Zeugen

Urlaubende Geschädigte

So ist das nun mal: Erst machen die Kollegen in Vertretung einer angeblich Geschädigten mit zivilrechtlich ausgefeilten Schriftsätzen nebst fein säuberlich sortierter Anlagen die Akten dick: Eine Strafanzeige gegen den Mandanten, die sich liest, wie die Begründung einer Klage. Schließlich haben sie ja nun mal den Auftrag, möglichst für einen Geldeingang bei ihrer Mandantschaft zu sorgen. Dabei soll dann auch die Strafjustiz helfen, weil diese Zivilisten es mit ihren Mitteln nicht auf die Reihe bekommen.

Aber als es dann darauf ankommt, daß die Geschädigte dem Gericht persönlich schildern soll, was und wann passiert ist und warum sie sich denn nun als geschädigt betrachtet, kneift sie.

Vor Erstattung einer Strafanzeige sollte man sich eben genau überlegen, ob man sich den Mühen eines Strafprozesses unterziehen will. Geld gibt es ohnehin beim Strafrichter nicht.

Die Zeit arbeitet jedenfalls für den Angeklagten …

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Staatsbürgerliche Pflichten

Ich hatte in einem Beweisantrag die Ladung und Vernehmung eines Zeugen erwünscht. Dem Antrag hat das Gericht auch stattgegeben und den Zeugen geladen. Es stellte sich allerdings heraus, daß der Zeuge – für die Post unbekannt – verzogen war. Die Richterin hatte daher verfügt, beim zuständigen Meldeamt nachzufragen, wohin der Zeuge sich denn umgemeldet hat. Und ist dann erst einmal in den Urlaub gefahren.

Die Urlaubsvertretung der Richterin bekam die Antwort des Meldeamtes auf den Tisch und hat dann kurzer Hand den Zeugen für den nächsten Termin geladen.

Zu diesem Termin – morgens früh um 9 Uhr – im schönen Lande Brandenburg war der Zeuge dann auch angereist. Aus dem noch schöneren Lande Hessen; Südhessen, um genauer zu sein. Am Vortag, um in einem noch viel schöneren Hotel der brandenburgischen Kleinstadt zu übernachten, damit er auch pünktlich ist. Bei diesem Winterwetter weiß man es ja nie …

Allerdings hatte die urlaubende Richterin mit dem Staatsanwalt und mir vereinbart, daß an diesem Termin keine Zeugen vernommen werden sollten. Weder der Ermittler noch ich waren daher auf die Vernehmung des Zeugen vorbereitet. Im übrigen war für diesen Tag eine Verhandlung von 30 Minuten geplant, was für das umfangreiche Beweisthema, zu dem der Zeuge gehört werden sollte, nun überhaupt nicht ausreichte; für den Zeugen brauche ich allein schon fast einen ganzen Verhandlungstag.

Der Zeuge wurde also pünktlich um 9 Uhr in den Saal gebeten, damit die Richterin ihm mitteilen konnte, daß er sofort wieder ins schöne Hessen zurück fahren dürfe. Er wurde dann aber zum nächsten Termin in drei Wochen (wieder um 9 Uhr) mündlich geladen. Aber nicht, ohne ihn auf die ganz häßlichen Folgen hinzuweisen, die ihn treffen werden, wenn er nicht erscheint.

Ich bin mir ganz sicher, daß der Zeuge richtig gut gelaunt wieder nach Hause gefahren ist. Und mit noch besserer Laune in drei Wochen wieder durch die Republik reisen wird. Zumal er meinen Mandanten auch ohne diesen Ladungs-Blödsinn nicht mehr so richtig lieb hat.

So sind sie eben, die Pflichten eines Zeugen. Gnadenlos.

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Telefon-Falle

Den Zeugen hat’s erwischt. Und zwar doppelt sowie ziemlich übel.

Er hat telefoniert. Mit einem guten Bekannten. Sie haben gemeinsame Pläne für die Zukunft erörtert. Etwas über zwanzig Minuten lang. In einer Sprache, die den Beamten vom Bundeskriminalamt (BKA) nicht unbedingt geläufig war. Das BKA hatte das Telefon des Bekannten abgehört und damit auch sein Gespräch mit dem Zeugen. Am Ende wurde das überwachte Gespräch von der Staatsanwaltschaft als konspirativ eingestuft.

Dieser Wertung ist das Gericht dann bei der Vorbereitung der Beweisaufnahme gefolgt. Die Richter haben das Gespräch auch nicht so richtig verstanden. Deswegen wollten sie den Zeugen hören; er wurde zur Vernehmung geladen. Für 9.00 Uhr.

Um 10.00 Uhr wurde ihm mitgeteilt, daß es noch ein wenig dauern würde. Um 11.00 Uhr hat es eine kurze Unterbrechung gegeben, die bis kurz vor halb 12 gedauert hat. Dann endlich konnte der Dolmetscher dem Gericht und den anderen Verfahrensbeteiligten das aufgezeichnete Telefonat vorspielen und Detailfragen zu seiner Übersetzung beantworten. Seine Übersetzung unterschied sich wesentlich von der Deutung des BKA. Also gab es Nachfragen, Mißverständnisse, Diskussionen …

Um 13.00 Uhr wurde der Zeuge in den Saal gebeten. Ihm wurde mitgeteilt, daß seine Vernehmung heute nicht stattfinden könne. Dazu sei es nun zu spät.

Er wurde erneut geladen für einen Terminstag eine Woche später. Und darauf hingewiesen, daß er mit Ordnungsgeld und Zwangsmitteln rechnen müsse, wenn er nicht oder unpünktlich erscheinen würde.

Der Zeuge versucht gerade, sich auf seiner neuen Arbeitsstelle beliebt zu machen.

Es wird gebaut im Gericht … auf dem Gerichtsflur ist es zugig und kalt.

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Gerechte Strafe

Der Geschädigte wurde von Wilhelm ziemlich übel zugerichtet. Seine Aussage, die er noch im Krankenhaus ins Protokoll diktierte, war nicht sehr ausführlich; es gab aber auch nicht viel zu erzählen: Zwei Schläge mit einer vollen Flasche, einer auf den Kopf, ein zweiter mit der geborstenen Flasche in den Bauch.

Seine Zeugenaussage beendete er mir den Worten:

Mehr kann ich nicht sagen, möchte aber, dass der Wilhelm eine gerechte Strafe erhält.

Was den Wortlaut angeht, sind sich alle Beteiligten sicher einig. Ich vermute aber, daß der Geschädigte eine etwas andere Vorstellung von Gerechtigkeit hat wie ich. Schauen wir mal, wo das Schwurgericht sich einpendelt.

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