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Behörden
Selbstbewusster Rechtfertigungsdruck
Ich hatte in einer Bußgeldsache wegen Verstoßes gegen § 111 SGB IV („OWi Sofortmeldung“) in einer ausführlichen Stellungnahme zu den – unzutreffenden – Tatvorwürfen das Verhalten der Ermittlungsbehörde massiv kritisiert und das Ganze dann noch einmal mit deutlichen Worten in der Hauptverhandlung vorgetragen. Die anwesenden Behördenvertreter waren sichtlich beeindruckt. Damit war das Thema für den Mandanten und mich eigentlich erledigt.
Was war passiert?
Die eigentliche Bußgeldakte war filmdünn. Die im Bußgeldbescheid bezeichneten umfangreichen „Beweismittel“ stammten aus einer fetten Strafakte, die sich nicht in der Akte befanden. Daraus hatte die Bußgeldbehörde Auszüge in Form von Kopien hergestellt und diese in sogenante „Beweismittelordner“ gepackt.
Auf mein Akteneinsichtsgesuch verweigerte man mir zunächst die Einsichtnahme in diese Ordner. Nach meiner Intervention hieß es, ich könne mir die Akten auf dem Amt anschauen – in gut 100 km Luftlinie entfernt von Kreuzberg.
In einem weiteren Durchgang der Diskussion um die Rechte der Verteidigung bot man mir an, diese Ordner für mich zu kopieren und avisierte eine Rechnung mit einem höheren dreistelligen Betrag. Allerdings weigerte sich die Behörde, mir die Aktenkopien zuzusenden. Ich könne sie mir abholen.
Ich habe dann mich mit ein paar wohlklingenden Worten in der Hierarchie der Behörde nach oben gearbeitet. Irgendwann traf dann endlich ein Paket mit allen Akten-Ordnern in Kreuzberg ein. Damit hatte ich nach mehreren Wochen endlich das, was für die Verteidigung unverzichtbar war.
Die Möglichkeit, das unerträgliche Blockadeverhalten der Bußgeldbeamten dann in deren Anwesenheit in der Hauptverhandlung noch einmal zu thematisieren, hat mir dann auch ein klein wenig Freude gemacht.
Empfindliche Gemüter
Offenbar habe ich damit einen Nerv getroffen. Denn die Beamten konnten ihrem Rechtfertigungsdruck nicht widerstehen und haben sich in einer schriftlichen Stellungnahme zu meinem Opening Statement gegenüber dem Gericht eingelassen:
Da gab es also irgendwo eine „Dienstvorschrift“, die die Beamten berechtigen sollten, an der außerhalb der Behörde geltenden Rechtslage vorbei die Verteidigung auszuhebeln oder zumindest reichlich graue Steine in den Rechtsweg zu legen.
Wenigstens gibt es in den oberen Etagen mancher Behörden Menschen, die die Stellung der Verteidigung in einem rechtstaatlichen Verfahren kennen und wissen, wie man fair miteinander umgeht. Ärgerlich ist nur, dass man sich als Verteidiger erst mit dem insoweit ahnungslosen, aber ungerechtfertigt selbstbewußten Sachbearbeitern herumschlagen muss.
Dankbar gegliederter Schlussbericht
Gründe dafür, dass ich relativ gern (und daher auch recht oft) in Steuerstrafsachen verteidige, liefern mir immer wieder die Finanzbeamten der Straf- und Bußgeldstellen, die mancherort auch unter dem Namen Steuerfahndung geführt werden.
Anders als bei vielen Akten, die von Kriminalbeamten und Staatsanwälten angelegt und bestückt werden, sind die Steuerstrafakten stets sauber und ordentlich aufgebaut. Sie enthalten Übersichten, Inhaltsverzeichnisse und korrekte Gliederungen. Das erleichert das Aktenstudium ungemein.
Als Beispiel für die gute Arbeit mag diese Übersicht dienen, die einem per se schon eher kurzen Schlussbericht einer Steuerfahndungsstelle aus Nordrhein-Westfalen vorangestellt ist:
Auch wenn an der einen oder anderen Stelle erhebliche Kritik an den Inhalten und Ergebnissen angebracht ist: Das, was die Steuerfahnder da zu Papier gebracht haben, ist transparent und nachvollziehbar. Und damit auch besser angreifbar.
Bei aller berufs- und aufgabenbedingten Gegensätzlichkeit der Interessen: Besten Dank für diese Arbeit, liebe Finanzbeamte.
Nur dumm gelaufen?
Der Mandant war trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zu „seinem“ Termin erschienen. Das war keine gute Idee, denn dafür sieht das Prozessrecht den sogenannten Sitzungshaftbefehl vor (§ 230 StPO).
Eine Verhaftung konnte (zunächst noch, siehe unten) verhindert werden, der Mandant ist dann „freiwillig“ zu einem Wiederholungstermin erschienen, den das Gericht ein paar Wochen später anberaumt hatte. An diesem Sitzungstag wurde die Sache auch beendet; er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und der Haftbefehl per Beschluss aufgehoben.
Dieser Beschluss hat dann wohl auch Eingang in die Gerichtsakte gefunden. Weiter ist er aber offensichtlich nicht gekommen.
In der vergangenen Woche meldete sich die Ehefrau meines Mandanten gegen 22:30 Uhr über unseren Notruf. Sie teilte mit, dass die Polizei ihren Mann fest- und mitgenommen habe. Das ist wohl nicht ganz unproblematisch vor sich gegangen; jedenfalls braucht die Wohnung jetzt eine neue Tür und auch einiges Mobiliar in der Wohnung muss ersetzt werden.
Erst am darauf folgenden Vormittag konnte ich die Sache klären.
Der zuständige und freundliche Polizeibeamte teilte mir mit, dass seine Kollegen den Sitzungshaftbefehl (siehe oben) vollstreckt hätten. In seinem Computersystem sei nichts von einer Aufhebung des Haftbefehls erkennbar. Auch sei beim Gericht niemand erreichbar, der ihm meine Information bestätigen konnte.
Glücklicherweise ist es mir gelungen, quasi über die „Hintertür“ Kontakt zu der zuständigen Mitarbeiterin auf der Geschäftsstelle des Gerichts aufzunehmen. Wir waren beide erleichtert, dass sich die Akte noch auf der Geschäftsstelle befand und nicht bereits auf dem Weg über die Staatsanwaltschaft zum Landgericht war, das über die Berufung zu entscheiden hat.
Denn in dieser Akte befand sich auch der Beschluss, mit dem der Haftbefehl aufgehoben wurde. Es war dann kein Problem mehr, den Beschluss auf die Polizeidienststelle zu schicken. Fünf Minuten später wurde der Mandant wieder in die Freiheit entlassen.
Es reicht also nicht aus, dass ein Haftbefehl aufgehoben wird, um zu verhindern, dass er vollstreckt wird.
Nun obliegt es dem Mandanten, den erlittenen Schaden gegenüber dem Land geltend zu machen. Wer sich einmal mit der Durchsetzung von Amtshaftungsansprüchen ernsthaft auseinandergesetzt hat, weiß, dass dies kein einfaches Unterfangen ist. Ich gehe davon aus, dass er am Ende auf irgendeinem Schaden sitzen bleiben wird.
Mit einer Entschuldigung für dieses Justizversagen rechne ich ebenfalls nicht. So ein Geschehen scheint wohl eher zum allgemeinen Lebensrisiko zu gehören … jedenfalls nach Ansicht der verantwortlichen Justiziellen. :-(
Gemütlich. Nicht.
In dem Durchsuchungsbeschluß war die Steuerfahndung Hagen als Antragstellerin bezeichnet. Irgendwo in den Akten fand ich dann auch das Aktenzeichen der Finanzermittler.
Was fehlt dem Strafverteidiger?
- Richtig: Die Anschrift und die Kommunikationsdaten der Ermittlungsbehörde.
Wer findet sie heraus?
- Google!
Einen Mausklick weiter werde ich von den Finanzbeamten herzlich begrüßt:
Bitte drückt mir (und meiner Mandantin) die Daumen, daß die Stimmung, die diese Fassade verbreitet, noch nicht auf die Seele der Steuerfahnder übergegriffen hat.
Wenn ich da jeden Morgen reingehen müßte, würde ich mir eine Schlafbrille und einen Blindenhund anschaffen. Hoffentlich sieht das da drin besser aus …
Die BRAK und die beA-Karte
Ich hatte am 26.06.2018 in einem Blogbeitrag über die Kosten für frustrierte (frustierende?) „Leistungen der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer“ gemeckert.
Offenbar war ich nicht der Einzige; es gibt weitere, insbesondere zivilrechtlich besser als ich ausgestattete Kollegen, die sich bei der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) beschwert haben. Das hat zu einer Reaktion der BRAK via Newsletter vom 28.06.2018 geführt:
Gebühren für beA-Karten – ohne beA?
Anfang dieser Woche gingen bei den meisten Kolleginnen und Kollegen Rechnungen der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer (BNotK) für von ihr erbrachte Leistungen – nämlich: die Ausstellung und Auslieferung einer beA-Karte (bzw. beA-Karte Signatur) – ein. Das wirft bei vielen Fragen auf, steht doch das beA bekanntermaßen derzeit nicht zur Verfügung.
Für die beA-Karten ist ausschließlich die BNotK zuständig. Der Anspruch der BNotK auf Zahlung des Entgelts für bestellte beA-Karten entsteht mit Ausstellung der Karte. Die Abrechnung erfolgt jährlich. Die vorübergehende Abschaltung des beA-Systems hat auf den Zahlungsanspruch der BNotK keine Auswirkungen. Sollten Sie Fragen zu Ihrer Rechnung haben, wenden Sie sich bitte direkt an die BNotK (per E-Mail unter bea@bnotk.de oder unter https://bea.bnotk.de).
Die BRAK ist mit Atos wegen möglicher Schadensersatzansprüche, die der Ausfall des beA-Systems verursacht hat, im Gespräch. Sie sind noch nicht abschließend geprüft und verhandelt. Bei Realisierung werden sie, wie bereits in der Vergangenheit praktiziert, eine künftige Reduktion des beA-Anteils am Kammerbeitrag bewirken (näher dazu Nitschke, BRAK-Magazin 2/2018, 10).
Vergebliche Aufwendungen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten für beA-Karten sind eine von mehreren mit Atos zu verhandelnden Positionen. Die BRAK ist bemüht, für sie eine möglichst pragmatische Lösung zu erreichen. Die BRAK empfiehlt Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, sich die Verjährungsfrist zu notieren, bittet aber darum, derzeit wegen etwaiger Schadensersatzansprüche noch nicht auf die BRAK oder Atos zuzugehen.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich der Bitte Folge leisten möchte.
Für den Mist, den die Verantwortlichen bei der BRAK verursacht haben, sollten sie eigentlich auch geradestehen und nicht versuchen, über die lange Bank den Das-erledigt-sich-irgendwann-von-selbst-Punkt zu erreichen.
Andererseits könnte die massenhafte Geltendmachung von Schadensersatz-Forderungen durch die Kollegen gegenüber der BRAK bei der wünschenswerten Lösung der Probleme auch hinderlich sein.
Erkennbar sind die ehrlichen Bemühungen der BRAK-Vorderen um Schadensbegrenzung durchaus – aus Sicht eines Strafverteidigers handelt es sich dabei um ein strafmaßreduzierendes Nachtatverhalten, das Berücksichtigung finden muß.
Für die Beantwortung meiner Frage kann ich ja auf ein bewährtes Hilfsmittel zurückgreifen. :-)
beA und der Optimismus der BRAK
Weltbewegende Ereignisse heute: Die deutsche Fußballmannschaft spielt gegen Südkorea. Und die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) will auf einer Präsidentenkonferenz über den neuen Anschalttermin für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) entscheiden.
Der Kollege Andé Feske, seinerseits Mitglied des Vorstands (Abteilung VI) der Rechtsanwaltskammer Berlin, lobt in seinem Blogbeitrag vom 22.06.2018 die beabsichtigte Nichtwiederinbetriebnahme der Adressierbarkeit von beA-Postfächern für „Jedermann“.
Für den „Rest“ findet Rechtsanwalt Feske allerdings deutliche Worte:
Der Optimismus der BRAK übersteigt die Akzeptenz der Nutzer bei weitem.
Der überwiegende Teil der Anwälte wäre dankbar für ein funktionierendes und – vor Allem – sicheres beA. Die Art und Weise, wie die BRAK und ihre Auftragnehmer diesen Wunsch nach einer zeitgemäßen Kommunikationsmöglichkeit umgesetzt haben, und mit welch lausigen Ergebnis, entspricht nicht nur nicht dem Stand der Technik, sondern auch nicht den Wünschen seriös und gewisshaft arbeitender Rechtsanwälte.
Auch als Berufsoptimist habe ich so meine Zweifel, daß die BRAK das noch irgendwann einmal auf die Reihe bekommt.
Drohnen und Strafrecht
Selbstverständlich bleibt den Piloten von Multicoptern – umgangssprachlich: Drohnen – der potentielle Kontakt zum Strafrecht nicht erspart. Aber so einfach wie eine Schwarzfahrt oder ein Ladendiebstahl macht es die aktuelle Gesetzeslage den Strafverfolgern nicht.
Der Beziehungsstatus zwischen Drohnenpiloten und Ermittlungsbehörden lautet bislang: Es ist kompliziert.
In einem Artikel von Sebastian Leber im Tagesspiegel wird der Kollege Tim Hoesmann zitiert, der einen schönen Vergleich formuliert hat:
… es sei wie damals nach der Erfindung des Automobils. Im 20. Jahrhundert hätte jede Gemeinde eigene Höchstgeschwindigkeiten festgelegt, es habe lange gebraucht, einheitliche Regeln zu finden. „Und natürlich gab es diejenigen, die Autos für komplett überflüssig hielten, weil die Postkutschen doch bestens funktionierten.“ Dieselben Auseinandersetzungen stünden jetzt den Drohnen-Freunden und -Gegnern bevor.
Einen (groben) Überblick über Regeln und Verbote für Drohnen- und Multicopterflüge findet man auf den Seiten von berlin.de. Diese Vorschriften sind auf geduldigem Papier gedruckt, werden von den meisten Piloten allerdings eher sparsam gelesen und noch weniger beachtet.
Und die Ermittlungsbehörden verfügen über kompetentes Personal und notwendige Technik in ungefähr gleichem Umfang wie die Behörden zu der Zeit, in der Carl Benz mit seinem Motorwagen die ersten Gäule auf den staubigen Dorfstraßen erschreckt hat.
Das wird sich ändern, wenn ernst zu nehmende Verantwortungsträger in den verwaltungsbeamteten Mühlen den Regelungsbedarf und das Ermittlungspotential erkannt haben. Bis sich im Anschluß daran dann auch noch die Strafrichter mit dem neumodischen Zeug auskennen, wird es noch ein Weilchen dauern … Alles nicht so wild, solange es Strafverteidiger gibt, die noch über einen gesunden Spieltrieb verfügen.
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© Photo by Mitch Nielsen on Unsplash
Neuköllner Unordnungsamt
Der Klassiker des zweierlei Maßes:
Die Mitarbeiter des Neuköllner Ordnungsamts überwachen den stehenden Verkehr. Um Falschparker aufschreiben zu können, parken sie bequem auf einem freien Platz, von dem aus sie es nicht weit haben, damit sie die anderen Kreuzungsparker dingfest machen können.
Quid licet Ordnungsamt, non licet gemeiner Bürger.
Tricksendes Hauptzollamt
Gegen die Mandantin wird ein Vorwurf erhoben, für dessen Ermittlung das Hauptzollamt zuständig ist. Es geht um § 266a StGB und angebliche Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.
Zu ordnungsgemäßen Ermittlungen gehört die verantwortliche Vernehmung der Beschuldigten. Das ist in § 163a StPO geregelt. Das Hauptzollamt lädt also die Mandantin zu Vernehmung vor:
Nun ist es so, daß die Mandantin dieser Ladung nicht folgen muß und aus Sicht einer effektiven Strafverteidigung auch nicht folgen sollte. Das wissen auch die Hauptzöllner. Allerdings gefällt ihnen das in der Regel gar nicht, wenn die Beschuldigten sich vor ihrer Vernehmung durch einen Strafverteidiger beraten und vertreten lassen.
Deswegen hilft man dem Willen der Beschuldigten nach und erteilt ihr einen ziemlich üblen Hinweis:
So ein Hinweis hört sich für einen juristisch ungebildenden und unerfahrenen Beschuldigten gefährlich an:
„Wenn Du nicht kommst, wirst Du zwangsweise vorgeführt!“
Das ist genau das, was bei meiner Mandantin hängen geblieben ist, als sie den Hinweis gelesen hatte.
Als ich der Mandantin den Inhalt § 163a Abs. 3 StPO erklärt habe, hat sich sich geärgert und sich von dem Beamten – Achtung: O-Ton – „verarscht“ gefühlt. Wie ich meine: Völlig zu Recht. Ich nenne sowas
„Üble Täuschung durch einen eigentlich wahren Vortrag“.
Denn wenn sie dieser Ladung mit oder ohne Entschuldigung bzw. Absage nicht gefolgt wäre, wäre nichts, aber auch gar nichts passiert!
Für die Rechtskundigen unter den Lesern nun die Aufgabe zum Mitarbeiten:
Wann erst könnte die zwangsweise Vorführung erfolgen? Klären Sie meine Mandantin auf! Warum ist dieser Hinweis eine unangemessene Trickserei des Hauptzollamtsmanns? Wie wahrscheinlich ist die zwangsweise Vorführung, wenn sie von ihrem Recht, sich durch Schweigen und Nichterscheinen zu verteidigen, Gebrauch gemacht hätte?
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Bild: © Dr. Stephan Barth / pixelio.de
RAK Berlin – Kein Vertrauen in Atos und die BRAK
In einem Rundschreiben wendet sich heute der Präsident der Berliner Rechtsanwaltskammer (RAK Berlin), Dr. Marcus Mollnau, an die Kollegen.
Wenn man Herrn Rechtsanwalt Dr. Mollnau kennt und weiß, wie höflich, distinguiert und diplomatisch er sich üblicherweise sonst ausdrückt, spürt den heiligen Zorn, den er – provoziert von den Funktionären der BRAK – nun in sich trägt, spätestens in diesen Worten:
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) empfiehlt allen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die für die bisherige beA-Nutzung erforderliche Client Security zu deinstallieren bzw. zu deaktivieren. Diese Empfehlung ist in einer Pressemitteilung enthalten, die die BRAK über den Verlauf des beAthon in den Abendstunden des 26.01.2018 veröffentlicht hat.
Es heißt dazu in dieser Pressemitteilung: „Die Deaktivierung der beA Client Security kann auf zwei Wegen geschehen: Entweder durch Deinstallation oder durch Schließen der Client Security auf dem Rechner und das anschließende Entfernen der Client Security aus dem Autostart des Rechners.“
Der Rechtsanwaltskammer Berlin liegen über diese Presseerklärung hinaus leider keine weiteren Informationen oder Mitteilungen der BRAK vor. In der Presseerklärung der BRAK wird jedoch davon gesprochen, dass die bisher installierte Client Security „eine Lücke für einen externen Angriff darstellen“ kann. Deshalb empfiehlt die RAK Berlin dringend, die Deinstallation durchzuführen.
Nachdem die von der BRAK für die Einrichtung und den Betrieb des beA beauftragte Dienstleisterin, die Atos GmbH, ihre Teilnahme an dem beAthon der BRAK kurzfristig abgesagt hatte, veröffentlichte Atos erstmals eine eigene Erklärung (pdf). Darin heißt es, dass mit einer der BRAK zur Verfügung gestellten neuen Version der beA-Client-Anwendung die „potentielle Sicherheitslücke in der beA Browser-Anwendung geschlossen“ sei. „Sicherheit und Integrität sind wiederhergestellt und das System ist in der aktuell vorliegenden Ausbaustufe voll einsatzfähig“, so Atos weiter. Die Teilnehmer des beAthon haben diese von der Atos GmbH angebotene Lösung diskutiert.
Die RAK Berlin vertraut nicht allein auf Erklärungen der Atos GmbH oder der BRAK. Der Vorstand der RAK Berlin hat deshalb einstimmig beschlossen, dass eine Wiederinbetriebnahme des beA erst erfolgen darf, wenn durch externe Sachverständige nach vollständigen Prüfungen (White-Box-Tests) die Sicherheit des gesamten Systems und die absolute Vertraulichkeit der über das System zu versendenden Nachrichten gewährleistet und nachgewiesen sind. Diese Forderung wird die RAK Berlin in die Entscheidungsprozesse der Hauptversammlung der BRAK einbringen.
Ich pflichte dem weit hörbaren Schlag des Präsidenten der RAK Berlin mit der Faust auf dem Tisch bei. Es erscheint mir als eine Unverschämtheit der BRAK, unsere Kammer allein über Pressemitteilungen zu informieren; die Altvorderen der BRAK dürfen sich nicht wundern, wenn damit jedes Vertrauen in deren Zuverlässigkeit bis zum St. Nimmerleinstag perdu sein wird.
Und solange nicht hundertprozentig feststeht, daß unsere Schreiben nicht vor dem Zugriff Dritter geschützt sind, und die Software auch funktioniert, kommt mir das nicht nur vollkommen unhandliche, d.h. bislang praxisuntaugliche Zeug von Atos nicht ins Haus. Basta!
Fettdruck von mir. crh
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Bild: Screen Shot von der Website der BRAK