Knast

Die Null-Lösung für Direktor Skirl: Knast-Koch

Der Focus zitiert den Direktor der Justizvollzugsanstalt Werl, Herrn Michael Skirl.

Dem Artikel zufolge soll sich der Direx über einen Häftling geäußert haben:

  • D. hat die Therapien bei uns nur angekratzt und er ist dissozial.
  • Er ist menschlich gesehen eine Null. Er ist wehleidig. Und ein klassischer Mitläufer.
  • Er war der Fußabtreter und Schluffen seines Komplizen R., außerdem wenig intelligent.
  • Seine Kochlehre habe er im Gefängnis nur gerade eben so durchgehalten: „Die haben ihn nur bestehen lassen, damit er auch mal ein Erfolgserlebnis hat.“ Sein Essen habe seinen Lehrmeistern nie geschmeckt.

Sofern die Zitate dieses Direktor zutreffen, ist der Gedanke nicht fernliegend, über einen Austausch der derzeit offensichtlich überforderten Leitung der JVA nachzudenken.

Auf der Website der Anstalt wird das Bundesverfassungsgericht zitiert:

Nach dem Selbstverständnis einer Gemeinschaft, die die Menschenwürde in den Mittelpunkt ihrer Wertordnung stellt und dem Sozialstaatsprinzip verpflichtet ist, sollen im Vollzug der Freiheitsstrafe dem Gefangenen Fähigkeit und Willen zu verantwortlicher Lebensführung vermittelt werden.

Die Menschenwürde des Herrn D. scheint dem Herrn Michael Skirl irgendwie völlig Brause zu sein; jedenfalls sind diese Zitate soweit vom Mittelpunkt der Werteordnung einer zivilisierten Gesellschaft entfernt wie Werl von Kreuzberg.

Dazu paßt ein dann auch ein etwas älterer Artikel der Frankfurter Allgemeinen, in dem der Leiter zitiert wird:

  • „Ohne einen gewissen Sarkasmus wird man es hier nicht aushalten“, sagt er.
  • „Behandlungsduselei ist auch nicht mein Ding“, sagt er.

Herr Skirl scheint sich auf dem selben Niveau zu bewegen, das er Herrn D. attestiert. Vielleicht wäre er auch besser Knast-Koch geworden, dazu scheint er mir jedenfalls besser geeignet zu sein. Als Knast-Leiter disqualifiziert er sich durch solche Äußerungen selbst. Wer den Blick für die Würde des Menschen – Art. 1 Abs. 1 GG gilt auch für Knackis, Herr Spirl! – verloren hat, hat auch auf dem Spitzenposten einer Resozialisierungs-Einrichtung nichts verloren.

4 Kommentare

Lieber Heinrich, mir wird kalt!

Selbstverständlich hat es den betroffenen Protagonisten Gustl Mollath am schlimmsten erwischt. Die Details sind hinreichend bekannt. Betrachtet man aber die größere Fläche, auf der sich dieses Drama abspielt, läuft es einem eisekalt den Rücken runter.

Gestern habe ich über das Ermittlungsverfahren berichtet, das seit zwei Monaten gegen den Verteidiger, Rechtsanwalt Gerhard Strate, geführt wird, um mit einer einspännigen Retourkutsche von eigenen Fehlern abzulenken.

Ziemlich zeitgleich wird auf Telepolis berichtet, daß vertrauliche Telefonate zwischen der Verteidigerin Erika Lorenz-Löblein und Gustl Mollath von Mitarbeitern der forensischen Psychiatrie in Bayreuth abgehört wurden.

Die Gesprächsinhalte wurden laut Telepolis in einer vom Leiter des Bezirkskrankenhauses, Dr. Klaus Leipziger, sowie von der Oberärztin Ines Bahlig-Schmidt, verfaßten Stellungnahme verarbeitet, um die erneut prognostizierte Gefährlichkeit von Mollath weiter zu untermauern.

Eine vertrauliche Beschwerde des Patienten Mollath bei seiner Verteidigerin über kontroverse Sachverhalte, die sich innerhalb der forensischen Psychiatrie in Bayreuth abgespielt haben, wird abgehört und anschließend als Argument dafür benutzt, die Fortdauer der Unterbringung zu empfehlen. Ich glaub das einfach nicht!

Gegen diesen Eingriff wehrt sich laut Telepolis in einem Beitrag vom 23.06.2013 nun wohl auch die Münchner Rechtsanwaltskammer, die sich für meinen Geschmack aber nicht stark genug macht.

Es reicht meiner Ansicht nicht aus, wenn die Kammer dezent auf ein mögliches Verwertungsverbot von Inhalten dieses mitgehörte Telefonat verweist, und um Unterstützung der Rechtsanwaltskammer in Bamberg nachsucht. Es genügt auch nicht, wenn sich die Vorstandsmitglieder der Rechtsanwaltskammer dafür einsetzen, dass Mollath „die Möglichkeit geschützter Telefonate mit seiner Verteidigerin eingeräumt wird.“

Dafür gibt es ein eindeutiges Gesetz, das die Vertraulichkeit von Verteidigergesprächen regelt und sie schützen soll! Es ist unter Strafe gestellt, wenn die Vertraulichkeit des Wortes verletzt wird! Jedenfalls in den meisten Teilen Deutschlands.

Den Lauschern gehören die Ohren abgeschnitten; ein Bewurf mit Wattebällchen ist nicht das geeignete Instrument, um öffentlich-rechtliche Rechtsbrecher wieder in die Spur zu bringen.

Seit 1844 ist zwar schon reichlich Wasser den Roten Main runter geflossen. Mit einer kleinen Korrektur paßt der alte Heine aber immer noch ganz gut:

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland Bayern, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!

[…]

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!

Heinrich Heine: Die schlesischen Weber

9 Kommentare

Schöner Wohnen

Noch nicht ganz fertig:

SchönerWohnen

Aber schon von den ersten ca. 15 Häftlingen bewohnt. Eine moderne Haftanstalt deren Ziele nach Auskunft ihrer Leiterin sind: Resozialisierung der Gefangenen und Schutz der Gesellschaft. Letzteres gelänge am besten durch Resozialisierung.

Ich bin kein Freund von Haftanstalten, aber wenn es denn unbedingt eine sein muß, dann sowas wie der Heidering, der mit seiner Mannschaft eine gute Chance hat, an der Verbesserung der Welt mitzuwerkeln.

3 Kommentare

Frisch aus dem Gesetzgebungsorgan: BbgJVollzG

Gesetz-und_Verordnungsblatt_Brandenburg_Teil-I_2013_14Wer am Wochenende noch nichts geplant hat und es sich mit guter Literatur auf der Couch bequem machen möchte, kann sich ja mal mit dem Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Untersuchungshaft im Land Brandenburg auseinander setzen.

Hier ein Appetithäppchen aus dem BbgJVollzG:

Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe dient dem Ziel, die Straf- und Jugendstrafgefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

Am Mittwoch noch im Potsdamer Landtag, heute schon hier im Blog.

Danke an Rolf Jürgen Franke, Rechtsanwalt und Notar in Berlin für die Versorgung mit stets frischer Ware.

5 Kommentare

Eitelkeit statt Vollzugslockerungen?

Die Journaille muß täglich, oder wie in diesem Fall wöchentlich, das Papier vollkriegen. Dazu kommen die Reporter auf Ideen, die nachdenklich machen sollten.

Mein Kollege und Nachbar, Rechtsanwalt Steffen Dietrich, suchte am Donnerstag vergangener Woche nach einem Verurteilten, der sich einer Wochenzeitung hingeben will.

Ein Journalist einer seriösen Wochenzeitung möchte einen Beitrag über Menschen fertigen, die sich auf eine längere Haftstrafe vorbereiten.

Der Strafverteidiger zitiert dabei aus einer eMail des Journalisten …

Ich möchte ihn/sie die letzten Tage/Wochen vor Haftantritt begleiten und so miterleben, was es heißt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden zu sein.

… der selbstredend zusicherte,

dass der Fall tatsächlich anonym bleibt.

Ischia_castello_AragoneseIch rate jedem „Verurteilten“ davon ab, sich auf diesem Weg in die Gefahr zu begeben, daß ihm Vorteile im (offenen) Vollzug nicht gewährt werden. Diese Gefahr besteht unabhängig von dem (ehrlichen) Bemühen des Journalisten um Anonymisierung; denn irgendwelche Fakten, aus denen zumindest Insider Rückschlüsse auf die Identität ziehen können, müssen in dem Bericht geliefert werden, wenn er Substanz haben soll.

Nützen tut es dem späteren Inhaftierten mit großer Sicherheit nicht – von der Pflege seiner eigenen Eitelkeit einmal abgesehen. Das (Entdeckungs-)Risiko ist nicht unerheblich und wird, so es sich denn realisiert, zu nicht vorhersehbaren Reaktionen der Kommission führen, die im weiteren Verlauf der Vollstreckung über Vollzugslockerungen zu entscheiden hat.

Nebenbei: Auch Knast-Zeitungen wie der Lichtblick sind an solchen Berichten interessiert.

Bild: via Wikipedia

6 Kommentare

Weihnachtspost von der Staatsanwaltschaft

Noch kurz vor Weihnachten hat der NMandant Post bekommen. Vor der Staatsanwaltschaft – Hauptabteilung Vollstreckung. Das Schreiben trägt die Überschrift:

Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche wollen Sie zuerst lesen?

Das Beste kommt immer zum Schluß, deswegen erst einmal nur soweit: Die Ladung zum Haftantritt.

Haftantrittsladung

So, nachdem der Mandant also seinen Herzkasper hinter sich hat, liest er die gute Nachricht:

Fällt das Ende der Antrittsfrist in die Zeit […] vom 19. Dezember bis 02. Januar – jeweils einschließlich -, so brauchen Sie die Haft erst nach den genannten Zeiträumen antreten.

Na, dann kann er wenigstens noch die Weihnachtsgans mit seiner Familie genießen, bevor er dann von Wasser und Brot leben muß.

Vorbeugend:
Nein, die Strafverteidiger unserer Kanzlei haben den Mandanten nicht vor dem Amtsgericht vertreten; der Mandant war seinerzeit noch der Ansicht, er brauche keinen Verteidiger. Na, wenigstens läßt er sich jetzt in der Strafvollstreckung von uns beraten.

Wir wünschen allen Straftätern und solchen, die es noch werden wollen, entspannte Feiertage im Kreise ihrer Familien.

5 Kommentare

Schadensersatz für sieben Jahre Knast

Ein Franzose hatte mehr als sieben Jahre im Gefängnis verbracht. Dann stellte sich heraus, daß er die Tat nicht begangen hat, für die er verurteilt wurde. Das angebliche Opfer hat die Anschuldigungen widerrufen.

Er hat 600.000 Euro als Ersatz für den immateriellen Schaden erhalten, berichtet die Kleine Zeitung aus Österreich.

Sieben Jahre, das sind ca. 2.555 Tage. In Deutschland gibt es pro Tag 25 Euro für „den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist“, § 7 Abs. 3 StrEG. Macht 63.875 Euro.

Über den Daumen hat die deutsche Freiheit also 10 % des Wertes der französischen Freiheit.

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

15 Kommentare

Kein Netz in der JSA

Die Jugendstrafanstalt (JSA) in Charlottenburg ist der Vorreiter. Was das Nicht-Telefonieren-Können angeht. Nach fünf Jahren ist es der Verwaltung gelungen, das Pilotprojekt „Mobilfunkunterdrückung“ in Berliner Gefängnissen zu starten. Ein System von Antennen verhindert ab sofort den Internet- und Mobilfunkempfang im Bereich der Untersuchungshaftanstalt in der JSA

Unser freundlicher Justizsenator bringt es aber auf den Punkt. „Über die Innovativität der Gefangenen mache ich mir keine Sorgen.“ soll Thomas Heilmann bei der Präsentation der Kommunikations-Sperre in Charlottenburg gesagt haben. Ich bin tatsächlich gespannt, ob sich diese Rieseninvestition – 840 000 Euro – am Ende „lohnt“ und die unkontrollierte Kommunikation aus der Haft heraus nicht nur erschwert wird.

Ich halte den erheblichen (finanziellen) Aufwand für übertrieben. Die Mittel kann man in einer Jugendstrafanstalt sicherlich wesentlich sinnvoller einsetzen. Vor allem dann, wenn man weiß, daß die Jungs die reingeschmuggelten Telefone in aller Regel dazu nutzen, um ihren Müttern das Elend der Welt zu klagen. Oder um ihren Anwälten auf die Nerven zu gehen.

Bild: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

11 Kommentare

Das Taschentuch-Programm für heute

Damit hier heute keine Langeweile aufkommt, bietet mein Kalender ein nettes Unterhaltungsprogramm.

Um halb neun kommt die Ehefrau meines Mandanten und bringt mir 100 Euro, die ich auf sein Haftkonto einzahlen soll. Es ist damit zu rechnen, daß dieses Übergabe locker eine Stunde lang dauern wird, in der mindestens zwei Packungen Papiertaschentücher aufgebraucht werden.

Gegen 10:30 Uhr wird unser Versicherungsberater danach schauen, welche Überlebens-Chancen wir haben, nachdem uns der Himmel auf den Kopf gefallen ist. Wer von uns beiden die bereit liegenden Taschentücher braucht, ist noch nicht absehbar.

Um 11:30 Uhr schaue ich in der „Plötze“ vorbei. Dort sitzt ein dickfelliger Mandant, dem es zu teuer war, eine Geldstrafe zu bezahlen. Ich muß mit ihm eine (neue) Anklage besprechen, die er wegen einer Unhöflichkeit unter Rockern zu erwarten hat. Die peinlichen Taschentücher wird er nicht brauchen.

Spannend wird der Termin um 13:00 Uhr vor der Strafvollstreckungskammer. Den Mandanten, der dort weitere Lockerungen in seiner Unterbringungssache (§ 63 StGB) erwartet, habe ich vor etwa 8 Jahren gegen seinen Willen in die Klappse „verteidigt“. Zwischenzeitlich hat er sich dafür bedankt und ein paar Bilder für mich gemalt, die nun unser Besprechungszimmer schmücken. Er wird sich über die guten Nachrichten freuen, die ich und der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer ihm überbringen werden. Die Taschentücher für die Freudentränen werde ich ihm vor Beginn der Verhandlung übergeben.

Danach schaue ich noch im Moabiter Knast vorbei. Zwei Strafern, die es verdient haben, einfach mal „Guten Tag“ sagen. Und dann dem Untersuchungshäftling noch mitteilen, daß ich 100 Euro auf sein Konto eingezahlt habe. Glücklicherweise schmeißen mich die Wachteln gegen 15:45 Uhr wieder raus. Bevor mir die Taschentücher ausgehen …

Dann noch schnell bei Schlecker Aydins Minimarkt vorbei, neue Taschentücher kaufen. Morgen gibts ein Urteil vor der Strafkammer …

Bild: Lupo / pixelio.de

3 Kommentare

Wackelkontakt mit Strafverteidigern

Gefangene der JVA Tegel beschwerten sich, sie hätte mitunter Probleme, ihre Verteidiger telefonisch zu erreichen. Dies war immer dann der Fall, wenn der Verteidiger eingehende Anrufe auf eine externe Rufnummer – z.B. sein Handy – weiterleiten läßt.

Dies ergibt sich aus einer kleinen Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt (GRÜNE) an das Abgeordnetenhaus Berlin.

Darin heißt es:

Frage Behrend:

Trifft es zu, dass Gefangene deshalb Probleme haben, mit ihren Strafverteidigern zu telefonieren, insbesondere wenn die Apparate des Sekretariats auf den Apparat des Anwalts umgestellt sind, beispielsweise in den Abendstunden?

Antwort Justizsenator Heilmann:

Nein, weil bei Rufweiterleitungen innerhalb einer Telefonanlage eines Anwaltsbüros die Erreichbarkeit des Anwalts oder der Anwältin durch die Gefangenen gewährleistet ist. Dies gilt jedoch nicht bei Rufumleitungen auf Mobilfunktelefone oder andere Festnetznummern.

Die Antwort ist hilfreich insoweit, als daß sich die inhaftierten Mandanten und ihre Verteidiger darauf einstellen können. Die Ursache für den Wackelkontakt ist geklärt.

Unbefriedigend bleibt allerdings im Einzelfall die fall-back-Lösung, auf die der Senator verweist: Wenn es eilig ist, könne der Gefangene auch über das Diensttelefon der Wachtmeister seinen Verteidiger trotz einer solche Weiterleitung erreichen.

Zum einen sind wachtmeisterliche Diensttelefone für vertrauliche Telefonate wenig geeignet. Und zum anderen dürfte ein Wachtmeister wenig geneigt sein, einem Häftling ein unaufschiebbares Telefonat zu ermöglichen, wenn es darin beispielsweise um eine Beschwerde gegen eine Maßnahme der Anstalt gehen soll.

Der Knast ist eben kein Hotel, nicht? Wo kämen wir denn da hin, wenn …

Besten Dank an Rechtsanwalt Rolf Jürgen Franke für die Übermittlung dieser Information.

3 Kommentare