Polizei

Kurzes Leben

Fundstück in einer Ermittlungsakte:

Frau Wilhelmine Brause gab an, daß sie sich mit dem hier Tatverdächtigen für den Zeitraum Oktober 2012 bis November 2012 in einer Lebensgemeinschaft befunden hat.

Wir leben eben in einer kurzlebigen Zeit.

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Die Folgen der Kronzeugenregelung

Der Stern berichtet ausführlich, welche konkreten praktischen Folgen die Einrichtung der Kronzeugenregelung des § 46b StGB haben kann und hatte:

Ex-Rocker Steffen R., der „Imperator“ und der „Pate von Weißenfels“, nutzte die „Verräternorm“ für sich und leistete die von den Strafverfolgern so dringend gewünschte „Aufklärungshilfe“.

… der Kronzeuge Steffen R., ein einschlägig vorbestrafter Gewalttäter, der zwei Frauen in die Prostitution geprügelt und nun eine hohe Haftstrafe zu erwarten hatte. Gegen ein mildes Urteil und eine neue Identität aber, so hatte er der Polizei versprochen, würde er über die Hells Angels auspacken. Er sei einer ihrer Unterstützer und in ihre vielen Verbrechen bis hin zum Mord eingeweiht. Sein Kalkül ging auf.

Die Folgen dieser den Oberstaatsanwalt Alexander Ostrowski seltsam zufrieden stellenden vermeintlichen „Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten“ sind elend teuer für die Landkassen, katastrophal für die zu Unrecht Beschuldigten und tödlich für den

Inhaber der Auto-Werkstatt, der nach der Berichterstattung der Lokalpresse über den angeblichen Folterraum viele Kunden verloren hatte …

Das sind die Auswüchse eines irrwitzigen Verfolgungswahns einiger Hardliner und von auf Teufel komm raus betriebenen Ermittlungen ohne Maß und Ziel.

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Die Zitate stammen aus einem Artikel von Kuno Kruse, veröffentlicht im Stern am 23.05.2014

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Gelernt ist gelernt

Den Mandanten kenne ich schon seit ein paar Jahren. Rein beruflich natürlich.

Nun wurde er überraschend festgenommen. Ihm wurde ein ziemlich heftiger Tatvorwurf gemacht. Und dann wurde er – soweit ersichtlich – ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden, dass

  • es mir nach dem Gesetz freisteht, mich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen
  • ich jederzeit, auch bereits vor meiner Vernehmung, eine Verteidigerin oder einen Verteidiger befragen kann
  • ich zu meiner Entlastung einzelne Beweisanträge beantragen kann
  • mir die Vernehmung Gelegenheit gibt, die gegen mich vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu meinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

Und wie entscheidet sich der Mandant? Richtig!

Geraten1

Und wir reagiert der Herr Kommissar? Falsch!

Denn er fängt an, die Entscheidung des Mandanten zu unterlaufen. Der allerdings kennt diese unfairen Spielchen und verhält sich wie? Richtig!

Geraten

Das ist ein Mandant, mit dem ein Verteidiger echt gut arbeiten kann.

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Antikonfliktwaffe

Antikonfliktwaffenträger

Ich bin mir nicht sicher, ob das das richtige Mittel ist, bei einer Nazidemo in Kreuzberg Konflikte zu vermeiden.

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Bildausschnitt: Kay Nietfeld/dpa via Zeit / Bearbeitung: crh“

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Kokain im Polizeipräsidium

PZL 2011 auf ButterschlotEinem Bericht der „Augsburger Allgemeinen“ zufolge hat der Leiter der Drogenfahndung in Kempten 1 1/2 Kilo Kokain sichergestellt. Der größte Fund in Schwaben Süd/West seit 20 Jahren.

Ein wenig ungewöhnlich war allerdings der Ort, an dem der Kriminalbeamte das Koks gelagert hatte: Es wurde in seinem Spind gefunden, in dem er ansonsten seine Pausenbrote und die Dienstmütze aufbewahrt. Eigentlich ein hervorragendes Versteck, denn wer denkt schon daran, daß ein Polizist Betäubungsmittel im Wert von 250.000 Euro im Polizeipräsidium zwischenlagert.

Und wie sind ihm seine Kollegen auf die Spur gekommen? Auf klassischem Wege: Die zukünftige Exfrau hatte sich mit ihrem Noch-Ehemann gezankt … nun sitzt der arme Mann in Untersuchungshaft.

Es gibt eben Sachen, die sollte man selbst seiner Ehefrau besser nicht erzählen.

Danke an @sarcarsten für den Hinweis.


Bild: Karsten Dittmann / pixelio.de

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Gemütliches Geplauder

Aus einem Vernehmungsprotokoll:

Kaffeeklatsch

Sieht auf den ersten Blick eher nach einem Kaffeeklatsch aus statt nach einer knackigen 6 1/2 Stunden dauernden Vernehmung durch unfreundliche Vernehmungsbeamte.

Aber das ist der korrekte Weg, wie die Ermittler vermeiden, sich dem Verdacht auszusetzen, daß verbotene Vernehmungsmethoden eingesetzt wurden.

Vernehmungsergebnisse, die

durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose.

erzielt werden, sind nicht verwertbar, § 136a StPO. Das wissen die meisten Vernehmer und sie orientieren sich in der Regel daran.

Die Fälle, in denen kritische Nachfragen notwendig werden, tauchen immer dann auf, wenn solche Vermerke nicht gemacht werden. Bei suchtkranken Mandanten, muß der Verteidiger darauf achten, daß der Beschuldigte nicht erst auf Turkey gesetzt wurde, um ihn dann „mal eben schnell noch ein paar kurze Fragen“ zu stellen, und ihm dabei ankündigt, ihn „sofort danach“ einer ärztlichen Behandlung zuzuführen.

Spannende Fälle gibt es oft bei Nikotin-Entzug. Deswegen mein Rat: Wer Straftaten plant und dabei einkalkuliert, erwischt zu werden, sollte sich vorher das Rauchen abgewöhnen oder Nikotinpflaster besorgen. ;-)

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Idyllisches Landleben – Immer wieder

Angewandte Vorurteilsforschung in einer Ermittlungsakte:

Immer

Immer wieder findet sich der Namen des Mandant in den Vorgängen. Immer wieder war er Beteiligter an einer Schlägerei. Immer wieder stellte sich heraus, daß er der Geschädigte war. Aber wenn er immer wieder in den Dorfpolizeiakten auftaucht, muß ja irgendwas dran sein. Auch wenn die Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft in der entfernten Stadt immer wieder eingestellt wurden.

Auch diesem vierten Fall war es wie immer: Es begann mit Alkohol, dann ging es los mit dem Mobbing des Mandanten wegen seiner sichtbaren Behinderung; es endete damit, daß der Mandant erst mit einem Stock und dann mit einem Gartenstuhl geschlagen wurde.

Gartenstuhl

Aber der einzige Zeuge, den die Dorfpolizisten vernommen hatten, behauptete, daß der Mandant auf die anderen drei Beteiligten losgegangen sei. Wenn einer immer wieder in den Akten der Dorfpolizeibehörde auftaucht und dann auch noch ein Ureinwohner des Dorfes so eine belastende Zeugenaussage liefert, muß ja was dran sein.

Achso, ein Hund spielt auch noch eine Rolle in dem Schaustück. Ein ausgebildeter Schäferhund. Der gehört dem über 70-jährigen Ureinwohner. Es ist ein Blindenhund …

Immer wieder unterhaltsam, so eine Dorfgemeinschaft.

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Überweisung nach Pisa

Wenn man in Pisa etwas falsch macht, zum Beispiel falsch parkt oder falsch zu schnell fährt, bekommt man Post. Naturalmente in italienischer Sprache. Es bleibt dann dem Empfänger der Post überlassen, irgendwie heraus zu finden, was Il Prefetto della Provincia di Pisa von einem will.

Die Zahlen vor dem Währungssymbol sind aber deutlich erkennbar. Keine Kleinigkeit, nur hätte der Mandant gern gewußt, wofür der die knapp 300 Euro zahlen soll. Naja, das scheint dem Pisaer Prefekt ja nicht weiter wichtig zu sein.

Zumindest aber die Bedienungsanleitung für die Überweisung hat er versuchsweise mal in annäherndes Deutsch übersetzt:

Überweisung nach Pisa

Irgendwas erinnert mich bei diesem Text an die eMails von den afrikanischen Bankmitarbeitern, die auf ein bisher verborgenes Bankvermögen gestoßen sind.

Wenn il Prefetto da nicht mal in Schieflage geraten ist, was die Erwartung dieser Zahlung angeht.

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Ziele der Berliner Polizei, damals. Und heute?

Früher war es mal Ziel der West-Berliner Polizei, möglichst viele Polizisten auf möglichst wenig Motorrädern unterzubringen und das Ganze dann herumfahren zu lassen, vorwiegend im Kreis.

Pyramide

Wegen knapper Mittel soll damit nun Schluß sein, trauert der Tagesspiegel.

Der Unternehmer Hans Wall fordert: „Die Polizei-Motorradstaffel darf nicht sterben!“ Dieser Forderung möchte ich mich gern anschließen.

Da macht die Polizei einmal was Sinnvolles – von der Blaskapelle und dem Ponyhof abgesehen – und schon kommt der Rotstift. Wirklich schade, daß für diese Tradition keine Kohle mehr locker gemacht werden soll. Und das nur, weil die das mit dem Fluchhafen nicht auf die Reihe bekommen. Schade, echt.

Foto: Imago

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Streunende Telefonüberwachung

Die beste Quelle zur Generierung von neuen Mandaten für Strafverteidiger ist die Telefon-/Telekommunikationsüberwachung (TÜ oder TKÜ). Kluge Straftäter (dazu gehört Frau Merkel nicht!) wissen das und vermeiden Telefongespräche. Oder sie führen sie von Anschlüssen aus, die den Überwachern nicht bekannt sind.

Das Problem dieser Konstellation für den Telefon-Junkie ist jedoch seine Erreichbarkeit. Irgendwie muß er seinen Gesprächspartnern ja die neue Nummer mitteilen; sonst ruft ihn ja kein Mensch an. Und genau das ist die Sollbruchstelle, über die die Ermittler an die neue Nummer kommen. Sie überwachen auch die Telefone der bisherigen Gesprächspartner und warten ab, bis die neue Nummer mitgeteilt wird. Klappe zu, Affe tot.

Das war dem Mandanten aber irgendwie bekannt. Und er hatte eine Idee. Die Ermittlern kannten aber auch gleich die Gegenmaßnahmen. Aus einem Ermittlungsbericht:

Auf Grund der bei der laufenden TKÜ gewonnenen Erkenntnisse bezüglich des Beschuldigten Wilhelm Brause wurde bekannt, dass dieser eine türkische Mobilfunknummer nutzt, um mit weiteren Tatbeteiligten zu kommunizieren. Die folgend genannte Rufnummer ist aktuell vom Beschuldigten in der Türkei genutzt worden, um mit seinen Geschäftspartnern in Deutschland zu kommunizieren. Dazu legte er eine Rufumleitung auf die türkische Mobilfunknummer vom überwachten Anschluss. Es ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte diese türkische Mobilfunknummer auch in Deutschland nutzt.

Das war der erste Schritt. Es stellt sich für den TÜ-Abwehr-Laien nun die Frage, wie kommt man nun an die Überwachung des türkischen Anschlusses, ohne daß man vorher monatelang die diplomatischen Kanäle bemühen muß? Ganz einfach, sagt der Profi, man stellt einen

Antrag:

Aufgrund des bekannten Gesamtsachverhaltes beantrage ich, einen Beschuss gern. § 100 a StPO für die
Mobilfunknummer 0090 ******* 007
Inhaber: nicht bekannt
für den Zeitraum von 3 Monaten

Nutzer: Wilhelm Brause

Provider: Roaming
Alle deutschen Netzbetreiber

  • Telekom Deutschland GmbH
  • Telefonica 02 GmbH & Co. OHG
  • Vodafone D2 GmbH
  • E-Plus Mobilfunk GmbH

Der Umweg über das nicht-europäische Ausland war schon kein dummer Gedanken. In diesem Fall nur waren die Ermittler aber noch ein kleines Stückchen weniger dumm. Deswegen habe ich hier ein neues Mandat bekommen. 8-)

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