Behörden

Rohrkrepierender Anwaltsfluchhafen

Hat sich eigentlich noch niemand gewundert? Über die Ähnlichkeit zweier Abkürzungen? Ok, dann sprechen Sie mir mal nach:

  • BER
  • beA

Und? Klingelt’s? Nein? Nun, dann noch ein Hinweis:

  • Was hat also der Berliner Fluchhafen mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) zu tun?

Na? Keine Idee?

Dann lesen Sie doch mal diese Presseerklärung Nr. 20 v. 26.11.2015 der Bundesrechtsanwaltskammer

beA kommt später

BRAK verschiebt Starttermin für besonderes elektronisches Anwaltspostfach

Das Präsidium der Bundesrechtsanwaltskammer hat beschlossen, das besondere elektronische Anwaltspostfach nicht wie vorgesehen am 01.01.2016 zu starten. Grund dafür ist die bisher nicht ausreichende Qualität des beA in Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit. Sie entspricht noch nicht den hohen Erwartungen, die sich die Kammer selbst gestellt hat.

Kann es sein, daß da irgendjemand ein paar Brandschutztüren verkehrt herum in das Postfach programmiert hat.

Die BRAK verhandelt jetzt mit Atos, dem mit der Entwicklung des beA beauftragten Unternehmen, über einen neuen Projektplan, aus dem sich auch ein neuer Starttermin ergibt.

Diesen Satz habe ich so ungefähr vor ein paar Jahren schon einmal gehört. Wo war das bloß?

Das Datum wird dann auf der speziell zum beA eingerichteten Internetseite der BRAK (http://bea.brak.de) veröffentlicht.

Neuer Termin von Amts wegen. Wenn das mal gut geht …

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Die Thermoskanne im Verwaltungsrecht

Ich habe am Freitag über ein Akteneinsichtsgesuch in einer Cybercrime-Sache berichtet. Die Einsichtnahme in die 500 Bände der Ermittlungsakte hat mir der gut gelaunte Vorsitzende Richter auf der Geschäftsstelle gewährt. Der Versand der Akten scheint das Gericht vor ein paar organisatorische Probleme zu stellen.

Ein Kommentator machte in unserem Facebook-Account dazu folgenden Vorschlag:

Facebook-Kommentar

Dazu fällt mir eine kleine Geschichte ein, die ich Anfang der Neunziger als „junger“ Anwalt in der verwaltungsrechtlichen Sache erlebt hatte.

Es ging auch um die Einsicht in eine (einbändige) Akte einer ostdeutschen Behörde. Man wollte mir weder die Akte, noch Kopien schicken.

Ich bin also auf’s brandenburger Land gefahren und wurde in der staubigen Geschäftsstelle des Amts an einen Katzentisch gesetzt. Um mich herum saßen drei weitere Mitarbeiterinnen (vom Typ her irgendwas zwischen kitteltragende Hausfrau und Traktoristin im Blaumann). Eine der drei ziemlich mißtrauischen Damen gab mir (Wessi! Kreuzberger! Rechtsanwalt! Motorradfahrer!) dann recht widerwillig die IHRE Akte.

Die Luft war nicht nur wegen des DDR-weit bekannten Desinfektions- und Putzmittelgeruchs zum Schneiden. Ich habe dann meine Tasche ausgepackt: Notizblock, Stiftetasche. Damit hatten die Damen gerechnet.

MicrocasetteEtwas Unruhe an den Plaste-Schreibtischen stellte ich dann fest, als ich mein batteriebetiebenes Diktiergerät, zwei Sätze Ersatzbatterien und ca. 10 dieser microcasetten fein säuberlich im rechten Winkel zum Notizblock aufbaute.

ThermoskanneDie Schnappatmung bei den Damen setzte dann ein, als ich meine gut befüllte Butterbrotsdose und eine rote Thermoskanne (meine hatte noch einen weißen Deckel) vor mir auf dem Tisch drapierte.

Ich hatte noch nicht einmal die ersten 10 Seiten der Akten abdiktiert, als irgendein zu höheren Würden berufener Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung die Amtsstube betrat und mich fragte, wie lange es denn dauern würde, bis er die Akte wieder zurück bekäme, wenn er sie mir jetzt mitgeben würde …

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Neuköllner Casino

Wenn Neuköllner Beamte um 11 Uhr Pause machen, gehen sie in’s Rathaus-Casino:

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Dort wird man mit einem freundlichen „Mahlzeit!“ begrüßt. Was nicht – wie im Süden – „Guten Appetit“ bedeutet, sondern ein fröhliches „Herzlich Willkommen zur Mittagspause!“ in einer 60er Jahre-Atmosphäre. Gefällt mir, gerne wieder.

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Inhaltsleere Zustellungen

Nicht überall ist das drin, was draufsteht. Und wenn’s drauf an kommt, was drin ist, kann dieser Beschluß des Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt vom 29.08.2014 zum Aktenzeichen: 3 O 322/13 ganz nützlich sein.

Das Problem:
Die Behörde oder das Gericht möchte ganz sicher sein, daß ein Schreiben den Bürger erreicht. Und im Zweifel soll das dann auch noch nachweisbar sein.

Die Lösung:
Für diesen Zweck hat man vor langer Zeit die förmliche Zustellung erfunden. Das Schriftstück – zum Beispiel ein Strafbefehl – wird vom Absender, also vom Gericht, in einen gelben Umschlag gesteckt und auf den Weg gebracht.

Der Postbote soll dann versuchen, diesen gelben Umschlag mit dem Strafbefehl an den Mann oder an die Frau zu bringen, am besten durch persönliche Übergabe. Ist der Herr oder die Dame aber nicht im Hause, steckt der Briefträger den Umschlag schlicht – ersatzweise – in den Briefkasten. Und über das, was er da gemacht hat, führt er Protokoll, das Zustellungsprotokoll. Mithilfe dieser Zustellungsurkunde gelingt der Behörde, oder hier dem Gericht, der Nachweis, daß die häßliche Nachricht ihren Adressaten erreicht hat.

Die Folgen:
343594_web_R_K_B_by_Marvin Siefke_pixelio.deDas führt in solchen Fällen immer dann zum Streit, wenn beispielsweise der Briefkasten geplündert wurde. Oder der Zusteller den Brief in den falschen Kasten gesteckt hat – zum Beispiel bei J. Müller statt bei P. Müller.

Gerade bei Adressaten von unangenehmen Briefen kommt überproportional häufig die Post weg. Das juckt die Behörde und das Gericht aber wenig: Zustellungsurkunde ist Zustellungsurkunde und fertig. Den Nachweis der Briefkastenplünderung oder der Schusseligkeit des Zustellers gelingt so gut wie nie.

Der Beschluß:
Nun hat uns das OVG Sachsen-Anhalt auf eine neue Idee gebracht.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob der Bescheid der Behörde dem Bürger vollständig, d. h. einschließlich der Rechtsmittelbelehrung, zugegangen sei. In dem Beschluß des OVG heißt es dazu:

Hierfür spreche die Tatsache, dass ihm der angefochtene Bescheid ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Postzustellungsurkunde […] – durch Einwurf in den Briefkasten – ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Postzustellungsurkunde begründe als öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis für die Richtigkeit der beurkundeten Tatsachen. Der nach § 418 Abs. 2 ZPO grundsätzlich mögliche Beweis des Gegenteils […] sei vom Kläger nicht erbracht worden.

Soweit der Standard. Nun kommt’s aber:

Die Postzustellungsurkunde [erbringt] nur den (vollen) Beweis dafür, dass dem Kläger das in der Postzustellungsurkunde bezeichnete Schriftstück […] am fraglichen Tage […] in der angegeben Weise […] unter der angegebenen Anschrift – hier nach dem vergeblichen Versuch der persönlichen Aushändigung – durch den benannten Postbediensteten zugestellt worden ist.

Mit anderen Worten: In der Urkunde wird dokumentiert, daß der Postbote einen Brief in den Briefkasten geworfen hat. Der Haken ist aber folgender:

Hingegen erstreckt sich die Beweiskraft der Urkunde nicht (zugleich) auf die hier streitbefangene Frage, ob das zumal im verschlossenen Umschlag enthaltene Schriftstück dem Kläger auch vollständig zugestellt worden ist, mithin der angefochtene Bescheid mit einer (ordnungsgemäßen) Rechtsbehelfsbelehrung versehen war oder ob dies versehentlich unterblieben ist. Hierzu finden sich in der Postzustellungsurkunde naturgemäß keinerlei Angaben; der Postzustellungsurkunde kommt insoweit auch keine Beweiskraft zu.

Und genau das ist das Sensationelle
Wenn der Inhalt des gelben Briefes nicht nachgewiesen wurde und der Adressat bestreitet, daß alle wesentliche Bestandteile im Umschlag steckten, hat die Behörde oder das Gericht ein Problem. Sie trägt die Beweislast. Fehlt die Rechtmittelbelehrung – oder gelingt wie in dem entschiedenen Fall der Behörde der Nachweis nicht, daß die Belehrung im Brief drin war – läuft auch keine Rechtsmittelfrist. Dann kann ein Rechtsbehelf nicht zu spät erhoben worden sein. Fehlt sogar die letzte Seite eines Strafbefehls mit dem Beglaubigungsvermerk, ist die unvollständig zugestellte Entscheidung insgesamt nicht wirksam.

Die Bedeutung des Beschlusses
Dieser Beschluß des Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt ist ein gewichtiges Argument für die Verteidigung, z.B. in Strafbefehlsverfahren. Daran soll der Strafverteidiger immer denken, wenn der Mandant die Frage nach der Vollständigkeit des Inhalts mit: „Weiß ich doch nicht!“ oder ähnlich beantwortet.

Hinweis auf die Entscheidung gefunden beim Rechtsindex; besten Dank!
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Bild Briefkästen: © Marvin Siefke / pixelio.de
Das ursprüngliche Bild oben (Umschläge) war von © Tim Reckmann via pixelio.de. Er verschickt aber auch Rechnungen für die Veröffentlichungen seiner Photos, deswegen habe das Bild vom Server genommen und entsprechend ersetzt.

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Bedienungsanleitung für Beamte

Ein wohl notwendiger Hinweis der Betreiber der Kantine im Rathaus Neukölln:

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Kann ein Beamter ja auch nicht wissen, daß Teller und Tassen in die Kantine gehören und nicht auf den Schreibtisch einer Amtsstube. Gut, daß das mal endlich einer gesagt hat.

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Ehegattenbelastungsbogen

Auf eine ganz tolle Idee ist die Abteilung für Verkehrsordnungswidrigkeiten einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen gekommen. Nachdem auf der Vorderseite des Zeugenfragebogens ganz massiv mit empfindlichen Übeln gedroht wurde …

Drohung der Abt. für Verkehrsordnungswidrigkeiten

… versuchen es die ordnungsbehördlichen Bußgeldjäger nun auf der Rückseite mit dieser leicht durchschaubaren Trickserei:

Zeugnisverweigerungsrecht

Ich frage mich, welche Medikamente der Entwickler dieses Fragebogens vergessen hat einzunehmen. Soll der befragte Zeuge sein Zeugnisverweigerungsrecht damit begründen, daß er mit der/dem Betroffenen verheiratet ist??

Es ist nicht zulässig und unter Umständen sogar strafbar, dieser Ordnungsbehörde einen gestreckten Mittelfinger zurück zu schicken. Nur deswegen rate ich davon ab.

Wer von seinem Recht (sic!) Gebrauch machen möchte, die Fragen der Ermittler nach dem Täter nicht zu beantworten, dem biete(t) (s)ich maximal folgende Formulierung an:

Ich mache von meinen Rechten aus §§ 52 ff StPO Gebrauch.

Wenn dann noch Fragen offen sind, mag der Ermittler sein Verlangen kundtun, § 56 StPO.

Vorsorglich:
Niemand muß eine ernsthafte Sanktion befürchten, wenn er diese frechen Fragebögen mit zwei Löchern versieht und abheftet, ohne sie zu beantworten.

Und das hier ist die abschließende Unverschämtheit dieser Behörde, unterhalb dieses Selbst- und Ehegattenbelastungsbogens:

Fahrtenbuchandrohung

Soweit zu Thema:
Wie verhindert eine Behörde möglichst, daß der Bürger von den Rechten Gebrauch macht, die ihm ein Rechtsstaat bereits in der Verfassung zur Verfügung stellt. Merkwürdiges Verhalten, ganz merkwürdig.

Weitere Hinweise
Zur Fahrtenbuchauflage empfehle ich meinen Erfahrungsbericht aus 2009 und gestatte mir den Hinweis, daß der Verstoß gegen die Fahrtenbuchauflage keine Eintragung von Punkten in das Fahrerlaubnisregister (FAER) nach sich zieht.

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Es geht noch dunkelroter

718722_web_R_by_kai Stachowiak_pixelio.deDie an die Guantanamo Bay Naval Base erinnernde Behandlung eines Untersuchungsgefangenen in der JVA Essen habe nicht nur ich zum Thema eines Blogbeitrags gemacht, sondern auch Zeit Online.

In jenem Artikel wird die „Grünen-Rechtsexpertin Renate Künast“ zitiert, die nun eine gerichtliche Prüfung dieser nicht hinnehmbaren Behandlung eines in Obhut der Staatsgewalt befindlichen Menschen fordert.

Andauernder faktischer Schlafentzug durch sogenannte Selbstmordprävention zerstört einen Menschen physisch und psychisch. Er ist eindeutig eine Verletzung der Menschenrechte und mit nichts zu rechtfertigen.

wird Frau Künast von Zeit Online zitiert.

Aber es geht noch besser. Nicht nur, daß alle 15 Minuten der Schlaf des Gefangenen unterbrochen wird; die Würde des Gefangenen kann man noch intensiver unter Beschuß nehmen.

Der erste Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschied am 27.01.2015 (1 Vollz(Ws) 664/14, 1 Vollz(Ws) 665/14) folgenden Fall:

Der 37 Jahre alte Strafgefangene war zeitweilig in der Justizvollzugsanstalt Aachen inhaftiert. Nach einem Selbstmordversuch in einer anderen Justizvollzugsanstalt hatte die Anstaltsleitung angeordnet, den Gefangenen in unregelmäßigen Zeitabständen von nicht mehr als 15 Minuten, auch bei Nacht, zu beobachten. Diese Beobachtungsmaßnahmen (durch das Fenster zu seinem Haftraum) führten teilweise auch weibliche Bedienstete durch. In mindestens 3 Fällen war der Strafgefangene dabei nackt, nachdem er sich nach sportlicher Betätigung gewaschen hatte.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19.03.2015 (PDF)

Die Richter des Landgerichts Aachen fanden das noch völlig in Ordnung – offenbar nach dem Motto: „Der Kerl soll sich nicht so anstellen.“ Das haben sich die Autoren des Art. 1 GG allerdings ganz anders vorgestellt, der auch für Kontrollmaßnahmen gegenüber einem Gefangenen gilt.

Das dürfen die Richter in Aachen jetzt noch einmal üben: Die Sache ist von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen erneut zu verhandeln und zu entscheiden.

Diese beiden Fälle sind bei weitem nicht die einzigen.

Die in einem Kölner Gefängnis einsitzende mutmaßliche Neonazi-Terroristin […] könnte Hafterleichterung bekommen. In Zschäpes Zelle solle das Licht künftig nicht mehr dauernd brennen. […]

Bisher sei das Licht angeschaltet geblieben, da Zschäpe als selbstmordgefährdet gegolten habe. […] Zschäpe habe zuletzt mit der Dauerbeleuchtung zu kämpfen gehabt. Außerdem sei sie „massiv in ihrer Intimsphäre betroffen“, da sie sich nicht unbeobachtet habe waschen oder zur Toilette gehen können.

berichtete Spiegel Online am 30.12.2011.

Die gute Nachricht aber ist: Die Verhältnisse in den Haftanstalten Nordrhein-Westfalens unterscheiden sich doch noch von denen in dem irakischen Gefängnis von Abu Ghraib. Noch.

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Bild: © kai Stachowiak / pixelio.de

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Strukturierte Kriminalbeamtin

Strafverteidigern wird seitens der Justiz- und Ermittlungsbehören schon einiges zugemutet, wenn es um die Verwirklichung des Akteneinsichtsrechts geht. Verstaubte Papierakten, statt PDF-Dokumente, die dann zusätzlich ganz oder teilweise nicht oder recht unorthodox paginiert (mit Seitenzahlen versehen) sind. Das ist noch das geringste Übel.

Spannend wird es, wenn das Gericht nach Anklageerhebung die Akten der Staatsanwaltschaft neu sortiert und eine neue Paginierung vorgenommen hat. Wenn die Staatsanwaltschaft zuvor die Akten der Kriminalpolizei schon umstrukturiert hat, ist das dann die dritte Ordnung.

Das führt dann in der Beweisaufnahme zu erheblichen Problemen, weil die in Schriftsätzen, Urkunden und Beschlüssen zitierten Fundstellen in den unterschiedlichen Aktenversionen den Einsatz von Pfadfindern erfordert: Der Polizeibeamte verweist auf ein Vernehmungsprotokoll, das sich doch eigentlich auf Blatt 213 in dem Band 3 der Fallakte 6 befinden muß. Dort jedenfalls hat er es abgeheftet. Gefunden wird das Protokoll dann endlich nach erfolgreichem Einsatz von Spürhunden im Sonderband 4 der Beiakte 2 auf Blatt 53. Oder so ähnlich.

Die Verteidigung hat dann irgendwann zwischen dem ganz Un-Organisations-Prozedere die Akten zur Einsicht erhalten und digitalisiert und verfügt bereits über ein eigenes Ordnungssystem, in dem dann nach dem Protokoll gesucht werden kann. Aber dafür gibt es ja entsprechende Technik. Lästig ist es aber allemal.

Für jeden Mist gibt es irgendwelche Vorschriften und Anordnungen in der Justiz. Für den Aufbau und die Struktur von Umfangs-Akten offenbar nicht oder sie werden nicht berücksichtigt.

Nun erhalte ich – mal wieder aus Sachsen – ein Aktenkonvolut, das Vorbildcharakter hat. Die Aktenbände sind sauber und einheitlich bezeichnet und die Bände haben etwas ganz Wichtiges: Ein Inhaltsverzeichnis.

Inhaltsverzeichnis

Innerhalb der Akte befinden sich Deckblätter zu den einzelnen Durchsuchungen, die jeweils weitere Übersichten über den konkreten Fall liefern. So macht das Arbeiten Freude, auch wenn hier und da wenig Erfreuliches in der Sicherstellungs- und Beschlagnahmeprotokollen zu lesen ist.

Besten Dank trotzdem auf diesem Wege an die gut strukturierte Kriminalbeamtin. ;-)

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Bekifftes Arbeitsamt

Eine ganz tolle Idee des Arbeitslosenamts: Die Kunden des Jobcenters werden demnächst darauf hingewiesen, unbedingt mit voller Blase beim Amt vorstellig zu werden. Damit sie in ein Röhrchen pinkeln können. Mit diesen – bereits in den Knästen des offenen Vollzugs erfolgreich praktizierten – Urinkontrollen (UK) gehen die Arbeitsamtsbeamten dann auf die Suche nach Spuren von Amphetamin, Cannabis, Kokain, Ecstasy und Antidepressiva.

88.000 Stück von diesen Harnteststreifen hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereits angeschafft. Arbeitslose und Hartz IV-Empfänger werden damit auf Betäubungsmittel-Missbrauch [Ja: Missbrauch steht da wirklich in der Pressemeldung!] untersucht. Der ärztliche Dienst der Arbeitsagenturen soll prüfen, ob Arbeitslose für bestimmte Tätigkeiten wie beispielsweise Lkw-Fahrer geeignet sind.

Das geht natürlich nicht auf Anordnung, sondern die Leistungsempfänger müssen zustimmen. Verweigern sie die Zustimmung, werden ihnen allerdings die Bezüge gekürzt. Sie haben also die freie Wahl.

Aus zuverlässiger Quelle ist unserer Kanzlei bereits das Formular zugespielt worden, daß die Hartzies ausfüllen und unterschreiben müssen, wenn sie weiterhin die Stütze bekommen möchten:

Freiwilliger Drogentest

Was kostet so ein Teststreifen? Ich schätze mal so um die 10 Euro. Das wären dann 880.000 Euro, die da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Schornstein spätestens des Bundesverfassungsgerichts gejagt werden. Dafür könnte man den Lohn eines LKW-Fahrers 30 Jahre lang finanzieren.

Die Frage muß gestattet sein: Was hat der Bundesarbeitsagent da bloß geraucht, als er auf diese Shitidee gekommen ist?

Danke an Tobias Glienke für den Hinweis.

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Drumrumgebastelt

Der Bundesrat hat eine neue Idee: Er schlägt einen § 202d im Strafgesetzbuch vor. Danach …

… wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft,

wer Daten, die ein anderer ausgespäht oder sonst durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.

Wer sich jetzt freut, daß nun ganze Belegschaften der Landesjustizministerien fünf Jahre lang hinter Gitter gebracht werden können, ist voreilig:

Staatliche Instanzen, die illegal erworbene Daten für die Strafverfolgung nutzen, sind von der Anwendung dieser Strafnorm ausgeschlossen. Der Ankauf dieser auf Datenträger gebrannten geklauten Daten wird straffrei möglich bleiben.

Amtsträger, die sich allein dienstbezogen bemakelte Daten verschaffen, sollen von einer Bestrafung ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang stellt der Bundesrat fest, dass der Ankauf sogenannter Steuer-CDs bereits nach dem geltenden Recht zulässig ist.

Denn erforderlich für eine gerechte Strafe sei die Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht. Wenn Amtsträger aber Daten in Besteuerungs- und Strafverfahren nutzen, wird der Staat nicht geschädigt. Und bereichern tut ja sich auch niemand.

Es ist bemerkenswert, wie es den Organen der Gesetzgebung auf recht hohem Niveau gelingt, ein durchaus sinnvolles Strafgesetz um ein grundsätzlich strafwürdiges Verhalten herum zu basteln.

Den Gesetzentwurf gibt es in der BT-Drs. 18/1288 (PDF, 459 KB)

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