Verkehrsunfall

Glaskugelregulierung

Zur ordnungsgemäßen Bearbeitung eines Verkehrsunfalls gehört es, dass man die polizeiliche Unfallermittlungsakte anfordert, um sich ein Bild von der Unfallaufnahme, den gesicherten Spuren zu machen und die Aussagen gegebenenfalls vernommener Zeugen abzugleichen.

Diese Informationen sind wichtig, um abschätzen zu können, ob Schadenersatzansprüche voll oder vielleicht wegen eines Mitverschuldens des Mandanten nur nach einer Haftungsquote reguliert werden können. Kurz ausgedrückt, ohne Akte keine Kohle.

Die Übersendung einer Akte lässt sich die Justiz bezahlen. Jede Aktenübersendung kostet 12 Euro.

Bei unseren rechtsschutzversicherten Mandanten genügt es, die Kostenrechnung mit der Bitte um direkte Zahlung an die Versicherung zu schicken. Wir bekommen dann in aller Regel eine kurze Rückmeldung, dass man die Kosten wunschgemäß angewiesen hat. Selbst bei dieser Versicherung klappt das problemlos.

Nun schreibt uns die Rechtsschutz Union auf unsere Bitte die 12 Euro zu zahlen:

Wir weisen darauf hin, dass Maßnahmen die der Sachverhaltsaufklärung oder der Beschaffung von Beweismitteln dienen von uns bedingungsgemäß nicht übernommen werden können. Hierzu zählen z.B. Kosten für die Anschriftenermittlung, Registerauskünfte, Akteneinsicht, EMA-Anfragen, Kosten eines Privatgutachtens etc (vgl. Harbauer, ARBKommentar, § 2 Rdnr. 33).

Wir fassen zusammen. Fast alles was der Anwalt braucht, um überhaupt arbeiten zu können, nämlich Informationen, zahlt diese Rechtsschutz nicht.

Macht nichts, wir haben ja dieses wichtige Utensil in der Kanzlei. Da brauch es keine Akte.

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Wer zu lange auf der Kreuzung steht, geht leer aus

Wer kennt die Situation nicht. Man steht mitten auf der Kreuzung und möchte links abbiegen. Es dauert und dauert, weil die vor einem stehenden Abbieger nicht aus dem Knick kommen. Und dann schaltet die Ampel für den Querverkehr auf Grün.

Spätestens jetzt hat man ein Problem. Man steht nämlich im Weg herum, müsste die Kreuzung eigentlich räumen, darf aber auch den Querverkehr nicht gefährden. Und je länger man überlegt und herumsteht, umso teurer wird es. Sagt jedenfalls das Berliner Kammergericht.

Dort verlangte die Klägerin ihren Schaden wenigstens zu 2/3 ersetzt, nachdem sie schon beim Landgericht gescheitert war. Das Kammergericht fand an dem Urteil des Landgerichts allerdings nicht auszusetzen und riet an, die Berufung zurückzunehmen.

Grundsätzlich ist das Räumen der Kreuzung zu ermöglichen. Kommt es zu einem Unfall haftet der Kreuzungsräumers in der Regel nach einer Quote von 1/3. Aber keine Regel ohne Ausnahme.

(…) Je länger ein Kreuzungsräumer auf der Kreuzung verharrt, wird dieser beachten müssen, dass der übrige Verkehr daraus schließen kann, er werde nicht weiterfahren. Ein solcher Kreuzungsräumer darf nicht an- oder weiterfahren, ohne sich vergewissert zu haben, dass ein Zusammenstoß mit einfahrenden Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 56, 146 = NJW 1971, 1407, 1409). Fährt der Kreuzungsräumer in dieser Situation unbedacht an, kann dies zu einer Abweichung von der Regelhaftung des Kreuzungsräumers von 1/3 führen (vgl. Senat, Urteil vom 6. Oktober 1977 – 12 U 767/77 – DAR 1978, 48, Urteil vom 26. Oktober 1992 – 12 U 5056/91 – VM 1993, 35 Nr. 50); das gilt vor allem dann, wenn der Teilnehmer des Querverkehrs sich sicher sein konnte, dass der hängengebliebene Kreuzungsräumer ihm die Vorfahrt lassen werde (vgl. BGH, a.a.O.).

Nachlesen kann man das Ganze hier: KG, Beschluss vom 08.09.2008, Az: 12 U 194/08

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Vor Gericht und auf hoher See

ist man in Gottes Hand, lautet ein Sprichwort. Wenn man bei der ARAG rechtsschutzversichert ist, hilft einem aber noch nicht einmal Gott.

Unser Mandant, ein junger sportlicher Mann, hatte einen unverschuldeten Motorradunfall, bei dem er sehr schwer verletzt wurde.

Unter anderem hatte er einen offenen Unterarmbruch davongetragen, Elle und die Speiche nahe des Handgelenks waren gleich mehrfach gebrochen, das rechte Oberschenkelgelenk war ausgekugelt, die Hüfte geprellt und ein sehr empfindliches männliches Körperteil gequetscht.

Es waren insgesamt 5 Operation notwendig, um den verunfallten Biker mit Platten und Drähten wieder zusammenzusetzen. Als Folge des Unfalls verblieb eine Muskelverkürzung, die Drehbewegung des Unterarms ist eingeschränkt.

Die hinter dem Unfallgegner stehende Kfz-Haftpflichtversicherung regulierte bräsig 4.000,– Euro Schmerzensgeld und verweigerte beharrlich die weitere Kommunikation.

Die wollten wir nun mit Hilfe des Gerichts fortführen und baten die Rechtsschutzversicherung des Mandanten, die ARAG, uns für die beabsichtigte Klage Deckung zu gewähren. Damit es schneller geht, fügten wir einen Klageentwurf bei.

Dummerweise landete unsere Deckungsanfrage auf dem Tisch der bereits bekannten Assessorin D. und die hat natürlich wieder Fragen.

Wie soll ein Dauerschaden dargelegt und bewiesen werden? Wir bitten um Vorlage von Entscheidungen, die in vergleichbaren Fällen ein Schmerzensgeld von mindestens 15.000,- € für angemessen erachten. Nach Eingang Ihrer Nachricht kommen wir auf die Angelegenheit zurück.

Dass ein Dauerschaden eingetreten ist, haben nicht wir uns ausgedacht, sondern die behandelnden Ärzte schätzen das so ein. Damit das Gericht sich hierzu seine Überzeugung bilden kann, haben wir Beweis nicht nur durch Zeugnis dieser Ärzte, sondern auch durch ein Sachverständigengutachten angeboten. In aller Regel klagt man aber erst und dann erhebt das Gericht Beweise.

Unser Mandant hatte sich auch nicht den kleinen Finger gebrochen, so dass das verlangte Schmerzensgeld angemessen ist. Entsprechende Entscheidungen haben wir natürlich brav übersandt.

Vielleicht sollten wir unsere Klagen künftig von Frau Assessorin D. schreiben lassen. Die scheint ja zu wissen, wie man es richtig macht.

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Der nackte Biker

Unser Mandant fand sich nach dem Zusammentreffen seiner Aprilia mit einem Pkw auf dem Straßenbelag wieder. Seine Motorradhose hatte darunter etwas gelitten und einige Prellungen waren auch zu beklagen.

Die in Anspruch genommene Versicherung des Unfallgegners meint, überhaupt nichts zahlen zu müssen, der Unfallhergang ist im höchsten Maße streitig. Insoweit Standard.

Wir klagen also neben dem Fahrzeugschaden auch Ersatz für die beschädigte Hose und Schmerzensgeld ein.

Nun überraschte uns der von der Versicherung beauftragte Kollege mit einer sehr kreativen Rechtsansicht, warum unserem Mandanten insbesondere kein Schmerzensgeld zustehe:

Der Kläger hat doch nach seinem eigenen Vortrag Schutzkleidung getragen. Bei ordnungsgemäßer Schutzkleidung konnten (…) die behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht entstehen. Der Kläger muss sich schon entscheiden: Entweder Schmerzensgeld oder Ersatz für Schutzkleidung.

Also dass fehlende Schutzkleidung ein Mitverschulden des Bikers bei bestimmten Verletzungen begründen kann, war uns bekannt. Aber dass ein Zuviel an Schutzkleidung ein Schmerzensgeld per se ausschließt, ist uns neu.

Wir raten trotzdem davon ab, nackt Motorrad zu fahren.

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Mal sehen, wer nachher noch fahren kann

Zwei Studenten fuhren zu einer Erstsemesterfete. Nicht zum wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch, sondern mit dem Ziel, kräftig zu feiern und viel Alkohol zu trinken. Der eine hatte ein Auto und kaufte das Bier, der andere trank fleißig mit und feierte noch weiter, als der mit dem Auto schon längst in dem selbigen schlief. Einen Plan wann und vor allem wie man wieder nach Hause kommt, gab es nicht.

Irgendwann als der Morgen graute, verging dem übrig gebliebene Partygast die Feierlaune. Er weckte den im Auto schlafenden und fragte, ob man jetzt nicht mal langsam nach Hause fahren wolle. Schlaftrunken übergab der die Autoschlüssel, schnallte sich an und los ging die wilde Fahrt. Bis zur Kurve einer Autobahnauffahrt, wo der Fahrer das Auto zu Schrott fuhr.

Der mit dem Auto hatte auch eine Vollkaskoversicherung, die sollte nun den Wiederbeschaffungswert und die Bergungskosten zahlen. Die Versicherung lehnte das ab. Wer Besoffene fahren lässt, kann ja wohl nicht verlangen, dass die Versicherung dann die Zeche zahlt. Das Landgericht Bonn sah das ein wenig anders, vernahm den Fahrer als Zeugen und sprach dem mit dem Auto zumindest 25 Prozent des Schadens zu.

Der Versicherungsfall sei zwar grob fahrlässig herbeigeführt worden, da mit gegenseitiger Kenntnis viel Alkohol getrunken wurde und man einem erkennbar erheblich Betrunkenen eben nicht die Schlüssel zu seinem Pkw übergeben sollte. Unter Anwendung des zum Schadenszeitpunkt bereits geltenden neuen Versicherungsvertragsgesetzes müsse man aber eine dem Grad des Verschuldens entsprechende Quote bilden. Gegen eine komplette Leistungskürzung sprach nach Auffassung des Gerichts, dass nicht der Versicherte selbst im alkoholisierten Zustand den Wagen gefahren hat, sondern sein mindestens ebenso betrunkener Bekannter.

Hätte zum Unfallzeitpunkt das alte Versicherungsvertragsgesetz Anwendung gefunden, wäre der mit dem Auto leer ausgegangen. Es galt das „Alles oder Nichts“ Prinzip. Das hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes abgeschafft. Jetzt kommt es darauf an, welches Maß an Verschulden einem Versicherungsnehmer angelastet werden kann.

Nachlesen kann man das Urteil des Landgericht Bonn vom 31.07.2009, Az: 10 O 115/09 hier.

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Der Telefonjoker

Im Wort Rechtsschutzversicherung stecken die Worte Recht, Schutz und sicher. Manche Versicherer scheinen das zu vergessen und setzen lieber auf die Worte verraten und verkauft.

Nach einem Unfall hatte ein Ehepaar ihre Rechtsschutz angerufen, um sich zu erkundigen, wie man sich am besten verhält. Man stellte sie zu einem Rechtsanwalt durch, der ein paar wirklich gute Tipps auf Lager hatte.

Gegen den Mann, der gefahren war, hatte die Polizei vor Ort ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Er hatte ein Anhörungsschreiben erhalten. Da solle er mal was hinschreiben, meinte der Anwalt, dann würde das Verfahren sicher eingestellt. Der Frau, der das Auto gehört, riet er, sich mit der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners in Verbindung zu setzen. Die würden dann einen Gutachter schicken, der den Schaden schätzt. Danach würde die gegnerische Versicherung dann Schadenersatz zahlen.

Da sprach geballte Kompetenz pur und wir dürfen nun versuchen, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Die Bußgeldstelle erließ nämlich ungerührt einen Bußgeldbescheid und die Versicherung des Unfallgegners dachte nicht im Traum daran, hier den Schaden begutachten zu lassen. Bevor man sich zur haftung äußern könne, müsse man ja mal in die Unfallakte sehen.

Das tun wir im Übrigen auch bevor wir Mandanten Ratschläge geben.

Nachtrag: Das scheint Mode zu sein, wie der Kollege Wings hier berichtet.

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HIS – die Schufa der Versicherungswirtschaft

Nach erfolgter Regulierung ihrer Verkehrsunfälle beikommen unsere Mandanten in aller Regel, nämlich dann wenn fiktiv abgerechnet wurde und der Schaden über 2.500 Euro liegt, zum Abschluss noch ein nettes Schreiben von der gegnerischen Versicherung, in dem ihnen mitgeteilt wird, dass die Daten zum Fahrzeug – Kfz-Kennzeichen und Fahrzeugidentifizierungsnummer – an das Hinweis- und Informationssystem (HIS) übermittelt wurden.

Es folgen auf ein solches Schreiben oft aufgeregte Anrufe. Dürfen die das? Ja, sie dürfen.

Bei dem HIS handelt es sich um eine Datensammlung der deutschen Versicherungswirtschaft, die der Aufdeckung und Prävention von Versicherungsbetrug und Versicherungsmissbrauch sowie der begleitenden Risikoprüfung dienen soll. Sozusagen die „Schufa“ für Versicherungen.

Zweck der Meldung im Falle fiktiver Abrechnungen ist in erster Linie, dass beschädigte Fahrzeuge nicht mehrfach als Versicherungsfall gemeldet werden. Fiktivabrechner werden also unter den Generalverdacht gestellt, das sie sich durch Mehrfachabrechnung von Unfällen einen netten Zusatzverdienst verschaffen. Kennt man, machen Unfallgeschädigte ständig. Dagegen müssen sich die gebeutelten Versicherungen natürlich schützen.

Klagen gerichtet auf Löschung erfasster Daten, bleiben ohne Erfolg. Aktuell hat das Amtsgericht Kassel eine solche Klage abgewiesen.

In der HIS-Datenbank würden ja keine personenbezogene Daten im Sinne des § 3 BDSG gespeichert, lediglich fahrzeugbezogene Daten und die könnten nur über Umwege, so z.B. über das Kraftfahrtbundesamt oder die örtliche Kfz-Zulassungsstelle in Bezug zu einer bestimmten Person gesetzt werden.

Ob das so richtig ist, darüber kann man trefflich streiten. Aber selbst wenn man anderer Ansicht ist, sei die Speicherung der Daten erlaubt im Sinne des § 4 BDSG. Die Speicherung personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung finde in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG ihre Grundlage, da schutzwürdige Interessen der von der Datenspeicherung betroffenen Fiktivabrechner nicht tangiert würden.

Denn das System dient dem Interesse der Versichertengemeinschaft. Mithilfe der solchermaßen gespeicherten Daten können nämlich Fälle leichter bearbeitet werden, in denen eine unberechtigte Inanspruchnahme von Kfz-Haftpflicht- bzw. -Kaskoversicherungen in Frage steht, nachdem ein Schadensfall lediglich fiktiv, d.h. ohne Vorlage einer konkreten Reparaturkostenrechnung reguliert worden ist. Dabei kommt es nicht auf die Person des Halters am, sondern auf das Fahrzeug an sich, um ermitteln zu können, ob dieses bereits einmal einem vergleichbaren Schaden zuvor erlitten hat. (…)

Denn den dem …angeschlossenen Versicherungsunternehmen wird, wie bereits ausgeführt, die Bearbeitung besonders auffälliger Schadensfälle damit erleichtert, insbesondere im Hinblick auf Fälle, in denen der Verdacht betrügerischen Verhaltens durch mehrfache Abrechnung ein- und desselben Schadens eine Rolle spielt. Steht aber ein solches Verhalten eines Anspruchstellers zur Debatte kann er nicht für sich datenschutzrechtliche Bestimmungen reklamieren, weil er sich der dann selbst möglicherweise rechtswidrig verhalten hat oder zumindest ein solcher Verdacht auszuräumen ist (im Ergebnis wie hier AG Coburg, Urteil v. 07.11.2012 – 12 C 179/12).

Was an der fiktiven Abrechnung gegenüber einer Kfz-Haftpflichtversicherung auffällig, betrügerisch und unberechtigt sei, erklärt das Gericht leider nicht.

AG Kassel, Urteil vom 7. Mai 2013, Az: 435 C 584/13

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Hanseatische Pfennigfuchser

Ein freundlicher Kfz-Sachverständiger aus der Nachbarschaft hat einen seiner Kunden zu uns geschickt. Der Versicherer des Unfallgegners hatte nämlich Einsparpotential entdeckt.

Einmal durch die Vorlage eines der üblichen „Prüfgutachten“, was hier nicht von Interesse ist, da der Mandant sein Auto seit Jahr und Tag in ein und derselben markengebundenen Fachwerkstatt reparieren lässt und nicht vorhat, dass nun bei „Paul Kasubkes Karosserieklempnerei“ preiswerter erledigen zu lassen, zum anderen bei den Sachverständigenkosten. Der Gutachter sei zu teuer befindet die KRAVAG.

Sachverständigenkosten ersetzen wir, wenn sie erforderlich sind. Die hier berechneten Kosten waren der Höhe nach nicht erforderlich. Unsere Zahlung orientiert sich hinsichtlich des Grundhonorars an der Erhebung des BVSK 2010/2011 sowie bezüglich der Nebenkosten an der Entscheidung des LG Saarbrücken vom 10.02.2011 (Az. 13 S 109/10).

Neugierig geworden, was das Saarbrücker Landgericht so tolles im Sinne der Versicherungswirtschaft ausgeurteilt hat, las ich die Entscheidung nach. Das sollte auch die KRAVAG dringend machen.

Das LG Saarbrücken schreibt nämlich, dass der Schädiger bzw. dessen Versicherung, grundsätzlich Sachverständigenkosten zu ersetzen haben. die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Der Geschädigte ist dabei nicht verpflichtet, erst einmal den Markt zu erforschen und einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.

Erst wenn für den Geschädigten erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, könnte er auf einem Teil der Gutachterkosten sitzen bleiben. Abgerechnet wird aber in der Regel nach Gutachtenerstellung und woher soll der Laie wissen, was willkürlich ist und was nicht.

Denn dem Sachverständigen ist es im Rahmen seiner privatautonomen werkvertraglichen Preisgestaltung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich gestattet, neben einem „Grundhonorar“ für die eigentliche Sachverständigentätigkeit „Nebenkosten“ nach ihrem konkreten Anfall zu berechnen (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 80/05, NZV 2007, 182 ff.). Im Bereich des „Grundhonorars“ ist dem Laien ein verbindlicher Preisvergleich zumindest dann nicht möglich, wenn der Sachverständige in grundsätzlich zulässiger Weise (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 f.; Urteil der Kammer vom 12. Februar 2010 – 13 S 146/09) nach der erst noch zu ermittelnden Schadenshöhe abrechnet, was offenbar sehr häufig geschieht (vgl. etwa BVSK, Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-Sachverständigenhonorars – BVKS-Honorarbefragung 2008/2009, S. 1; hierzu auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 f.).

Einzig und allein bei den Nebenkosten hatte der Sachverständige nach Ansicht des Landgerichts etwas zu hoch gegriffen. Die waren nahezu genauso hoch ausgefallen, wie das Grundhonorar. Allerdings stellte das Gericht zunächst einmal klar, dass neben einem Grundhonorar auch weitere Auslagen anfallen können und zu erstatten sind.

Dass ein Sachverständiger sein „Grundhonorar“ für die Ingenieurleistung in pauschalierter Weise an der Schadenshöhe orientiert, hindert ihn nicht daran, zusätzlich „Nebenkosten“ pauschal oder nach ihrem tatsächlichen Anfall zu berechnen. Diese Abrechnungsweise ist werkvertraglich zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 aaO) und in den Honorarordnungen einzelner Berufsgruppen ausdrücklich vorgesehen. Auch schadensrechtliche Bedenken gegen die Erstattungsfähigkeit einer solchermaßen aufgespaltenen Abrechnung in pauschalierte „Grund-“ und individualisierte „Nebenkosten“ bestehen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 aaO; Kammerurteil vom 12. Februar 2010 – 13 S 146/09 mwN).

Manchmal fragt man sich schon, wer den Versicherern ihre Textbausteine schreibt.

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Unfallregulierung ist Privatsache

Nach seinem Urlaub fuhr ein Assistenzarzt am Abend mit dem Auto los, um am nächsten Morgen pünktlich seinen Dienst im Krankenhaus antreten zu können. Auf der A 5 kam es kurz vor Mitternacht zu einem Unfall, als der Arzt bei einem Spurwechsel einen Mitsubishi übersah.

Während das Auto vom Arzt äußerst rechts auf einem Ausfahrtstreifen zu einer Tankstelle zum stehen kam, ragte der Mitsubishi in den mittleren Fahrstreifen hinein. Beide Fahrer hatten ihre Fahrzeuge verlassen und beratschlagten, was zu tun sei. Der Mitsubishifahrer machte sich auf in Richtung Tankstelle, um die Polizei zu benachrichtigen, während der Arzt am Seitenstreifen neben dem Mitsubishi stehen blieb. Unmittelbar danach fuhr ein Transporter frontal gegen das Heck des Mitsubishi, der Arzt wurde von dem herumschleudernden Transporter erfasst und tödlich verletzt.

Die Familie des Arztes hatte nicht nur den Tod des Ehemannes und Vaters zu beklagen, die Berufsgenossenschaft verweigerte dazu noch sämtliche Hinterbliebenenleistungen. Denn es habe sich hier nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Mit dem Verlassen seines Pkw habe der Arzt nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

Während das Sozialgericht Freiburg noch feststellte, dass der Tod des Arztes selbstverständlich Folge eines Arbeitsunfalls war, wies das Baden-Württembergische Landessozialgericht auf die von der Berufsgenossenschaft eingelegte Berufung die Klage der Familie ab.

Zwar sei der Arbeitsweg grundsätzlich mitversichert, allerdings nur, wenn sämtliches Handeln auf diesem Weg allein dem Zweck dient, entweder zur Arbeit oder von dort nach Hause zu gelangen. Als der Arzt aus dem Auto ausstieg, um sich mit dem Mitsubishifahrer abzusprechen, ob die Polizei gerufen bzw. wie der Unfall reguliert werden sollte, habe er seinen Arbeitsweg mehr als geringfügig unterbrochen.

Bei dem Aussteigen aus dem eigenen Pkw, dem Zurücklegen von ca. 40 m zum Wagen des A., dem Gespräch mit A. und dem Warten auf die Polizei handelt es sich nicht nur um eine geringfügige Unterbrechung, während der der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 4 SGB VII fortbestand. Eine Unterbrechung ist dann als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung „im Vorbeigehen“ oder „ganz nebenbei“ erledigt werden kann (BSG, Urteil vom 17.2.2009, B 2 U 26/07, m.w.N.). Eine geringfügige Unterbrechung liegt jedenfalls beim Zurücklegen einer Wegstrecke von ca. 40 m zum Unfallgegner, einem Gespräch mit dem Unfallgegner und dem Warten auf die – zum Zwecke der Unfallaufnahme gerufenen – Polizei nicht vor. Dies umso mehr, als hier – auch aufgrund des Schadensbildes am PKW des K. – in zeitlicher Hinsicht nicht ohne Weiteres davon auszugehen war, dass dieser die Fahrt zum Arbeitsort alsbald hätte fortsetzen können, sei es mit dem eigenen PKW oder auf andere Weise.

(…) Dieses Verhalten ist – nach dem (…) Urteil des BSG vom 17.2.2009 – dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen. So hat das BSG im Urteil vom 17.2.2009 – entgegen zahlreicher Literaturmeinungen – entschieden, dass übliche Regulierungsgespräche nach einem Verkehrsunfall, der Austausch von Personalien mit dem Unfallgegner und Unfallzeugen sowie Maßnahmen der Spurensicherung, grundsätzlich nicht im inneren Zusammenhang mit dem versicherten Weg stehen. Ein Unfallversicherungsschutz lasse sich auch nicht damit begründen, dass ein Versicherter den durch §§ 34 StVO und 142 StGB auferlegten Verhaltenspflichten nachkomme. Er lasse sich auch nicht damit begründen, dass der Versicherte einer Gefahr erlegen sei, der er wesentlich infolge des Zurücklegen des versicherten Weges ausgesetzt gewesen sei. Ein den Anforderungen der §§ 34 StVO und 142 StGB genügendes Verhalten diene nicht objektiv der Ermöglichung oder Förderung des allein versicherten (späteren) Zurücklegens des Weges. Diese Vorschriften schützten das private Interesse der Unfallbeteiligten und Geschädigten an einer möglichst umfassenden Aufklärung des Unfallhergangs und damit auch die Anspruchssicherung. Dem stehe auch nicht entgegen, dass ein Versicherter die Verletzungen nicht ohne das Zurücklegen des versicherten Weges erlitten hätte. Seine Schädigung sei nicht auf die betrieblich veranlasste Fortbewegung, sondern sein eigenwirtschaftliches Handeln mit dem Ziel, den Unfallgegner aufzusuchen und mit diesem einen unfallregulierendes Gespräch zu führen, entstanden.

LSG Baden-Württemberg Urteil vom 14.5.2013, L 9 U 2788/11 (im Anschluss an BSG, Urteil vom 17.02.2009 – B 2 U 26/07SozR 4-2700 § 8 Nr. 32)

Wie man als Anwalt ein solches Urteil den Hinterblieben erklärt? Ich habe keine Ahnung.

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Schnelle Versicherung

In einer Unfallsache wurde nach fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis von der Versicherung ein Prüfbericht übersandt, wonach eine Reparatur deutlich billiger möglich sei. Die Kürzung war recht deftig und der Mandant wenig begeistert. Ich hatte der Versicherung noch ein wenig Butter bei die Fische getan. Heute kam die Antwort der Versicherung.

Das Fahrzeug Ihrer Mandantschaft ist älter als 3 Jahre. Es wurde erstmals am … zugelassen und weist einen Kilometerstand von … km auf.

Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss sich der Geschädigte bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit, die mühelos ohne weiteres zugänglich ist, verweisen lassen (z.B. BGF VI ZR 53/09 vom 20.09.2009).

Wir haben bei der … Karosseriebau in der …straße … in … Berlin die Preise ermittelt. Diese regionale Werkstatt befindet sich in der Nähe des Wohnorts des Klägers. Diese Firma bietet günstigere Stundenverrechnungssätze an. Die Qualität der Reparatur unterscheidet sich nicht von derjenigen einer Markenfachwerkstatt.

Wir können keine weiteren Reparaturkosten übernehmen und bitten um Verständnis.

Wenn die Versicherer doch bei der Schadenregulierung so schnell wären, wie bei der Umsetzung der neuesten Sparanleitung vom BGH.

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