Kreisen eine inakzeptable Reaktion ist, bleibt einem nur die Anzeige wegen Beleidigung.

    Dann zahlt die Person, die die Beleidigung ausgesprochen hat, dafür mal 1000-2000 Euro und wird es sich beim nächsten Mal sicher überlegen, ob sie erneut eine Beleidigung ausspricht.

    Ich kann da jeden Fahrkartenkontrolleur und jeden Polizisten verstehen, der sich eine Beleidigung nicht bieten lässt.

    Wen ich allerdings nicht verstehen kann, das sind Sie, Herr Hoenig: An anderer Stelle stellen sie sich öfters hin und sagen, dass man eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr für 80 Euro unbedingt über einen Anwalt abwickeln solle. Hier wäre ich der Meinung, dass man so eine PillePalle-Strafe einfach zahlen und nicht die Justiz damit belästigen sollte. Das finde ich so ein wenig Mimimi. Wo liege ich hier Ihrer Ansicht nach falsch?

    • In unseren Zeiten versucht man, den Sinn einer Strafe (im Sinne des StGB) nicht mehr in einer institutionalisierten Vendetta zu sehen. Strafe ist nicht (mehr) das Substitut eines Schlags auf’s Maul.
       
      Strafen verhindern keine Straftaten, sonst hätten wir – angesichts so gut wie nicht mehr vorhandenener Strafbarkeitslücken – keine; aber dazu hatte ich schon weiter oben ausgeführt.
       
      Und ich kenne reichlich Polizeibeamte, die in Neukölln und Kreuzberg ihren hervorragenden Dienst tun, denen die hilflosen Beleidigungen durch ihre Kundschaft am Heck vorbeigehen. Und das ist auch gut so. crh
  12. 12
    Knork says:

    Absolute Zustimmung! § 185 abschaffen und im Grundschulunterricht Pflichtfach „wie lerne ich mich nicht beleidigen zu lassen“ einführen. Wenn mir so jemand kommt: „Diese Worte sollten Sie sich für Ihre Mutter aufheben“ oder „ich sammele Schimpfwörter, Ihres kannte ich schon, haben Sie keine neuen?“.

  13. 13
    busy says:

    In dem Fall interpretiere ich es eher als eine Art Feststellung und nicht als Beleidigung. :-)
    Ich hab noch ein paar Baldrianpackungen von dem Fall mit der Nötigung übrig und verteile sie gerne.

    https://www.kanzlei-hoenig.de/2018/gemuetlichkeit-statt-noetigung/

  14. 14
    busy says:

    Quelle: http://www.bild.de/ratgeber/recht
    Zitat1/2:
    Ist „altes Arschloch“ angemessen?

    Kommt darauf an. Das Landesarbeitsgericht Köln urteilte: Ein Sozialarbeiter darf seinen Vorgesetzten, mit dem er ein Vertrautheitsverhältnis hat und den er duzt, als „altes Arschloch“ bezeichnen.

    Das sei kein Ausdruck einer schweren Beleidigung, sondern lediglich ein Anzeichen dafür, dass sich die beiden „auseinandergelebt haben“…

    Zitat2/2:
    Dürfen sich Taxifahrer „am Arsch lecken“ lassen?

    Im schwäbischen Ehingen schon. Dort hatte ein Taxifahrer mit dem bekannten Ausspruch einen Fahrauftrag abgelehnt. Das Amtsgericht Ehingen urteilte: Die Aufforderung sei im schwäbischen Sprachgebrauch keine strafbare Beleidigung (Az.: 2Cs 36 Js 7167/09), sondern als „Zurückweisung einer als Zumutung empfundenen Bitte gesellschaftlich akzeptiert“.

  15. 15
    Hufflepuff says:

    Zunächst Besten Dank für Ihre Antwort, Herr Hoenig.

    Mir ist bewusst, dass das deutsche Recht in der Strafe kein Substitut für den Schlag auf den Mund sieht. Soweit ich das als Laie mitbekommen habe, soll doch eine Strafe gemäß deutschem Recht einen Erziehungsgedanken haben.

    Ein normaler Erwachsener hat doch gelernt, dass man sich nicht gegenseitig Schimpfwörter a la „Arschloch“ an den Kopf haut. Es gibt aber einen gewissen Anteil der Bevölkerung, der das noch nicht gelernt hat.
    Ich denke, dass bei denen eine Strafe in Höhe von 1000-2000 Euro schon wirken kann, um zu lernen, dass man sich so im gegenseitigen Miteinander nicht verhält. So ein Betrag trifft einen schon empfindlich und das nur dafür, dass man seine Aggressionen nicht im Griff hat.

    Ich war früher angestellter Apotheker in einer Apotheke in einem sozialen Brennpunkt. Ab und wann hatte ich hier Kunden, die meine Kolleginnen beleidigt haben. Da einige meiner Kolleginnen Migrationshintergrund hatten, waren das oft auch rassistische Beleidigungen teilweise mit durchaus rechtsextremen Hintergrund. Sowie ich der Kundschaft dann die Türe gezeigt und das Wort „Hausverbot“ ausgesprochen hatte, ging es dann mit Kraftausdrücken gegen mich los.
    Ich fand es damals schon ganz gut, im ruhigen sachlichen Ton kontern zu können, dass wenn jetzt nicht gleich Ruhe ist, ich dafür sorgen werde, dass die Polizei kommt und es auf jeden Fall für die Kraftausdrücke ein paar Tausender Strafe geben würde. Danach wurde der Gegenüber nämlich sehr still.

    Natürlich habe ich nie jemanden wegen Beleidigung angezeigt. Solche Individuen können mich nicht beleidigen, da stehe ich drüber. Mir reicht der Gedanke, dass ich es könnte, wenn ich es wollen würde.

    Und natürlich machen die Berliner Polizisten einen hervorragenden Job.

  16. 16
    RABammel says:

    Warum es strafbar ist?
    Weil der Klügere so lange nachgibt, bis er der Dumme ist.
    Weil sich sonst die Asis und Pöbler permanent durchsetzen und Verrohung zum Normalzustand wird, eine Mehrheit offenbar einen solchen Normalzustand nicht will.
    Und es auch nicht will, dass diejenigen, die den Kopf hinhalten wie etwa Polizeibeamte, deren Lebensszweck ja nicht das Schikanieren Unschuldiger und Bagatellkrimineller ist, sondern die durchaus den einen oder anderen Besoffenen oder Junkie aus seiner Kotze heben und vor dem Sterben bewahren oder die eine oder andere Frau vor ihrem prügelnden Lebensabschnittsgefährten retten zum Freiwild für den verbalen Hass, Frust und die Dummheit von Pöblern werden.

    Weil es nichts kostet, eine Anzeige zu erstatten, aber man ein eigenes gewaltiges Kostenrisiko hat, wenn man jemanden vor den Zivilgerichten verklagen wollte, denn häufig wird bei der Klientel nicht viel zu holen sein, man bleibt also aiuf den Gerichtskosten sitzen.
    Weil es im Internetzdings schon schlimm genug ist und mangels Identifizierung des Beleidigers kaum verfolgt werden kann.

  17. 17
    Subsumtionsautomat says:

    Ich stimme 15 und 16 zu: Es ist grundsätzlich gut, dass man auch Beleidigungen strafrechtlich verfolgen kann und wenn das so ist, dann hat die Staatsanwaltschaft oder das Gericht – im Wiederholungsfall – wenige Möglichkeiten, das nicht zu tun.
    Aber: Ich würde mir durchaus von den Anzeigenden ein wenig mehr Rückgrat wünschen, da teile ich Ihren Vergleich mit der Eiche und dem Schwein. In der Regel sind Menschen, die auf Beleidigungen zurückgreifen ja auf irgendeine Weise schwach: Besoffene, Menschen unter Drogen, Irre, Menschen ohne Selbstbewusstsein oder ähnliches. In diesen Fällen würde ich durchaus erwarten, dass man von einer Strafanzeige als „Geschädigter“ absieht, was aber letztlich jedem Einzelnen überlassen ist.
    Es gibt aber auch Fälle (Rassismus, Sexismus, etc.) wo man auch mal Grenzen setzen muss!
    Und natürlich Mischformen, wo es kompliziert wird…

  18. 18
    SH says:

    Interpretiere ich das richtig, dass der so furchtbar Ehrverletzte in der konkreten Situation sogar eine Machtposition (Fahrkartenkontrolleur? Polizist bei Verkehrskontrolle?) innehatte? Da kann man es von einem selbstbewussten Mitmenschen eigentlich schon erwarten, dass er das an sich abprallen lässt und am Bußgeldbescheid fürs unangeschnallte Fahren (oder was auch immer) weiterschreibt. Oder sich einen anderen Job sucht, wenn er so gar nicht vertragen kann, dass Leute, denen er Ärger bereitet, nicht vor Dank vor ihm auf die Knie fallen.

  19. 19
    BV says:

    Ich könnte mir auch gut vorstellen, Beleidigung als Straftatbestand zu streichen – man könnte ja die tätliche Beleidigung behalten.

    Allerdings ist Beleidigung ja ein Privatklagedelikt. Damit haben ja sowohl die Staatsanwaltschaft und auch das Gericht die Möglichkeit, solche Bagatellen dorthin zu verweisen und dann gegebenenfalls einzustellen. Ich gehe mal davon aus, dass von diesen Möglichkeiten in der Praxis auch reichlich Gebrauch gemacht wird und vornehmlich Fälle zur Anklage gebracht werden, in denen Besonderheiten vorliegen.

  20. 20
    Tobias says:

    Im US-amerikanischen Raum (bzw generell im common law) ist Beleidigung strafrechtlich nahezu irrelevant, und auch dort herrscht in der Folge keine Anarchie. Wer mit Menschen Kontakt hat, der muss Menschen eben aushalten. Gerade weil eine Anzeige nichts kostet, wird in D eben gerne mal strafrechtlich nachgetreten. Dass es bei Beleidigungen in aller Regel um ganz geringfügige Grenzüberschreitungen geht, oft aus einem besonders belastenden Moment heraus, wird dabei völlig übersehen. Sticks and stones…

  21. 21
    RA Ullrich says:

    An alle, die hier unbedingt eine juristische Möglichkeit haben wollen, Genugtuung zu suchen: Dafür braucht man nicht unbedingt einen Straftatbestand, ein zivilrechtliches Verbot würde vollkommen ausreichen. Dann können die Querula … ähh, diejenigen, die ihre kostbare Ehre unbedingt gegen jeden belanglosen Sprechdurchfall Dritter verteidigen müssen, diesen gerne weiterhin kostenpflichtig abmahnen und ggf. den Bösewicht mit einer Unterlassungsklage überziehen – aber dann bitte auf eigenes Kostenrisiko (bzw. auf das der eigenen Rechtsschutzversicherung). Das geht auch heute schon, stellt auch keiner bösartig wegen Geringfügigkeit ein, hat man komplett selbst in der Hand. In besonders groben Fällen gibt’s vielleicht sogar ein kleines Schmerzensgeld obendrauf. Dennoch wird es viel seltener gemacht, als eine Strafanzeige gestellt. Denn dafür muss man ja – oh Schreck – erstmal eigenes Geld aufwenden, anstatt lediglich Steuergelder zu verprassen, indem man kostenlos staatliche Institutionen in Anspruch nimmt, um die kostbare Ehre gegen diese schlimmen Worte zu verteidigen. Und wenn es eigenes Geld kostet (das es ggf. irgendwann von dem Bösewicht zurück gibt, wenn der denn solvent sein sollte), dann ist der dumme Spruch eben oftmals plötzlich gar nicht mehr so schlimm und man stellt fest, dass die eigene Ehre eigentlich doch nicht so schwer beschädigt ist, dass man unbedingt einen Prozess zum reparieren braucht.

  22. 22
    Alex says:

    Ich arbeite als Krankenpfleger im Krankenhaus, und darf mir gerne mal Beleidigungen von Angehörigen anhören. Mittlerweile bin ich dazu übergegangen, zu sagen, dass sie sich doch bitte für 10 Minuten gedulden möchten, denn dann werde ich dem Arzt die Unzufriedenheit mitteilen und ihr Mann/Frau/Sohn/Cousine etc wird dann entlassen, dann dürfen sie sich zuhause selber darum kümmern. Das alles mit einem Lächeln im Gesicht und anschließendem Schweigen.

    Ist einfach, funktioniert, und gleich darauf kommen sie wieder angekrochen oder nehmen ihn tatsächlich – ohne Entlassung – mit, und wundern sich dann über eine Privatrechnung, weil die Krankenkasse den neuen Aufenthalt in einem anderen Krankenhaus natürlich ablehnt. Klar, er wurde ja noch nicht entlassen. Aber wer gegen einen Behandlungsvertrag verstößt darf sich auch nicht wundern.

  23. 23
    Der wahre T1000 says:

    Die gebtsmuehlenartige Behauptung, wonach Stragesetze keine Straftaten verhindern, ist schlicht unrichtig. Richtig ist nur, dass sie einen TEIL der Straftaten nicht verhindern. Die meisten eben doch, weil der Buerger sich im allgemeinen sehr wohl danach richtet, was erlaubt ist und was nicht.

    Wenn irgendwo ein Parkverbot ist, dann gibt es natuerlich immer wieder mal einen Falschparker; aber die meisten Autofahrer versuchend das Knoellchen zu vermeiden und parken nicht im Parkverbot. Das Verbot wirkt ganz offensichtlich. Und wenn die Geschwindigkeit in Ortschaften nicht reguliert wuerde (nebst Kontrolle), dann haetten wir MEHR Raser.

    Genauso verhaelt es sich bei Diebstahl. Wenn das nicht verboten waere, wuerde jeder gerade das mitnehmen, was er sieht und ihm gefaellt. Vielleicht nicht jeder, aber doch sehr viele. Totales Chaos! Diebstahl zu verbieten hat seinen Sinn. Und wenn man es verbietet, dann braucht es auch Sanktionen, denn sonst koennte man sich das Verbot gleich sparen.

    Ob man nun Beleidigungen als Straftat verfolgen muss, da mag jeder seine eigene Meinung haben. Aber solange das als Straftat gilt, sollte es auch verfolgt werden. Der Abschreckung wegen, nicht wegen Rache (also dem virtuellen „aufs Maul“ wie frueher).

  24. 24
    Roland B. says:

    @BV: korrekt. werden Bürger oder Bürgerinnen beleidigt, ist das Privatsache. Die StA ist aber natü+rlich sofortz zur Stelle, wenn Sensibelchen sich beleidigt fühlen, vor allem solche im Polizeidienst.
    Die meisten Polizst/innen dürften genug Selbstbewusstsein haben, Randalierer/innen einfach zu ignorieren, aber da gibt es halt genügend Feinsensibilisierte, die schon nach Mama – Verzeihung: dem staatlichen Knüpple schreien, wen jemand einen Furz lässt. Oder nicht sofort die Füsse küsst.
    Die tauchen dann gerne in Blogs und Nachrichten auf – gerne auch, wenn sie aus dem Furz einen Wiederstand gegen seltsame Organe machen – und prägen leider mehr und mehr das Bild von der Polizei.

  25. 25
    Richard says:

    Dazu passend. Allgemein zum Blogbeitrag und speziell zu #24.

    Da wird einer angezeigt, weil er die Beamten, die an den Kontrollen beteiligt waren (ja, so konkret) auf Facebook beleidigt hat.

    https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2284654514912305&id=105158142861964&__tn__=K-R

  26. 26
    Fry says:

    Einfache (private) Beleidigungen im kleinen Kreis sollten straffrei sein, zumindest aber in den Bereich des Zivilrechts gehören. Das hätte zahlreiche Vorteile.

    Mobbing oder (öffentliche) üble Nachrede würde ich allerdings davon unterscheiden.

  27. 27
    Hufflepuff says:

    @ 25 Richard: Hans Söllner war früher mal echt gut. Dummerweise sieht man an diesem wirren Geschreibsel, was Dauerkiffen mit einem Menschen so anstellen kann. Armer Hund, der mir irgendwie leid tut.

    Genau für so jemanden finde ich aber die oben erwähnte Strafe gut. Der Mann wird es sonst nie lernen, dass man andere Menschen nicht ständig derartig beleidigen kann – die Jungs und Mädels von der Polizei machen schließlich auch nur ihren Job.
    Wobei die Beleidigung einer Berufsgruppe meines Wissens ja nicht mal strafbar ist, sondern nur das Beleidigen einer einzelnen Person.

  28. 28
    Richard says:

    Über Söllner kann man denken wie man will. Aber um Söllner geht es mir hier gar nicht. Ich finde es, im Kontext des Blogbeitrages, schon sehr bemerkenswert, dass hier überhaupt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Er hat nicht einmal konkret die am Einsatz beteiligten Beamten erwähnt sondern tatsächlich nur „Ihr Polizisten“ geschrieben. Der fraglche Post ist nach wie vor online, man kann also nachlesen, was er da schrieb. Meiner Meinung nach passt die Beschreibung „ehrgekränkten Sensibelchen und aufbrausenden Kleingeistern“ hier wie die Faust auf’s Auge.

    Und zum Thema: „Genau für so jemanden…“ Das ist genau das, was unsere Justiz eben nicht machen sollte. Es heißt ja nicht umsonst „ohne Ansehen der Person“.

  29. 29
    matthiasausk says:

    @hufflepuff #27: Der Söllner wird erst jetzt im Alter richtig gut – seine Lieder über Depression sind viel beeindruckender als seine Schimpftiraden und die ewiggleiche Aufforderung zum Warnblinken.

  30. 30
    justizfreund says:

    Vielfach in der Justiz gehört eine solche „Beamtenbeleidigung“ immer noch besonders hoch bestraft.

    Auch Richter und Staatsanwälte sollte man nicht kritisieren und ihre Tätigkeiten aufschreiben. Je fachlich schlechter die Tätigkeiten gewesen sind, um so schlimmer die Beleidigung, die besonders hoch bestraft werden muß, weil Staatsjuristen beleidigt worden sind.

    Bezeichnet ein Staatsanwalt einen Gewaltempfänger „Arschloch“ (oft wird dabei ja noch unrechte und ungerechte Gewalt angewandt), dann handelt es sich dabei nur um ein versehen.

    https://community.beck.de/2017/06/30/in-muenchen-fuer-richter-zu-akzeptieren-eigentlich-sind-sie-so-wie-freisler-nur-anders?page=1#comment-88767

    „Die Äußerungen des Angeklagten sind gerade keine sachlich vorgebrachte Tatsachenäußerungen, bei denen es auf Wahrheit oder Unwahrheit ankäme. Vielmehr erschöpfen sich die Ausführungen des Angeklagten in der Darstellung der aus Sicht des Angeklagten vorliegenden Unfähigkeit der beiden Geschädigten zur ordnungsgemäßen AusÜbung ihres Amtes, wobei er zudem über die Bebilderung einen Zusammenhang zum Nationalsozialismus herstellt. Das Schreiben des Angeklagten kann in seiner Gesamtheit einzig als Ausdruck seiner Missachtung gegenüber den Geschädigten bzw. deren Berufsausübung gesehen werden. Der Angeklagte hat sich daher der Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 185,194 Abs. 1,52 StGB schuldig gemacht.“

    Man darf auch aus seiner „subjektiven“ Sicht eine Richterin und einen Staatsanwalt nicht für unfähig halten. Man hat aber nur darüber berichtet was diese tatsächlich gemacht haben. Das ist aber auch nicht dem Wahrheitsbeweis zugänglich. usw.

    Bei der Willkür wie Beleidigungen verfolgt werden, kann man diesen Straftatbestand ohnehin abschaffen.

    Außerdem denken ganz viele, daß der Straftatbestand subjektive Beleidigungsgefühle schützen würde. So wird auch häufig an Gerichten geurteilt, tatsächlich ist dem aber nicht so.