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Medien
Keine Überraschung, aber keine Drohung im #NSU-Prozeß
Medienberichte zufolge will Frau Zschäpe sich doch noch – über ihren (neuen) Verteidiger – zu den Anklagevorwürfen einlassen. Das scheint mir – als Außenstehender und soweit ich das Verfahren verfolgt habe – nun keine große überraschende Entwicklung zu sein.
Bemerkenswert in der heutigen Agenturmeldung (zitiert aus der Zeit Online) ist allerdings das folgende Zitat:
Zschäpe hatte gegenüber dem Richter bereits mehrfach angekündigt, aussagen zu wollen. Ihre Anwälte hatten ihr davon abgeraten und laut Zschäpe mit der Niederlegung ihres Mandates gedroht, sollte sie sich zu den Vorwürfen äußern.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Kollegen Sturm, Heer und Stahl ihre Mandantin mit „Androhung“ der Mandatsbeendigung zur Verteidigung durch Schweigen verdonnert haben.
Chef im Mandat ist der Mandant. Der Verteidiger ist Auftragnehmer. Seine Aufgabe besteht darin, dem Mandanten eine solide Basis zu verschaffen, auf der er anschließend eine eigene, nämlich seine freie Entscheidung treffen kann. Dazu gehören Ratschläge, auch „dringende“; aber niemals Drohungen. Die Ankündigung einer Mandatsbeendigung kommt nur ganz in wenigen Ausnahmefällen in Betracht. Fragen zur „richtigen“ Verteidigungsstrategie – also Schweigen oder Einlassung – gehören in aller Regel nicht dazu.
Vielleicht veröffentlich die Verteidigung dazu noch eine Richtigstellung? Das würde sicherlich zum besseren Verständnis einer professionellen Verteidigung beitragen.
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Update vom 10.11.2015
Zschäpes Altverteidiger haben immer wieder betont, sie hätten ihre Mandantin auch bei einem Geständnis unterstützt; schließlich sei es „ihr“ Prozess.
Quelle: Gisela Friedrichsen via SPON
„Rote Karte für die AfD“ – Jetzt erst Recht!
Ich frage mich, welche Qualifikation die Mitarbeiter des Bildungsministeriums mitbringen müssen, wenn sie dort arbeiten wollen. Vielleicht reicht ja ein abgeschlossenes Lehramtsstudium für die Sekundarstufe 1 bereits aus für einen Anstellungsvertrag.
Für die tägliche Arbeit könnten aber ein paar verfassungsrechtliche Grundkenntnisse hilfreich sein. Dann hätte die Bundesbildungsministerin sich diese Klatsche und uns nun das elende Gefeixe dieser Rechtspopolisten (sic!) ersparen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat einstweilig die Entfernung einer Pressemitteilung aus dem Internetauftritt des Bundesbildungsministeriums angeordnet:
Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka, aufgegeben, die Pressemitteilung mit dem Titel „Rote Karte für die AfD“ aus dem Internetauftritt ihres Bundesministeriums zu entfernen. Ein entsprechender Antrag der Partei „Alternative für Deutschland“ auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat damit Erfolg.
In der Pressemitteilung Nr. 80/2015 vom 7. November 2015 zitiert das Bundesverfassungsgericht den Beschluss vom 7. November 2015 – 2 BvQ 39/15 -, nämlich daß die Antragsgegnerin – also Frau Prof. Dr. Wanka – möglicherweise
… durch Nutzung der Ressourcen ihres Ministeriums für den politischen Meinungskampf das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Art. 21 Abs. 1 GG verletzt hat.
Inhaltlich völlig zu Recht, wie ich meine, hatte die Ministerin zur geplanten Demonstration der AfD in Berlin mit dem Motto: „Rote Karte für Merkel! – Asyl braucht Grenzen!“ mitgeteilt:
Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden. Björn Höcke und andere Sprecher der Partei leisten der Radikalisierung in der Gesellschaft Vorschub. Rechtsextreme, die offen Volksverhetzung betreiben wie der Pegida-Chef Bachmann, erhalten damit unerträgliche Unterstützung.
*Ich* darf diese Hetzer und Brandstifter der AfD als das bezeichnen, was sie sind. Aber gemäß dem Prinzip „Quod licet Iovi, non licet bovi!“ darf das eine Ministerin selbstverständlich nicht – solange sie sich als Verfassungsorgan der Exekutive äußert. Wenn ich mich recht erinnere – es ist nun fast schon drei Jahrzehnte her – hat man mir im ersten oder zweite Semester meines Jurastudiums beigebracht, daß sich die Regierung mit solchen Statements zurückhalten muß.
Frau Wanka bleibt es unbenommen, sich als Privatperson gegen diese nur mühsam getarnten Nazis auf diese Weise zu engagieren. Als Amtsinhaberin sollte sie es aber unbedingt vermeiden, den durchaus nicht völlig dummen Juristen der AfD den Ball auf den Elfmeterpunkt vor ein Tor ohne Torwart zu legen.
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Bild: © Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM) / pixelio.de
Mohamed und der besserwissende Investigativist
Es geht um den Fall „Mohamed“, das getötete Flüchtlingskind. Die Ermittlungen der Mordkommission, eine hochqualifizierte Ermittlertruppe des Berliner Landeskriminalamts, führten zur Festnahme und wenig später zu Geständnissen eines Beschuldigten.
Und dann gibt es diesen Peter Rossberg (@PRossberg), ein BILD-„Zeitungs“-Reporter, Ressort Investigative Recherche, der „alles mit Kriminalität“ macht – so sein Twitter-Profil.
Dieses Mitglied des größten Fußballvereins in der Stadt Offenbach (wo liegt’n das Nest eigentlich?) zieht nun die Ermittlungen an sich, weil: Die ausgebildeten und teils studierten Kriminalisten aus der Keithstraße schaffen das nicht ohne ihn.
Da fällt mir ein bekannter Kolumnist der Zeit ein, der am 22.09.2015 diesem (und anderen) selbsternannten Investigativisten ins Gesangbuch schrieb:
Daher gehen der heute üblich gewordene „Empörungs-Journalismus“ vielfach an der Sache vorbei. Nicht weil er die (Straf-)Justiz wegen ihrer manchmal bornierten Blindheit gegenüber Fehlerquellen kritisiert, die zweifellos vorhanden sind. Sondern weil er ebenso oft mit einer Attitüde der Besserwisserei auftritt, die durch nichts nicht gerechtfertigt ist. Vor wenigen Tagen erst traf der Kolumnist bei einer Podiumsdiskussion über Fehlurteile im Strafrecht auf einen bekannten Journalisten, der mit empörter Gewissheit von zahllosen Fehlurteilen zu berichten wusste, deren „Falschheit“ sich allein ihm enthüllt hatte: Nach geheimen Regeln und Kriterien, oder, besonders beeindruckend, nach „gesundem Menschenverstand“. Das gilt als „kritisch“, ist es aber nicht. Denn anders als der Schimpf-Mainstream meint, setzt Kritik nicht ein laienhaftes Sich-Empören, sondern vertieftes Verständnis voraus. Die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet Journalisten wissen, was die Wahrheit und was ein „Fehlurteil“ ist, ist ähnlich groß wie die, dass ein Sozialpädagoge die im Einzelfall beste Methode der Krebstherapie kennt.
Die Arroganz dieser BILD-„Zeitungs“-Proleten und deren Produkte sind für ein funktionierendes Rechtssystem entbehrlich. Gibt es für diese Leute nicht Sinnvolleres? Fußballgucken bei Bier und Chips zum Beispiel?
BVerfG: Veröffentlichungspflicht auch bereits vor Rechtskraft?
Ein Zeitungsverlag war mit seiner Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich. Es ging um die Zusendung der Kopie eines Urteils, das noch nicht rechtskräftig war bzw. ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu am 29. Oktober 2015 die Pressemitteilung Nr. 78/2015 veröffentlicht. Hierzu lautet der Kurztext:
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde eines Zeitungverlags gegen eine Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts stattgegeben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht hatte es im Eilrechtsschutzverfahren abgelehnt, einen Landgerichtspräsidenten zur Zusendung einer anonymisierten Urteilskopie über ein von hohem Medieninteresse begleitetes Strafverfahren zu verpflichten. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründe lassen eine Gefährdung des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens oder weiterer Strafverfahren nicht erkennen.
Der kompletten Text der Pressemitteilung ist hier veröffentlicht.
Eine abschließende Entscheidung ist damit noch nicht getroffen worden. Das Verfassungsgericht reklamierte, daß das Oberverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung „Besonderheiten“ nicht hinreichend beachtet habe. Es sei anerkannt,
dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt. Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen. Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut.
Ob der presserechtliche Auskunftsanspruch der klagenden Medienvertreter in diesem konkreten Fall die Interessen der Strafrechtspflege überwiegt, muß nun das Oberverwaltungsgericht in einem zweiten Durchgang entscheiden. Wenn allerdings
konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.
müssen die Journalisten auf die Rechtskraft der Entscheidung eben warten.
Eindeutige Festlegungen und Parallelen
Vor ein paar Tagen hatte ich via Twitter einen kurzen Austausch mit dem von mir fachlich sehr geschätzten Kollegen Ralf Höcker, Medienanwalt und Professor aus Köln. Herr Höcker hatte in einem Gespräch mit Dirk Müller beim Deutschlandfunk über die Galgen auf der Pegida-Demonstration knackig formuliert:
Ich lege mich selten fest, aber in diesem Fall lege ich mich fest. Strafbar ist das Ganze eindeutig nicht.
Ich teile die Ansicht des Kollegen nicht, jedenfalls nicht in dieser Entschiedenheit, und habe polemisch (mit Schreibfehler, Pardon.) dagegen gehalten:
Die strafrechlichen Vorschriften §§ 111, 126 und 241 StGB lassen weite Beurteilungsspielräume zu. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte haben zudem auch die Aufgabe, einzelne – vielleicht zivilrechtlich zulässige – Äußerungen in einen größeren Kontext zu stellen, um daraus dann doch zur Strafbarkeit solcher als Meinungsäußerung getarnter öffentlichen Aufforderungen zu bzw. Androhungen von Straftaten zu kommen.
Woraus der Zusammenhang bestehen kann, hat der aus Görlitz stammende Berliner Autor Michael Bittner sehr treffend in einem Vergleich zwischen der PEGIDA und der NSDAP beschrieben. Michael Bittner schließt seinen Beitrag mit den Worten:
Von Hannah Arendt stammt auch die Beobachtung, dass man faschistische Führer beim Wort nehmen muss, denn sie verschweigen ihre Pläne nicht, sondern sprechen sie offen aus, um zu erschrecken und zu beeindrucken. Wenn Lutz Bachmann also ankündigt, kein „Volksverräter“ werde „ungeschoren“ davonkommen, jeder die „Quittung für seinen Vaterlandsverrat“ erhalten, wie es dann auch ein symbolischer Galgen bei der Montagsdemonstration bezeugt – dann sollte man diese Worte und Gesten sehr ernst nehmen.
Was soll mit diesem Galgen in Dresden, der angeblich von einem Werkzeughändler aus dem Erzgebirge gebastelt wurde, anderes geäußert öffentlich angedroht werden als Gewalt gegen Personen? Welche zielorientierte Aufforderung steht hinter dem Galgen, der in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft in Möckern in Sachsen-Anhalt aufgestellt wurde, wenn nicht die, als ein paar der Flüchtlinge daran aufzuhängen?
Ok, man kann nun das Argument der Einheit der Rechtsordnung zitieren: Was in „Höckers Zivilrecht“ erlaubt sein soll, kann in „Hoenigs Strafrecht“ nicnt verboten sein. Ich bin kein Äußerungsrechtler, deswegen traue ich mich auch nicht, die Galgen zivilrechtlich zu bewerten. Aber daß der 39-jährige Erzgebirgler (wenn er denn der Galgenbastler und -träger war) sich strafbar gemacht haben könnte, halte ich für sehr gut wahrscheinlich. Und was strafbar ist, kann zivilrechtlich nicht erlaubt sein.
(Nicht nur) nebenbei:
Wem es zu mühsam ist, den Text von Michael Bittner durchzulesen, kann sich dieses 2 1/2 Minuten lange Video mit einem Zusammenschnitt zweier Redner – der Geschichtslehrer und AfD-Fraktionsvorsitzender Björn Höcke einerseits und der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Leiter der Reichskulturkammer Joseph Goebbels andererseits – mal zu Gemüte führen.
Um dann vielleicht doch noch was dazu zu lesen: Georg Restle vertritt wie ich die Ansicht, der Galgen diene dazu, dieses Land in Aufruhr zu bringen. Und das halte ich für zumindest strafwürdig; ob es auch strafbar ist, mögen am Ende kompetente Strafjuristen entscheiden – und die heißen weder Höcker noch Hoenig.
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Bild: Wikimedia Commons via Wikipedia
Zielorientierter Hellseher?
Am 17. Oktober 2015 um 10:38 Uhr meldete Zeit Online:
Henriette Reker, die parteilose Kandidatin für die Oberbürgermeisterwahl in Köln, wurde bei einer Attacke schwer verletzt.
Der Täter habe sich widerstandslos festnehmen lassen, nachdem er Frau Reker mit einem Jagdmesser am Hals schwer verletzt hat.
Am 18. Oktober 2015 um 13:50 Uhr, also rund 27 Stunden später, lese ich (wieder) auf Zeit Online:
Der Attentäter […] war bei seiner Attacke […] nach Ansicht eines Gutachters voll schuldfähig. Es gebe keine Anhaltspunkte, nach der psychologischen Begutachtung daran zu zweifeln, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.
War das tatsächlich eine „psychologische Begutachtung“. Oder hat da ein Druide ein paar Hühnerknochen in die Luft geworfen?
Bei diesem Schnellschuß unmittelbar nach der Tat kann es doch „nur“ um die Frage gehen: „Ist er haftfähig oder muß er in der (forensischen) Psychiatrie untergracht werden?“ Aber dann kann man doch nicht von einem „Gutachten“ sprechen, liebe Polizisten und Staatsanwälte. Oder haben sich da ein paar Qualitäts-Journalisten ihre Agentur-Meldung mit ihren küchenpsychologischen Bordmitteln selbst zusammengebastelt?
Die Frage, ob der Beschuldigte „voll schuldfähig“ ist oder nicht, wird im Laufe des Ermittlungsverfahrens sicherlich noch von einem Psychiater (!) gewissenhaft untersucht werden.
Fragen zur Rechtsschutzversicherungen?
Es gibt demnächst wieder mal was auf die Ohren.
„Rechtsbelehrung“ ist ein Jurapodcast, in dem monatlich aktuelle Rechtsfragen der Netzwelt besprochen werden.
Dazu sucht der Radiojournalist Marcus Richter noch Fragen:
Habt ihr (allgemeine) Fragen zu Rechtsschutzversicherungen? Wir machen da demnächst eine #Rechtsbelehrung @RBL_rfm drüber.
— monoxyd (@monoxyd) 10. Oktober 2015
Gern leite ich die Fragen weiter. Oder beantworte sie. Nicht hier, sondern im Podcast. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Thomas Kümmerle, unserem Dezernent für Probleme, die in unserer Kanzlei im Zusammenhang mit Rechtsschutzversicherern entstehen.
Abofallenautomatik?
Wir nutzen seit einiger Zeit schon die Angebote von Beck Online. Grundsätzlich ein ganz nützliches Handwerkszeug für uns, wenn auch ein wenig kostspielig. Anyway, Betriebsausgaben gehören eben zum Geldverdienen dazu. Was aber nicht dazugehört sind – übertrieben formuliert – Abofallen.
Ich war auf der Seite von Beck Online nicht wie gewünscht fündig geworden und hatte deswegen per eMail nachgefragt:
… leider werde ich auf der Seite https://beck-online.beck.de/Home/29340 nicht über meinen Account bei Ihnen informiert. Deswegen bitte ich auf diesem Wege um Abschriften der beiden Verträge inkl. der vereinbarten AGB. Von besonderem Interesse sind hier die Vertragslaufzeiten und die Kündigungsfristen.
Recht schnell bekam ich – zusammen mit den AGB – die freundliche Antwort:
Das Modul Strafrecht Premium läuft bis 31.03.16 und Verkehrsrecht Plus bis 29.02.16. Reguläre Kündigungsfrist ist immer 4 Wochen vor Ablauf der aktuellen Berechnungsperiode, ansonsten erneuert sich das Abo um weitere 6 Monate.
Es ist nachvollziehbar, wenn der Lieferant von z.B. Zeitungen oder anderer körperlicher Gegenstände eine gewisse Perspektive haben möchte, was er vorbereiten oder vorrätig halten muß. Aber für den Zugang zu einer bereits eingerichteten Datenbank muß man nicht in die Zukunft planen.
Ich habe den Eindruck, daß die Geschäftsführung von Beck darauf vertraut, der Kunde werde die Kündigungfrist versäumen und dann hat man ihn noch für weitere sechs Monate. Darauf kann der Kunde natürlich reagieren, indem er sich die Frist notiert, bis zu der er prüfen muß, ob das Abo weiterlaufen soll oder nicht.
Die Alternative sieht so aus:
Ich bin mit der *automatischen* Verlängerung um 6 Monate nicht (mehr) einverstanden. Deswegen kündige ich bereits jetzt beide Verträge fristgerecht zum Ende ihrer jeweiligen Laufzeit. Bitte bestätigen Sie den Eingang dieser Kündigung und das Ende der Verträge.
Wenn ich dann irgendwann nicht mehr reinkomme in die Datenbank, schließe ich eben einen neuen Vertrag ab und kündige den dann sofort wieder zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit, um der Abofallenautomatik zu entgehen. Diesen damit verbundenen Verwaltungsaufwand könnte sich Beck Online sparen, wenn das Unternehmen seinen Kunden zutraut, für gute Leistung auch weiterhin gutes Geld bezahlen zu wollen. Knebelverträge brauchen im Bereich (virtueller) Dienstleistungen eigentlich nur solche Unternehmen, die schlecht leisten möchten.
Nebenbei:
Den Vertrag mit einem Rechtsanwalt kann der Mandant jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Mich spornt das an.
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Bild: © Aka / pixelio.de
Bachmanns „Gelumpe“ und „Viehzeug“ und seine Fangroup
Medienberichten zufolge wurde gegen den Pegida-Gründer Lutz Bachmann Anklage erhoben. Wie die Dresdener Staatsanwaltschaft mitteilte, wird Bachmann vorgeworfen, am 19. September 2014 auf seiner Facebook-Seite Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber unter anderem als „Gelumpe“ und „Viehzeug“ beschimpft zu haben.
Schaut man sich mal den § 130 Abs. 1 StGB an, der die Rechtsfolgen einer Volkverhetzung regelt, passen die Tatbestandsvoraussetzungen recht gut auf den verbalen Abwasserrohrruch dieses Pegidioten:
Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, […] die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er [Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber] […] beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Ich kenne das Vorstrafenregister dieses Herrn nicht aus eigener Anschauung. Gerüchten zufolge soll der Auszug aus seinem Bundeszentraglregister durchaus aber nicht auf nur einem Blatt Papier gedruckt werden können. Schaut man sich die entsprechenden Informationen auf Wikipedia an …
Kriminelle Tätigkeiten und Strafverfahren, Flucht ins Ausland und Abschiebung nach Deutschland
Bachmann beging seit den Neunziger Jahren mehrfach unterschiedliche Straftaten (u. a. Körperverletzung, Einbruch und Diebstahl, Drogenhandel) und wurde unter anderem 1998 zu drei Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Kurz nach der Verurteilung entzog er sich durch Flucht nach Südafrika dem Strafvollzug und lebte dort zwei Jahre lang unter falschem Namen, wurde aber schließlich von der Einwanderungsbehörde identifiziert und nach Deutschland abgeschoben.
Haftstrafe in Deutschland; erneute Straffälligkeit und Haftstrafe auf Bewährung
Nach 14-monatiger Haft in der JVA Dresden wurde er vorzeitig auf Bewährung entlassen. 2008 wurden bei ihm 40 Gramm Kokain und ein weiteres Mal 54 Gramm gefunden. Dieser Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung, die im Februar 2015 auslief, geahndet. Im Mai 2014 wurde Bachmann vom Amtsgericht Dresden zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt, weil er keinen Unterhalt für seinen Sohn gezahlt hatte.
… kann ich mir sehr gut vorstellen, daß man ihn diesmal für ein paar längere Monate als nur ein Vierteljahr in den wohlverdienten Kerker schickt. Vor allem auch deswegen, weil der mutmaßliche Volksverhetzer noch während einer laufenden Bewährung strafrechtsrelevant umtriebig gewesen sein soll. Na denn …
Wobei … wenn ich mir die Höhe der Strafen für BtM-Delikte in den Sachen anschaue, die ich in Dresden verteidigt habe, und sie mit den Strafen, die Bachmann für vergleichbare Straftaten bekommen und abgesessen hat, scheint er ja ein paar ernsthafte Fans auf den Richterbänken zu haben. Aber vielleicht bin ja nur ich auf einem Auge blind.
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Bildquelle: „Dresden Amtsgericht 2“ von X-Weinzar – Eigenes Werk (Taken by myself). Lizenziert unter CC BY-SA 2.5 über Wikimedia Commons.
Gedanken zum Gespräch im Damensalon
Zwischenzeitlich hat die Aufzeichnung des Stammtischgesprächs im Damensalon zwischen Marie, LeFloid und mir (Nr. 35) die Runde gemacht. Und bei mir haben sich die Eindrücke gesetzt, so daß ich mir mit ein bisschen Abstand ein paar Gedanken über das für mich ungewöhnliche Format machen möchte.
Die Videos von Maries Stammtisch haben eine völlig andere Zielgruppe als die Blogleser hier – allein der Altersdurchschnitt zwischen den unterschiedlichen Stammkunden dürfte bei knapp einer Generation liegen. Jedenfalls richtet sich das Blog unserer Kanzlei nicht an 20-jährige Youtuber. Deswegen war ich streckenweise auch recht unsicher – und hatte am Anfang tatsächlich auch ein wenig Lampenfieber, was da auf mich zu kommen würde. Und das, obwohl mir die Atmosphäre in einer Neuköllner Kneipe seit nun fast 30 Jahren einigermaßen vertraut ist.
Selbstverständlich habe ich mich vor diesem Gespräch über die Szene informiert, in der sich Florian Mundt und Marie Meimberg (Hey, warum gibt es eigentlich noch keinen Beitrag in Wikipedia über mich? ;-) ) bewegen. Wenn auch nur oberflächlich, um einigermaßen unbefangen in die Sache einsteigen zu können.
Und wenn ich mir nun die Kommentare anschaue, die unter dem Video zu lesen sind, scheint es uns geglückt zu sein, das Publikum über eine Stunde lang nicht zu langweilen. Ganz besonders spannend finde ich, daß zahlreiche Kommentatoren den Beginn der Diskussion interessanter fanden als das eigentliche Thema. Der Beruf eines Strafverteidigers scheint wohl eine gewisse Faszination auszuüben, auch auf solche Leute, die wie LeFoid schon echt Härteres (Merkel, Lanz …) gewohnt sind.
Ich zitiere mal ein paar meiner Lieblingskommentare:
- KaLiBe:
Ich habe höllischen Respekt vor dem Job als Strafverteidiger und wünsche weiterhin ‚gutes Gelingen‘. - watcherin9:
jaaa unbedingt eine „strafverteidiger “ debatte :D fand den anfang wirklich interessant! - wolkenwandlerinlilly:
Ich fand Carsten als Gast total spannend, weil er sich einfach mit vielen Dingen gut auskennt, von denen ich keine Ahnung habe.
Allerdings, mancher Kommentar hat mich auch ein wenig nachdenklich gestimmt:
- Eine x beliebige Person:
Hab ein bisschen das Gefühl, da sitzen Vatti und Sohn an der Bar und diskutieren. Endlich zwei Leute, die teilweise echt verschiedene Meinungen haben. Auch mal schön.
Noch weiß ich noch nicht, wie ich damit umgehen soll. ;-)
Liebe
- Lola Lampenschirm:
Ich würde mir einen zweiten, zweistündigen Stammtisch mit Carsten definitiv anschauen. Das ist echt total interessant, was er über seinen Beruf erzählt, da würde ich gerne mehr wissen :-)
Bis dahin kannst Du ein wenig hier im Blog mitlesen. 8-)
Nebenbei: Hier im Blog funktioniert es übrigens mit den Kommentaren. Wer pöbelt, fliegt raus. Ist doch ganz einfach, lieber Marc Zuckerberg.