Ordnungswidrigkeiten

Bielefelder Merkblatt für Rechtsanwälte

In einer Bußgeldsache haben wir die Ermittlungsakte erhalten. Unserem Mandanten wird eine Geschwindigkeitsüberschreitung am Bielefelder Berg vorgeworfen.

Diese Meßanlage soll angeblich der „erfolgreichste Blitzer Deutschlands“ sein, jedenfalls sollen dort täglich 1.500 Autofahrer fotografiert werden.

Das bringt der Stadt Bielefeld natürlich reichlich Einnahmen, ist aber auch mit reichlich Arbeit verbunden. Für die Beamten im Ordnungsamt.

Einer dieser Ordnungsbeamten, nennen wir ihn mal „Herr Schmidt“, hatte eine Idee, wie man querulatorische Verteidiger auf Abstand halten könnte. Der Herr Schmidt entwirft also ein

Merkblatt für Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen

das jeder Ermittlungsakte beigefügt wird, die ein Verteidiger anfordert.

Zusammenfaßt und übersetzt enthält dieses Merkblatt folgende Information und Aufforderung:

Wir haben alles richtig gemacht, deswegen brauchen wir das auch nicht nachweisen. Nehmen Sie gefälligst das Rechtsmittel zurück.
Gez. Herr Schmidt.

Tolle Ideen haben manchen Beamte.

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Umweltzone – Verteidigung leicht gemacht

Ab heute wird in Berlin Ernst gemacht mit den verschärften Regeln der Umweltzone. Nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette dürfen in die Stadt. Was man dagegen unternehmen kann? Eine ganze Menge:

Auch wenn es nicht mein Ding ist, Werbung für die Versicherungswirtschaft zu machen. Aber wer keine grüne Plakette für seine Wanne sein Auto bekommt, sollte sich einen Rechtsschutzversicherer suchen, der die Kosten übernimmt, bevor statt der Plakette ein Ticket an der Frontscheibe hängt. Ich meine aber nicht, daß es unbedingt die AdvoCard sein muß; mein Liebling ist sie jedenfalls nicht.

(Hier gibt es das Video (flv – 17 MB) zum download.)

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Verkehrsüberwachung durch die Kripo

Zwei Moppedfahrer, eine Honda und eine Suzuki, haben ein ziviles Polizeifahrzeug, einen Opel, überholt. Alle drei waren etwas flott in der Stadt unterwegs, der Opel mit etwa 80 km/h. In dem Bußgeldverfahren stellt sich nun die Frage: Wie schnell war der Hondafahrer? Die Polizeibeamten hatten die Geschwindigkeit durch Hinterherfahren „gemessen“.

Die Ermittlungsakten geben Auskunft:

Ermittlungsakte Honda:

Kurz hinter dem beschriebenen Kreuzungsbereich beschleunigte das Krad nochmals erheblich, so dass nach einer Fahrstrecke von 250 Meter in Höhe der Graf-Gluffke-Straße ein Höchstwert von unserem Tacho des Zivilfahrzeug von über 130 km/h abgelesen werden konnte.

Die dortige Lichtzeichenanlage schaltete kurz vor dem Überqueren auf Gelblicht. Das Krad fuhr hinter einem anderem Krad, Suzuki, mit gleicher Geschwindigkeit wie o.a., in einem Abstand von ca drei Fahrzeuglängen hinterher.

Also: Die Honda fährt hinter der Suzuki. Als die Honda an die Kreuzung kommt, schaltet die Ampel von grünem auf gelbes Licht um. Aha.

Nun die Ermittlungsakte Suzuki:

Kurz hinter dem beschriebenen Kreuzungsbereich beschleunigte das Krad nochmals erheblich, so dass nach einer Fahrstrecke von 250 Meter in Höhe der Graf-Gluffke-Straße ein Höchstwert von unserem Tacho des Zivilfahrzeug von über 130 km/h abgelesen werden konnte.

Die dortige Lichtzeichenanlage wurde bei augenscheinlich unverminderter Geschwindigkeit bei Rotlicht überquert.

Also: Die Suzuki fährt bei Rotlicht. Vor der Honda, die bei Gelblicht über die Ziellinie gefahren ist.

Hmmm. Es kann natürlich sein, daß die Ampel an der Kreuzung Graf-Gluffke-Straße anders wie sonst üblich – nach grün kommt gelb kommt rot – geschaltet ist, etwa nach grün kommt rot kommt gelb. Oder so ähnlich.

Besser wäre es aber auf jeden Fall, wenn die beiden Kriminalbeamten, die da in dem Opel unterwegs waren, die Verkehrsüberwachung künftig den geschulten Kollegen vom Verkehrsdienst überließen. Die kennen im übrigen auch die Spielregeln, die sich das Kammergericht für die Messung durch Hinterherfahren (250 Meter reichen nicht!) ausgedacht hat. Die Kripo ist dafür da, Straftäter zu ermitteln.

Wenn nicht feststeht, wer nun vorn und wer hinten gefahren ist, gilt der Zweifelsgrundsatz: Die Honda fuhr vorn (was durch das Gelblicht bestätigt wird). Dann fuhr die Suzi zwischen dem Polizeiauto und der Honda. Und auch das führt zu einer unzulässigen – unverwertbaren – Messung der Honda. Das Verfahren ist einstellungsreif.

Manchmal reicht es nicht aus, sich nur eine Akte anzuschauen; der Blick ins Parallelverfahren bietet öfters mal Anlaß zur Freude.

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Verkehrsteilnahme in der Umweltzone

So sieht das aus, wenn (versehentlich) gegen eine völlig blödunsinnige Regelung verstoßen wurde:

verkehrsteilnahme

Dann wird mit einem blödunsinnigen Verfahren darauf reagiert und mit leeren Drohungen zum Verrat aufgefordert.

Was passiert in solchen Fällen?

Variante 1:
Der angehörte Halter legt ein Geständnis ab oder denunziert den Fahrer. Das führt zu 40 Euro Bußgeld, einpaarundzwanzig Euro Kosten und ein Flens.

Variante 2:
Der angehörte Halter rührt sich nicht. Das führt am Ende (im schlimmsten Fall mit ein paar Umwegen über das Amtsgericht) zur Einstellung des Verfahrens und zur Überbürdung der Kosten nach § 25 a StVG: Macht einpaarundzwanzig Euro Kosten. Punkt. Und vielleicht zu einer Fahrtenbuchauflage.

Pfffft!

Update / Variante 3:
Der angehörte Halter teilt der Behörde mit, daß er sich nicht mehr daran erinnern könne, wer vor sooooo langer Zeit das Auto gefahren hat; in Betracht kommen er selbst, aber auch Wilhelm Brause, Bulli Bullmann, Gottfried Gluffke und Mütterchen Mü, die ebenfalls gelegentlich mit dem Auto unterwegs waren. Das führt zur Einstellung und zumindest zu Problemen, dann noch eine Fahrtenbuchauflage durchzusetzen.

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Fahrtenbuchauflage, erledigt

Heute endete das Jahr, in dem für unser Auto ein Fahrtenbuch geführt werden sollte mußte, weil die Erinnerung an den Fahrer, der da angeblich viel zu schnell durch das Land Brandenburg gefahren sein soll, nicht mehr so gut war.

Selbstverständlich wurde das Fahrtenbuch ganz gewissenhaft geführt. In den Fahrtenbuchdeckel wurden eingetragen:

    Name, Vorname und Anschrift der möglichen Fahrzeugführer, die dann jeweils ein individuelles Nümmerchen bekamen.
    das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs.

Das war eine einmalige Angelegenheit und schnell erledigt.

Dann wurden jeweils

    vor Beginn einer jeden Fahrt das Nümmerchen des Fahrers, das Datum und die Uhrzeit des Fahrtbeginns und
    nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift

eingetragen.

In dem vergangenen Jahr sind wir nicht viel mit dem Auto gefahren, so daß das Fahrtenbuch nicht sehr dick geworden ist. Wir haben ja Fahrräder, eine Umweltkarte der BVG und ein Motorrad. Immerhin sind es dann noch so 10 bis 12 Fahrten geworden.

Bislang hat auch niemand darum gebeten,

das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen

wie es im § 31 a StVZO geschrieben steht. Wir sind aber auch ganz schwer zu erreichen zuhause.

Nun heben wir das Fahrten-„Büchlein“ noch ein halbes Jahr auf und das war’s dann. Kein Fahrverbot, keine Punkte, kein Bußgeld. Nur die Investition von 10 Minuten Schreibarbeit und ein altes Vokabelheft.

Ich finde, so eine Auflage ist ein stumpfes Schwert.

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