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Knast
Aktuelle Reaktion auf Frontal21: Zellendurchsuchung
Die Leitung der Justizvollzugsanstalt Tegel reagiert bereits auf den Beitrag von „Frontal 21“, der gestern und heute morgen im ZDF ausgestrahlt wurde. Meinen Blogbeitrag über die Hintergründe findet man hier.
Timo F. berichtete darin ausführlich, daß Mitarbeiter der JVA seit Längerem Waren aus der Haftanstalt geschmuggelt und verkauft sowie ähnlich wie ein Pizzaservice Bestellungen von Gefangenen entgegen genommen und ausgeführt hätten. Ein Ex- und Import-Geschäft als Nebenerwerbsquelle einiger Justizwachteister.
Statt nun Timo F. aus der Schußlinie zu nehmen, zieht es die JVA-Leitung offenbar vor, an der Daumenschraube drehen:
- Aktuell (gegen 11 Uhr) – also ein halber Tag nach der Ausstrahlung des Fernsehberichts – wird die Zelle von Timo F. auseinander genommen, d.h. von Sicherheitsbeamten durchsucht. Bei so einer Aktion wird die gesamte „Hütte“ auf Links gedreht.
- Eine weitere Maßnahme der Sicherheit, die aus Sicht des Gefangenen als eine reine schikanöse Repressalie empfunden werden muß: Er wird unter Verschluß genommen, nachdem er sich bis gestern noch als Hausarbeiter („Schanzer“, „Kalfaktor“) im Haus frei bewegen konnte.
Einen konkreten Anlaß – mit Ausnahme des Fernsehberichts – gibt es für diese Maßnahmen der „Sicherheit“ nicht.
Das Verhalten der JVA auf die Veröffentlichungen ist eine von Timo F. und seiner Verteidigung erwartete Reaktion.
Statt Mißstände zu beseitigen, wird Druck auf denjenigen ausgeübt, der die Mißstände öffentlich gemacht hat.
Keine Freunde in der JVA Tegel
In „Frontal 21“ berichteten Christian Esser und Manka Heise am 13.09.2016 über Schmuggeleien in der JVA Tegel:
In Deutschlands größter Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel soll der Schmuggel von Waren in und aus der Haftanstalt an der Tagesordnung gewesen sein. Involviert in den Schwarzhandel seien angeblich mehrere Justizbeamte, berichten Gefangene.
heißt es auf den Seiten des ZDF.
Was hat den Protagonisten Timo F. dazu veranlaßt, sich vor eine Fernsehkamera zu stellen und über die Im- und Export-Geschäfte des Gefängnisses zu referieren?
Im Tagesspiegel vom 13.09.2016 schreibt Jörn Hasselmann:
Dem Vernehmen nach wollte [Timo F.] von der JVA Tegel einen Deal: Haftlockerungen und eine Verlegung [in eine andere JVA außerhalb Berlins] gegen diese Information.
Hasselmann trägt interne(!) Informationen (aka: Dienstgeheimnisse) vor, die er – dem Vernehmen nach – von der Justizsprecherin Claudia Engfeld bekommen hat. Und mit denen die Justiz versucht, die unglaublichen Zustände in dem Knast klein zu reden. Und vielleicht auch, um die Verwaltungsspitze aus der Schußlinie zu nehmen. Der Journalist erkennt nicht, vor welchen Karren er sich da hat spannen lassen.
Was bisher geschah
Timo F. hatte im Juli 2015 die konkrete Aussicht auf eine vorzeitige Entlassung aus der Haft binnen einiger Monate. Was bringt also einen Mann dazu, trotz dieser Perspektive zu fliehen? Und sich damit die volle Verbüßung bis seiner Freiheitsstrafe (bis zum 18.11.2020) einzuhandeln?
Es war das erhebliche Risiko, bei den Schmuggeleien und den ungenehmigten „Freigängen“ erwischt zu werden, das Timo F. veranlasste, sich von dem Netzwerk zu distanzieren und eine Teilnahme daran zu verweigern.
Daß damit die etablierten Wege, auf denen einige Gefangene und vor Allem die beteiligten Wachtmeister der JVA einen Nebenerwerb betrieben, unterbrochen wurden, war die wenig erfreuliche Konsequenz.
Insbesondere das Knast-Personal setzte sich zur Wehr, verlangte „Verdienstausfall“ von Timo F. und entwickelten ein Drohszenario: Nicht nur in Bezug auf die „körperliche Unversehrheit“. Angekündigt wurden auch Denunziationen, die zum Wegfall der Lockerungen und einer vorzeitigen Haftentlassung geführt hätten.
Bereits am 18. Januar 2016 habe ich der JVA mitgeteilt:
Seit dieser Zeit versucht Timo F., der JVA klar zu machen, warum er diesen auf den ersten Blick völlig unsinnigen Fluchtversuch unternommen hat.
Die Leitung der JVA stellte seine Erklärungen als „Schutzbehauptungen“ dar und versagte ihm sämtliche Unterstützung bei der Aufarbeitung seiner Entscheidung.
Timo F. wollte unbedingt vermeiden, als Verräter da zu stehen, der sich mit dem Verrat einen eigenen Vorteil erkauft. Deswegen lieferte er anfangs nur wenig konkrete Hinweise auf das Schmuggel-Netzwerk. Diese Informationen hätten allerdings schon locker dafür ausgereicht, daß die JVA interne Ermittlungen hätte anstellen können müssen. Geschehen ist jedoch wenig bis überhaupt nichts.
Auch als Timo F. seine Informationen sukzessive mit knackigen Details anreicherte, wurde er als uneinsichtig, gar unverschämt abqualifiziert. Die letzte VPK (Vollzugsplankonferenz) endete mit dem Attest: Timo F. hat keine Aussicht auf Lockerungen und er sitzt bis zum TE (Termin Ende). Basta!
In dem „Frontal 21“ Beitrag (Manuskript als PDF) stellen sich Staatsanwalt und Justizsprecherin breitbeinig auf und sprechen von Ermittlungen, die selbstverständlich eingeleitet worden seien.
Bei uns liegt eine Strafanzeige vor, die richtet sich gegen einen Mitarbeiter in der JVA Tegel und es geht um mutmaßlich korruptive Vorfälle. Aufgrund dieser Strafanzeige haben wir ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen des Verdachts der Bestechung beziehungsweise der Bestechlichkeit.
So formulierte es Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft Berlin.
Diese Strafanzeige wurde von Timo F. erstattet: Am 13.07.2016 auf 17 Seiten und – dann noch einmal mit zahlreichen weiteren konkreten Details – am 24.08.2016 auf 45 Seiten.
Adressat dieser Anzeige waren nicht die JVA, sondern das Landeskriminalamt (LKA) und dort das LKA3, Dezernat 34: Korruptions- und Polizeidelikte. Erst als Timo F. dort einen Ansprechpartner gefunden hat, kam Bewegung in die Sache; die Staatsanwaltschaft legte erst dann (vermutlich Anfang August 2016) einen Deckel an – sprich: Es wurden endlich auch offiziell Ermittlungen eingeleitet.
In dieser Strafanzeige dokumentiert Timo F. die Hintergründe für seine damalige Notsituation, die ihn zur Flucht veranlaßt hatten. Seine Versuche, diese Denunziation zu vermeiden, sind an dem Blockadeverhalten u.a. der JVA gescheitert. Erst als ihm sowohl der informierte JVA-Leiter als auch die internen Stellen des Gefängnisses jegliche Unterstützung versagten, hat er sich an das LKA gewandt, um mit dessen Hilfe nachweisen zu können, daß einen triftigen Grund hatte erst einmal abzuhauen.
Und nicht nur die Teppich-Etage im Knast war informiert; sondern auch das Penthaus auf dem Dach – und das seit Januar 2016!
Justizsenator Thomas Heilmann hat anläßlich der Verabschiedung des Berliner Strafvollzugsgesetzes im März 2013 erklärt:
Es ist uns gelungen, […] die Rahmenbedingungen für einen modernen, zeitgemäßen Strafvollzug zu definieren. Resozialisierung und eine stärkere Einbindung des Opferschutzgedankens sind jetzt als wesentliche Teile unserer Vollzugsphilosophie verankert.
Der beste Opferschutz ist, Gefangene zu befähigen, nach der Entlassung ein straffreies Leben zu führen. Dieses Ziel verfolgen wir mit allen gebotenen Mitteln […]. Ich bin froh, dass wir es haben.
Das Ziel des Vollzugs der Freiheitsstrafe besteht darin, daß der Gefangene fähig werden soll, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (§ 2 StVollzG). Dabei soll das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden; schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken (§ 3 StVollzG).
Das, was die SenJusV und die JVA bisher in dem Schmuggel-Fall der JVA Tegel abgeliefert haben, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Aber vielleicht schafft es ja Herr Kriminaloberkommissar R. beim LKA 345, den Damen und Herren aus den oberen Etagen den Weg zu zeigen.
Und unter Umständen kommt jetzt auch irgendjemand auf die Idee, welche aktuellen Konsequenzen dieser Bericht für Timo F. haben wird und was man dagegen unternehmen könnte. Freunde hat er sich damit sicherlich keine gemacht. Jedenfalls nicht unter den Wachtmeistern der JVA Tegel.
Ein Mainzelmann im Knast
Wer wissen will, wie dieser Mainzelmann …
… in die JVA Tegel (JPG) kam, sollte sich den Beitrag von Christian Esser und Manka Heise heute Abend um 21 Uhr im ZDF das Magazin Frontal21 anschauen.
Das sei „bislang nicht bekannt gewesen“, teilte die Anstaltsleitung auf Nachfrage mit.
heißt es in der Preview des ZDF.
Projekt: Digitalisierter Knast
Auf unseren Seiten über die www.JVA-Moabit.de habe ich einen Beitrag über ein Pilotprojekt (pdf) der Berliner Regierungskoalition geschrieben:
Bekommen die Gefangenen in den Berliner Justizvollzugsanstalten Zugriff auf redube.com Zugang zum Internet?
Dazu macht Rechtsanwalt Jürgen Just, Strafverteidiger aus Hamburg, den folgenden begrüßenswerten Vorschlag:
Zunächst wohl aber nur Zugang zu ausgewählten Seiten wie https://t.co/lseWPVV4si oder jva-moabit.de ? @KanzleiHoenig https://t.co/KayI7xr0xF
— Jürgen Just (@RA_JustHH) 6. März 2016
Kommentare deaktiviert für Projekt: Digitalisierter Knast
Das Glücksspiel mit der Pflichtverteidigung
Der Mandant hat ein großes Problem. Er soll die Qualität eines Strafverteidigers beurteilen, bevor der Verteidiger für ihn tätig wird. Aber erst in der Rückschau, also nach der Einstellung des Verfahrens, nach dem Freispruch oder nach der Verurteilung weiß der Mandant, ob sein Anwalt gut war. Oder eben nicht. Im letzteren Fall ist es zu spät.
Es gibt aber ein paar Kriterien, anhand derer der Mandant vorhersehen kann, ob „sein“ (Pflicht-)Verteidiger etwas taugen wird oder nicht. Ich will nicht zu viel versprechen: Es bleibt schwierig, insoweit in die Zukunft zu blicken.
Wie es jedoch auf keinen Fall funktionieren sollte, darüber berichte ich auf www.JVA-Moabit.de.
Getrennte Haltung
Thema eines weiteren Blogbeitrages auf unserer Seite www.JVA-Moabit.de sind die
„Haftgrundbezogenen Beschränkungen während der Untersuchungshaft„.
Das ist auch die Überschrift des § 119 StPO, der unter anderem die Einzelhaft regelt. Welche erheblichen Konsequenzen damit verbunden sein können, darüber habe ich heute unter dem Titel Tätertrennung und die Gegenmittel auf unserer Seite berichtet .
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Bild: © Peter Reinäcker / pixelio.de
Prominente Knackis
In der JVA Moabit saßen seit dem 9. September 1881, dem Tag der Eröffnung der Haftanstalt, einige zehntausend Gefangene ein. Nicht nur Strauchdiebe und mehrfache Mörder waren dort inhaftiert, sondern auch Menschen, die da gar nicht reingehörten, also solche, deren Unschuld sich später herausstellte
Auch einige Prominenz bekam dort das Frühstück auf’s Zimmer gereicht. Am 08. Februar 2016 werde ich auf www.JVA-Moabit.de/Aktuelles acht herausragende Persönlichkeiten vorstellen, die in Moabit ihren unfreiwilligen Aufenthalt hatten.
Welche waren es?
Neue Seite: www.JVA-Moabit.de
Die Verteidigung von inhaftierten Beschuldigten bedeutet nicht allein juristische Arbeit. In den meisten Fällen hat der Strafverteidiger es nicht nur mit einem Mandanten zu tun, der Trost und Zuspruch braucht. Sondern auch die Angehörigen haben Betreuungsbedarf und anfangs viele Fragen.
Diese Fragen sind uns bekannt; wir beantworten sie auch immer wieder gern und umfassend. Und wir unterstützen die Angehörigen in ihrem Bemühen, Kontakt zu unserem Mandanten zu bekommen und ihn mit dem Notwendigsten zu versorgen.
Dazu haben wir nun auch eine Website eingerichtet – und zwar unter der einfach zu merkenden Adresse www.JVA-Moabit.de.
Auf dieser Internetseite beschreiben wir
- den Weg in die Haftanstalt, also den Besuch,
- die Erstversorgung des Mandanten mit Wäsche,
- wie dem Gefangenen Briefe und Postkarten geschickt werden können,
- wie man dem Häftling Geld zukommen lassen kann.
Und weil es sich anbietet, werden wir unter der Domain www.JVA-Moabit.de auch den einen oder anderen Blogbeitrag veröffentlichen, der zu dem Thema Knast in Moabit paßt.
Apropos Knast: Wer mag, erreicht die neue Seite auch unter www.Knast-Moabit.de.
Und wie es mit neuen Seiten immer so ist, wird es trotz aller Mühe noch Fehler geben oder Wichtiges fehlen. Gern nehmen wir Hinweise und Vorschläge entgegen – entweder hier in einem Kommentar oder via eMail an Strafverteidiger@kanzlei-hoenig.de oder via Kontaktformular. Besten Dank für Hinweise, Vorschläge und Kritik schon vorab.
Spam vom Gefängnisdirektor
Auf Spam reagiere ich bekanntermaßen empfindlich Ich muß – dank eines stets griffbereiten Textbausteins – auch nicht lange nachdenken, wenn die Reaktion Gestalt annehmen soll.
Am Freitagmorgen erreichte mich eine besondere Art der unverlangten Werbung: Ich bin zum Ziel der Promotionaktion eines Gefängnisdirektors geworden.
Dr. Thomas Galli heißt der Mann, der seit geraumer Zeit in der JVA Zeithain einsitzt. Nicht als Gefangener, sondern als deren Leiter.
Und deswegen(?) hat er ein Buch geschrieben, in dem er, der Gefängnisdirektor, von der „Schwere der Schuld“ erzählt. Während seiner Zeit im Knast ist in ihm …
… die Überzeugung gereift, dass die massive staatliche Gewalt, die in den Gefängnissen ihren Ausdruck findet, Ausfluss einer ungerechten gesellschaftlichen Verteilung juristischer und moralischer Schuld ist. Ich bin fest überzeugt, dass Gefängnisse unter dem Strich die Kriminalität nicht reduzieren und gegenüber den Inhaftierten (und ihren wohlgemerkt völlig unschuldigen Familien) eine übermäßige Anwendung staatlicher Gewalt sind.
Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen, es wird erst am 14. März 2016 erscheinen. Aber das, was Dr. Thomas Galli mir in der Werbe-eMail annonciert hat, hört sich eigentlich ganz vielversprechend an. Und vielleicht bietet sich auch bald mal – in Berlin, nicht nur in Dresden und Leipzig – die Gelegenheit, dem Autoren bei Vorlesen zuzuhören.
Update zum Is-mir-egal-Haftbefehl
Im Zusammenhang mit den Ersatzfreiheitsstrafen für Schwarzfahrer, über die ich im Dezember geschrieben hatte, blieb ein Aspekt unberücksichtigt.
Im Tagesspiegel Checkpoint schreibt Lorenz Maroldt, journalistischer Berufsoptimist, einen Tag später:
Diese „Ersatzfreiheitsstrafen“ treffen übrigens meistens Leute, die sich schon kaum die Fahrkarten leisten können, geschweige denn eine oder gar mehrere Geldstrafen (oder eben einfach nicht zahlen wollen). Falls aber doch noch ein bisschen was zum Leben übrig ist, müssen sie dann wenigstens während des Absitzens ihrer Tagessätze zum Cannabiserwerb nicht mehr vor die Tür gehen (nennt sich positiv thinking).
… und zusätzlich bekommen die kiffenden Schwarzfahrer im Knast das Frühstück ans Bett gebracht: La vita è bella!
Haschisch im Knast, is mir egal …