Steuerstrafrecht

Tippspiel für eine Vorverurteilung

Ab Montag, den 10. März, hat Hoeneß in München seinen Auftritt vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II. Die Staatsanwaltschaft München hat Anklage erhoben und wirft ihm vor, Steuern hinterzogen verkürzt zu haben. Hoeneß hatte versucht, das Strafverfahren durch einer Selbstanzeige zu beenden, um straflos aus der Nummer wieder rauszukommen; mit diesem Versuch ist er gescheitert.

Nun wird darüber verhandelt, ob seine Selbstanzeige den Anforderungen des § 371 AO entspricht. Ein weiteres Thema wird sein, ob er seine Steuerbindlichkeiten zum einen vollständig und zum anderen rechtzeitig ausgeglichen hat. Dazu ist zu klären, in welcher Höhe er Steuern nicht abgeführt hat. Dann stellt sich die Frage der Verjährung.

Und wenn das alles geklärt ist, wird das Gericht über das Ergebnis entscheiden. Das ist schließlich die Stelle, an der über Strafmilderungsgründe nachgedacht werden darf.

Die Journaille hat bereits erste Ergebnisse vorausgesagt. Wie sieht der Blick in die Kristallkugel aus?

Was kommt für Hoeneß hinten raus ?


     

 

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Selbstanzeige, so endet das, jedenfalls hier

Unsere Mandantin hat freundliche Post bekommen, von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen (FuStra) Berlin.

Selbstanzeige

Auf dieses Schreiben haben wir still gewartet und erst jetzt tönen wir herum:

Inzwischen ist alles legal. Der Fall ist damit auch aus Sicht der Steuerbehörde bereinigt.

Bis zum Eingang dieses Schreibens haben wir demütig geschwiegen und regelmäßig ein Kerzlein in der Kanzlei-Kapelle angezündet. Das hat funktioniert. Ist nicht jederfraus Sache, ich weiß.

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Moral ist wichtig. Muß man doppelt haben.

Wer über lange Jahre hinweg den ultimativen Moralapostel (m/w) gegeben hat, für den (m/w) sind die Konsequenzen besonders heftig, wenn man ihm (m/w) in eigener Sache unmoralisches Verhalten nachweisen kann. Ja, ich schreibe über Frau Alice Schwarzer (m/w).

Die in Ehren (das meine ich ernst!) alt gewordene Journalistin hat sich in meinen Augen spätestens seit dem Strafverfahren gegen Herrn Kachelmann als ernst zu nehmende Journalistin disqualifiziert. Mit ihrem erbärmlichen „Versuch“ (oder sollte ich Wahndelikt schreiben?), sich als Gerichtsreporterin bei der BILD einen Namen zu machen, hat Frau Schwarzer eindrucksvoll belegt, daß Altwerden nicht in jedem Fall etwas mit zunehmender Weisheit zu tun hat.

Aber es ist ihr zumindest hervorragend gelungen, im Sumpf des Boulevard nicht aufzufallen; sie hat das dortige Niveau gehalten (wenn’s hoch kommt): Das, was sie über den Strafprozeß geschrieben hat, zeigt, sie hat vom Strafrecht ebenso viel Ahnung, wie das Nachtschattengewächs aus dem Inkareich, an das ich in Form des Sejerlänner Riewekooche gute Erinnerungen habe. Auf dieser intellektuellen Höhe vermarktet sie sich und Ihre Straftaten nun selbst.

Frau Schwarzer ist bei einer 30 Jahre andauernden Steuerhinterziehung erwischt worden. Nun aber nicht so, wie sie es gern gehabt hätte. Und darüber jault sie auf:

Ja, ich hatte ein Konto in der Schweiz. Seit Jahrzehnten, genauer: seit den 1980er Jahren. Und erst im vergangenen Jahr habe ich es bei meinem Finanzamt angezeigt.

Frau Schwarzer nutzt einen Begriff aus der Abgabenordnung: Anzeige, Selbstanzeige nach § 371 AO:

Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 AO bestraft.

Ein Unikum im deutschen Straf(prozeß)recht.

Sie schreibt weiter:

Inzwischen ist alles legal.

Denn sie habe

unaufgefordert die Initiative ergriffen […], ihr Konto in der Schweiz zu legalisieren

Alles sei wieder gut: Sie habe …

den Fehler wieder gutgemacht. [Sie] habe für die letzten zehn Jahre gesamt rund 200.000 € Steuern nachgezahlt, plus Säumniszinsen. Der Fall ist damit auch aus Sicht der Steuerbehörde bereinigt.

Alles gut? Nein, das ist genauso dummes Zeug, was sie da schwätzt, wie das in der Bildzeitung zum Fall des Herrn Kachelmann.

Unaufgefordert?
Von wegen, Sie hatte einfach Schiss, daß ihr Name auf einem dieser geklauten und gehehlten Datenträger aus der Schweiz auftaucht. Feigheit und fehlende Eier waren die Motive für diese Selbstanzeige. Das ist nur durch die juristische Brille „Freiwilligkeit“, Moral sieht anders aus.

Kaltes Kalkül!
Dieser § 371 AO ist der in eine Rechtsnorm gegossene Ausdruck der Verlogenheit. Der Rücktritt vom vollendeten Delikt gegen Geldzahlung führt im Steuerrecht zur Straflosigkeit. Das ist so, als würde der Schläger nach seiner Tat zum Opfer sagen: „Och, das tut mir jetzt aber Leid!“, ihm 50 Euro für die zahnärztliche Versorgung zwischen die nicht mehr vorhandenen Zähne stecken und deswegen nicht mehr bestraft würde (denken Sie das Beispiel mal mit einer Sexualstraftat durch!). Von dieser Regelung hat Frau Schwarzer Gebrauch gemacht. Das ist keine Sternstunde einer vollendeten Moral.

Alles wieder legal?
Legal bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Straftat nicht bestraft werden kann, und keine Steuerschulden mehr offen sind. Und wie sieht das aus mit der Moral? Frau Schwarzer hat für 10 Jahre nachgezahlt. Und was ist mit den anderen, davor liegenden 20 Jahren? Yup, wegen der Straftaten in dieser Zeit kann Frau Schwarzer nicht bestraft werden. Sie muß auch nichts von den 20 Jahre lang hinterzogenen Steuern nachzahlen. Über diese Zeit ist Gras gewachsen. Das Gras der Verjährung. Eine Wiese, auf der das Unmoralkraut meterhoch steht.

Diese unmoralische Person schwingt sich nun auf, und reklamiert die Verletzung ihrer Persönlichkeit und den Mord ihres Rufes. Weil die Medien, der Spiegel, aufgedeckt haben, daß die Moral-Ansprüche, die Frau Schwarzer an andere hat, für sie selbst keine Geltung haben. Sie beweint die Verletzung des Steuergeheimnisses durch die Journalisten des Spiegel.

Das Steuergeheimnis hat der Gesetzgeber aber nicht dazu installiert, um eine Person, die sich mit Macht in das Licht der Öffentlichkeit gedrängt hat, um ihr Moral zu lehren, dann vor eben genau dieser Öffentlichkeit zu schützen, wenn sie als nicht mehr bestrafbare Straftäterin unterwegs war.

Der Fall ist damit auch aus Sicht der Steuerbehörde bereinigt.

… möchte Frau Schwarzer uns nun glauben machen. Ist er nicht!

Ich kann nicht einschätzen, ob sie (wieder einmal?) gelogen hat oder ob sie – als Bildzeitungsreporterin – einfach nur keine Ahnung hat von dem, was sie da schreibt.

Anders als von der Journalistin Alice Schwarzer in der vergangenen Woche behauptet, ist ihr Verfahren auch nach einer Selbstanzeige und Steuernachzahlung nicht beendet. Die Finanzbehörden prüfen derzeit noch, ob Schwarzers Selbstanzeige vollständig ist und sie damit vor Strafverfolgung bewahrt.

lese ich im Spiegel.

Die Frage, ob für die Steuerhinterzieherin die strafbefreiende Wirkung ihrer Selbstanzeige eintritt, ist noch unbeantwortet. Das ist auch nachvollziehbar. Denn wenn sie erst gegen Jahresende die Hosen runterlassen hat, dann ist nicht damit zur rechnen, daß binnen weniger Wochen das gegen sie eingeleitete Strafverfahren wieder beendet wurde.

Merkwürdig ist, daß Frau Schwarzer die Legalisierung ihrer eingeräumten Straftaten noch nicht bestätigt bekommen hat. Für meine Mandanten und mich ist eine Selbstanzeige erst dann „erfolgreich“, wenn wir eine entsprechende Mitteilung von der Straf- und Bußgeldstelle erhalten haben. Vorher halten wir uns bedeckt und tönen nicht rum, weil das ansonsten auch die sensiblen Gemüter der Finanzverwaltung wecken könnten.

Was kann man sonst noch zu dieser alten Dame des Feminismus sagen? Das schreibt RiBGH Thomas Fischer, eher wenig zurückhaltend, dafür in der gebotenen Deutlichkeit, in der Zeit – unbedingt lesen!

Nicht Nachsinnen über das Unrecht treibt die Menschen an, ihre geheimen Konten von ganzem Herzen zu bedauern, sondern die pure Furcht vor dem Erwischtwerden. So funktioniert Strafrecht.

Schönes Schlußwort von Herrn Dr. Fischer.

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Der kleine Unterschied

Nach dem Unterschied der beiden Steuerhinterziehungfällen Uli Hoeneß und Alice Schwarzer (in zeitlicher Reihenfolge der Veröffentlichungen ;-) ) fragt der Kollege Ralf Möbius in einem Blogbeitrag:

Tatsächlich hat es die oberste deutsche Feministin geschafft, eine strafbefreiende Selbstanzeige wegen der Hinterziehung von Steuern für ein Schweizer Konto zu erstatten, was unser – in der Regel allwissender – Uli im Rahmen seiner Transaktionen in der Schweiz offenbar nicht geschafft hat.

Ich bin mit ziemlich sicher, daß es nicht diese Frau Schwarzer war, der es gelungen ist, die Straf- und Bußgeldstelle dazu zu bewegen, das gegen sie eingeleitete Strafverfahren wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung wieder einzustellen. Sie hatte nur das Händchen, einen kompetenten Berater zu engagieren. Oder einfach nur Glück.

Anders sieht es bei Herrn Hoeneß aus: Er scheint sich auf einen Kumpel verlassen zu haben, der ihn auch in seinen mietrechtlichen Angelegenheiten vertreten hat. Und damit ist er eben auf die Nase gefallen.

Der Unterschied zwischen den Fällen Schwarzer und Hoeneß besteht in der Wahl des Strafverteidigers. Der eine hat’s eben drauf, der andere nicht.

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Es besteht keine Staatskirche

Das ist der Wortlaut des Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung, also einer Vorschrift aus der deutschen Verfassung vom 11. August 1919.

Eine 95 Jahre alte Vorschrift und immer noch gültig, so schreibt Art. 140 unseres Grundgesetzes es fest. Das hat ja durchaus was Gutes.

Vor mehr als vier Jahrzehnten habe ich meine Mitgliedschaft in der Nicht-Staats-Kirche gekündigt. Das war seinerzeit gar nicht so einfach und mit einigen gesellschaftliche Problemen verbunden. Aber in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es auch noch reichlich andere gesellschaftliche Probleme, zum Beispiel das Lieblingsauto der Deutschen, den Golf I, einen knieenden Willy Brandt und eine paar Kinder am Bahnhof Zoo.

Tempi passati? Nein! Die Kirche hat mich selbst nach dieser Zeit immer mal wieder am Wickel. Nicht mehr so direkt, eher über die Bande.

Kirchensteuer

Denn: Der Artikel 137 WRV hat einen Absatz VI:

Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

Und diese Kirchensteuern zieht in dem hier beschriebenen Fall die Postbank ein (bei der ich ebenfalls seit über 4 Jahrzehnte Kunde bin).

Apropos (ambiguitätische) Bande: Mindestens drei gehören per definitionem dazu. In diesem Fall sind die drei komplett: Staat, Kirche, Banken.

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Damit ging’s los

Blatt 1 der Ermittlungsakte:

Wie alles begann

Bei der Auswertung der vom Zollkriminalamt zur Verfügung gestellten Datensätze fiel dem Zollfahnungsamt auf, daß die Firma W.B. IM-EX-PORT SARL, Aix en Provence, Frankreich, im Zeitraum 13.10.2011 – 12.12.2011 Waren aus dem außereuropäischen Ausland mit einem Einfuhrumsatzsteuerwert von 2.625.516,71 € zum freien Verkehr abgefertigt hat, diese Firma aber über keine Internetseite verfügt.

Eine Anfrage bei den französischen Zollbehörden zu dieser Firma ergab, daß die Firma W.B. IM-EX-PORT SARL am 03.06.2010 unter der oben genannten Anschrift mit einem Kapital von 6.500,– € gegründet wurde und seit dem 21.05.2011 in Liquidation ist. Geschäftsführer war ein Wilhelmion Brausion, geb. Sept. 1956.

Das Zollfahndungsamt zuppelte ein wenig an diesem Faden, den es da gefunden hatte. Und marschierte los. Am vorläufigen Ende des Fadens finden die Zöllner keine knapp 9 Millionen Einfuhrumsatzsteuer, die sie dort vermutet hatten. Das führte dann zu der Überschrift „Gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel“ (§ 373 AO), zum Erlaß des einen oder anderen Haftbefehls und schließlich zu rund 60 Leitzordnern, vollgestopft mit beschriebenem und bedrucktem Papier.

Und das alles nur, weil ein „Abfertigungsverfahren 42 betrugsanfällig“ ist, eine Internetpräsentation nicht gefunden wurde und eine französische Fiskalvollmacht aus einer Zeit stammte, zu der die Vollmachtgeberin bereits liquidiert war.

So kann’s kommen, wenn man (nicht) aufpaßt.

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