Unfallrecht

Haftungsverzicht

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat sich mit einer Gruppenreise auseinander gesetzt, bei der ein paar Teilnehmer zu Fall gekommen sind. Die Entscheidung wird überschrieben mit:

Gegenseitiger Haftungsverzicht von Motorradfahrern bei vorher verabredeter Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit im „Pulk“

Der Leitsatz der Entscheidung lautet:

Findet vor dem Antritt einer Fahrt von mehreren Motorradfahrern eine Vereinbarung dahingehend statt, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten werden soll, während man in einer Formation in der Gruppe fährt, ist in dieser Verabredung ein konkludenter Haftungsverzicht zu sehen.

In den Gründen für diesen Leitsatz liest man dann:

Wird die allgemeine Gefahr, die mit der gemeinsamen, sportlichen Betätigung verbunden war, von den Beteiligten bewusst auf sich genommen, und kann zusätzlich dem einen kein größerer Vorwurf gemacht werden als dem anderen, so besteht keine Veranlassung, den einen mit höheren Haftungsrisiken zu belasten als den anderen. Die ursprünglich für sportliche Wettkämpfe entwickelten Grundsätze finden auch außerhalb des Bereichs sportlicher Kampfspiele Anwendung. Im Streitfall war das verabredungsgemäße Fahren im „Pulk“ deshalb besonders gefahrenträchtig, weil damit der Verzicht auf Sicherheitsabstände einherging…

Eigentlich nachvollziehbar. Oder?

Für die, die es brauchen: OLG Brandenburg, Urteil vom 28.06.2007, 12 U 209/06; der Leitsatz ist veröffentlicht in VRR 2007, 385.

Danke an Rechtsanwalt Jürgen Melchior, Wismar, für den Hinweis auf die Entscheidung.

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Nachdenklich

Ein paar nette Video-Aufnahmen gibt es bei den Sachverständigen Priester & Weyde. Wenn ich mir vorstelle, daß es nicht auszuschließen ist, irgendwann statt der Puppe einmal selbst auf dem Motorrad zu sitzen, werde ich nachdenklich. Wie bei jedem Unfall, den wir in unserer Kanzlei regulieren.

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Haftung für’s Schnellfahren

Das Oberlandesgerichts Koblenz urteilte am 8. Januar 2007 (Aktenzeichen: 12 U 1181/05) über den folgenden (Un-)Fall:

Ein Motorradfahrer fuhr mit mindestens 190 km/h auf ein Fahrzeug auf, das auf der Autobahn in Höhe einer Auffahrt mit 110 km/h auf die linke Spur wechselte. Bei dem Unfall wurden alle Beteiligten verletzt und die Fahrzeuge beschädigt. Der Motorradfahrer hatte den Spurwechsel des Autofahrers als unachtsames Ausscheren wahrgenommen und verlangte vor Gericht Schadensersatz und Schmerzengeld in fünfstelliger Höhe. Seinen eigenen Haftungsanteil bezifferte er auf lediglich 25 Prozent.

Das sahen die Richter anders. Da keinem der Unfallbeteiligten ein Verschulden nachgewiesen werden könne, müsse die jeweilige Betriebsgefahr gegeneinander abgewogen werden. Als Betriebsgefahr wird im Straßenverkehr die Gefahr bezeichnet, die schlicht der Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit sich bringt. Zu Lasten des Autofahrers gewichtete das Gericht den auf Autobahnen bei herannahendem Verkehr immer gefahrvollen Fahrspurwechsel, zu Lasten des Motorradfahrers die hohe Geschwindigkeit, mit der er auf der linken Spur fuhr. Eine derartige Überschreitung der Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h sei zwar erlaubt, wenn keine Begrenzung vorliegt. Der Mann habe aber nicht mehr rücksichtsvoll und unfallvermeidend fahren können, und so ein erhebliches Gefahrenpotential geschaffen. Zu dem Auffahrunfall wäre es nicht gekommen, wenn der Motorradfahrer die Richtgeschwindigkeit eingehalten hätte, betonten die Richter. Im Endeffekt muss der Kläger deshalb 50 % des Schadens tragen.

Quelle: Verkehrsanwälte

Einmal mehr sollte man im Hinterkopf behalten, daß nicht alles, was erlaubt ist, auch sinnvoll ist. Wenn man im ICE-Tempo über die Autobahn fährt, ist das zwar nicht verboten. Es könnte aber zur erheblichen Mithaftung führen, wenn man das – unverbindliche – Limit von 130 km/h überschreitet. Die Richter sind da manchmal zu wenig mitfühlend …

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Gedenkfahrt zum Saison-Abschluß

Mehrere tausend Biker werden Sonntag um 10 Uhr zur traditionellen Gedenkfahrt zum Abschluss der Motorradsaison erwartet. Bei dem Korso vom Olympischen Platz in Charlottenburg bis zur St. Hedwigs-Kathedrale in Mitte soll an die 36 Motorradfahrer erinnert werden, die in den vergangenen zwölf Monaten in Berlin und Brandenburg ums Leben kamen. In der St. Hedwigs-Kathedrale ist um 14 Uhr ein Gottesdienst geplant. Die vom Ring Berliner Motorradclubs, der Arbeitsgemeinschaft christlicher Motorradfahrer und der kirchlichen Arbeitsgruppe „Christ und Motorrad“ organisierte Veranstaltung unter dem Motto „Was ist der Tod?“ findet zum 34. Mal statt. […]

Quelle: Berliner Morgenpost

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Der Rest

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Mehr ist mir hiervon nicht geblieben … Daraus bastel ich mir nun eine Uhr oder einen Blumenuntersetzer.

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Pechvogel

Vor ein paar Wochen kommt der Mandant mit einem Unfall zu uns. Die Haftungslage ist kompliziert und nicht eindeutig. Insgesamt sieht es wohl so aus, daß er einen Teil des Schaden wegen Mitverschuldens selbst tragen wird. Die Frage war also „nur“ noch, wie groß der Teil ausfallen wird.

Er möchte daher erst einmal keinen Sachverständigen beauftragen, den Gesamt-Schaden an seinem Motorrad zu schätzen. Denn wenn der Unfallgegner den Schaden nicht ersetzt, bliebe der Mandant auch auf den Kosten für den Sachverständigen sitzen. Er hat daher eine Notreparatur vorgenommen, um weiterfahren zu können.

Heute rief der Mandant an und teilte mit, daß er mit dem Motorrad selbstverschuldet gestürzt sei.

Um nun den Schaden, der bei dem ersten Unfall verursacht worden ist, beziffern zu können, braucht er keinen Gutachter mehr. Sondern einen Hellseher.

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Unfall ohne Fahrzeugberührung

Es ist ein „Klassiker“ der Motorradunfälle – der kontaktlose Unfall. Der Unfallgegner löst beim Motorradfahrer eine Schreckbremsung aus, das Vorderrad blockiert oder das Hinterrad steigt auf und es kommt zu Sturz, ohne daß sich Motorrad und Unfallgegner berühren. Dazu hat das Landgericht Berlin entschieden:

1. Auch bei einem Unfall ohne Fahrzeugberührung muss ein ursächlicher Zusammenhang des Unfallgeschehens mit dem Betrieb des Fahrzeugs in der Weise vorliegen, dass die Fahrweise oder eine von dem Betrieb dieses Fahrzeuges typischer Weise ausgehende Gefahr zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs genügt nicht.

2. Die Darlegungs- und Beweislast für den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang trägt der Geschädigte.

3. Ein Unfall, der sich infolge einer Abwehr- oder Ausweichreaktion ereignet, ist selbst dann dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges zuzurechnen, welches diese Reaktion ausgelöst hat, wenn diese objektiv nicht erforderlich war. Die Ausweichreaktion muss aber subjektiv vertretbar erscheinen (hier: bejaht bei Vollbremsung und Sturzunfall eines Motorradfahrer als Ausweichreaktion wegen einer Vorfahrtverletzung eines wartepflichtigen Abbiegers).

Landgericht Berlin, Urteil vom 04.04.2005, Aktenzeichen: 58 S 356/04; veröffentlicht in Schaden-Praxis 2005, 227-229 (red. Leitsatz und Gründe)

Diesen in Satz 2. geforderten Nachweis zu führen, ist im Einzelfall sehr schwer, wenn keine Spuren oder Zeugen vorhanden sind bzw. die Beweismittel nicht gesichert wurden. Hilfreich ist deswegen auf jeden Fall immer, die Polizei zum Unfallort zu rufen. Fotos – notfalls mit der Kamera im Telefon – möglichst aus mehreren Perspektiven sind dabei auch immer sehr sinnvoll.

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Mit dem Kopf durch die Scheibe

Zwei verletzte Frauen forderte gestern Abend ein Verkehrsunfall zwischen einem Motorrad und einem Kleintransporter in Charlottenburg.

Der 28-jährige Fahrer des „VW“-Transporters war gegen 18 Uhr 40 auf dem Spandauer Damm in Richtung Spandau unterwegs. An der Kreuzung Schloßstraße musste er verkehrsbedingt anhalten. Eine hinter ihm fahrende 18-jährige Spandauerin konnte ihre „Honda“ nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen und fuhr auf den Transporter auf. Durch den Aufprall wurde sie über den Lenker gegen den Transporter geschleudert und durchschlug mit ihrem Helm die Heckscheibe. Sie konnte nach ambulanter Behandlung das Krankenhaus verlassen.

Quelle: Pressemitteilung der Polizei Berlin

Glück Dank Schutzkleidung?

Ihre 19-jährige Sozia aus demselben Bezirk wurde ebenfalls vom Krad geschleudert und verletzte sich schwer an der Wirbelsäule und verblieb im Krankenhaus.

Das (oder die?) hatte die Beifahrerin wohl nicht.

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Wildwechsel – Das Reh passt auf

Wenn schon der Moppedfahrer nicht auf wechselndes Wild achtet, dann wenigsten das Wild auf den Moppedfahrer: Toller Sprung.

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Polizeiauto gegen Motorrad

In der Nacht zu Donnerstag ist ein 36 Jahre alter Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall mit einem Polizeiwagen in Neukölln verletzt worden. Ein 41-jähriger Polizist und sein Kollege wollten gegen 23.15 Uhr von der Stubenrauchstraße mit einem zivilen Fahrzeug zu einem Einsatz am U-Bahnhof Blaschkoallee fahren. Sie hatten die Erlaubnis bekommen, Blaulicht und Martinshorn einzuschalten.

Laut Polizei musste der Fahrer ein Stück aus einer Parklücke zurücksetzen. Dabei übersah er den sich von hinten nähernden Motorradfahrer und rammte ihn. Der Kradfahrer stürzte und verletzte sich leicht. Er wurde vorsorglich in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht, konnte aber nach ambulanter Behandlung entlassen werden.

Quelle: Berliner Morgenpost

Das sieht nicht nach einer einfachen Klärung der Schuldfrage aus.

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