Behörden

Thüringer Polizeiaufgabengesetz verfassungswidrig

Die Änderung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes im Jahr 2008 ist mit der Thüringer Verfassung überwiegend nicht vereinbar. Dies geht aus einem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21.11.2012 hervor.

Durch das Änderungsgesetz vom 16. Juli 2008 wurden insbesondere die Befugnisse der Polizei zur heimlichen Erhebung von Daten neu geregelt. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise der Einsatz verdeckter Ermittler, das Abhören von Telefonaten sowie die optische und akustische Überwachung von Wohnungen.

Das Gesetz sieht vor, dass die Polizei diese Mittel ergreifen darf, um erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren oder bestimmte schwerwiegende Straftaten zu verhüten.

Mit der Verfassungsbeschwerde wurde – erfolgreich – gerügt

  • die unklare Reichweite dieser Befugnisse und
  • die Unzulänglichkeit der Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte und des anwaltlichen Berufsgeheimnisses.

Aus der Pressemitteilung 7/12 des Thüringer Verfassungsgerichtshofs:

Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Normenklarheit nicht hinreichend beachtet. Den angegriffenen Vorschriften lassen sich die Voraussetzungen und die Reichweite der jeweiligen Grundrechtseingriffe nicht eindeutig entnehmen.

Insbesondere bleibt unklar, inwieweit nach der Vorstellung des Gesetzgebers Berufsgeheimnisträger von polizeilichen Maßnahmen ausgenommen bleiben sollen. Ebenso unzureichend sind die Befugnisse zu heimlichen Datenerhebungen geregelt, die der Verhütung von Straftaten dienen. Hier reicht es nicht aus, auf einen Katalog von Strafrechtsnormen zu verweisen.

Der Charakter der Gefahrenabwehr als Rechtsgüterschutz verlangt insoweit, dass diese polizeilichen Befugnisse das geschützte Rechtsgut und den Grad seiner Gefährdung eindeutig erkennen lassen.

Der durch die Menschenwürde gebotene Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist lückenhaft ausgestaltet worden. Bei der Überwachung der Telekommunikation und der Erhebung von Daten mit besonderen Mitteln (z. B. beim Abhören des nicht öffentlich gesprochenen Wortes außerhalb einer Wohnung) fehlt eine umfassende und eindeutige Vorschrift, dass im Fall der Verletzung des Kernbereichs die Maßnahme abzubrechen ist.

Ebenso hat der Gesetzgeber es unterlassen, die Polizei zu verpflichten, die Tatsache der Erfassung und die Löschung aller kernbereichsrelevanten Daten zu protokollieren. Die Dokumentation ist für den Betroffenen unabdingbar, um eine Verletzung seiner Rechte vor den Gerichten geltend zu machen.

Zudem ist der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht geworden, soweit er die nachträgliche Benachrichtigung über heimliche Überwachungen geregelt hat. Die gesetzlichen Bestimmungen erlauben der Polizei, von der Unterrichtung abzusehen, wenn sie den weiteren Einsatz einer verdeckt ermittelnden Person (z. B. eines verdeckten Ermittlers oder einer Vertrauensperson) beabsichtigt. Diese Regelung lässt außer Acht, dass jeder, der von einer heimlichen Überwachung betroffen ist, einen grundrechtlich gesicherten Anspruch hat, nach Beendigung der Maßnahme von dem Eingriff in seine Privatsphäre informiert zu werden. Ausnahmen müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und im Hinblick auf die Schwere des Grundrechtseingriffs eine Abwägung der widerstreitenden Interessen ermöglichen.

Die Übergriffe des Gesetzgebers waren eindeutig, so daß die Verfassungsrichter kein Problem damit hatten, zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen:

Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.

Vormerken sollte man sich in Thüringen nun den 30. September 2013. Bis zu diesem Datum haben die thüringischen Rechtsbrecher Gesetzgebungsorgane Gelegenheit, ihren Laden wieder auf Vordermann zu bringen.

Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die mit der Thüringer Verfassung unvereinbaren Normen nach Maßgabe der Urteilsgründe weiter angewandt werden.

Thüringen. Ist das nicht das Land, in dem der NSU ziemlich aktiv war? Waren es die nicht u.a. die thüringer Polizeibehörden, die dort vertuscht ermittelt haben?

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Beamten-Miete

Wenn man mal wissen möchte, was es kostet, sich einen Brandenburger Landesbeamten zu mieten, kann das jetzt in der Gebührenordnung MBJS – GebOMBJS nachlesen.

Abgestuft nach Laufbahnrichtungen kann man ermitteln, wieviel der stundenweisen Einsatz der Beamten kosten kann.

Das sind doch Beträge, bei denen sich auch ein Durchschnittsverdiener noch einen eigenen Beamten leisten kann … zumindest zeitweise. Gern genommen werden auch die Pauschalangebote, die im Anhang dieser GebOMBJS „geregelt“ sind.

Da fällt mir ein, bald ist doch Weihnachten; es wäre doch eine tolle Geschenkidee, einem guten Freund mal so einen echten Beamten …

Danke an RJF für den Hinweis auf die Preisliste.

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Schadensersatz für sieben Jahre Knast

Ein Franzose hatte mehr als sieben Jahre im Gefängnis verbracht. Dann stellte sich heraus, daß er die Tat nicht begangen hat, für die er verurteilt wurde. Das angebliche Opfer hat die Anschuldigungen widerrufen.

Er hat 600.000 Euro als Ersatz für den immateriellen Schaden erhalten, berichtet die Kleine Zeitung aus Österreich.

Sieben Jahre, das sind ca. 2.555 Tage. In Deutschland gibt es pro Tag 25 Euro für „den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist“, § 7 Abs. 3 StrEG. Macht 63.875 Euro.

Über den Daumen hat die deutsche Freiheit also 10 % des Wertes der französischen Freiheit.

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

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Deutsches Steuergeld in der Geldwäscherei

Die Schweizer Ermittlungsbehörden lassen nicht locker und werden dabei von den Österreichern unterstützt:

Das Geld, das Nordrhein-Westfalen einem Mittelsmann für die Lieferung von Bankkundendaten der CS auf ein Konto in Österreich überwies, wird auf gerichtliche Anweisung beschlagnahmt.

berichtet die Neue Züricher Zeitung.

Das sind etwa 850.000 Euro aus der Kasse der deutschen Steuerzahler, die den Erben des Datendiebs bzw. -hehlers nun weggenommen wurden.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte das Geld nach Österreich überwiesen; das führte dann zu einer Strafanzeige durch die Vorarlberger Sparkasse wegen des „Verdachts auf Geldwäscherei“.

Es bleibt abzuwarten, bis die ersten Spitzenpolitiker aus NRW per Haftbefehl gesucht werden. Meinen Segen haben die Schweizer.

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Attacke auf Steuerfahnder

Ja, Steuern sind wichtig. Deswegen ist Besteuerung notwendig. Und Steuerhinterziehung ist (meistens) zu Recht verboten. Soweit der Kopf mit seiner Vernunft.

Trotzdem liest man den Bericht des Spiegels über wütende Griechen, die ein paar Steuerfahnder attackieren und einen halben Tag lang auf einer kleinen Insel festsetzen, mit großem Interesse.

Bild: Beek100 via Wikipedia

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Betriebsvorkommnis

Das Studium einer Ermittlungsakte ist immer wieder lehrreich. Heute hat der Strafverteidiger ein neues Wort kennen gelernt: Das Betriebsvorkommnis.

Mein Mandant hatte sich über einen Straßenbahnfahrer geärgert und dies in einer ihm eigenen Art artikuliert. Der Tramfahrer scheint aber auch so seine Besonderheiten zu haben. Denn wenn ich mir die Formulierungen seines Berichts anschaue, muß ich eigentlich davon ausgehen, daß ein abgeschlossenes Jurastudium hilfreich dafür ist, wenn man sich bei der BVG als Straßenbahnfahrer bewirbt.

Hier der Sachverhalt, der zur Anklageerhebung führte.

Der Tatvorwurf ist ziemlich heftig: §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 304 Abs. 1,53 StGB, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß der Kaffee die braune Brühe „lauwarm“ gewesen ist.

200 Tagessätze Geldstrafe für diesen Ausraster halte ich jedenfalls nicht für angemessen. Auch wenn der Tramfahrer zwei juristische Staatsexamen absolviert haben sollte.

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Datennirvana beim BKA

ÜberwachungBeim Bundeskriminalamt (BKA) hat die Datensicherung gut funktioniert:

Daten von abgehörten Telefongesprächen, mitgelesenen E-Mails, Kurzmitteilungen (SMS) und Telefaxen sowie der Lokalisierung von Mobiltelefonen (Funkzellenabfrage) sind nun so sicher, daß selbst Beamte des BKA nicht mehr drankommen. „Unwiederbringlich gelöscht“ ist der Begriff, auf den man sich vorläufig geeinigt hat.

Eine „Software-Panne“ soll dafür verantwortlich sein, also ist mal wieder „der Computer“ Schuld. Ich fürchte, es ist nicht die Maschine, die hier versagt hat, sondern deren Bediener: Also hier entweder die Programmierer oder die Anwender.

Nun wird das nicht zu in jedem Fall zur Einstellung eines Ermittlungsverfahrens führen. Denn die Auswertungen dieser Daten sollen noch verfügbar sein. Dies sind allerdings keine unmittelbar gewonnenen Beweismittel, die deswegen auch nur sehr eingeschränkt verwertbar sind.

In Einzelfällen wird so etwas zu spannenden Beweisaufnahmen führen, wenn die beteiligten Strafverteidiger aufpassen und auf die Beachtung des Grundsatz‘ der Unmittelbarkeit gesteigerten Wert legen.

Bild: Joujou / pixelio.de

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Zu alt für die Ermittler

Fundstück in einer Ermittlungsakte:

Manchmal schützt das schlichte Alter vor unerwünschten Ergebnissen im Ermittlungsverfahren. Das ebenfalls sichergestellte iPhone 4 des Mitbeschuldigten machte überhaupt keine Probleme beim Auslesen.

Technik-affine Straftäter sollten das berücksichtigen.

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Scheiß Bußgeld

Ein 30 Jahre alter Mann soll 63,50 Euro Bußgeld zahlen, weil er am 18. Februar einen kleinen Kothaufen aus Kunststoff mit einem Fähnchen „Nazis“ auf den Dresdner Carolaplatz legte.

berichtet die Freie Presse.

Gegen den Bußgeldbescheid hat der Betroffene Einspruch eingelegt. Die Sympathisanten vom Ordnungsamt dürften dem Rechtsbehelf wohl nicht abhelfen und die Sache über die Staatsanwaltschaft an das zuständige Amtsgericht abgeben.

Also genau an dasselbe Amtsgericht, das die Abfrage von mehr als einer Millionenen Handydaten während Anti-Nazi-Demos in Dresden für zulässig (rechtsmäßig?) erachtete.

Ich kann mir gut vorstellen, daß dieses Gericht dann zu dem Ergebnis kommt, Kunst und Meinung, die sich gegen Nazis richten, unterliegen nicht dem Schutz des Dresdener Grundgesetzes. Und verdoppelt das Bußgeld wegen vorsätzlicher Begehungsweise: Scheiße und Nazis miteinander in Verbindung zu bringen ist dort schließlich verboten.

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Durch die Luft geschleuderte Geschäfte

Behördlicher Aufruf:

Immer wieder ist festzustellen, dass Hundehalter ihren Hund auch auf öffentlichen Flächen und Grünanlagen ausführen und die Hunde dort ihr Geschäft verrichten. Wir bitten alle Mitbürger, den Hundekot zu entfernen und mit nach Hause zu nehmen. Die gemeindlichen Bauhofmitarbeiter erleben immer wieder, dass bei der Pflege der Anlage der Kot vom Rasenmäher aufgenommen und durch die Luft geschleudert wird. Diese Begegnung ist für unsere Mitarbeiter recht unangenehm um nicht zu sagen ekelerregend.

Auch Hundekot an den Schuhen, in den auf dem Gehweg getreten worden ist, ist für niemand besonders angenehm.

Quelle: Verwaltungsgemeinschaft Dasing, Gemeinde Obergriesbach

Es lebe das saubere Neukölln!

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