Strafrecht

Polizeilicher Knallzeuge und subkultureller Strafrichter

Ich berichte aus einer Beweisaufnahme vor einer Berufungskammer des Landgerichts.

Die Vorgeschichte:
Der zunächst unverteidigte Angeklagte wurde erstinstanzlich wegen einer Körperverletzung verurteilt. Der Vorfall ereignete sich in einem U-Bahn-Waggon. Die Verurteilung erfolgte, ohne dass der Strafrichter die Standbilder (Videoprints), und erst Recht nicht die Videoaufzeichnung selbst als Beweismittel in das Verfahren eingeführt hatte. Er hat das Urteil allein auf die Aussagen mehrerer Zeugen gestützt. Und aufgrund seiner Erkenntnis, dass der Verurteilte „ersichtlich subkulturellen ‚Ehr‘-Begriffen verhaftet“ sei.

Die Beweisaufnahme
In der Verhandlung vor dem Landgericht wurden alle Zeugen noch einmal gehört, die jeder jeweils einen anderen Geschehensablauf berichteten. Einer dieser Zeugen war ein zwischenzeitlich pensionierter Polizeibeamter, der seinerzeit zufällig und außer Dienst in dem Waggon war.

Der Zeugenbericht
Der Polizist schilderte in seinem Zeugenbericht, dass er sich in dem mittleren Teil des Waggons aufgehalten und genau gesehen habe, wie der Angeklagte im vorderen Teil des Waggons dem Geschädigten einen Schlag ins Gesicht versetzt hatte. Das Gericht und die Staatsanwältin hatten insoweit keine weiteren Fragen mehr an den Polizeibeamten.

Die Zeugenvernehmung
Nun folgte die Vernehmung des Polizeizeugen (Z) durch den Verteidiger (V).

V: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sich im Mittelteil des U-Bahn Waggons aufgehalten haben, als sie den Konflikt beobachteten?

Z: Ja, das habe ich doch gerade gesagt!

V: … und von dieser Position aus haben sie den Schlag des Angeklagten in das Gesicht des Geschädigten genau gesehen?

Z: Ja, ich konnte genau sehen, wie der Täter dem Opfer ins Gesicht geschlagen hat. Das habe ich doch gerade dem Richter erklärt.

V: Ich zeige Ihnen nun die Videoaufzeichnung von dem Vorfall. Bitte zeigen Sie mir jetzt noch einmal, wo sie sich zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung befunden haben.

Z: Oh! Ich habe ja gar nicht im Mittelteil des Waggons, sondern ganz hinten befunden. Aber ich habe den Schlag genau gesehen!

V: Zwischen Ihnen und dem vorderen Teil des Waggons haben weitere Fahrgäste gesessen und gestanden. Sie haben also trotz dieser vielen anderen Personen den Konflikt genau beobachten können?

Z: Ja! Ich weiß gar nicht, was Sie von mir wollen. Ich habe genau gesehen wie ihr Mandant dem Opfer ins Gesicht geschlagen hat.

V: Ok. Hat der Angeklagte mit seiner rechten Hand oder mit seiner linken Hand zugeschlagen?

Z: Das weiß ich nicht mehr.

V: Hat der Angeklagte mit der Faust zugeschlagen oder mit einer offenen Hand?

Z: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

V: Hat der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt gesessen oder gestanden? (Anm.: Er hat gesessen.)

Z: Er hat gestanden und ist nach dem Schlag nach hinten umgefallen. Dann hat er gesessen.

V: Hatte der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt eine Kopfbedeckung auf? (Anm: Der Geschädigte trug eine rote Mütze, tief über beide Ohren und in die Stirn gezogen.)

Z: Nein. Ich konnte seine kurzen dunklen Haare erkennen. *genervt* Und ich habe den Schlag genau gesehen! *aggressiv* Ich weiß gar nicht, warum Sie mir dauernd diese ganzen Fragen stellen.

Die weiteren Antworten
Im weiteren Verlauf dieser Vernehmung durch den Verteidiger berichtete der Polizeibeamte einen Geschehensablauf, der mit dem auf deren Videoaufzeichnungen dokumentierten Ablauf so gut wie gar nichts zu tun hatte.

Die Videodokumentation
Tatsächlich war es so, dass er nicht nur zu weit weg gestanden hat, um den genauen Geschehensablauf beobachten zu können; zwischen ihm und dem Ort des Konflikts war die Sicht durch stehende und sitzende Fahrgäste versperrt.

Auf den Videoaufzeichnungen (vier verschiedene Kameraperspektiven) war zudem erkennbar, dass er zu Beginn des Konflikts in eine andere Richtung geschaut und erst, nachdem es aufgrund der bereits eskalierten Auseinandersetzung sehr laut wurde, sich dem Geschehen zugewandt hat.

Die Ergebnisse
Das Verfahren gegen den Angeklagten wurde eingestellt. Der gesundheitlich aufgrund dieses Verfahrens stark angeschlagene Angeklagte hat aus nervlichen Gründen dieser Einstellung zugestimmt. Gegen den Polizeizeugen wurde kein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage eingeleitet.

Die Nachworte
Die allermeisten der Polizeizeugen machen saubere Arbeit und liefern korrekte, hilfreiche Berichte. Und das ist gut so. Es gibt aber auch solche Typen, wie den, über den ich hier berichtet habe. Ihm reichte es, den „Täter“ anhand seiner Herkunft als solchen zu identifizieren; das einheimische „Opfer“ kann es per se nicht gewesen sein. Glücklicherweise ist dieser Mann nicht mehr aktiv als „Freund und Helfer“ unterwegs.

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Image (Ausschnitt) by nile from Pixabay

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Vermummungsverbot für Motorradfahrer

Der Kollege Michael Jurkschat aus Jena, Rechtsanwalt und Motorradfahrer, brachte mich auf die Idee, mir einmal ein paar Gedanken über die effektivste Verteidigung von Motorradfahrern zu machen.

Wenn es denn einmal (von vorn und hinten gleichzeitig) geblitzt hat, bekommt die Bußgeldbehörde zwar zügig an den Halter den Moppeds. Das amtliche Kuchenblech am Heck ist dabei sehr hilfreich.

Wer allerdings die rechte Hand am für die stufenlose Geschwindigkeits-Regulierung verantwortlichen Kabel hatte, ergibt sich erst einmal nicht.

Die Feststellung der Fahreridentität bei behelmten Kradler ist nämlich nicht immer einfach, aber mithilfe von Sachverständigen noch relativ gut möglich.

Nun gibt es da ein paar Varianten, den Ermittlern das Leben ernsthaft schwer zu machen. Eine Integralmütze mit kleinem Gesichtsausschnitt ist schon einmal eine gute Idee. Eine weitere könnte ein getöntes oder verspiegeltes (und geschlossenes!) Visier sein. Die Dinger sind allerdings bei Nachtfahrten eher suboptimal.

Findige Moppedfahrer, insbesondere solche, die das empfindliche Innenleben des Helms z.B. vor dem Angstschweiß schützen wollen, tragen daher sowas Ähnliches wie Strumpfmasken, die auch als Sturmhauben bekannt sind. Oder die beinharten Altrocker, die es auch im Winter nicht sein lassen können, und sich einen Schal vors Gesicht ziehen, verhindern damit recht zuverlässig die Identifizierung. Schließlich gibt es dann noch die Spaßvögel, die unter der Braincap ein mit einem Totenkopf oder Clownsgesicht bedrucktes Halstuch tragen. Auch das führt zu massiven Problemen bei der Identifizierung des Geschwindigkeitsjunkies.

Das hat nun auch der Gesetzgeber erkannt. In § 23 Abs. 4 StVO hat er folgende Ermittlungshilfe formuliert:

Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies gilt nicht in Fällen des § 21a Absatz 2 Satz 1. StVO

Schaut man sich nun den § 21a StVO an, findet man zwar den Helm, aber nicht die Sturmhaube:

Wer Krafträder […] führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen.

Führt das Vermummungsverbot in der Motorradfahrerszene nun zu erhöhtem Bedarf an Helmpolsterreinigungsmitteln, weil die Schmalzlocken nicht mehr durch eine Seiden- oder Baumwollmütze gebändigt werden dürfen? Wie hilft sich jetzt der stets regelkonfom fahrende Zweiradler gegen Kälte und Schweiß unterm Helm? Ist unter „Helm im Sinne des § 21a“ auch „Helm mit Untermütze“ zu verstehen?

Ich rechne mit unterhaltsamen Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen das Verhüllungsverbot. Wenn man den Clown dann doch mal erwischt hat.

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Alle müssen raus. Oder?

731049_web_r_by_birgith_pixelio-deIch denke mal laut:

Von denjenigen, die für ein paar Jahre in den Knast mußten, kommen die wenigsten als bessere Menschen wieder raus.

Je länger jemand im Knast sitzen muß, desto größer ist die Aussicht darauf, daß er nach seiner Entlassung weitere Straftaten begeht.

Über 90 % aller Gefängnis-Insassen …

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Bild: © birgitH / pixelio.de

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Verschrottungs-Ankündigung

Hier mal was für unsere lieben Erstsemester-Jura-Studenten.

2016-08-30 14.23.56 Schrott2

Das ist eine Hecke und kein Fahrradständer.

… ist auf dem Schild am Hinterrad zu lesen. Soweit so richtig. Das Fahrrad steht nun aber trotzdem dort. Wir sind eben in Kreuzberg! Und nicht Gundelfingen oder im Land der Kehrwoche.

Der Hausverwalter – seines Zeichens Grünzeugliebhaber – will er das Ding aber da weg haben. Deswegen hat er sich ein zweites Schild ausgedacht, nachdem das erste szentypisch wirkungslos geblieben (SO36!):

2016-08-30 14.24.05 Schrott

Was ist das denn jetzt – unter strafrechtlichen Gesichtspunkten? Und warum ist sie eher nicht so gut, so eine Verschrottungsankündigung? Was raten Sie dem Hausverwalter und Heckenliebhaber?

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Alpi fährt nicht mehr

Alpifährt Die Staatsanwaltschaft Bremen hat den Erlaß eines Haftbefehls beantragt. Gegen Alpi, einen Motorradfahrer und (ehemaligen) Videoblogger.

Das Amtsgericht Bremen hat den Haftbefehl erlassen. Der Motorradfahrer sitzt nun seit dem 24.06.2016 in Untersuchungshaft. Wegen Totschlags (§ 212 StGB)!

Der 23 jährige Motorradfahrer soll am 17.06.2016 einen Unfall verursacht haben, bei dem ein Fußgänger tödlich verletzt wurde.

Aus der Pressemitteilung 8 / 2016 der Staatsanwaltschaft Bremen vom 27.06.2016

Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der tatverdächtige Motorradfahrer in den Abendstunden des 17.06.2016 mit einer Geschwindigkeit von deutlich über 100 km/h durch Bremen gefahren ist und hierbei billigend in Kauf genommen hat, dass er auf der von ihm befahrenen Strecke auf eine Vielzahl von anderen Verkehrsteilnehmern treffen und es aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit und der damit einhergehenden eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten zu Zusammenstößen mit anderen Verkehrsteilnehmern kommen würde.
Bei derartigen Verhaltensweisen hängt es nur vom Zufall ab, ob die im Falle eines Unfalles mit an Sicherheit zu erwartenden Verletzungen tödlich sind oder nicht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Tatverdächtige auch bei dem Unfall am 17.06.2016 einen tödlichen Ausgang billigend in Kauf genommen hat, weshalb sein verhalten strafrechtlich als Totschlag bewertet worden ist.

Das ist dünnes Eis, aber nicht ganz von der Hand zu weisen. Mitgehen würde ich auf jeden Fall bei einem Vorwurf (sehr) grober Fahrlässigkeit.

Aber hatte der Moppedfahrer tatsächlich den bedingten Vorsatz, andere Verkehrsteilnehmer zu töten? Keine einfach zu beantwortende Frage, meint auch der BGH in seinem Beschluss vom 25.11.2010 – 3 StR 364/10:

Die Vornahme äußerst gefährlicher Gewalthandlungen legt die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes sehr nahe. Angesichts der hohen Hemmschwelle gegenüber der Tötung eines Menschen bedarf die Frage der vorsatzspezifischen Billigung des Todes indessen einer Gesamtschau der aussagekräftigen objektiven und subjektiven Tatumstände.

Über die Antwort auf diese Frage wird das Gericht dann noch einmal in Ruhe nachdenken. Im Rahmen einer mündlichen Haftprüfung und/oder einer Haftbeschwerde.

Ob der von der Staatsanwaltschaft als Schnellschuß veranlaßte Haftbefehl nach § 112 Abs. 3 StPO dann auf Dauer Bestand haben wird, möchte ich bezweifeln. Denn so ein Fahrstil ist zunächst einmal höchst autoaggressiv (wie Psychiater sagen würden). Die Fremdgefährdung ist erst eine Folge dieser suizidalen Tiefflüge.

Aber erstmal eben ein Signal an die Öffentlichkeit senden, das tut so ein Law-And-Order-Staatsanwalt ja mal ganz gerne. In Zeiten wie diesen.

BTW:
§ 315c StGB und auch der § 222 StGB eröffnen jeweils einen Strafrahmen von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Beim § 212 StGB sind es maximal 15 Jahre. Das Risiko für Alpi, sich hier eine zweistellige Anzahl an Jahren abzuholen ist jedoch deutlich kleiner als das Risiko, sich den Hals abzufahren.

Wie würden Sie den Moppedfahrer verteidigen?

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Besten Dank an S.B. für den Hinweis auf dieses Verfahren.

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Bundesrichter, Staatsanwälte und Rocker-Kutten

Jetzt ist es raus: Das Tragen von Rocker-Kutten, auf denen gleichzeitig Kennzeichen des Motorrad-Clubs und die Ortsbezeichnung eines nicht verbotenen Chapters angebracht sind, ist nicht strafbar.

Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 9. Juli 2015 – 3 StR 33/15 – entschieden.

Die Mitteilung der Pressestelle des BGH vom 09.07.2015 dazu:

Das Landgericht Bochum hat die Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, durch das Tragen von Lederwesten mit den Abzeichen der weltweit agierenden Rockergruppierung „Bandidos“ Kennzeichen eines verbotenen Vereins öffentlich verwendet zu haben. Die dagegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom heutigen Tage verworfen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Angeklagten Mitglieder örtlicher „Chapter“ in Unna und Bochum des weltweit auftretenden Motorrad-Clubs „Bandidos“. Zwei andere Ortsgruppen in Deutschland, die „Chapter“ Aachen und Neumünster, sind durch Verfügungen der zuständigen Innenministerien verboten, wobei das Verbot des „Chapters“ Aachen noch nicht rechtskräftig ist. Das Auftreten der „Bandidos“ wird wesentlich auch durch das gemeinsame Tragen von Lederwesten, sog. Kutten, bestimmt, deren Gestaltung sich weltweit im Wesentlichen einheitlich darstellt: Unterhalb des Schriftzugs „Bandidos“ (sog. Top-Rocker) befindet sich als Mittelemblem die Figur eines mit einem Sombrero und einem Poncho bekleideten, mit einer Machete und einem Revolver bewaffneten Mexikaners (sog. Fat Mexican). Darunter steht ein weiterer Schriftzug (sog. Bottom-Rocker), der in Deutschland entweder auf die nationale Hauptgruppe „Germany“ verweist, oder die Bezeichnung der jeweiligen Ortsgruppe enthält.

Die Angeklagten begaben sich am 1. August 2014 in Begleitung ihrer Verteidiger zum Polizeipräsidium Bochum. Sie trugen jeder eine Weste, auf der sich als Mittelabzeichen der „Fat Mexican“ und darüber der beschriebene Aufnäher mit dem Schriftzug „Bandidos“ befanden. Jeweils als untere Abgrenzung waren Aufnäher mit den Ortsbezeichnungen ihrer „Chapter“ Unna und Bochum angebracht.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass sich die Angeklagten hierdurch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5; § 9 Abs. 1 VereinsG strafbar gemacht hätten. Es sei nicht auf eine verbotene Ortsgruppe hingewiesen worden. Das mit den unterschiedlichen „Bottom-Rockern“ zusammengesetzte Kennzeichen sei mit dem der verbotenen Vereine in Aachen und Neumünster auch nicht zum Verwechseln ähnlich. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass die Ortsgruppen der Angeklagten die Ziele der beiden verbotenen „Chapter“ geteilt hätten.

Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch im Ergebnis bestätigt. Die Angeklagten hatten auf ihren Kutten mit dem stilistisch einheitlich gestalteten „Bandidos“-Schriftzug und dem „Fat Mexican“ zwar Kennzeichen auch des verbotenen „Chapters“ Neumünster angebracht. Darin allein liegt indes, wie der Bundesgerichtshof bereits in ähnlicher Konstellation zu § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) entschieden hat, dann kein tatbestandsmäßiges Verwenden der Kennzeichen, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Schutzzweck der Norm im konkreten Fall nicht berührt wird. So verhält es sich hier: Aus dem jeweiligen Ortszusatz ergibt sich eindeutig, dass die Angeklagten den „Bandidos“-Schriftzug und den „Fat Mexican“ nicht als Kennzeichen des verbotenen „Chapters“, sondern als solche ihrer jeweiligen, nicht mit einer Verbotsverfügung belegten Ortsgruppen trugen und damit gerade nicht gegen den Schutzzweck des – auf die jeweiligen Ortsgruppen beschränkten – Vereinsverbots verstießen.

Eine Strafbarkeit wegen Tragens von Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von einem – nicht verbotenen – Schwesterverein verwendet wird (§ 9 Abs. 3 VereinsG), hat der Senat aus Rechtsgründen ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber diese Regelung nicht in die Strafvorschrift des Vereinsgesetzes einbezogen hat.

Im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 9 Abs. 3 in das Vereinsgesetz eingeführt, um „klarzustellen“, dass die Hinzufügung eines Ortszusatzes zur Abgrenzung von dem verbotenen Verein nicht ausreichen solle, wenn der Schwesterverein dessen Zielrichtung teile. Diese Regelung betrifft jedoch unmittelbar nur das polizeirechtliche Kennzeichenverbot des § 9 VereinsG. Die hier anzuwendende Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG enthält jedoch keinen ausdrücklichen Bezug auf § 9 Abs. 3 VereinsG, sondern (in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG) lediglich auf dessen Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2. Eine Verurteilung der Angeklagten ohne eine ausdrückliche Einbeziehung von § 9 Abs. 3 VereinsG in die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 VereinsG durch den Gesetzgeber verstieße aber gegen den verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB).

Dies bedeutet, dass das Tragen einer Kutte mit den von allen „Chaptern“ der „Bandidos“ benutzten Kennzeichen („Bandidos“-Schriftzug und „Fat Mexican“) zusammen mit dem Ortszusatz eines nicht verbotenen „Chapters“ unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 VereinsG nach derzeitiger Rechtslage zwar polizeirechtlich verboten sein kann, nicht aber strafbar ist.

Nun, dann kann es ja endlich wieder bunter werden auf unseren Straßen. Diese Null-Toleranz, die da seitens der Strafverfolgungsbehörden an den Tag gelegt wird, treibt schon seltsame Blüten. Ein bisschen Gelassenheit täte auch den Jungs und Mädels in den schwarzen Kutten gut.

Nebenbei: Es gibt auch Staatsanwälte (mindestens einer ist mir persönlich bekannt), die sich nach Dienstschluß eine „Rocker-Kutte“ überwerfen.

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Laptopverschlüsselung in Chosebuz

Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung konnte es der Mandant nicht verhindern: Die Kriminalbeamten haben den mobilen Rechner einfach mitgenommen. Und jetzt will die Ermittlungsbehörde das gute Stück nicht als Jagdtrophäe an die Dienstzimmerwand hängen. Sondern der Staatsanwalt möchte gern wissen, ob und was auf diesem Gerät gespeichert wurde. Es geht schließlich um Cybercrime, da muß was aufgeklärt werden.

Die Kriminaltechnik hat erfolgreich das Betriebssystem „geknackt“ und einen ersten Blick auf die Festplatte geworfen. Das sieht auszugsweise so aus:

Laptopverschlüsselung01

Damit kann der Staatsanwalt aber nichts anfangen. Deswegen hat er den Mandanten nach den Zugangsdaten gefragt. Da ist er zu spät gekommen. Weil: Der Mandant ist schon etwas älter und mit zunehmendem Alter …

Kurzum – Die Kriminaltechnik muß ran. Das hört sich dann so an:

Laptopverschlüsselung

Ich bin mir ziemlich sicher, daß der zerknirschte Ermittler irgendwann zu meinem Herausgabeantrag einen – aus seiner Sicht – häßlichen Vermerk schreiben und das gute Stück an meinen Mandanten wieder herausgeben muß. Ohne zu wissen, was dort auf der Platte gespeichert ist. Denn mit den Mitteln, die den Behörden zur Verfügung stehen, knackt man keine TrueCrypt-System-Partion. Neverever.

Aber da ist ja sowieso nichts Strafbares drauf; das habe ich dem Staatsanwalt auch schon mitgeteilt. Aber der glaubt einem Kreuzberg Strafverteidiger ja nicht.

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Motorradfahrer: Zwei Drittel sind Straftäter

Unsere amerikanischen Freunde, jedenfalls ein Teil von ihnen, genauer: das amerikanische „Bundesamt für Ermittlung“, vulgo: das FBI, hat eine sensationelle Entdeckung gemacht und veröffentlicht:

… the truth of the matter is that those that own and operate motorcycles are 67% more likely to be involved in illegal or criminal activity …

berichtet Amerikas unabhängige Neuigkeitenquelle, der National Report.

Was sind das eigentlich für 2/3-Hirne in diesem Federal Bureau of Investigation (FBI), die da durchgefüttert werden?

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Dank an Tobias H. für den Hinweis.

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eAkten in Potsdam – doch schon in 2024 ?

Die Bundesrechtsanwaltskammer proudly presents:

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat Ende September den neuen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen (PDF) an die Verbände zur Stellungnahme übersandt. […]

In der geplanten Neuregelung ist vorgesehen, dass Straf- und Ermittlungsakten künftig elektronisch angelegt und geführt werden.

Na, das sind doch mal gute Nachrichten. Sogar an die Brandenburger Staatsanwaltschaften haben die Bundesjustizministeriellen gedacht:

Allerdings ist ebenfalls eine Öffnungsklausel vorgesehen, die den Ländern bis 2024 eine schrittweise Einführung gestattet.

Nach den hier vorliegenden und gesicherten Erkenntnissen rechnet das BMJV allerdings bereits jetzt schon mit Fristverlängerungsanträgen seitens der Potsdamer Staatsanwaltschaft.

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Warnung: Öl auf der Strecke in der Eifel

512px-F1_yellow_flag_with_red_stripes.svg Wer mal als Zweiradfahrer Öl auf der Strecke übersehen hatte, weil diese Fahne nicht oder nicht rechtzeitig vom Streckenposten geschwenkt wurde, weiß, daß das kein Spaß ist. Zwischen dem Gedanken „Oh verdammt, Öööööl“ und dem knirschenden Geräusch von Plastik und Metall auf Asphalt vergehen nur Bruchteile von Sekunden. Gegen den hinterlistigen Schmierstoff auf der Strecke hat ein Motorradreifen keine Chance.

Das wußte offenbar auch ein Mensch, der Moppedfahrer nicht mag. Wie die Aachener Zeitung heute berichtete, gibt es Öllachen auf Straßen in Stolberg und Simmerath, die mutmaßlich gezielt auf die Fahrbahnen gekippt wurden, um Zweiräder zu Fall zu bringen.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im besonders schweren Fall (§§ 315b, 315 Abs. 3 StGB) wird mit Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis 15 Jahren bestraft, wenn man den Ölgießer erwischt. Als Moppedfahrer, der selbst üble Erfahrungen mit Ölspuren gemacht hat, fallen mir noch ganz andere Sanktionen ein.
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Bildquelle: Wikimedia

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