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Wirtschaftsstrafrecht
Freiwilliger Unsinn und ein Wunder
In einer nicht geringwertigen Wirtschaftsstrafsache wollte die Polizei eine erkennungsdienstliche Behandlung durchführen. Der Mandant erhielt eine entsprechende Ladung.
Für’s Fachpublikum:
Es ging um die erste Alternative des § 81 b StPO.
Für’s gemeine Volk:
Man hatte Fingerabdrücke auf einer Urkunde gefunden, die die Polizei mit den Fingern des Mandanten vergleichen wollte.
Gegen so eine ED-Anordnung kann man sich nicht gut wehren, deswegen habe ich dem Mandanten geraten, kein Theater zu machen und die Prozedur über sich ergehen zu lassen.
Es stellte sich heraus: Entweder hat sich der Mandant neue Finger zugelegt, oder die Urkunden nicht angefaßt. Soweit, sogut.
Jetzt bekomme ich die Akteneinsicht. Irgendwo in den Tiefen des dritten Bandes, ganz unten links, finde ich zufällig diese handschriftliche Notiz des Ermittlungsbeamten:
Obwohl ich dem Mandanten in epischer Breite erklärt hatte, daß er erstens EISERN schweigen und zweitens sich nicht zu der Abgabe einer DNA-Probe überreden lassen sollte, hat er sich nur an den ersten Rat gehalten (Was nicht sonderlich schwer war, weil der Polizeibeamte keine Ahnung hatte, worum es ging, und er nur die Fingerspitzen konservieren w-/sollte).
Nun wird die Desoxyribonukleinsäure des Mandanten bis zum Ende aller Tage in den Katakomben der Polizeidatenbanken vor sich hinschlummern, bis irgendwann einmal ein Zigarettenstummel neben einem toten Tankwart untersucht wird … oder sowas Ähnliches. Wenn nicht irgend ein Wunder geschieht …
Manchmal kann eine Bezahlung der Beratung durch einen Strafverteidiger wirklich rausgeschmissenes Geld sein.
Update, Wunder in Band 6 der Akte:
Das Kriminaltechnische Institut schreibt 2 Monate nach dem „freiwilligen“ Besuch meines Mandanten auf der Wache an den Ermittlungsführer bei der Polizei:
Glück gehabt. Nochmal macht der Mandant das nicht freiwillig. Seine Investition hat sich am Ende dann doch rentiert.
Schnarchnasen bei der Fluglinie
Beim Studium einer Ermittlungsakte bin ich auf die Hintergründe für den kläglichen Untergang einer bekannten Fluglinie gestoßen.
Im Jahr 2012 – also zu einer Zeit, in der die Passagiere beim Verlassen des Fliegers für ihr Durchhaltevermögen an Bord mit einem Schokoladenherz belohnt wurden – konnte man im Internet Luftbeförderungsansprüche von der Fluggesellschaft erwerben, also Flugtickets kaufen.
Zum Beispiel am 26.03.2012 von München nach Arabien und zurück, für 4 Personen, zum Preis von rund 15.000 Euro.
Zur Bezahlung konnte man der Gesellschaft eine Lastschriftermächtigung erteilen, mit der der Flugpreis vom Konto des Bestellers abgebucht werden sollte.
Am 27.03.2012 übermittelte die Fluggesellschaft die Lastschrift an die Bank ihres Kunden.
Bereits am 02.04.2012 stornierte der Kunde den Flug. Vereinbarungsgemäß erstattete die Fluggesellschaft ihrem Kunden den Flugpreis und überwies ihm den Betrag in Höhe von 15.000 Euro, und zwar am 04.04.2012.
Da es sich bei dem Konto, für das der Kunde die Lastschrift erteilt hatte, um ein Sparkonto handelte, konnte die Abbuchung nicht erfolgen. Die Lastschrift ging am 30.03.2012 zurück.
Wenn man sich die Geschichte anschaut, könnte man denken, das kann mal passieren. Einmal und aber nicht noch einmal.
Anders bei dieser Fluggesellschaft: Hier hat das insgesamt 15 Mal geklappt, weitere 3 Mal knapp nicht mehr. Dabei sind runde 160.000 Euro über die Theke am Ticketschalter gegangen.
Und wie ist die Sache aufgeflogen? Durch einen aufgeweckten Mitarbeiter der Fluglinie?
Nein. Sondern durch eine Geldwäscheverdachtsanzeige der Bank, auf der die Gutschriften eingingen. Der Kunde hatte die Beträge unmittelbar nach deren Eingang auf dem Konto wieder abgehoben. Das ist verdächtig.
Hätte die Bank das nicht mitgeteilt, hätte es sicher noch eine ganze Weile gedauert, bis irgendwelche Schnachnasen bei der Fluglinie aufgewacht wären. Und das, obwohl bei der Buchung jeweils dasselbe Konto, dieselbe Rufnummer und dieselbe eMail-Adresse angegeben wurde.
Verstehen kann man das nicht.
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Bild: © Arkadius Neumann / pixelio.de
Abtreten oder Antreten?
Irgend etwas war schiefgegangen mit GmbH der Mandantin. Und dann hat auch noch ihre Verteidigung, die sie in die eigene Hand genommen hatte, nicht so richtig funktioniert. Deswegen hat sie sich einen Strafbefehl gefangen. Sie soll eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 50 Euro bezahlen.
Die Mandantin hatte seinerzeit schon keine liquiden Mittel, um die GmbH vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten und den Buchhalter zu bezahlen. Den Vorschuß an Ihren Verteidiger (das war noch nicht ich) konnte sie auch nicht leisten. Aber jetzt diese Geldstrafe mit Nebenkosten in Höhe von bummeligen 9.000 Euro?
Es passierte das, was schon beim Antrag auf Erlaß des Strafbefehls für Staatsanwalt und Richter absehbar war: Weil es in der Justizkasse nicht geklingelt hat, wird die Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt. Für jeden Tagessatz einen Tag und eine Nacht in den Frauenknast; 180 Mal frühstücken in der Zelle.
Die Mandantin legt mir nun die Ladung zum Haftantritt neben dem Cappuccino auf den Tisch. Der Caffè war frisch, diese Ladung nicht. Sie trug ein fast drei Monate altes Datum.
Nebenbei berichtete die Mandantin mir, daß sie vor kurzem in ein anderes Bundesland umgezogen sei. Von ihren Nachmietern in der alten Wohnung habe sie gehört, daß die Polizei sich zwischenzeitlich nach ihr erkundigt habe … Da gibt es also schon den Vollstreckungs-Haftbefehl.
Und jetzt soll ich ihr helfen, die Haft zu verhindern. Den Witz von dem Mann, der mit dem halben Hähnchen zum Tierarzt kommt und fragt, ob man da noch etwas machen könne, habe ich an anderer Stelle schonmal erzählt.
Auf meinen Hinweis, da hilft jetzt nur noch zahlen, hatte sie zwei tolle Ideen:
Aus ihren Geschäften habe sie noch Forderungen in hoher fünfstelliger Höhe. Die könnte sie mir abtreten zur Sicherheit dafür, daß ich ihr ein Darlehen in Höhe der Geldstrafe gewähre.
Nach meiner Reaktion auf diesen Vorschlag griff sie zum letzten Strohhalm, den sie noch erkennen konnte: Sie schlug vor, die Forderung gleich direkt an die Justizkasse abzutreten, um den Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden.
Wir haben uns darauf geeinigt, daß ich die Mandantin im Zusammenhang mit ihrer Selbststellung in der zuständigen Justizvollzugsanstalt berate …
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Bild: © Alexander Dreher / pixelio.de
Strafverteidiger und Steuerberater im Wirtschaftsstrafsachen
Sowohl Steuerberater als auch Strafverteidiger sind gleichermaßen Juristen, die sich jedoch auf unterschiedlichen Gebieten spezialisiert haben. Grundsätzlich haben die beiden Rechtsgebiete Strafrecht und Steuerrecht wenig miteinander zu schaffen.
Es gibt aber auch Verzahnungen dieser Rechtsgebiete; gut bekannt ist das Steuerstrafrecht. Aber auch bei dem Vorwurf einer Insolvenzverschleppung ist steuerrechtliches Know How entscheidend, zum Beispiel um aus der Finanzbuchhaltung die Frage nach einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit beantworten zu können.
In solchen Fällen ist es ratsam, die Verteidigung nicht allein einem Steuerberater oder allein einem Strafverteidiger anzuvertrauen; jedenfalls dann nicht, wenn nicht nur einem kleinen Gemüsehändler der Schwarzhandel mit Bananen oder dem Handwerker der zu späte Insolvenzantrag wegen Überschuldung vorgeworfen wird.
Der professionelle Start
Ich habe nun einen Fall übernommen, in dem die Mandantin eigentlich alles richtig gemacht hat. Ihr Steuerberater hat eine Strafverteidigerin empfohlen, die die Mandantin in einem Insolvenzstrafverfahren verteidigen sollte. Der Steuerberater hat sich im Ermittlungsverfahren in die zweite Reihe zurückgezogen und die Verteidigerin mit Informationen aus der Buchhaltung und mit Interna der Unternehmungen versorgt.
Mit diesem Material hätte die Verteidigerin eine solide Verteidigung aufbauen und eine Anklageerhebung voraussichtlich vermeiden können. Wenn sie denn mit den Auswertungen des Steuerberaters aus den Buchhaltungen professionell umgegangen wäre.
Der Beginn einer Bruchlandung
Statt dessen hat sie sich die Sache einfach gemacht. Das Paket, bestehend aus den vollständigen Auswertungen sowie einer ausführlichen Stellungnahme des Steuerberaters mit Handlungsvorschlägen, hat sie schlicht mit einem knappen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft geschickt, den sie dann abschließt mit den Worten:
Die Tatbestandsmerkmale sind nicht gegeben. Somit wird beantragt, das Ermittlungsverfahren gegen unsere Mandantin gemäß § 170 StPO einzustellen.
Diesem im klassischen Sprachduktus eines soliden Zivilrechtlers formulierten Antrag ist die Staatsanwaltschaft nicht gefolgt. Die Wirtschaftsreferentin der Staatsanwaltschaft hat statt dessen die Auswertungen des Steuerberaters ausgewertet und der Mandantin wurde über ihre Verteidigerin noch einmal rechtliches Gehör gewährt:
Bevor ich das Verfahren abschließe, gebe ich Ihnen noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Absturz
Das hat die Verteidigerin auch für eine weitere kurze Verteidigungsschrift genutzt, die im Wesentlichen folgenden Satz enthielt:
Es ist Bezug zu nehmen auf die eingereichten Unterlagen und es wird angeregt, den Steuerberater als Zeugen zu den genannten Umständen zu hören.
Glücklicherweise hat die Staatsanwaltschaft sich darauf beschränkt, die Rosinen aus den von der Verteidigerin übermittelten Unterlagen herauszupicken, und nicht auch noch den Steuerberater zu den sonstigen Interna befragt. Es reichte auch so schon für die Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer.
Wie man sieht, reicht es nicht aus, …
… neben einem Steuerberater auch einen Strafverteidiger zu engagieren, wenn man sich in einer ausgewachsenen Wirtschaftsstrafsache verteidigen möchte. So wie zumindest grundlegende Kenntnisse des Strafprozeßrechts beim Steuerberater hilfreich sind, ist es erforderlich, daß der Verteidiger ein gewisses Verständnis des Steuerrechts hat.
Rettungsversuche
Ob die Anregung der Vorverteidigerin, den Steuerberater als Zeugen zu vernehmen, eine konkludente Schweigepflichtentbindungserklärung darstellt, weiß ich nicht. Die Mandantin hat sie auf meinen Rat jedenfalls vorsorglich widerrufen.
Und ob die – unauthorisiert – eingereichten Unterlagen aus der Buchhaltung wegen fehlender (weil nicht vorher eingeholten) Einwilligung der Mandatin einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, werden wir dann mit der Strafkammer in der Hauptverhandlung erörtern. In einem Verfahren, das bei sachgerechter Verteidigung, eigentlich nicht hätte zur Anklage führen müssen.
Wiederbelebung
Es macht wenig Freude, eine abgestürzte Verteidigung wieder auf die Beine zu stellen – sowohl für den Verteidiger als auch für den Mandanten. Erfreulichere Ergebnisse auf einfacherem Weg erreicht man, wenn man so früh wie möglich mit einer professionellen Gestaltung des Verfahrens beginnt.
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Bild: © Karin Jung / pixelio.de
Falschbelehrung
In den meisten Wirtschaftsstrafsachen, in denen Unternehmer verdächtigt werden, eine Straftat begangen zu haben, werden auch die Mitarbeiter des Unternehmens als Zeugen von der Polizei vernommen. Solche Zeugen müssen belehrt werden.
Diese Belehrung ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine Belehrung nicht aussehen sollte:
Wer findet den (klassischen) Fehler, warum ist das ein Fehler und welche Folgen können daraus entstehen – für den Polizeibeamten, für den Zeugen und für den Beschuldigten?
Update:
Die Arbeit, die zutreffenden Antworten auf meine Fragen aufzuschreiben, hat mir freundlicherweise der Kollege Ullrich abgenommen. Vielen Dank dafür! crh
Vorbildliches aus Bayern
Strafsachen in Bayern bearbeite ich mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge.
Wenn ich mir die Rechtsfolgen und die Möglichkeiten anschaue, die die bayerische StPO einer engagierten Verteidigung zubilligt, wird mir schwindelig. Was aber die Zusammenarbeit mit der bayerischen Justiz betrifft, geht mir das Herz auf.
In einem Verfahren gegen einen zukünftigen Ex-Kollegen hatte ich um Akteneinsicht nachgesucht und um „Übersendung der Ermittlungsakte(n) an unsere Kanzlei“ gebeten.
Ein paar Tage später trudelte dann dieses Fax hier ein:
So macht die Mandatsbearbeitung Spaß, es geht flott und es werden unnötige Kosten und sinnloser Aufwand vermieden. Das wäre einmal ein Aspekt, unter dem sich die Moabiter Landjustiz ein Beispiel an den Bayern nehmen könnte. Es ist ja nicht alles schlecht …
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Bild: © Bernhard Aichinger / pixelio.de
Ansichten eines Strafverfahrens im Sozialversicherungsrecht
Die Staatsanwaltschaft hatte einen Verdacht des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB gegen einen Unternehmer.
Von oben betrachtet sieht der Verdacht so aus:
Auf solche Verfahren freuen sich Staatsanwälte und Richter ganz besonders. Nicht.
Weil es nicht nur um klassisches Strafrecht geht, das wir schon auf der Uni kennen gelernt haben. Der Schwerpunkt der Vorwürfe liegt meist im Sozialversicherungsrecht. Und das gehört in aller Regel nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen der Justiziellen.
Der Vorsitzende des Schöffengerichts war nicht amüsiert, als der Angeklagte nicht bereit war, die Anklage einfach abzunicken. Deswegen setzte er die Verhandlung aus, damit auch er sich jetzt erstmal ordentlich in die Sache einarbeiten kann. Er wird erkennen, daß nicht allzu viel übrig bleiben kann von den Vorwürfen.
Das hat das Verteidigerteam, bestehend aus Strafverteidiger, Sozial- und Steuerrechtler bereits erledigt. Es erstaunt immer wieder, wie sich die Kollegen in so eine Materie einarbeiten können. Es macht große Freude, mit ihnen zusammen zu arbeiten.
In ein paar Monaten (wenn das Schöffengericht wieder ein paar Termine frei hat) wird es dann heißen: Ludi incipant …
Es gibt keine dummen Fragen
Ein Amtsgericht außerhalb Moabits hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft aus demselben Örtchen stattgegeben und einen Strafbefehl gegen meinen Mandanten erlassen.
Er hatte mich bereits im Ermittlungsverfahren mit seiner Verteidigung beauftragt. Das Ziel, nämlich die Einstellung des Verfahrens, haben wir also erst einmal nicht erreicht.
Deswegen habe ich unseren Standard-Textbaustein mit dem Einspruch und dem Akteneinsichts-Antrag via Fax ans Gericht geschickt. Darauf kam diese Rückmeldung aus den Tiefen der Republik nach Kreuzberg:
Die Frage scheint der Richterin wichtig zu sein, deswegen hat sie extra einen Rotstift heraus geholt. Ich habe dann mit einem Antrag auf ergänzende Akteneinsicht reagiert, weil Aktenteile bzw. Beiakten fehlten, auf die sich die Anklagebehörde beruft.
Die Reaktion der Richterin kam flott:
Ich finde, die Richterin hat „Mein Strafbefehl kann gar nicht falsch sein, sonst hätte ich ihn ja gar nicht erst erlassen! Also nehmen Sie besser mal den Einspruch wieder zurück.“ doch ziemlich reduziert formuliert.
Gegenfrage: Was soll ich nun auf die kluge Frage antworten?
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Bild (Grafik): © Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
65 Zeugen
Es geht um den Vorwurf gewerbsmäßigen Betrugs in 65 Fällen, der noch übrig geblieben ist. Die mit dem Verkauf der vermeindlich gestohlenen Hardware verbundene Hehlerei-Vorwurf war der Staatsanwaltschaft – auf dringendes Anraten der Verteidigung – zu komplifiziert. Deswegen hat man das Verfahren auf den Betrug beschränkt und die Hehlerei nach § 154 StPO eingestellt.
Um nun beziffern zu können, womit der Angeklagte im Falle seine Verurteilung rechnen muß, ist Fleißarbeit angesagt. Denn wenn die Anklage am Ende zu 100% durchgehen sollte, muß der Verurteilte nicht nur mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Sondern auch mit der Einziehung des angeblichen Vermögensvorteils, hier in Höhe von 33.229,96 Euro.
Es führt also kein Weg daran vorbei, erst einmal so eine Tabelle zu erstellen; man weiß ja nie, wozu sie noch gebraucht wird:
Nun hat der Vorsitzende des Schöffengerichts erst einmal eine große Aufgabe zu lösen – denn wie bekommt er die 65 Zeugen aus der gesamte Republik ins Gericht, und zwar pünktlich zu einem Zeitpunkt, der er sich ausgedacht hat.
Wenn da jetzt noch ein Kreuzberg Verteidiger querschießt, könnte es ein größeres Kapazitätenproblem am kleineren Amtsgericht geben.
Es sei denn, der Angeklagte bekommt ein Angebot, das er nicht ablehnen kann. Dann ist die Hauptverhandlung in 30 Minuten zuende.
Auch wenn meine Assistentin erst einmal ziemlich lautstark mit mir geschimpft hat, als sie diesen Job von mir bekommen hat: Sie freut sich über die von ihr geschaffene solide Ausgangsposition, die die Verteidigung nun bei den anstehenden Verständigungsgesprächen hat. Besten Dank auf diesem Wege an sie für diese wichtige Fleißarbeit.
Die Commerzbank und das Beschwerdeverfahren
Banken und ihre Dienstleistungen sind in unserer Welt unverzichtbar. Man nimmt ihre Dienste u.a. in Anspruch, wenn es um die Bewegung und das Verwahren von Geld geht. Die Alternativen – zum Beispiel Bargeschäfte und Geldstrümpfe – helfen nur sehr bedingt dabei, den Kontakt mit Banken zu vermeiden.
Die Commerzbank Hannover hat für meine Mandantin über einen längeren Zeitraum ein Geschäftskonto geführt. Auf diesem Konto landete vor ein paar Jahren ein respektabler Betrag. Und der blieb dort liegen, weil die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht das so wollten.
Nun haben sich die Zeiten geändert, die Strafjustiz hat die Konten wieder freigegeben. Das Finanzamt hat noch ein paar Ansprüche geltend gemacht, die Mandantin ist mit dem Ausgleich der Forderung des Fiskus einverstanden. Es ist genug für alle da.
Seit Juli 2017 versuche ich nun, das verbliebene Guthaben auf das Konto meiner Mandantin zu bekommen. Und seit dieser Zeit mauert die Commerzbank Hannover. Hier mal ein Zwischenbericht.
Es war schon nicht einfach, den für meinen Auftrag zuständigen Sachbearbeiter, den Herrm Christian V., nach eigenen Angaben Handlungsbevollmächtigter und Geschäftskundenberater der Commerzbank AG, Privat- und Unternehmerkunden Nord, Geschäftskunden-Beratungszentrum Hannover, zu finden. Meine eMails, Briefe, Faxe, Anrufe … an die Zentrale, an vermeintlich zuständigen Abteilungen führten zu keiner für mich erkennbaren Reaktion. Irgendwann, nach laaaanger Zeit und unzähligen Versuchen hatte ich ihn endlich, den Herrn V.
Statt nun in zwei, drei Sätzen mitzuteilen, was ihm fehlt, um das Guthaben – also das meiner Mandantin gehörende Geld – auszuzahlen, gibt er im Zweiwochenabstand und scheibchenweise bekannt, daß hier noch ein Formblatt fehlt, dort noch eine Unterschrift, eine notariell beglaubigte Paßkopie … und schließlich noch die persönliche Vorsprache des Vertretungsberechtigten meiner Mandantin in einer Filiale der Commerzbank in einer Stadt im europäischen Ausland.
Ich habe die Nerven behalten, auch dann als mir dieser Christian V. erzählen wollte, daß ein Brief aus einer Commerzbank-Filiale in einer europäischen Hauptstadt nach Hannover gute drei Wochen unterwegs gewesen sei. Auch als er mir weismachen wollte, er habe unsere 24/7 besetzte Kanzlei telefonisch nicht erreichen können, habe ich nur eine Notiz gemacht und mir meinen Teil über die Glaubwürdigkeit dieses Geschäftskundenverraters gedacht.
Als er mir dann aber mitteilte, daß er das Guthaben deswegen nicht auszahlen könne, weil er erst ein paar Minuten vor meinem Anruf erfahren habe, daß die Finanzamtsforderung nicht bedient werden konnte, weil der Commerzbank Hannover die Bankverbindung des Finanzamts Hannover und die Steuernummern nicht bekannt sei, bin ich geplatzt. Und zwar so, daß Herr Christian V. sehr genau verstanden hat, was ich von mich anlügenden Bankern und von Banken, die das Vermögen ihrer Kunden unterschlagen und veruntreuen, halte.
Und wie reagiert Christian V. aus H.? Eine knappe Stunde nach dem Telefonat schickt er mir das hier:
Lieber Christian V., das wäre wirklich nicht nötig gewesen. Was ich brauchte, waren die Kontaktdaten der zuständigen Wirtschaftsstrafabteilung der Staatsanwaltschaft Hannover. Die habe dann aber schon mal ergoogelt … Sie finden sie auf der Kopie meines Schreibens an die Hauptabteilung III (pdf) eben dieser Ermittlungsbehörde.