Polizei

Bordsteinschwalben gesucht

Wer Lust darauf hat, dafür bezahlt zu werden, daß er seine Mitbürger anschwärzt, eine Uniform tragen darf und mit Amtsautorität ausgestattet wird, um mangelndes Selbstbewußtsein kompensieren zu können, der sollte sich mal schnell beim Ordnungsamt Pankow melden.

Medienberichten zur Folge will das Amt 13 neue Verräter Mitarbeiter einstellen, die in der Parkraumüberwachung in Prenzlauer Berg den Autofahrern auf die Nerven gehen eingesetzt werden sollen.

Bewerbungen an: Ordnungsamt Pankow, Fröbelstraße 17, 10405 Berlin

Ich wüßte ja gern, wie das Anforderungsprofil formuliert ist.

Bild: Stefan Bayer / pixelio.de

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Thüringer Polizeiaufgabengesetz verfassungswidrig

Die Änderung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes im Jahr 2008 ist mit der Thüringer Verfassung überwiegend nicht vereinbar. Dies geht aus einem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21.11.2012 hervor.

Durch das Änderungsgesetz vom 16. Juli 2008 wurden insbesondere die Befugnisse der Polizei zur heimlichen Erhebung von Daten neu geregelt. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise der Einsatz verdeckter Ermittler, das Abhören von Telefonaten sowie die optische und akustische Überwachung von Wohnungen.

Das Gesetz sieht vor, dass die Polizei diese Mittel ergreifen darf, um erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren oder bestimmte schwerwiegende Straftaten zu verhüten.

Mit der Verfassungsbeschwerde wurde – erfolgreich – gerügt

  • die unklare Reichweite dieser Befugnisse und
  • die Unzulänglichkeit der Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte und des anwaltlichen Berufsgeheimnisses.

Aus der Pressemitteilung 7/12 des Thüringer Verfassungsgerichtshofs:

Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Normenklarheit nicht hinreichend beachtet. Den angegriffenen Vorschriften lassen sich die Voraussetzungen und die Reichweite der jeweiligen Grundrechtseingriffe nicht eindeutig entnehmen.

Insbesondere bleibt unklar, inwieweit nach der Vorstellung des Gesetzgebers Berufsgeheimnisträger von polizeilichen Maßnahmen ausgenommen bleiben sollen. Ebenso unzureichend sind die Befugnisse zu heimlichen Datenerhebungen geregelt, die der Verhütung von Straftaten dienen. Hier reicht es nicht aus, auf einen Katalog von Strafrechtsnormen zu verweisen.

Der Charakter der Gefahrenabwehr als Rechtsgüterschutz verlangt insoweit, dass diese polizeilichen Befugnisse das geschützte Rechtsgut und den Grad seiner Gefährdung eindeutig erkennen lassen.

Der durch die Menschenwürde gebotene Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist lückenhaft ausgestaltet worden. Bei der Überwachung der Telekommunikation und der Erhebung von Daten mit besonderen Mitteln (z. B. beim Abhören des nicht öffentlich gesprochenen Wortes außerhalb einer Wohnung) fehlt eine umfassende und eindeutige Vorschrift, dass im Fall der Verletzung des Kernbereichs die Maßnahme abzubrechen ist.

Ebenso hat der Gesetzgeber es unterlassen, die Polizei zu verpflichten, die Tatsache der Erfassung und die Löschung aller kernbereichsrelevanten Daten zu protokollieren. Die Dokumentation ist für den Betroffenen unabdingbar, um eine Verletzung seiner Rechte vor den Gerichten geltend zu machen.

Zudem ist der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht geworden, soweit er die nachträgliche Benachrichtigung über heimliche Überwachungen geregelt hat. Die gesetzlichen Bestimmungen erlauben der Polizei, von der Unterrichtung abzusehen, wenn sie den weiteren Einsatz einer verdeckt ermittelnden Person (z. B. eines verdeckten Ermittlers oder einer Vertrauensperson) beabsichtigt. Diese Regelung lässt außer Acht, dass jeder, der von einer heimlichen Überwachung betroffen ist, einen grundrechtlich gesicherten Anspruch hat, nach Beendigung der Maßnahme von dem Eingriff in seine Privatsphäre informiert zu werden. Ausnahmen müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und im Hinblick auf die Schwere des Grundrechtseingriffs eine Abwägung der widerstreitenden Interessen ermöglichen.

Die Übergriffe des Gesetzgebers waren eindeutig, so daß die Verfassungsrichter kein Problem damit hatten, zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen:

Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.

Vormerken sollte man sich in Thüringen nun den 30. September 2013. Bis zu diesem Datum haben die thüringischen Rechtsbrecher Gesetzgebungsorgane Gelegenheit, ihren Laden wieder auf Vordermann zu bringen.

Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die mit der Thüringer Verfassung unvereinbaren Normen nach Maßgabe der Urteilsgründe weiter angewandt werden.

Thüringen. Ist das nicht das Land, in dem der NSU ziemlich aktiv war? Waren es die nicht u.a. die thüringer Polizeibehörden, die dort vertuscht ermittelt haben?

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Der Alko-Tester

Ich bin mir sicher, daß der Beschuldigte auch die Belehrung nicht verstanden hat.

Na, wenigsten hatten die Jungs richtig Spaß dabei.

Video gefunden bei Martin Lang auf Facebook

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Staubige Schwerpunktabteilungen

Aus einer Ermittlungsakte:

Der Tatzeitraum im dortigen Verfahren umfasst den 9.01.2012 bis zum 12.02.2012. Im hiesigen Verfahren soll der Beschuldigte die Tat nach § 303b StGB im Zeitraum ab Mitte November 2009 begangen haben.

In zeitnaher Vollstreckung des hier am 01.09.2010 erwirkten Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts konnten mehrere Datenträger, darunter Festplatten, sichergestellt werden.

Die Auswertung der Datenträger scheiterte zunächst an fehlenden polizeilichen Kapazitäten.

Externe Sachverständige konnten nicht gefunden werden.

Selbst die IT-Schwerpunktabteilung konnte mir keinen externen Sachverständigen empfehlen.

Nunmehr liegen die Akten und Datenträger zur Auswertung dem Landeskriminalamt vor. Gegenwärtig ist nicht bekannt, wann mit einer Gutachtenerstattung zu rechnen ist.

Der Vermerk trägt ein Datum aus dem Sommer 2012.

Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, gegen den Geschädigten einen DDoS-Angriff veranlaßt zu haben. Als Grundlage diente der Staatsanwaltschaft, die den Antrag auf Erlaß des Durchsuchungsbeschlusses gestellt hat, der Kaffeesatz des Geschädigten. In diesem Kaffeesatz war zu lesen, daß die Kristallkugel des Providers angezeigt habe, es könnte (vielleicht?) der Beschuldigte gewesen sein, der (unter Umständen?) „in Rußland, der Ukraine oder in China“ (oder sonstwo?) ein Botnetz gemietet haben könnte …

Nun verstauben die Datenträger in irgendeinem dunklen Keller Ostdeutschlands. Und zwar bei einer „Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Kriminalität im Bereich der Informationstechnologie (IT-Schwerpunktabteilung)„.

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Widerwärtig!

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz zum „racial profiling“ da festgestellt hat (AZ: 7 A 10532/12.OVG):

Wenn die schwarze Hautfarbe für Streifenpolizisten das einzige oder ausschlaggebende Kriterium für eine Personenkontrolle darstellt, ist dies ein Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot. (Weitere Einzelheiten bei Udo Vetter im Law Blog.)

Es ist beschämend, daß diese Feststellung erst nach zwei Jahren und erst in der zweiten Instanz des Verwaltungsrechtswegs erfolgt. Aber immerhin. Besser spät als nie. Sie wird auch einhellig begrüßt.

Einhellig? Nein!

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierte die Entscheidung scharf: „Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus“, sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt.

berichtet die Tagesschau

Na klar: Alle Neger sind Verbrecher! Und was ist dann dieser Rainer Wendt?

Danke an Lotte für den Hinweis auf den Tagesschaubericht.

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Zweite Presseerklärung zum „Fall Jonny K.“

Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger veröffentlichte heute eine weitere, die nachfolgende Presseerklärung:

Die polizeiliche Richterschelte, nach der Haftverschonungen ein „Schlag ins Gesicht der Ermittler“ seien, ist in Wahrheit nicht anderes als ein Anschlag auf die Gewaltenteilung.

Die Polizei ist weder rechtlich noch tatsächlich berufen, richterliche Entscheidungen in der Öffentlichkeit zu kommentieren. Polizeibeamte, die eine Haftverschonung als „Schlag in ihr Gesicht“ kommunizieren und sich als Opfer richterlichen Handelns stilisieren, äußern sich angesichts des vorläufigen Tatbildes im Fall „Jonny K“ nicht nur in der Wortwahl geschmacklos.

Es ist auch zu fragen, ob bei einem derartigen kompetenzüberschreitenden Eifer in den Reihen der Polizei, die von der Strafprozessordnung geforderte Objektivität der Ermittlungen noch gewährleistet ist, wenn die befassten Beamten sich als Opfer einer Haftverschonung begreifen.

Die Sorge, dass es nach den jüngsten Verlautbarungen an der gesetzlich geschuldeten Objektivität der Ermittler fehlen könnte, wird auch dadurch genährt, dass offenkundig Polizeibeamte Ermittlungsergebnisse und –hypothesen dienst- und gegebenenfalls strafrechtswidrig an die Presse durchstechen, um Stimmung zu machen.

Dieses – keineswegs erstmalige – Vorgehen von Polizeibeamten harrt der Bewertung der Polizeigewerkschaften, die sich hierzu noch nie geäußert haben, ebenso wie derjenigen der Staatsanwaltschaft. Nicht erst seit dem Prozess gegen Kachelmann weiss man, dass ein rechtsstaatliches Verfahren kaum noch zu gewährleisten ist, wenn der Prozessstoff selektiv an die Öffentlichkeit gespielt wird.

Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger ist der Ansicht, dass die Angehörigen von „Jonny K.“ ebenso einen Anspruch auf umfassende Aufklärung des Sachverhalts haben wie die Beschuldigten, dass diese im Rahmen des geltenden Rechts stattfindet. Zu diesem gehört es aber schon dem Grundgesetz nach, dass über Freiheitsentzug allein Richter zu entscheiden haben.

Polizeigewerkschafter, aber auch Politiker, die den hiesigen Fall zum Anlaß nehmen, populistische Süppchen zu kochen, handeln zynisch und verantwortungslos. Dem Rechtsstaat und einer gesetzesförmigen Aufklärung des Sachverhalts kann ihre Sorge jedenfalls nicht glaubhaft gelten.

Für den Vorstand
Rechtsanwälte Stefan Conen und Peter Zuriel

Eine aufgeheizte Stimmung ist mitnichten geeignet, das anstehende Verfahren dem zu machen, auf das alle Beteiligten – insbesondere die Hinterbliebenen und die Beschuldigten (mit ihren Familien) – gemeinsam einen Anspruch haben. Es ist müßig, die Gossenschreiber zur Mäßigung anzuhalten. Zumindest von den ermittelnden sowie von den politischen Beamten ist aber zu erwarten, daß sie sich zumindest an die Grundlagen erinnern, auf denen unser Rechtsstaat steht.

Populistisches Geschwätz und (möglicherweise strafbares) Offenbaren von Dienstgeheimnissen dient nur der Eitelkeit der Schwätzer und Verräter, schadet aber allen anderen.

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Der Bock des Gärtners

Wer Polizeibeamter werden möchte, muß für diesen Beruf auch geeignet sein. Das wird auch bei der Salzburger Polizei von geeignetem Personal getestet:

Polizeieigunung

Und nur die Geeignetesten haben die Chance, erst Polizeibeamter und später dann zum Eigunungstester befördert zu werden.

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Was steckt hinter dem Rammbock?

Hells Angels BackpatchDie Rahmenkonzeption des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz zur Bekämpfung der Rockerkriminalität war geheim. Jedenfalls bis zur gar nicht mehr geheimen Veröffentlichung auf www.hellsangelsmedia.com.

Das führte zum Hausbesuch u.a. des örtlichen SEK bei Kay S., dem Vereinsvorsitzenden des HDRA (Harley Drag Race Association) e.V. Landau, der laut Impressum für die Internetpräsentation verantwortlich zeichnet.

Außerdem ist Kay S. Präsident des Hells Angels MC Landau. Er ist also nicht nur Drag Racer, sondern gehört eben zur Zielgruppe des Konzeptpapiers. Dann bietet sich natürlich gleich mal die Umsetzung des vormals geheimen Konzepts in die Praxis an.

Darüber und über den Bericht in der Bikers News habe ich in der vergangenen Woche berichtet.

Ein freundlicher Kommentator (besten Dank an OG) verlinkte auf einen Artikel auf Telepolis, in dem Ulrike Heitmüller am 31.08.2012 ein paar Hintergründe für den Rammbock-Einsatz schilderte.

Danach soll es bei dem Einsatz nicht um die Zustellung der Einstweiligen Verfügung eines Zivilgerichts gegangen sein, sondern um die Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses.

Dieses Konzeptpapier scheint also nicht nur geheim (gewesen ;-) ) zu sein, sondern war auch noch ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Und wer solche Werke „unerlaubt verwertet“, begeht möglicherweise eine Straftat nach § 106 UrhG. Urheberrechtler werden erklären können, daß die Veröffentlichung auf einer Website eine „Verwertung“ darstellt.

Die Einstweilige Verfügung (vom 20.09.2012) wurde erst drei Wochen nach dem Besuch der Truppe (am 31.08.2012) erlassen.

Bemerkenswert ist jetzt noch folgendes:

Am 28.08.2012 formulierte der Urheberrechtsinhaber in Gestalt des Polizeipräsidenten eine Abmahnung. Er forderte den HDRA e.V. auf, bis zum 11.09.2012 das geheime Papier aus den Netz zu nehmen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Am selben Tag, also am 28. August, hat der Rechteinhaber aber die Computer und vermutlich auch reichlich Papier bei dem Vereinsvorsitzenden beschlagnahmt, die sicherlich sehr hilfreich gewesen wären, auf die Abmahnung entsprechend zu reagieren. Es ist schon irre, was es so alles gibt …

Da wird sich zumindest ein logistisches Problem ergeben haben, das bei der Frage hinsichtlich der Kosten für das Einstweilige Verfügungsverfahren noch eine Rolle spielen könnte.

Bild: DaiFh – Lizenz: CC-BY-SA-3.0

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Zustellung an den Präsidenten per Rammbock

Es ging um eine Einstweilige Verfügung des Amtgerichts Landau, also um einen Beschluß eines Zivilgerichts aus der Provinz. Damit ein solcher Beschluß wirksam wird, muß er dem Antragsgegner förmlich und nachweisbar zugestellt werden.

In der Regel übernimmt diese Zustellungs-Formalitäten der gemeine Postbote. Diese Einstweilige Verfügung war aber etwas ganz Besonderes, dafür brauchte es dann auch eine besondere Art der Zustellung.

Am 28. August um 8 Uhr sah Kay die Polizei auf sein Haus zukommen. „Mit Rammbock und allem“, erzählte er später. Er ging den Polizisten gleich entgegen und gab ihnen zu verstehen, dass er sich nicht wehren würde. Das ersparte ihm die Fesselung mit Kabelbindern, er musste sich auch nicht auf den Boden legen, und seine Tür wurde nicht aufgebrochen.

berichtete Michael Ahlsdorf in der Bikers News.

Worum gings? Der Präsident des Polizeipräsidiums Rheinland-Pfalz hat erfolgreich eine Einstweilige Verfügung (AG Landau, 5 C 1329/12) beantragt, die dem Präsidenten Hells Angels MC Landau zugestellt werden sollte.

Der Angel soll verantwortlich sein für die Veröffentlichung eines 64-seitigen Dokuments des Unterausschusses „Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung“ (UA FEK) der Bund-Länder-Projektgruppe mit dem wenig zimperlichen Titel „Bekämpfungsstrategie Rockerkriminalität – Rahmenkonzeption“. In dieser Bedienungsanleitung werden wohl u.a.

die Maßnahmetaktiken der Polizeieinsätze, zum Beispiel das gezielte Ansetzen von Verkehrskontrollen mit dem Hintergedanken, dass bei diesen Gelegenheiten sich immer ein Anlass findet, noch ein bisschen weiter zu suchen.

beschrieben, berichtet Ahlsdorf.

Es ist nachvollziehbar, daß solche Interna nicht gern in den Händen der „Gegner“ gesehen werden. Von daher kann man die Entscheidung des provinziellen Amtsgerichts, soweit sie bekannt ist, nicht tadeln.

Aber eine (geplante) Zustellung per Rammbock durch die geschlossene Tür statt durch Einwurf in den Briefkasten ist dann doch ein wenig heftig, finde ich. Zumal die Datei mit dem Dokument („Verschlußsache – nur für den Dienstgebrauch“) ohnehin schon die Runde gemacht haben dürfte.

Gegen den Beschluß hat der Präsident (der Hells Angels, nicht der Polizei) Widerspruch erhoben, so daß darüber sich wohl demnächst auch noch ein Landgericht den Kopf zerbrechen muß, wenn das Amtsgericht die „EV“ bestätigt. Ich werde gegebenenfalls über die Art der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung berichten.

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Austausch an der Theke

Auch diesmal war auf dem alljährlichen Wochenende der Berliner Strafverteidiger in Bad Saarow ein Schwerpunkt die vielen Gespräche in den Pausen und abends beim Empfang in der „Bühne„.

Der Kollege Kunold schreibt in seinem Kommentar zu meinem Beitrag über das diesjährige Programm, man könne sich solche Veranstaltungen sparen und die Kosten dafür in gute Fachliteratur investieren. Diese Ansicht halte ich für unzutreffend, und möchte dies mit einer kleinen Geschichte begründen.

Beim Bier an der Theke kam ich mit einem Kriminalbeamten ins austauschende Gespräch. Themen waren selbstverständlich wieder einmal die vielen Vorurteile, die wir beide gegenüber der jeweils anderen Seite hegen und pflegen.

Der Polizist reklamierte unter anderen die „Show, die von Euch Strafverteidigern immer wieder zu Beginn einer Verhandlung veranstaltet wird.“ Diese Befangenheitsanträge und Besetzungsrügen gleich zu Beginn der Hauptverhandlung seien doch nur – meist erfolglose – Versuche, den Prozeßstart zu sabotieren.

Ich habe mich gefreut, ihm die Hintergründe liefern zu können, aus welchem Grund sich diese Anträge auf den Beginn einer Verhandlung konzentrieren müssen. Die Strafprozeßordnung (z.B. § 25 StPO, Burhoff – Widerspruchslösung, § 222b StPO) gibt den Verteidigern eben nur ein enges Zeitfenster vor, in dem Ablehnungsgesuche, Widersprüche und Rügen angebracht werden dürfen.

Kriminalbeamte sind eben keine Volljuristen und Strafverteidiger keine Kriminalisten. Vielfach sind eben nur ein paar Grundlagen der jeweils anderen Profession bekannt – böse Zungen sprechen von gefährlichem Halbwissen.

Auch und gerade wegen dieser austauschenden Theken- und Pausengespräche sind Fortbildungsveranstaltungen nicht durch Fachliteratur ersetzbar.

Auf diesem Wege daher ein kleiner Dank an den Kriminalen, der auch bei mir wieder an der einen oder anderen Stelle für mehr – wertvolles – Verständnis für die Arbeit meiner Gegenseite gesorgt hat. Wenn man weiß, warum sich die andere Seite so oder so verhält, läßt sich eine Verteidigung auch besser ausrichten.

Und wenn man sich dann auch noch auf der Rückfahrt aus Bad Saarow auf dem Fahrrad gemeinsam mit einem Kollegen den Sonnenuntergang hinter der Spree anschauen kann, ist das durchaus auch eine Beschäftigung, der man am Wochenende nachgehen kann, lieber Kollege Kunold. ;-)

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