Prozeßbericht (www.prozessbericht.de)

Hoenig unterliegt im Zivilprozeß

Damit das mal klar ist: Einen Strafverteidiger verklagt man nicht! Jedenfalls dann nicht, wenn man eigentlich wissen sollte, daß dieser Strafverteidger einen ganz hervorragenden Kollegen kennt, der sich unter wenig anderem auf das Recht der neuen Medien spezialisiert hat:

Hoenig verliert

Besten Dank an Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr aus Hamburg für die professionelle und erfolgreiche Prozeßführung.

Über den Inhalt dieses Verfahrens – warum mich der ehemaliger Imbiss-Mitarbeiter und jetziger Schauspieler Heinz Hoenig verklagt hat – werde ich in Kürze berichten.

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Schokoladenanklagenpreisrätselauflösungsblogbeitrag

Die Anzahl der Kommentare unter dem Beitrag zum Umfang der Anklage in dem Verfahren vor dem Potsdamer Landgericht läßt nur einen Schluß zu: Das Land leidet unter einem massiven Schokoladen-Turkey. Nun habe ich endlich die Zeit gefunden, des Rätsels Lösung und die (sic!) Gewinner zu präsentieren.

Die Frage, nach der Anzahl der Seiten, die die Anklage umfaßt, ist nicht so eindeutig zu beantworten, wie es scheint. Wenn man es so macht – wie ich – bei solchen Paketen und die letzte Seite aufschlägt, kommt man zunächst auf die Zahl 409. Hier (aus Anonymisierungsgründen) die vorletzte Seite:

Anklage408

Zwischen der Seite 49 und 50 befinden sich jedoch 123 Blatt mit Tabellen-Ausdrucken. Demnach hat das abgebildete Paket (jpg) insgesamt 532 Seiten.

Wegen der epidemieartigen Entzugserscheinungen in weiten Kreisen der Bevölkerung Blogleser werfe ich nun gleich diese drei Beruhigungstafeletten unters Volk.

Rätselschokolade

Die Kommentatoren Nr. 16 (GaGaF) und Nr. 62 (Lucy) liegen ungefähr gleich auf und mit 404 bzw. 414 plus-minus-fünf neben der vom Staatsanwalt notierten Seitenzahl 409.

Kommentator Nr. 31 (Daniel Burek) liegt mit seiner Schätzung von 534 nur ganz knapp neben der tatsächlichen Blattzahl 532.

Wenn die drei genannten Gewinner mir per eMail ihre Anschrift mitteilen, dann gebe ich die Leckerli zur Post. In der eMail muß die in den Kommentaren jeweils angegebene eMail-Adresse (hilfsweise die IP-Adresse ;-) )genannt werden. Sonst könnte ja jeder kommen … 8-)

Nebenbei: Die Kommentatorin, deren Antwort unendlich unwahrscheinlich richtig war, bekommt einen Trostpreis, wenn sie wie die drei Gewinner verfährt.

Vielen Dank an alle Mitmacher; mir hat’s Spaß gemacht.

(Und besten Dank auch an die Schokoladentafeleinkäuferin.)

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Verbundenes Trennungschaos

Weiteres zum Dauer-Thema: „Keine Digitalen Aktenkopien in Brandenburg.“ Der Herr hat’s getrennt, der Herr hat’s verbunden. Aktendeckel zu Aktendeckeln, Papierberge zu Papierbergen.

Welche finanziellen Konsequenzen für die Landeskassen die beharrliche Weigerung der Potsdamer Staatsanwaltschaft hat, die Ermittlungsakten zu digitalisieren, habe ich bereits mehrfach dargestellt. In den Kommentaren zu diesem Blogbeitrag findet man die Vergleichsrechnungen, die einem auf Kostenvermeidung bedachten Haushälter Federn wachsen lassen.

Die Notwendigkeit, mühsam kopierte Siebt- oder Zwölftakten herstellen zu müssen, um anschließend den Hin- und Zurück-Versand der Akten an und duch die Verteidiger zu bewerkstelligen, bindet zudem völlig ohne Not Ressourcen, die an anderer Stelle wesentlich sinnvoller eingesetzt werden könnten.

Soweit erzähle ich bis hier nichts Neues.

Es gibt aber noch reichlich andere Folgen dieser vorsintflutlichen Brandenburger Methoden der Aktenführung. Deutlich wird das anhand dieses episch langen Schreibens, mit dem sich der – sicherlich völlig unausgelastete – Staatsanwalt seine Langeweile und die der Geschäftsstellenmitarbeiterinnen von Staatsanwaltschaft und Gericht vertreibt (bitte auf’s Bild klicken, Popcorn bereitstellen und lesen):

Trennungschaos

Hat das jemand auf Anhieb verstanden, was der Ermittler uns bzw. dem bedauernswerten Strafkammervorsitzenden da mitteilt?

Ich hoffe nur, die Staatsanwaltschaft verliert nicht selbst mal den Überblick. Bisher noch habe ich nur anerkennende Äußerungen über den Staatsanwalt gehört, der seit 5 Jahren nichts anders zu machen scheint, als seine Papierakten mit hoher Kompetenz perfekt zu organisieren.

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Fleißarbeit, Preisfrage und Stimmungsaufheller

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat vorgesorgt. Die Beschäftigung über die langen Wintertage scheint gesichert zu sein:

Anklage

Die Anklageschrift wurde vor ein paar Tagen zugestellt. Erheiternd ist der Hinweis des Gerichts:

Anklagezustellung

Mal eben in drei Wochen einen Pack Altpapier durcharbeiten, um eine profunde Stellungnahme abgeben zu können. Na klar, machen wir. Selbstverständlich.

Nun die Preisfrage:

  • Wieviel Seiten umfaßt die Anklage?

Wer bis heute Abend 24:00 Uhr am nächsten dran ist, dem schicke ich eine Tafel Schokolade.

Mitverteidiger und Angeklagte sowie Staatsanwälte und Richter aus Potsdam sind von dem Spielchen ausgeschlossen; denen bringe ich die Schokolade zur Verhandlung mit. Das beruhigt die Nerven:

Ungesüßtes Kakaopulver enthält 1 bis 3 Prozent Theobromin, das chemisch dem Koffein ähnlich ist. Es wirkt auf den Organismus mild und dauerhaft anregend und leicht stimmungsaufhellend. […] Weitere Inhaltsstoffe, die in Zusammenhang mit der stimmungsaufhellenden Wirkung von Schokolade gebracht werden, sind unter anderem das molekulare Grundskelett des Amphetamins Phenylethylamin, die Serotonin-Vorstufe Tryptophan, ein natürliches Antidepressivum, und das Cannabinoid Anandamid.

sagt Wikipedia. Ich kann mir gut vorstellen, daß Schokolade in größeren Mengen bei dem einen oder anderen Prozeßbeteiligten noch notwendig werden wird. 8-)

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Irrsinn und wüste Beschimpfungen im mittelalterlichen Potsdam

528372_web_R_K_B_by_Stefan Emilius_pixelio.deIn einer sehr umfangreichen Wirtschaftsstrafsache mit einer zweistelligen Anzahl an Beschuldigten (bzw. bereits Verurteilten und noch Angeklagten) hatte ich für meinen Mandanten eine Sachstandsanfrage an die Staatsanwaltschaft geschickt.

Ich habe zwar am Rande mitbekommen, daß die abgetrennten Verfahren noch verhandelt werden. Es ist aber damit zu rechnen, daß mein Mandant zusammen mit weiteren Beschuldigten als nächster „an der Reihe ist“.

Und da ich zuletzt im Mai 2011 die Ermittlungsakten zur Einsicht hatte und sich in der Zwischenzeit reichlich Neues ergeben hatte, habe ich auch (ergänzende) Akteneinsicht beantragt.

Gemeinsam mit meinem Mandanten wollte ich prüfen, ob es aufgrund der erneuerten Sachlage sinnvoll ist, eine weitere Verteidigungsschrift zu verfassen, um damit Einfluß auf die Abschlußverfügung der Staatsanwaltschaft zu nehmen.

Der Herr Staatsanwalt antwortete mir:

… es ist beabsichtigt, gegen Ihren Mandanten sowie gegen den Beschuldigten Bullmann und die drei weiteren verbliebenen Beschuldigten (Gluffke, Brause und Frollein F.) in etwa 3 bis 4 Wochen Anklage zum Landgericht Potsdam zu erheben.

Da die Akten, was Ihren Mandanten betrifft, im Hinblick auf die beabsichtigte Anklageerhebung bereits weitestgehend durchgearbeitet sind und die Passagen speziell betreffend Ihren Mandanten in weiten Teilen im Entwurf schon geschrieben sind, sind die Ihren Mandanten herausgehoben betreffenden Akten bereits weitgehend für die Versendung zum Gericht verpackt. Die für Akteneinsichtsgesuche vorgehaltenen Viertakten sind, da mit solchen jetzt nicht mehr gerechnet worden ist, insoweit vernichtet. Die Drittakten benötigen OStA Müller, StA Dr. Meier und ich zum Handgebrauch fortlaufend für den Abschluss an der Anklageschrift.

Ich möge mir eine „garantiert inhaltsgleiche und aktuelle Zweitakte“ bei der Ermittlungsbehörde abholen, die – aus Potsdamer Perspektive – in unmittelbarer Nähe unserer Kanzlei sei.

An dieser Stelle möchte ich nochmal festhalten: Es handelt sich um ein Verfahren, in dem sich nahezu sämtliche Handlungen, die die Staatsanwaltschaft bestraft sehen möchte, im Internet zugetragen haben. Die Potsdamer Strafverfolgungsbehörde führt also ein Ermittlungsverfahren im Cybercrime-Bereich, und hat ausschließlich Papierakten zur Verfügung!

Und um dem noch eine Krone oben drauf zu setzen, schmeißt sie mühsam angefertigte Aktenkopien in den Reiswolf, weil der Staatsanwalt die Ansicht vertritt, daß ich die Akten nicht mehr einsehen möchte. Zur Begründung bezieht er sich u.a. darauf, daß die Verteidiger aus „einem früheren Trennverfahren dieses Verfahrenskomplexes“ sein Angebot, die „Viertakten kostenlos zum Verbleib zu überlassen“ nicht angenommen hätten.

Daß die „anderen“ Verteidiger – anders als diese Potsdamer Mittelalterbehörde – ihre Akten ebenfalls digital vorhalten und sich – ebenso wie unserer Kanzlei – ihre Wände nicht mit Regalen voller Papier zustellen wollen … auf diese Idee kommt der Staatsanwalt eher nicht. Also schmeißt er die Akten in die Tonne.

Ich habe dem Herrn Ermittler einen Brief geschrieben:

Den Irrsinn Ihrer Behörde, die Akten dieses Cybercrime-Verfahrens nicht zu digitalisieren, um sie den anderen Verfahrensbeteiligten und den zahlreichen Verteidigern jeweils auf (geschützten) DVD zur Verfügung zu stellen, möchte ich – jedenfalls an dieser Stelle – nicht weiter kommentieren.

Dazu dann aber der Kommentar des Herrn Staatsanwalts:

Im Übrigen ist Ihre Ansicht zur Frage der „elektronischen Akteneinsicht“ hier seit längerem bekannt und stößt hier auch auf ein gewisses Verständnis. Wüster Beschimpfungen („Irrsinn“), die ich persönlich im Übrigen auch als unpassend empfinde, bedarf es daher durchaus nicht, um die Staatsanwaltschaft für Ihre Auffassung zu sensibilisieren.

Ich bin gespannt, wie der nun – immerhin sensiblisierte – Strafverfolger reagiert, wenn ich wirklich mal anfange mit wüsten Beschimpfungen.

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Bild: Stefan Emilius / pixelio.de

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Wieder dahoam

Es waren zwei stürmische und (teil)erfolgreiche Verhandlungstage vor einer Bayerischen Wirtschaftsstrafkammer. Gestern Abend sind die drei Strafverteidiger mit der Lufthansa aus München in Berlin gelandet. Unmittelbar nach dem Bodenkontakt wurden die Passagiere freundlich von der Crew begrüßt:

Willkommen auf dem Flughafen Tegel und zurück im Geltungsbereich der StPO. Bitte bleiben Sie noch so lange angeschnallt …

Nächste Woche geht die Fortbildung im bayerischen Strafprozeßrecht dann weiter.

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Bayerische Planwirtschaft

Zu den Aufgaben eines Strafverteidigers gehört die Prüfung der ordnungsmäßen Besetzung des Gerichts. Hinsichtlich der Berufsrichter ist das relativ einfach. Es gibt die sogenannten Geschäftsverteilungspläne. Die meisten (größeren) Gerichte veröffentlichen mittlerweile diese Pläne regelmäßig im Internet, für das Berliner Landgericht findet man sie hier.

Aber auch in solch einfachen Dingen muß der Verteidiger aufpassen. Denn der Geschäftsverteilungsplan wird nach § 21e GVG vom Präsidium des Gerichts jedes Jahr im Voraus für die Dauer des Geschäftsjahrs erstellt. Was passiert also, wenn aus biologischen oder sachlichen Gründen ein Richter unterjährig auf Dauer nicht mehr zur Verfügung steht und die allgemeinen Vertretungsregeln nicht mehr greifen?

Dann setzt sich das Präsidium des Gerichts bei Kaffee und Kuchen zusammen und beschließt nach § 21e Abs. 3 GVG eine Änderung. Diese Präsidialbeschlüsse werden aber in der Regel nicht veröffentlicht, sondern auf der Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufgelegt (§ 21e Abs. 9 GVG).

An dieser Stelle wird es schwierig für auswärtige Verteidiger. Extra wegen der Einsichtnahme in diese Beschlüsse quer durch die Republik zu fahren, kann dem Mandanten teuer zu stehen kommen. Deswegen bitten wir höflich:

Mir ist bekannt, daß ich keinen Anspruch auf Übersendung der erbetenen Unterlagen habe, möchte aber darum bitten, von der ständigen Übung der meisten Landgerichte und Oberlandesgerichte, die Unterlagen an auswärtige Verteidiger zu übersenden, nicht abzuweichen. Insoweit bedanke ich mich schon vorab.

Diesen Teil eines Textbausteins habe ich auch an ein Bayerisches Landgericht gefaxt, von dem ich schon knackige Reaktionen auf meine teils unangenehmen Anträge gewohnt war. Es dauerte keine drei Tage, da klingelte eine eMail aus Bayern in meinem Postkasten.

GVPl-eMail

Damit konnte und durfte ich nicht rechnen. Das nenne ich mal professionelles und erfreuliches Verhalten, für das ich mich nun auch hier artig bedanken möchte. Die Word-Dateien dann in ein verkehrsfähiges PDF-Format zu konvertieren und mit Dank nach Bayern zu schicken, hat mir keine Mühen gemacht.

Aber bei soviel Zuvorkommen werde ich nicht vergessen, daß nun auch noch die richtige Besetzung der Schöffenposten zu prüfen ist. Und das ist nun mal echt eine Aufgabe für Erwachsene, ganz besonders in einem Flächenstaat wie Bayern.

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Akteneinsicht in sechs Teilen

Dieser Sechsteiler kam vergangene Woche aus Bayern nach Kreuzberg:

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Es gibt ganz massive Gründe, die mich davon abhalten würden, in einer Organisation arbeiten zu müssen, die sich im Jahr 2014 immer noch Methoden bedienen muß, die mal aktuell waren, als der Strafverteidiger Professor Dr. Dr. Erich Frey seine Mandaten Paul Krantz und Fritz Haarmann (kann man hier nachlesen) verteidigt hat.

Sechs dieser Gründe sind da oben auf dem Bild zu sehen. Das ist die Reaktion auf mein ausführliches Akteneinsichtsgesuch (pdf), das vom Gericht scheinbar richtig ernst genommen wurde.

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Weihnachtspäckchen nach Bayern

Bevor es nun durch die ruhige Kreuzberger Nacht nach Hause geht, noch schnell ein Gehörlosen-Päckchen nach Landshut:

Weihnachtspäckchen

Ich bin mir ziemlich sicher, daß das Auspacken erst im neuen Jahr stattfinden wird, aber egal: § 33a StPO dürfte ohnehin bei diesem Gericht schon den Stellenwert von Krawatten- und Socken-Geschenken haben.

Schauen wir mal, wie’s danach dann weiter geht.

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Fortschritt in Bayern

Aus dem Vermerk eines bayerischen Staatsanwalts:

Einscannen demnächst

Der Vermerk stammt aus November 2013. So langsam entwickelt sich der Freistaat, jedenfalls in dieser schnuckeligen niederbayerischen Mittelstadt.

Ich werde noch mitteilen, was genau der Staatsanwalt mit „in Kürze“ gemeint hat.

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