Vollmacht

Der Eiertanz des vermeintlichen Staatsanwalts

Die Bayreuther Vollmachts-Festspiele gehen nach ihrem Auftakt am 15. September 2009 in die zweite Runde. Ich habe mit den üblichen Textbausteinen versucht, auf einen Funken Verstand bei dem zuständigen Staatsanwalt zu treffen. Entweder habe ich das Ziel verfehlt oder aber es gibt das angestrebte Ziel nicht: Der Staatsanwalt will die Ermittlungsakte nur Zug um Zug gegen Vorlage einer Vollmachtsurkunde herausgeben (um es mal zivilistisch zu formulieren).

Naja, jedenfalls habe ich dann kurzer Hand eine freundliche Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den vermeintlichen Staatsanwalt erhoben (mit einem weiteren Textbaustein), damit sich das mal ein richtiger (Ober-)Staatsanwalt anschaut. Und weil ich nun gerade dabei war, bot sich auch ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung an.

Nun bekomme ich Post, vom Landgericht, das mir Gelegenheit gibt, zu dieser Erwiderung des Herrn Staatsanwalt T. aus B. Stellung zu nehmen:

Vermeintlicher Staatsanwalt

Ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung. Dieser Eiertanz, den der Herr Staatsanwalt T. da vorführt, wird wohl noch reichlich Stoff für weitere nette Beiträge hier im Blog liefern.

Hat jemand vielleicht noch einen neuen Textbaustein eine neue Idee, damit mir (und dem Vermeintlichen) nicht langweilig wird? ;-)

11 Kommentare

Rechtsmißbrauch durch Richter?

Das Amtsgericht Nürtingen hatte in seinem Urteil vom 23.4.2009 (16 OWi 73 Js 13396/09) in einer Bußgeldsache über eine Standard-Vollmachtsfrage zu entscheiden: Der Verteidiger hat seine Bevollmächtigung anwaltlich versichert, aber keine entsprechende Vollmachtsurkunde zur Akte gegeben. Die Bußgeldbehörde hat ihm, dem Verteidiger, den Bußgeldbescheid gleichwohl zugestellt. War diese Zustellung nun wirksam?

Na selbstverständlich, meinte der Richter am Amtsgericht Nürtingen, und bemühte seinen Bauch, statt seinen Kopf, um das Urteil zu begründen. Gemäß dem Grundsatz: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf!“ konnte die Zustellung gar nicht unwirksam sein, weil ansonsten ja die Tat verjährt wäre.

Richter Carsten Krumm, der sich als kompetenter Verkehrsrechts-Experte bei Beck Online einen guten Namen gemacht hat, hält die Entscheidung für richtig, gratuliert dem Gericht und titelt in im Beck-Blog:

„Rechtsmissbrauch“: Vollmachtstrick des Verteidigers gut ausgebremst.

und formuliert einen Leitsatz:

Ein Verteidiger, der seine Bevollmächtigung versichert und gegenüber der Verwaltungsbehörde als solcher auftritt, kann sich im Bußgeldverfahren nicht auf eine fehlende schriftliche oder beschränkte Vollmacht berufen. Zustellungen an ihn sind wirksam.

Wenn man sich das Urteil allerdings einmal genauer anschaut, erkennt man die groben Fehler, die man dem Nürtinger Richter vorwerfen kann (und sollte!). Die zitierten Entscheidungen passen nicht zu dem zu entscheidenden Fall. Der Gesetzeswortlaut spricht eindeutige Worte, die mit dem Urteil nicht in Einklang zu bringen sind.

Die beiden Kommentare, die andere Verkehrsrechtsrechts-Experten, nämlich Rechtsanwalt und Fachwalt für Verkehrsrecht Jürgen Melchior und Richter am Oberlandesgericht a.D. Detlef Burhoff, zu dem Beitrag von Herrn Krumm abgegeben haben, zeigen auf, daß das Urteil aus Nürtingen unbrauchbar ist.

Die Rechtsmittel gegen solche Fehlurteile sind eng begrenzt. Das weiß der Richter auch. Im Normalfall geht ein Richter mit dem blauen Himmel, der sich über ihm auftut, sorgsam um. Anders scheint es wohl am Amtsgericht Nürtingen zuzugehen.

Rechtsanwalt Andreas Jede zitiert in seinem Kommentar zu jenem Beitrag den Juristen Rudolf von Jhering mit den Worten:

„Die Form ist die geschworene Feindin der Willkür, die Zwillingsschwester der Freiheit. Denn die Form hält der Verlockung der Freiheit zur Zügellosigkeit das Gegengewicht, sie lenkt die Freiheitssubstanz in feste Bahnen, daß sie sich nicht zerstreue, verlaufe, sie kräftigt sie nach innen, schützt sie nach außen. Feste Formen sind die Schule der Zucht und Ordnung und damit der Freiheit selber und eine Schutzwehr gegen äußere Angriffe, – sie lassen sich nur brechen, nicht biegen.“

Bruch formellen Rechts, das ist das, was auch ich dem Richter am Amtsgericht Nürtingen vorwerfen möchte. Und das ist eben in meinen Augen Rechtsmißbrauch. Ein Verteidiger, der keine Vollmacht zur Akte reicht, handelt nicht rechtsmißbräuchlich, sondern macht die gute Arbeit, die sein Mandant von ihm erwarten darf.

17 Kommentare

Bayreuther Vollmachts-Festspiele

In einer kleinen, unbedeutenden Strafsache (angeblicher Tankbetrug; Schaden unter 100 Euro) habe ich Akteneinsicht beantragt, aber nicht bekommen. Herr Staatsanwalt T. aus Bayreuth reagiert auf meine höfliche Erinnerung an meinen unerledigten Akteneinsichts-Antrag mit diesem Schreiben:

Vollmacht in Bayreuth

Ich habe dann die Bayreuther Vollmachts-Festspiele mit einer schlicht gehaltenen Dienstaufsichtsbeschwerde und gleichzeitigem Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet. Zur Begründung kann sich Herr Staatsanwalt T. die Beitragssammlungen unter

anschauen. Diese URLs hat er in meinem Fax erhalten.

Wenn ihm das nicht reicht, gibt es noch den Vollmachtsblog von Rechtsanwalt Melchior, der kürzlich erst von dem Beck-Blog-Experten und Richter am Amtsgericht Carsten Krumm durch einen Link geadelt wurde.

Mir ist die weitere Diskussion mit solchen Staatsanwälten zu langweilig geworden. Soll Herr T. sich doch mit seinen Vorgesetzten und den Richtern aus Bayreuth über das Thema unterhalten …

16 Kommentare

Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Staatsanwältin erfolgreich

Mein Gemecker über eine Staatsanwältin, die meinte, eine Retourkutsche gegen mich fahren zu müssen, weil ich ihr keine Vollmacht vorlegen wollte, war erfolgreich.

Erfolgreiche Beschwerde

Man hat ihr zwar deswegen jetzt nicht die Pensionsansprüche gekürzt, aber immerhin. Und daß die Krähe Staatsanwältin vom General nicht namentlich genannt wird, sondern hinter der Fassade der Behörde versteckt bleibt, ist der insoweit einschlägigen Theorie geschuldet – geschenkt. Das Ziel ist erreicht.

Die nächste Post, die diese Frau Staatsanwältin an mich zu schreiben haben wird, erwarte ich auf duftendem rosa Büttenpapier. ;-)

5 Kommentare

Vollmachtsvorlage – Sinn und Unsinn

Das Dauerbrennerthema unter den Strafverteidigern

Vom (Un-)Sinn der schriftlichen „Strafprozessvollmacht“

wird von den Strafverteidigern Jes Meyer-Lohkamp, Hamburg, und Nikolai Venn, Berlin, noch einmal ausführlich diskutiert in einem Aufsatz, der in der aktuellen StaFo (2009, Heft 7, Seite. 265) erschienen ist.

Die Autoren kommen zu dem einzig sinnvollen Ergebnis. Da der Strafverteidiger in der Regel nicht verpflichtet ist, seine Bevollmächtigung durch Vorlage einer Urkunde nachzuweisen gilt der übliche Satz:

Es kommt darauf an.

Meyer-Lohkamp und Venn formulieren es so:

Vorzugswürdig erscheint es, im Einzelfall das Für und Wider der Vorlage einer schriftlichen „Strafprozessvollmacht“ im Mandanteninteresse gegeneinander abzuwägen.

Es gibt ein paar Vorteile, die schriftliche Vollmacht abzugeben; aber es gibt eben auch gefährliche Nachteile für den Mandanten. Das muß am konkreten Fall geprüft werden. Der Aufsatz gibt dazu noch einmal wertvolle Hinweise, die hier, da und dort in anderer Form bereits angesprochen wurden.

Und dann ist da noch ein weiterer Grund, dem stumpfen Verlangen von Behörden und Gerichten nicht nachzugeben. Höflich und dem Forum angemessen formulieren es Meyer-Lohkamp und Venn so:

Unabhängig von diesen Erwägungen, die (je nach Sachlage) gegen oder für die Vorlage einer „Strafprozessvollmacht“ sprechen können, verbietet es zu guter Letzt die Errungenschaft der Freien Advokatur, der Aufforderung, eine Vollmacht vorzulegen, unkritisch bzw. in vorauseilendem Gehorsam nachzukommen und dem in einer solchen Aufforderung enthaltenen Misstrauen gegenüber der Erklärung des Verteidigers, er habe die Verteidigung des Beschuldigten übernommen, Vorschub zu leisten.

Etwas legerer könnte man auch sagen:

Strafverteidiger sind keine Tanzbären, die man am Nasenring durch die Manege führen kann.

4 Kommentare

Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine Staatsanwältin

Eine neue Variante zum Thema Vollmachtsvorlage ist einer Berliner Staatsanwältin eingefallen. Ich habe darauf reagiert:

In dem Ermittlungsverfahren gegen

Wilhelm Brause
123 Js 456/08

erhebe ich in eigenem Namen

D I E N S T A U F S I C H T S B E S C H W E R D E

gegen Frau Staatsanwältin Bullmann.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2009 teilte mir Frau Bullmann mit, daß die Ermittlungen abgeschlossen seien. Sie bat mich darum, mich an meinen Mandanten zu wenden, dem die Entscheidung mitgeteilt würde, wenn ich wissen will, welchen Inhaltes diese Entscheidung ist.

Ich erhielt dann erst von dem Betreuer meines Mandanten die Information über die Einstellung des Verfahrens nach § 170 II StPO, nachdem ich dort anfragen mußte.

Grund dafür, daß mich Frau Bullmann an meinen Mandanten verwies, um in Erfahrung zu bringen, wie das Verfahren ausgegangen ist, war augenscheinlich, daß ich nicht durch Vorlage einer schriftlichen Vollmachtsurkunde den Nachweis erbracht habe, daß ich ordnungsgemäß bevollmächtigt wurde.

Frau Bullmann wird – durch einen schlichten Blick in den Standard-Kommentar, spätestens aber nach meiner Mitteilung vom 3. April 2009 – wissen, daß die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht grundsätzlich nicht erforderlich ist, solange – wie hier – keine konkreten Zweifel an der Bevollmächtigung vorliegen. Ich habe sogar anwaltlich versichert, ordnungsgemäß bevollmächtigt zu sein.

Deswegen empfinde ich es als einen grob ungehörigen Affront meiner Person gegenüber – und selbstredend auch für einen Verfahrensverstoß –, wenn Frau Bullmann mich nicht durch Übersendung einer Abschrift der Einstellungsnachricht über den Verfahrensausgang informiert. Das Benehmen der Frau Bullmann ist nicht akzeptabel, ein solches Verfahren widerspricht auch den rechtlichen Regeln.

Ich bitte daher auf diesem Wege höflich darum, der Staatsanwältin eine Maßgabe für ihr künftiges Verhalten – zumindest mir gegenüber – auf den weiteren beruflichen Weg mitzugeben.

Dafür bedanke ich mich bereits im Voraus und verbleibe

mit freundlichem Gruße

Carsten R. Hoenig
Rechtsanwalt

Wer, wie die Staatsanwältin Bullmann, Retourkutschen fahren will, sollte vorher die Pferde zählen. ;-)

33 Kommentare

Bayreuther Landrecht

ohnevollmacht

Schau’n wer ma.
8-)

Weiterführendes zum Thema Vollmachtsvorlage gibt es bei den Vier Strafverteidigern, von den Kollegen Jürgen Melchior und Andreas Jede. Auch wenn’s nichts nützen wird. Schließlich sind das ja alle keine Bayern (obwohl Andreas Jede dort mal studiert hat). Und der BGH sitzt auch woanders.

7 Kommentare

Liebe (der) Richterin

Richterin am Amtsgericht:
Ich liebe meine StPO!

Verteidiger:
Dann sollten Sie sie auch mal lesen.

Ich hatte keine Vollmacht zur Akte gereicht. Deswegen bekam ich keine Akteneinsicht; vorübergehend.

9 Kommentare

Vollmacht: Kein Laufbursche der Amtsanwaltschaft

Ich hatte Akteneinsicht bei der Amtsanwaltschaft beantragt. Die Amtsanwältin ruft in der Kanzlei an und teilt mit: Die Zusendung der Ermittlungsakte an unsere Kanzlei sei nur dann möglich, wenn wir ihr eine schriftliche Vollmacht zur Akte übersenden, aus der sich meine Bevollmächtigung ergibt. Komme ich dieser Aufforderung nicht nach, soll ich mir die Akte gefälligst selber abholen.

Es ist schon spannend, auf welche Ideen die Herrschaften in Moabit kommen, um an das Stück Papier mit der Unterschrift meiner Mandantschaft kommen. (Warum kommt mir eigentlich gerade der Gedanke an den Nötigungstatbestand in den Kopf?)

Ich habe reagiert. Mit einem Fax, in dem ich noch einmal höflich um Übersendung der Ermittlungsakte bitte. Beigefügt habe ich die Kopien einer Auseinandersetzung, die ich mit der Generalstaatsanwaltschaft zu diesem Thema geführt hatte. Die Senatsverwaltung für Jusitz hatte seinerzeit die GenStA angewiesen, mir die Akteneinsicht auch ohne Vorlage der Vollmacht zu gewähren. Die Lektüre jener Korrespondenz umfaßt insgesamt 23 Seiten.

Auf die Reaktion der Frau Amtsanwältin bin ich gespannt.

Weiteres und Hintergründe zur Frage der Vollmachts-Vorlage gibt es bei den Vier Strafverteidigern

3 Kommentare

Offenkundig ungeeignet

Es ging mal wieder um die Vorlage einer Vollmacht. Diesmal bei der Staatsanwaltschaft Berlin. In einem Vermerk heißt es:

Die Versicherung eines Anwalts, dass eine Bevollmächtigung erfolgt sei, ist ausreichend, um Akteneinsichten vorzunehmen und Stellungnahmen abzugeben.

Sie ist unzureichend, um den Nachweis einer ordnungsgemäßen Zustellung zu führen.

Es ist erfreulich, daß dies zwischenzeitlich bei dem Herrn Ermittler bekannt ist. Aber dann kommt doch noch die Trotzreaktion:

Da der Verteidiger in einem anderen durch Uz. bearbeiteten Verfahren es vorzog, eine 1 1/2 – seitige Abhandlung über die Notwendigkeit der Vorlage einer Vollmacht zu verfassen anstatt – wie auch von namhaften Verteidigern praktiziert – eine solche zu den Akten zu reichen, wurde von einer erneuten Anfrage an den Verteidiger Abstand genommen.

OK, dann bin ich eben in den Augen des Ermittlers kein namhafter Verteidiger. Ob er deswegen weiter nörgelt?

Auf das hiesige Schreiben Bl. 48 erfolgte keine Reaktion, obwohl angekündigt worden war, dass sich die Mandantschaft grundätzlich zu dem Vorwurf äußern wolle, Bl. 38.

Für eine Beiordnung ist der Verteidiger offenkundig ungeeignet.

Schön, daß jetzt schon Staatsanwälte beurteilen können, wann eine Verteidigungsschrift sinnvoll ist oder ob der Angeklagte sich erst einmal durch Schweigen verteidigen möchte. Dann werden Verteidiger ja überflüssig. Zumindest die nicht namhaften.

3 Kommentare